Die Langlaberer

Nach unserem Wissen gibt es kein Talkshowformat weltweit, das mit ein- und demselben Moderator über eine solch lange Strecke auf Sendung ist oder war. Selbst der legendäre Larry King machte ’schon‘ nach 25 Jahren Schluss.

Das sagt Wieland Backes, der Ende 2014 nach knapp 28 Jahren endlich die Moderation des Nachtcafés im SWR aufgibt.

Dann frischen wir sein Wissen mal auf:

  • Tetsuko ne Heya mit Tetsuko Kuroyanagi, Japan, bisher 38 Jahre (seit 1976)
  • The Late Late Show mit Gay Byrne, Irland, 37 Jahre (1962 bis 1999)
  • Der internationale Frühschoppen mit Werner Höfer, Deutschland, 34 Jahre (1953 bis 1987)
  • Late Show mit David Letterman, USA, bisher 32 Jahre (seit 1982)
  • Tonight Show mit Johnny Carson, USA, 30 Jahre (1962 bis 1992)
  • Live! mit Regis Philbin, USA, 28 Jahre (1983 bis 2011)

Keine Ursache.

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Michael, 30. Januar 2014, 12:17.

Ist ja auch egal

Die ist eines der Phänomene der deutschen Fernsehlandschaft. Die könnten die Nachrichten in Latein verlesen mit zwei brennenden Kerzen, und die Sendung hätte immer noch gute Ratings.

Diesen Satz sagte vor mehr als zwanzig Jahren der damalige RTL-Chef Helmut Thoma über die Tagesschau mit einer Mischung aus Neid und Anerkennung. Inzwischen verfügt RTL selbst über eine Sendung, die derart zur Instanz geworden ist, dass sie offenbar geguckt wird, egal was passiert. Sie heißt Ich bin ein  Star – holt mich hier raus und ist in diesem so erfolgreich wie noch nie. Normalerweise leiden Shows dieses Genres nach zehn Jahren an deutlichen Abnutzungserscheinungen und haben den Sensationsstatus ihrer frühen Tage längst verloren, falls sie überhaupt noch auf Sendung sind. Das Dschungelcamp dagegen liegt vier Tage vor Schluss im Schnitt 390.000 Zuschauer über der bisher meistgesehenen Staffel aus dem Jahr 2011 mit Sarah „Dingens“ Knappik, Jay Khan und Dschungelkönig Peer Kusmagk. Zum ersten Mal hatte dieses Jahr (bisher) keine einzige Ausgabe weniger als sieben Millionen Zuschauer.

Liegt es daran, dass Ich bin ein Star… der Tagesschau immer ähnlicher wird? In beiden Sendungen passiert eigentlich gar nicht viel, und zurzeit geht es u.a. um eine Frau, die nichts tut, aber immer wiedergewählt wird.

Wohl kaum. Tatsächlich scheint sich aber eine gewisse Scheißegal-Haltung unter den Machern auszubreiten, denn die Quoten sind ja eh immer gut.

  • „Wollen wir diesmal vielleicht die Hälfte der Teilnehmer gleich zu Beginn aus einem Flugzeug springen lassen?“ – „Wie wirkt sich das auf den Spielablauf aus, und hat es Konsequenzen für diejenigen, die sich weigern?“ – „Öhm – ist doch egal!“
  • „Kommt, wir zeigen heute in den ersten zwanzig Minuten diese alten Szenen von vorgestern, die liefen noch nicht.“ – „Aber da ist Mola noch dabei, und der ist doch gestern rausgeflogen!“ – „Umpf – ist doch egal!“
  • „Komm wir sagen den Kandidatinnen heute mal, sie seien es alle nicht, werfen dann aber trotzdem eine von ihnen raus, weil wir die erste Aussage nachträglich auf was völlig anderes beziehen!“ – „Meinst du, das vermittelt sich auf die Schnelle? Vielleicht verwirrt das die Kandidaten und die Zuschauer zu sehr!“ – „Ach, ist doch egal!“


Foto: RTL

Der Nominierungsprozess um die Frage, wer zur Dschungelprüfung antritt, ist eher einige witzige Veranstaltung, da benötigt man keine Spannung und kann ruhig schon in der Vorschau zeigen, wen es treffen wird. Die Prüfungen an sich könnten aber durchaus enorme Spannung bieten, und tun es an manchen Tagen auch. Am Montagabend war das nicht der Fall, denn schon im Ausblick vor der Werbepause konnte man sehen, wie Prüfling Jochen aus dem Kakerlakensarg herauskriecht und alle sieben Sterne ordnungsgemäß an der Wand angeschraubt sind. Ist ja auch egal.

