Birte Karalus

1998–2000 (RTL). Einstündige Daily-Talkshow mit Birte Karalus.

Birte Karalus, produziert von Hans Meisers Firma crea-tv, war die mit Abstand härteste Talkshow ihrer Zeit. Schon nach der ersten Woche stellte die zuständige Landesmedienanstalt fest, dass die „freiwilligen Verhaltensgrundsätze“, die die Privatsender für Talks gerade erst beschlossen hatten, nicht eingehalten wurden. Die Redaktion versprach, in Zukunft „weniger Alkoholiker“ in die Sendung zu nehmen und keine Kinder unter 16 Jahren. In einer Sendung hatte ein 15-jähriger Junge neben seinem leiblichen und seinem Pflegevater gesessen, während die beiden sich fast schlugen. Ein Highlight (oder Tiefpunkt) in der kurzen, aber skandalträchtigen Geschichte war eine Sendung mit dem 14-jährigen Serienstraftäter „Mehmet“, der aus München in die Türkei ausgewiesen worden war — der Fall hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Trotz der Behauptung, keine Gäste unter 16 einzuladen, schaltete man „Mehmet“ aus der Türkei zu. Karalus moderierte ihn mit den Worten an: „Ist er der hoffnungslose Kriminelle? Oder der arme Junge, der zwischen den Mühlen von Polizei und Justiz zermahlen wurde? Am besten fragen wir ihn selbst.“

Typische Themen waren „Furchtbar! Und so was wie ihr hat Kinder!“, „Igitt, du gehst zu Huren“, „Ganz ehrlich, diese Schläge hast du dir verdient“ und „Du Schlampe, du lässt dich ja von jedem Typen schwängern“.

Seit Karalus täglich talkte, sendete RTL jeden Nachmittag vier Stunden Talk am Stück. Sie war die Erste, die zwei Jahre später nach 404 Sendungen bröckelnden Quoten zum Opfer fiel. Karalus selbst schien darüber ähnlich erleichtert zu sein wie viele andere. „Nie wieder würde ich eine Nachmittags-Talkshow machen“, sagte sie zwei Jahre später der „Bild“-Zeitung. „Es gab Augenblicke, da stand ich im Studio und habe mich geschämt. Sinnloser Krawalltalk! Da zog sich mir der Magen zusammen.“

Die Show lief werktags um 14.00 Uhr.

Bärbel Schäfer

1995–2002 (RTL). Einstündiger Daily Talk mit Bärbel Schäfer.

Bärbel Schäfer war die dritte tägliche Talkshow von RTL und deutlich jünger, frecher und provokanter als Ilona Christen und Hans Meiser, mit denen sie anfangs einen dreistündigen Talkblock am Nachmittag bildete.

Auf dem Sendeplatz um 14.00 Uhr war sie die direkte Konkurrenz von Arabella und versuchte das gleiche junge Publikum anzusprechen. Anders als Arabella Kiesbauer stand Schäfer nicht zwischen den Diskutierenden, sondern im Publikum, und viel häufiger als Kiesbauer diskutierte sie nicht den Lebensstil ihrer Gäste, sondern die konkreten Abgründe in den Beziehungen zwischen ihnen. Diese Art der Konfrontation, die später auch die meisten Sendungen von Birte Karalus oder Andreas Türck kennzeichnete, wurde von Schäfer zuerst etabliert. Anstatt nur ihre unterschiedlichen Meinungen zu einem Thema zu diskutieren, trugen hier die Betroffenen private Streitigkeiten über oft sehr intime Dinge öffentlich miteinander aus.

Die Sendung stand immer wieder in der Kritik von Jugendschützern. Eine Ausgabe im März 1999 zum Thema „Alle hänseln mich, weil ich so hässlich bin“ wurde gerügt, weil sie den Eindruck vermittelt habe, man dürfe entstellte oder nicht der ästhetischen Norm entsprechende Menschen beleidigen und beschimpfen — die Moderatorin habe Gäste, die dies taten, nicht in ihre Schranken verwiesen. Im gleichen Jahr hatte Schäfer unter dem Motto „Meine Mutter verbietet mir die Pille“ ein elfjähriges Mädchen zu Gast. Das größte Aufsehen löste die Sendung vom 28. Januar 2000 zum Thema „Bärbel, für Geld würde ich alles tun“ aus: Die „Bild“-Zeitung hatte vorab berichtet, dass darin ein Gast für eine Million DM Sex mit seiner Ehefrau anbiete. Daraufhin rief u. a. die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis zu einem Einschaltboykott auf. Tatsächlich war diese Sendung vergleichsweise harmlos: Der Mann, ein verschuldeter 29-jähriger Frührentner, erzählte nur, dass er und seine Frau nach dem Ansehen des Films „Ein unmoralisches Angebot“ den Gedanken theoretisch verlockend fanden.

