Total normal

1989–1991 (ARD). Comedyshow von und mit Hape Kerkeling.

Kerkeling moderiert vor Studiopublikum die von der fiktiven Kaffeemaschinenmarke Mitropa gesponserte Show und schenkt jedem, der etwas zur Sendung beiträgt, Mitropa-Kaffeemaschinen oder Duschhauben („Eine Mörder-Duschhaube!“). Widerspruch zwecklos. Er schlüpft in verschiedene Rollen realer und fiktiver Personen, tritt z. B. als Marcel Reich-Ranicki auf oder als Siegfried Schwäbli, ein schwäbischer Reporter mit Glasbausteinen im Brillengestell. Sketchpartner und ständiger musikalischer Begleiter am Klavier ist Achim Hagemann. Neben Live-Moderation, Live-Sketchen und Parodien gibt es Filmeinspielungen, in denen Kerkeling Menschen auf den Arm nimmt, mal spontan an Haustüren, mal vorbereitet zu konkreten Anlässen.

Kerkeling mischte sich unter die Prominenten bei der Bambi-Verleihung, unter die Politiker beim Bundespresseball und unter die Journalisten der Bundespressekonferenz und nervte mit dreist-naiven Fragen. 1989 foppte er Erika Berger, indem er unter falschem Namen live in ihrer Beratungsshow Eine Chance für die Liebe anrief, um sie mit den Kommunikationsproblemen zwischen ihm und seiner Frau zu belästigen, die darin bestünden, dass er nur deutsch und sie nur portugiesisch spreche.

Trotz gerade mal sieben unregelmäßig ausgestrahlten Folgen hinterließ die Show einen bleibenden Eindruck. Der 25‑jährige Hape Kerkeling, der bereits mit Känguru aufgefallen war, stieg in die erste Riege deutscher Komiker und Fernsehmoderatoren auf, wurde mit dem Grimme-Preis mit Silber, dem Bayerischen Fernsehpreis, dem Bambi, der Goldenen Kamera und der Bronzenen Rose von Montreux ausgezeichnet. Nach zwei einzelnen 45-Minuten-Folgen am Donnerstagabend im Oktober und Dezember 1989 folgte ein Jahr später eine Staffel mit drei 25-Minuten-Shows an aufeinanderfolgenden Montagen um 21.05 Uhr.

Diese Folgen waren so erfolgreich, dass die Show im Mai 1991 erstmals und schon im Juli letztmals auf fast 90 Minuten erweitert und auf dem großen Showtermin am Donnerstag um 21.03 Uhr gesendet wurde. Kerkeling zog die Show nun als abendfüllende Quizparodie auf, setzte ein Panel aus Prominenten (darunter Jörg Wontorra und Eberhard Feik) auf die Bühne, die aber eigentlich keine Aufgabe hatten, drückte der Dauerkandidatin Frau Usenburger (Karin Schiek) immer wieder gewonnene Kaffeemaschinen in die Hand und brach im Minutentakt in Gesang aus: „Das ganze Leben ist ein Quiz, und wir sind nur die Kandidaten, das ganze Leben ist ein Quiz, ja, und wir raten, raten, raten.“

In diesem Jahr gelangen Kerkeling zwei große Würfe, die zum bundesweiten Gesprächsthema wurden und ihn noch berühmter machten. Als die niederländische Königin Beatrix zum Staatsbesuch in Deutschland war, verkleidete sich Kerkeling als sie und narrte die Sicherheitsbeamten. In einer dunklen Limousine fuhr er am Schloss Bellevue, dem Sitz des Bundespräsidenten, vor und winkte königlich. Erst als er sich am Eingang durchzufragen begann, wo es denn „lecker Mittagessen“ gebe, wurde er zunächst sachte und dann zunehmend nachdrücklicher abgedrängt.

Wenig später foppte er ein kunstinteressiertes Publikum in einem Kleinkunstsaal als Ostblocksänger, der ein experimentelles Werk vortrug. Text: „Der Wolf – das Lamm – auf der grünen Wiese – und das Lamm schrie – Hurz!“ Mit dem intellektuellen Publikum diskutierte er im Anschluss über die Intention der Darbietung, immer arg bemüht, ein ernstes Gesicht zu behalten. Unter dem Titel „Hurz“ wurde eine Dance-Version des Lieds ein Top-Ten-Hit in den deutschen Charts. Auch „Das ganze Leben ist ein Quiz“ hatte es kurz zuvor schon in die Top Ten geschafft.

Auf dem Höhepunkt des Erfolgs beendete Kerkeling die Show, um den Kinofilm „Kein Pardon“ zu drehen.