Die Schatzsuche, als Spielelement eigentlich ein schöner Bestandteil der Show, bedeutet nicht nur für die Kandidaten manchmal Mühe, sondern auch für das Produktionsteam bei der Vorbereitung. Also kann man’s ja auch bleiben lassen. An den ersten sieben Tagen gab es dieses Jahr nur eine einzige Schatzsuche, stattdessen war einfach etwas ausführlicher zu sehen, wie die verhaltensauffällige Larissa und die anderen Teilnehmer am Lagerfeuer ihre Diskrepanzen austrugen. Egal.

Dazu kommt, dass die Sympathie der Moderatoren leidet, wenn die bissigen Gags nach Skript bei Daniel Hartwich nur wenige Sekunden später im Extra-Interview in ungeskriptete Arroganz gegenüber der Reporterin umschlagen, die nicht als Kandidatin im Dschungel ist, sondern als RTL-Mitarbeiterin, er sie aber trotzdem ungebremst auflaufen lässt. Klar, manche ihrer Fragen wirken dämlich, aber was soll sie denn machen, wenn sie keine Gagschreiber und keinen wirklichen Inhalt hat, aber die Aufgabe, der Dschungelshow möglichst sendezeitfüllend zu huldigen.

Nachdem gestern Abend kurz vor dem Rauswurf erst einmal alle Kandidatinnen verwirrt wurden mit der klaren Ansage, sie seien es NICHT (wesentlich unklarerer Nachsatz: Die von Mörtel-Lugner zum Opernball eingeladen werden), griff die Verwirrung auch auf die Moderatoren über. Am Ende wiesen Sonja Zietlow und Daniel Hartwich wie gewohnt auf das Anschlussprogramm hin: Den Bachelor. Vielmehr: Den „Glatzen-Bachelor“, den „Neurosenkavalier“. Der kam aber gar nicht. Es kam wie an jedem Werktag um Mitternacht das Nachtjournal (das in dieser Woche übrigens von Graf Zahl moderiert wird, aber das nur am Rande). Aber vielleicht war das ja auch irgendein Gag, den ich nicht verstanden habe. Umpf. Ist doch egal. Dem Nachtjournal hat das nicht geschadet. Und dem Dschungel scheint ja derzeit gar nichts schaden zu können.

Ich bin ein Star – holt mich hier raus ist immer noch eine der besten und unterhaltsamsten Sendungen im Fernsehen. Ich habe nur ein bisschen Angst, dass sie ab der nächsten Staffel in Latein gesendet wird.

Michael, 29. Januar 2014, 08:58.

Auf sie mit Gebrüll!

Huff, das wird spannend. Die TV-Experten der Huffington Post vermelden heute:

Wie genau sieht dieser „Angriff“ aus?

Thore Schölermann gegen Jörg Pilawa – So heißt das Fernduell am 1. März im TV. Der Privatsender ProSieben schickt seinen Moderator Schölermann (29) an dem Samstagabend um 20.15 Uhr mit der neuen Show „Scream! If you can“ an den Start. In der ARD tritt zeitgleich um 20.15 Uhr Rückkehrer Pilawa (48) mit der Neuauflage von Hans-Joachim Kulenkampffs legendärer Quizshow „Einer wird gewinnen“ an.

Wow. Eine Show! Auf ProSieben! Uiuiui. Und das am selben Abend, an dem auch die ARD eine Fernsehsendung ausstrahlt! Das kann man nur als Angriff interpretieren. Jaha, da wird die ARD aber Angst bekommen.

In  „Scream! If you can“ geht es um fünf Leute, die im Wald warten müssen, bis es dunkel wird. Puh, das klingt in der Tat ungefähr so spannend wie die Vorstellung einer EWG-Neuauflage mit Jörg Pilawa. Ein Duell auf Augenhöhe also: Waldgeister gegen Kuli-Quiz. Jetzt hat es ProSieben dem Ersten aber gezeigt. Das wird der ARD die Zielgruppe abspenstig machen und trifft sie mitten in den Markenkern.