Die Show startete und behauptete sich erfolgreich auf ihrem 14-Uhr-Termin, wurde 1998 auf 13.00 Uhr vorverlegt, um den Platz für die neue Talkshow Birte Karalus freizumachen. 1999 tauschte RTL Schäfers Sendeplatz mit dem von Ilona Christen, so dass Schäfer fortan um 15.00 Uhr talkte. Ab Herbst 2000 kehrte sie auf ihren ursprünglichen Platz um 14.00 Uhr zurück. Zu Big-Brother-Zeiten war Bärbel Schäfer die „offizielle RTL-Talkshow zum TV-Kult“ und begleitete regelmäßig das Treiben im Container. Nach genau sieben Jahren und mit mittlerweile deutlich gesunkenen Einschaltquoten beendete Schäfer die Show angeblich auf eigenen Wunsch.

Andreas Türck

1998–2002 (ProSieben). Tägliche Nachmittags-Talkshow mit Andreas Türck und unprominenten Gästen.

Anders als bei Hans Meiser oder Bärbel Schäfer trafen sich bei Türck häufig Menschen, die sich kannten und nicht allgemein über ein Thema stritten, sondern unter einem Titel wie „Bäh, du stinkst, wasch dich endlich“ oder „Was willst du mit der Mumie?“ ihre ganz persönlichen Probleme öffentlich austrugen. Der Moderator unterschied sich von seinen Kollegen durch seine betont flapsige Art, häufig machte er sich mit dem Publikum über seine Gäste, ihre Sorgen und ihre Artikulationsschwierigkeiten lustig. Wenn er, was häufiger geschah, gegen ein Schreiduell auf der Bühne nicht ankam, setzte er sich schon mal irgendwo hin und klimperte auf der Gitarre.

Die Themen waren häufig als Anrede an den Moderator formuliert, etwa: „Andreas, mein Busen wird auch dich verrückt machen“ oder „Andreas, komm, lass uns mal so richtig peinlich sein“ (was allerdings als Einzelthema, nicht als Motto der ganzen Reihe gemeint war). Eine typische Sendung trug den Titel „Andreas, hilf mir! Ich will meine Nacktfotos zurück!“. Angeblich ging es um Menschen, die bereuten, sich einst unbekleidet fotografiert haben zu lassen; mehrere von ihnen benutzten ihren Auftritt allerdings dazu, besagte Bilder erst- oder nochmals der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Als im Frühsommer 1998 die so genannte Schmuddeldebatte über die Talkshows hereinbrach, nahm Pro Sieben die besten Themen aus dem Programm, darunter „Glaub mir, Satan ist der wahre Gott“, „Ich will endlich wilden Sex!“ sowie „Andreas, ich find’s geil — ich bin eine Hobbynutte“ (diese Folge wurde ersetzt durch „Andreas, meine Freundin ist magersüchtig — ich hab‘ Angst, dass sie stirbt“). Manche Sendungen wurden auch nur umbenannt, so wurde aus „Andreas, glaub‘ mir, sie hat Schläge verdient“ plötzlich „Andreas, sie hat mich provoziert, da hab‘ ich zugeschlagen“. Ein typischer Satz eines Gasts war der eines gewissen Thomas, der sagte: „Ich habe drei, vier Freundinnen, alle mit Ehemann und Kind. Warum soll ich mir eine Kuh kaufen, wenn ich die Milch einzeln trinke?“ Im Sommer 1999 war ein Micky eingeladen, der gewisse Schwierigkeiten hatte, sich zu artikulieren, aber den schönen Satz sagte: „Woher sind gekommen eigentlich die ganze Laberei?“ Türck unterbrach ihn: „Tut mir wirklich leid, aber das versteht doch keine Sau. — Ist doch wahr.“

Türck war zuvor als Moderator von Dalli Dalli, einer täglichen Neuauflage des Hans-Rosenthal-Klassikers, durchgefallen. Mit seiner eigenen Talkshow wurde Türck zu einem der Stars von Pro Sieben, der dem Sender mehrere Jahre lang hohe Quoten brachte. Berühmt wurde eine Szene, in der Türcks gewaltige Schweißflecken unter den Armen deutlich zu sehen waren — Stefan Raab zeigte sie gleich in der ersten Sendung von TV Total und wiederholte sie gern.