Känguru

1985-1986 (ARD). Musik- und Nonsensshow mit Hape Kerkeling und einem Känguru. Natürlich keinem echten, das wäre als Sketchpartner vielleicht nicht so berechenbar gewesen.

Känguru war die Nachfolgesendung von Bananas und mischte in dessen Tradition weiterhin Musik und Sketche. Neben Kerkeling und dem Kerl im Kängurukostüm, der dauernd Eukalyptusbonbons haben wollte, wirkten auch die Musiker, die in der Show auftraten, in den Sketchen mit. Regisseur war Rolf Spinrads.

Die Show war jeweils 45 Minuten lang und lief donnerstags um 21.45 Uhr.

Eine Chance für die Liebe

1987–1991 (RTL). Sexberatung im Fernsehen. Merke: „Der Mann hat es gern, wenn die Frau auf ihm reitet.“


Foto: RTL

Erika Berger gab dienstags gegen 22.45 Uhr sehr anschauliche Ratschläge am Telefon und löste damit einen großen Skandal aus, der RTL natürlich gerade recht kam. Kritiker und Politiker warfen ihr vor, sie lade zum Voyeurismus ein und verführe Jugendliche zum häufigen Partnerwechsel. Entsprechend bekannt wurde Erika Berger, die ihre Ratschläge zuvor u. a. in „Neue Revue“ und ihrem Buch „Bett-Knigge“ erteilt hatte. Die Reihe lief vierzehntäglich im Wechsel mit den Sexy Folies.

Am 21. November 1989 rief Hape Kerkeling unter falschem Namen an und legte Berger für seine Sendung Total normal herein. Lang und breit erzählte er von den Beziehungsproblemen mit seiner Frau, er könne sich einfach nicht mit ihr verständigen. Allmählich rückte er damit raus, dass sie Portugiesin sei, außer ihrer Muttersprache keine andere spreche und er selbst auch ausschließlich des Deutschen mächtig sei. Kerkeling erzählte später, nervös am Telefon gehofft zu haben, überhaupt durchzukommen, doch dann sei es ganz schell gegangen. Besonders viele Menschen können also nicht angerufen haben.

Als die Zuschauer der Ratgeberreihe allmählich fern blieben, erhielt Erika Berger die neue Sex-Talkshow Der flotte Dreier, die schon bald in Eine neue Chance für die Liebe umgetauft wurde. 2001 begann sie mit der Moderation des Erotikshops Eine neue Chance für die Liebe beim Einkaufsender RTL Shop. Hier findet jeder etwas für „die schönste Sache der Welt“!

Der flotte Dreier

1991-1992 (RTL). Halbstündige Erotik-Talkshow mit Erika Berger.

In aufreizender Studiodekoration spricht Berger mit zwei Gästen über Sex und zeigt Beiträge über schlüpfrige Themen. Die Sendung schöpfte das Skandalpotenzial voll aus. Sie wurde nicht nur von den Landesmedienanstalten wegen „geradezu fahrlässiger wie gefährlicher Verharmlosung massiver sexueller Störungen“ beanstandet, womit sie nicht nur vor 23.00 Uhr, sondern überhaupt „unzulässig“ sei, weil sie die sittlichen Überzeugungen der Bevölkerung verletze und so gegen die Programmgrundsätze verstoße. Außerdem rief Empörung hervor, dass in der Premiere eine Telefonnummer für Live-Zuschaueranrufe eingeblendet wurde, obwohl die Sendung sich als Aufzeichnung entpuppte.

Die Zuschauer blieben der neuen Reihe schon ab der zweiten Sendung weitgehend fern. Ab Mitte März 1992 lief sie unter dem Namen Eine neue Chance für die Liebe noch eine Weile weiter. Sendeplatz war jeweils mittwochs um 22.50 Uhr.

Eine neue Chance für die Liebe

1992 (RTL). Halbstündiges Sexmagazin mit Erika Berger, das eine Weiterführung der erfolglosen Reihe Der flotte Dreier unter neuem Namen war. Der neue Titel bezog sich auf Bergers erste erfolgreiche RTL-Reihe Eine Chance für die Liebe, brachte aber auch nicht den erwünschten Erfolg. Unter dem gleichen Titel verkaufte sie ab Juni 2001 im RTL Shop Erotikprodukte.

Sexy Folies

1988–1990 (RTL). Erotikmagazin mit Beiträgen über Nacktaufnahmen, die Dreharbeiten zu Pornofilmen, die sexuellen Vorlieben französischer Prominenter und die Auswahlkriterien für die Fotos in Männermagazinen, solange die auftretenden Damen nur nackt genug waren.

RTL übernahm das Magazin aus Frankreich und gab sich bei der Übersetzung keine Mühe, weil es darauf nun wirklich nicht ankam. Es lief auf verschiedenen Sendeplätzen am späten Abend, u. a. alle 14 Tage dienstags im Wechsel mit Eine Chance für die Liebe. „Folies“ heißt Verrücktheiten.