Oh, warten Sie, da kommt gerade eine neue Eilmeldung der Huffington Post:

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Michael, 28. Januar 2014, 16:52.

Leseleuchten mit Schreibblockade

RTL hat heute mit einer Kampagne gegen Analphabetismus begonnen und wirbt für das Lesen.

Sehr gut.

Im nächsten Schritt könnte RTL dann seinen Redakteuren das Schreiben beibringen. Lektion 1: Wann schreibt man Wörter mit „ß“ statt mit „ss“?

Lektion 2: Wann benutzt man Trennstriche?


Screenshots aus dem RTL-Nachtjournal und Punkt 12 von vergangenem Freitag und heute.

Michael, 27. Januar 2014, 22:16.

Debakel: Allzeit-Tief für „Wetten, dass…?“-Nachberichterstattung

Wenn man die Schlagzeilen über Zuschauerzahlen und Marktanteile auf den Medienseiten verfolgt, bekommt man seit ein paar Jahren den Eindruck, Wetten, dass…? und Deutschland sucht den Superstar gehörten zu den Sendungen mit den größten Quotenproblemen im deutschen Fernsehen. Beispiel Wetten, dass…? von gestern Abend:

– „Schlechteste Quote“ („Bild“)
– „Debakel“ („Stern“)
– „Miserable Quoten“ („Focus“)

Das ist bemerkenswert, denn Wetten, dass…? und Deutschland sucht den Superstar gehören zu den quotenstärksten Sendungen im deutschen Fernsehen.

Sicher, beide Shows haben heute nur noch etwa halb so viele Zuschauer wie vor zehn Jahren. Das macht sie aber noch immer nicht zu Flops. So groß war nämlich einst ihr Vorsprung, dass sie selbst nach Verlust der Hälfte ihres Publikums noch immer in der Spitzengruppe mitspielen. Die Jahre dazwischen, in denen die Quoten allmählich auf das heutige Niveau sanken, boten allerdings immer und immer wieder die Gelegenheit, auf neue Quoten-Tiefstwerte hinzuweisen. Denn wenn eine Kurve stetig nach unten geht, erreicht man neue Tiefpunkte oft. Gerade Publikationen wie „Bild“, „Stern“ und „Focus“, die sich sabbernd auf die immer neuen „Debakel“ stürzen, müssten das wissen, denn ihre Auflagenkurve geht seit Jahren ungefähr so steil und stetig nach unten wie die Quoten der genannten Shows.

Eingebüßt haben die beiden Shows lediglich ihre einstige Sonderstellung – zumindest aus Quotensicht. Waren sie einst einsame Spitzenreiter, sind sie heute Teil einer größeren Spitzengruppe, zu der z.B. auch die ZDF-Samstagskrimis, Der Bergdoktor, Um Himmels Willen und Wer wird Millionär? gehören. Die Sonderstellung gehört momentan dem Tatort und Ich bin ein Star – holt mich hier raus!, zwei Reihen, denen trotz fortgeschrittenen Alters das Kunststück gelungen ist, seit Jahren kontinuierlich steigende Quoten zu verzeichnen.


Liest aus Langeweile gerade eine Ansichtskarte: Markus Lanz
(hier mit einer stadtbekannten Karlsruher Schlägerin).
Screenshot: ZDF

Komplett ist der Ausnahmestatus vor allem von Wetten, dass.? aber auch mit Markus Lanz noch nicht dahin: Zumindest die Berichterstattung räumt der Show noch immer Platz ein, als sei sie weiterhin das Ereignis, über das am nächsten Tag alle sprechen, wie die ständigen Quotenstandsmeldungen zeigen, aber auch die zuverlässig erscheinenden Nacherzählungen nach jeder Sendung.

DSDS ist mittlerweile in der Normalität angekommen. Es gibt keine Quotenrekorde mehr, keine Sensationen, und auch keine empörten Aufschreie, wie Peer Schader bereits gestern bei DWDL schilderte. Die Entwicklung verläuft parallel zur amerikanischen Version American Idol, der der Variety-Kolumnist Brian Lowry diese Woche ans Herz legte, sich mit dem neuen Status abzufinden, kein Phänomen mehr zu sein, sondern nur noch ein Hit. Dann kann sie noch lange überleben. Dann muss nämlich nicht bei jedem kleinen Quotenrückgang das Gesamtkonzept in Frage gestellt werden. Wer einsieht, dass man nicht Bayern München ist, muss auch nicht gleich den Trainer feuern, wenn man mal nur Zweiter wird.