Im Januar 2002 hörte Türck nach rund 850 Sendungen aus mehr oder weniger freien Stücken auf. Nur drei Monate später begann Pro Sieben allen Ernstes, die Talkshow mittags um 12.00 Uhr zu wiederholen.

AlSo

1993–1994 (Sat.1). „Politik zum Mitreden“. Aktuelles Polit- und Talkmagazin mit Elke Schneiderbanger.

In Interviews und Filmbeiträgen werden die Themen der Woche angerissen, Chefredakteure großer Zeitungen und Magazine geben einen Ausblick auf die Themen der kommenden Woche (sprich: auf den Aufmacher ihres jeweiligen Blatts). Beim Studiotalk mit mehreren Gästen, der jede Woche unter einem Schwerpunktthema steht, haben Fernsehzuschauer die Gelegenheit, sich per Telefon ins Gespräch einzuschalten.

Coup der ersten Sendung war ein rares Interview von Heinz Klaus Mertes mit dem sehr umstrittenen Steffen Heitmann, von dem Helmut Kohl damals noch glaubte, er könne ihn zum Bundespräsidenten machen.

Das Magazin lief sonntagmorgens um 11.00 Uhr.

Akut

1992–1993 (Sat.1). Sensationsmagazin mit Karlo Malmedie.

Im August 1992 zeigte das Magazin in einem kritischen Beitrag über die „Gesellschaft für humanes Sterben“ Ausschnitte aus einem Video, das ein 51-jähriger Selbstmörder von seinem eigenen Tod gedreht hatte. Er hatte sich die Selbstmordanleitung von der Gesellschaft besorgt; die Ausstrahlung sollte beweisen, so die Redaktion, wie grausam der Todeskampf entgegen der Versprechen der Gesellschaft sei. Ausführlich war zu sehen, wie der Mann röchelnd und würgend nackt in einer Badewanne lag, nachdem er ein tödliches Medikament eingenommen hatte. Die „Bild“-Zeitung hatte den Skandal bereits vorher quotenwirksam ankündigen dürfen.

Auch auf einen Beitrag aus der letzten Akut-Sendung stieg die befreundete Springer-Presse groß ein: Akut brachte Thomas Gottschalk mit Scientology in Verbindung. Der Sat.1-Programmdirektor Heinz Klaus Mertes, der kurz vorher die Absetzung des Magazins beschlossen hatte, entschuldigte sich daraufhin bei Gottschalk und bot ihm eine Berichtigung im Sat.1-Programm an.

Akut lief mittwochs, ab 1993 montags gegen 22.00 Uhr. In der letzten Ausgabe verabschiedete sich das Magazin mit den Worten: „Das war Akut. 76-mal zeigten wir Ihnen die Härten des Lebens, jetzt hat uns selbst die Härte erwischt.“ Nachfolger wurde AlSo — allerdings am Sonntagmorgen.

Der Forellenhof

1965–1966 (ARD). „Eine Familiengeschichte“. 8-tlg. dt. Familienserie von Heinz Oskar Wuttig, Regie: Wolfgang Schleif.

Otto Buchner (Hans Söhnker) und seine Frau Anna (Jane Tilden) führen gemeinsam das Hotel »Forellenhof« im Schwarzwald. Sohn Jörg (Gerhart Lippert) arbeitet mit, ebenso Großvater Otto sen. (Adolf Dell), der die Forellen züchtet. Schwägerin Ruth (Tilly Lauenstein) ist das Zimmermädchen. Als einzige Familienmitglieder arbeiten Tochter Christa (Helga Anders) und Sohn Klaus (Helmut Förnbacher) nicht im Hotel, weil sie außerhalb zur Schule gehen bzw. studieren.

Eine harmlose Serie mit Alltagsgeschichten, aber ohne echte Probleme. Die Zuschauer liebten sie, obwohl sie ihnen bekannt vorkam: Nach dem gleichen Muster, nur mit einem Tierarzt statt dem Hotelier, hatte Autor Wuttig schon drei Jahre vorher Alle meine Tiere gestrickt; Schauspielerin Tilly Lauenstein spielte sogar in beiden Serien Hauptrollen. Ein böser Kritiker nannte den Forellenhof deshalb „Alle meine Forellen“. Der damals 62jährige Hans Söhnker, ein früherer Ufa-Filmstar, wurde durch die Rolle noch einmal richtig populär.

Die einstündigen Folgen liefen monatlich.