„25 Jahre RTL“-Watchblogging

Netter Versuch, RTL, in den ersten Teil Deiner großen Geburtstagsshow eine ausgedehnte Dieter-Bohlen-Lobhudelei mit dem Satz zu packen:

Seine Karriere als Comic: „Dieter, der Film.“ Der Film hat funktioniert. Mehr als elf Millionen sehen ihn bei RTL.

Ja. Aber auch nur, wenn man die Zuschauerzahlen aller drei Ausstrahlungen in den Jahren 2006, 2007 und 2008 zusammenzählt:

04.03.2006 5,51 Mio.
30.03.2007 3,02 Mio.
14.03.2008 2,84 Mio.

Pffft. Ein Wunder, dass sie nicht noch die Nachmittagswiederholungen am jeweils nächsten Tag addiert haben, dann wären’s nämlich über 16 Millonen gewesen.

Stefan, 10. Januar 2009, 23:25.

Die WiB-Schaukel

2002–2004 (ZDF). Porträtsendung mit Wigald Boning. Boning trifft Prominente zu Hause, in ihrer Heimatstadt oder an anderen mehr oder weniger bedeutungsschwangeren Orten und plaudert mit ihnen über ihr Leben, das Universum und den ganzen Rest.

Die Sendung war ursprünglich für Sun TV, das Rahmenprogramm der Ballungsraumsender von Leo Kirch, entwickelt worden, überlebte aber zum Glück deren Pleite. Das ZDF rettete die Sendung, versteckte sie allerdings tief im Nachtprogramm. Dabei war die WiB-Schaukel (der Name ist eine Anspielung auf die V.I.P.-Schaukel von Margret Dünser) ein Juwel: eine seltene Mischung aus großer Albernheit und großer Klugheit. Fast alle Prominenten unterschätzten den kleinen Mann in den albernen Klamotten, gingen ihm auf den Leim und verrieten viel mehr von sich, als sie wollten und es sonst taten.

Bonings Trick war oft, sie als das zu behandeln, was sie gern wären: Susan Stahnke, die so gern Hollywood-Star geworden wäre, wurde von ihm tatsächlich wie ein Hollywood-Star hofiert. Hinzu kam eine liebevolle Nachbearbeitung und ein spielerischer Umgang mit der Filmsituation, wenn Boning schweigend neben dem Porträtierten saß und sagte, da werde man nachher kluge Sätze draufsprechen, was entsprechend geschah. Festes Element der Sendung war eine halbe Minute, die jeder Prominente bekam, um für einen Zweck seiner Wahl zu werben.

Die Folgen liefen freitags weit, oft sehr weit nach Mitternacht. Die letzte Sendung war ein Best-of. 2004 erhielt Boning den Grimme-Preis.

Der Silvesterlichtblick im Fernsehen

Und wenn Sie sich an diesem Abend dem ganzen Silvestergetöse entziehen und ärgern, dass nichts Gescheites im Fernsehen kommt: Doch! Kommt! Die mit Abstand beste Sendung zum Jahreswechsel hat das ZDF um 23.45 Uhr in seinem digitalen Doku-Kanal versteckt: Wigald Boning trifft Dolly Buster. Es ist eine der besten Ausgaben der seligen WiB-Schaukel, mit zwei Menschen, die erstaunlicherweise ebenso gescheit wie merkwürdig und albern sind.

Und ab 3.00 Uhr zeigt ZDF.Doku fünf weitere Folgen: mit Guildo Horn, Vera Int-Veen, Sonya Kraus, Hella von Sinnen und Oliver Welke.

Stefan, 31. Dezember 2008, 18:38.

Dellings Woche

2007–2008 (WDR). Talkshow mit Gerhard Delling, der mit prominenten und nicht-prominenten Gästen über aktuelle und allgemeine Themen spricht.

Dellings Woche übernahm den Sendeplatz am Mittwochabend, auf dem Frank Plasberg höchst erfolgreich Politiker in die Zange genommen hatte, bevor er mit Hart aber fair vom WDR-Fernsehen ins Erste wechselte. Die Nachfolgesendung war thematisch und formal breiter angelegt: Es konnte im Grunde um alles gehen, und neben Einzelgesprächen war auch eine größere Talkrunde möglich, die durch Einspielfilme ergänzt wurde. Von „Stern TV für Arme“ sprachen Kritiker im Sender schon vor der Premierensendung, was keine abwegige Beschreibung war.

Die Sendung war zunächst 45 Minuten lang und begann um 21 Uhr; 2008 gab es die doppelte Sendezeit ab 20.15 Uhr.

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