DSDS scheint das inzwischen verstanden zu haben (abgesehen vom ständigen Wechsel der Co-Trainer) und setzt im Wesentlichen auf das bewährte Format. Auch Wetten, dass…? hat einige der Änderungen rückgängig gemacht, die dazu gedacht waren, ein jüngeres Publikum zu erreichen, die stattdessen aber Teile des älteren Stammpublikums vergrault haben. Wer endlich aufhört, Programm für ein Publikum zu machen, das man gar nicht hat, sondern sich wieder um die kümmert, die „ihre“ Sendung ja wahrscheinlich nicht grundlos immer noch einschalten, kann noch lange erfolgreich senden. Die Quoten von DSDS haben sich in diesem Jahr wieder etwas erholt, die von Wetten, dass…? sind nach einem monatelangen stetigen Rückgang nun schon seit einem halben Jahr weitgehend konstant, auch wenn es gestern noch mal ein bisschen nach unten ging.


Gucken gerade Fernsehen: RTL-Zielgruppe (innen); ZDF-Zielgruppe (außen).
Foto: RTL

Es ist auch nicht so, als sei die Quotenentwicklung eine Überraschung. Irgendwann büßt jede Show einmal den Sensationsstatus ein. Wer wird Millionär? ging es so und lebt trotzdem ganz gut weiter, zumindest solange Günther Jauch die Fragen stellt. Wetten, dass…? zeigte schon deutliche Abnutzungserscheinungen, als Thomas Gottschalk noch moderierte, der zuletzt nur noch um die acht Millionen Zuschauer erreichte. Und doch war klar, dass sein Ausstieg keinen Aufschwung zur Folge haben würde. „Markus Lanz wird diesen Status kaum halten können. Die Sonderstellung wird verlorengehen. Aber selbst wenn die Show noch zwei oder drei Millionen Zuschauer verliert, was mittelfristig wahrscheinlich ist, macht das nichts. Ihr Vorsprung war so groß, dass Wetten dass…? gemessen am Programmumfeld sogar dann noch ein Erfolg wäre“, schrieb vor zwei Jahren bei der Ernennung von Lanz zum neuen Moderator ein sehr weiser Mann, also ich. Allerdings schrieb ich im gleichen Text sinngemäß auch, Markus Lanz sei eigentlich ein ganz passabler Moderator und könne Interviews führen. Gut, jeder macht mal Fehler.

Auch Markus Lanz hat Fehler gemacht. Neben seiner Berufswahl wäre zu nennen, dass er sich viel zu oft in seinen eigenen Sendungen mit der Kritik an seinen Sendungen und mit den Einschaltquoten befasst. Eine Marotte, die er von Thomas Gottschalk übernommen hat. Beide thematisierten regelmäßig vor einem Millionenpublikum Inhalte, die bis dahin nur auf Medienseiten erschienen waren. Medienseiten werden aber fast ausschließlich von Medienjournalisten gelesen, und vielleicht von ein paar hunderttausend anderen, wenn’s hoch kommt. Das ist nichts gegen die mehreren Millionen, die die eigentlichen Sendungen sehen, sich aber nicht mit deren Hintergründen befassen. Diese Normalzuschauer wurden durch die Moderatoren überhaupt erst darauf aufmerksam gemacht, dass es eine „öffentliche“ Kritik gibt und das Einschaltinteresse nachgelassen hat. Die vielen verbliebenen Zuschauer mit unverändertem Einschaltinteresse erhielten erst dadurch die Chance, sich darüber Gedanken zu machen, warum es sich bei anderen anders verhielt. Auf diese Weise waren es letztlich nicht wir Medienjournalisten mit unserer Handvoll Leser, sondern die Moderatoren mit ihrem Millionenpublikum, die ihre eigenen Sendungen niederredeten, indem sie die Kritik ernst und sich erkennbar zu Herzen nahmen, und damit eine Dünnhäutigkeit zeigten, die man als Fernsehmoderator ebensowenig haben darf wie als Politiker oder Musiker. Es wird immer Schwätzer wie mich geben, die sie nicht mögen. Na und? Niemand zwingt mich, es anzusehen. Und wie schon gesagt: Die Sendungen sollen ja für diejenigen gemacht werden, die sie sich ansehen, und nicht für die anderen.