Alle meine Tiere

1962–1963 (ARD). „Eine Familiengeschichte“. 9-tlg. dt. Familienserie von Heinz Oskar Wuttig, Regie: Otto Meyer.

Der Brummbär Dr. Karl Hofer (Gustav Knuth) ist Tierarzt und hat eine eigene Praxis, die er gemeinsam mit seiner Frau Gerda (Tilly Lauenstein), ebenfalls studierte Tiermedizinerin, führt. Ihre Tochter Bärbel (Sabine Sinjen) ist Studentin, Sohn Ulli (Volker Lechtenbrink) geht noch zur Schule. Beide setzen sich ebenfalls für die Tiere ein, vor allem Ulli widmet sich sehr dem Tierschutz. Lenchen (Käte Jaenicke) ist die schusselige Haushaltshilfe, die sowohl für die Familie als auch die Praxis Hofer arbeitet. Die Übergänge sind fließend, da die Praxis zu Hause untergebracht ist. Hofer hilft nicht nur den Tieren, sondern hat auch ein offenes Ohr für deren Herrchen und Frauchen, wenn sie Probleme haben.

Herzerwärmende Serie, die ganz auf den rauen Charme von Gustav Knuth zugeschnitten war. Wuttig variierte das Erfolgskonzept einige Jahre später im Forellenhof, den ein Kritiker daraufhin prompt in „Alle meine Forellen“ umtaufte.

Die ARD sendete die 45-minütigen Episoden in loser Folge montags um 21.00 Uhr.

Hawkins

1988 (ARD). 8-tlg. US-Krimiserie von David Karp und Norman Felton („Hawkins“; 1973-1974).

Der Anwalt Billy Jim Hawkins (James Stewart) verteidigt Menschen, die wegen Mordes angeklagt sind, und sucht die wahren Mörder. Er hat seine Kanzlei in dem kleinen Kaff Beauville in West Virginia, doch sein Ruf eilt ihm voraus, und so kommen seine Klienten von weit her angereist. Das wiederum bedeutet, dass er selbst weit reisen muss, um in den Fällen zu ermitteln. Sein Cousin R. J. Hawkins (Strother Martin) begleitet ihn und hilft bei der Aufklärungsarbeit.

Die Serie war eine der letzten Fernseharbeiten des Hollywood-Stars Stewart. Er verabschiedete sich vom Fernsehen, nachdem Hawkins gefloppt war.

Die Folgen waren 75 Minuten lang und liefen mittwochs um 23.00 Uhr.

Alle meine Lieben

1974 (ZDF). 23-tlg. US-Sitcom („The Jimmy Stewart Show“; 1971–1972).

Versehentlich brennt Professor James Howard (Jimmy Stewart) das Haus seines Sohnes Peter, genannt P. J. (Jonathan Daly), nieder. Er bietet ihm an, mit dessen Frau Wendy (Ellen Geer) und deren gemeinsamem achtjährigen Sohn Jake (Kirby Furlong) wieder bei ihm einzuziehen. Doch die Familienverhältnisse sind kompliziert, denn James hat eine neue Frau geheiratet: Martha (Julie Adams), mit der er einen ebenfalls achtjährigen Sohn, Teddy (Dennis Larson), hat. Die beiden gleichaltrigen Jungs sind Neffe und Onkel, und im Zusammenleben der verschiedenen Generationen entstehen viele Konflikte.

Die Comedyserie war der erste Fernsehausflug für den Hollywoodstar James „Jimmy“ Stewart. Entsprechend groß waren die Erwartungen und entsprechend groß die Enttäuschung, als die Serie floppte. Ein zweiter Versuch, Hawkins, lief kaum besser.

Die Folgen waren 25 Minuten lang und liefen sonntags am frühen Nachmittag.

Alle meine Kinder

1997 (RTL). 33-tlg. US-Sitcom („The Torkelsons“; 1991–1992; „Almost Home“; 1993).

Millicent Torkelson (Connie Ray) versucht als allein erziehende Mutter, sich und ihre fünf Kinder Dorothy Jane (Olivia Burnette), Steven Floyd (Aaron Michael Metchik), Chuckie Lee (Lee Norris), Mary Sue (Rachel Duncan) und Ruth Ann (Anna Slotky) über Wasser zu halten. Später zieht sie mit drei von ihnen zu dem alleinstehenden Brian Morgan (Perry King) und betreut als Kindermädchen dessen Kinder Gregory (Jason Marsden) und Molly (Brittany Murphy).

Zwei US-Serien über die Familie Torkelson wurden hier unter dem gleichen Titel zusammengefasst und am Samstagnachmittag ausgestrahlt.

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