Einen Schritt in die richtige Richtung machte Markus Lanz, als er sich gestern in einer subtilen Randbemerkung über die Online-Petition lustig machte, die gerade seine Absetzung fordert. Es ging um die vielen Baustellen in der Austragungsstadt Karlsruhe, und Lanz sagte, falls jemandem die Situation nicht passe, könne er ja „eine kleine Online-Petition“ machen.

Das ist der richtige Ansatz. Was schert Markus Lanz eine unqualifizierte Petition mit 200.000 Unterzeichnern? Dagegen stehen aktuell 6,31 Millionen Zuschauer. Eine demokratische Entscheidung sollte es sein? Hier ist das vorläufige amtliche Endergebnis: Lanz hat gewonnen.

Ob sie gut ist, ist jetzt nicht die Frage, aber Lanz und das ZDF sollen sich bloß nicht einreden lassen, ihre Show sei kein Erfolg. Die meisten anderen Sendungen wären glücklich, wenn sie einmal wie Wetten, dass…? auf Zahlen über sechs Millionen kämen. Und bestimmt auch einige andere Medien, zum Beispiel die Bild-Zeitung (aktuelle verkaufte Auflage: 2,31 Millionen), der „Stern“ (0,77 Millionen) oder der „Focus“ (0,51 Millionen).

Michael, 26. Januar 2014, 13:53.

Das gab’s schon einmal, das kommt bald wieder

Das Fernsehen von morgen findet man in den 80er-Jahren.

Ein interessanter Trend ist im amerikanischen Fernsehen bemerkbar, und ich bin gespannt, wann er auch zu uns kommt: Man hat keine neuen, eigenen Ideen mehr. Moment, ist das nicht seit jeher die Kernkompetenz des deutschen Fernsehens?

Es ist keine gänzlich neue Erscheinung, dass frühere Erfolgsformate reanimiert werden. Schon 1984 legte man in den USA das Quiz Jeopardy neu auf, das erstmals in den 60er-Jahren auf Sendung gegangen war. Die neue Version läuft bis heute, und immer noch mit dem Moderator von 1984. Sogar die deutscheVersion von Jeopardy war eine Neuauflage, zuvor war das Format bereits unter dem namen Riskant gelaufen. Aber allmählich häuft es sich.

Manchmal klappts, wie bei Hawaii 5-0, Battlestar Galactica oder sogar Dallas und Beverly Hills, 90210. Häufiger nicht. Knight Rider. Flash Gordon. Auf der Flucht (Die Jagd geht weiter).

Drei Engel für Charlie konnten zwar im Kino erfolgreich reanimiert werden, aber eine Neuauflage als Fernsehserie überlebte 2011 keine zwei Monate. Das Remake von Der Chef hielt im Herbst 2013 nicht mal einen Monat durch und war nach vier Folgen schon wieder Geschichte. Beide Serien schafften es erst gar nicht ins deutsche Fernsehen, im Gegensatz zur neuen Sieben-Millionen-Dollar-Frau unter dem Originaltitel Bionic Woman, obwohl die 2007 in ihrer Heimat auch nach nur acht Folgen schon wieder abgesetzt worden war. Ein neuer Detektiv Rockford von den Machern von Dr. House erreichte gar lediglich die Planungsphase und wurde schon vor Produktionsbeginn wieder zu den Akten gelegt. So ergeht es nun wohl auch dem Versuch, Mord ist ihr Hobby neu aufzulegen, eine Serie, die schon beim Start 1984 wirkte, als sei sie versehentlich 30 Jahre zu spät auf Sendung. Octavia Spencer hätte die neue Hobbydetektivin spielen sollen. Die ursprüngliche Hauptdarstellerin Angela Lansbury, die heute 88 Jahre alt ist und noch immer regelmäßig Theater spielt, machte im vergangenen Herbst lautstark ihren Unmut deutlich, als die Pläne bekannt wurden. Diese Woche legte der Sender NBC die Pläne auf Eis und entließ Spencer aus ihren vertraglichen Verpflichtungen.

Dennoch ist es nachvollziehbar, warum die Sender sich immer wieder auf früher bewährte Formate verlassen wollen. Die Erfolgsquote von Neuauflagen liegt grob bei einem Viertel. Das ist eine höhere Erfolgsquote als bei komplett neuen Sendungen. In Deutschland wurden die Sender mit Updates von Der Bergdoktor und Dalli Dalli (das jetzt Das ist Spitze! heißt) glücklich, weniger mit Spiel ohne Grenzen, Der große Preis, Stahlnetz, Traumhochzeit und Einer wird gewinnen.

Deutlich sicherer ist der Flop beim gegenteiligen Versuch, also kein alter Stoff besetzt mit neuem Personal, sondern neuer Stoff besetzt mit alten Säcken. Dennoch setzen die US-Sender immer wieder genau darauf: Erst setzen sie nicht mehr ganz junge Schauspieler, die vor längerer Zeit mal Stars erfolgreicher Serien waren, als Stars neuer Serien ein, und dann die Serien ab. Das funktioniert nämlich fast nie.

Paul Reiser, Autor, Produzent und Hauptdarsteller der Erfolgsserie Verrückt nach dir, erlebte es 2010 mit der Paul Reiser Show, deren Ende nach nur zwei Folgen kam. Tim Allen aus Hör mal wer da hämmert ist zwar seit 2011 mit seiner neuen Serie Last Man Standing auf Sendung, dass die aber immer noch läuft, wissen nicht viele. Nach der ersten Staffel verschob der Sender ABC sie auf den im US-Fernsehen weitgehend bedeutungslosen Freitagabend. Robin Williams‘ neue Serie The Crazy Ones von Starautor David E. Kelley fiel schon wenige Folgen nach dem Start im vergangenen Oktober unter den Senderschnitt von CBS, hat damit aber immer noch dreimal so viele Zuschauer wie die Michael J. Fox Show, die am gleichen Tag Premiere hatte und nur deshalb noch auf Sendung ist, weil NBC sich zur Ausstrahlung aller 22 Folgen der ersten Staffel verpflichtet hatte, um die Rechte zu erhalten. Auf kaum höheren Quotenniveau läuft donnerstags direkt vorher Sean Saves The World mit Sean Hayes aus Will & Grace, aber wohl auch höchstens noch bis Mai. Happily Divorced mit Nanny Fran Drescher wurde im vergangenen Sommer schon wieder aus dem Programm genommen. Die Zuschauerzahlen beim Klassiker-Sender TV Land hatten knapp über einer Million gelegen. Sogar noch unter dieser Schwelle liegt die neue Serie Kirstie mit Kirstie Alley, ebenfalls bei TV Land. Sie läuft erst seit Dezember. Es gibt etliche weitere Beispiele, die waren aber so erinnerungsunwürdig, dass sie nicht mal mir mehr einfallen, und im meinem Kopf ist wirklich wenig anderes als Fernsehen.

Und trotz allem: Einen Tag nach der Verkündung, ein neues Mord ist ihr Hobby werde zunächst nicht weiter verfolgt, kündigte NBC eine neue Serie an. Mit Bill Cosby. Klammer auf: 76. Klammer zu. Weil aber sogar NBC wohl nicht damit rechnet, dass der alte Mann allein noch ein werberelevantes Publikum hinter dem iPad hervorlockt, soll er den Patriarchen einer Mehrgenerationenfamilie spielen. Also wie Ed O’Neill in Modern Family. – Ah, ein Gegenbeispiel! Na immerhin.

Mal sehen, welche alten Serien das deutsche Fernsehen noch neu verfilmt. Im ZDF geht es im März schon mal los mit Ein Fall für zwei, nur ein Jahr nach dem Ende des gleichnamigen Originals. Die Frage nach Stars von einst in neuen Serien stellt sich hierzulande nicht so sehr. Denn die sind ja alle noch versorgt und ohnehin bis an ihr Lebensende regelmäßig im Fernsehen. Jedenfalls solange es das Traumschiff und die ARD-Freitagsfilme gibt.

Michael, 24. Januar 2014, 12:41.

Major Crimes

Ab 22. Januar 2014 (Vox). US-Krimiserie von James Duff („Major Crimes“; seit 2012).

Fortsetzung der Serie The Closer:  Captain Sharon Raydor (Mary McDonnell) wird bei der Polizei von Los Angeles zur neuen Chefin der „Major Crimes Division“ befördert. Ihre Kollegen Fritz Howard (Jon Tenney), Louie Provenza (G. W. Bailey), Mike Tao (Michael Paul Chan), Julio Sanchez (Raymond Cruz), Andy Flynn (Tony Denison) und Buzz Watson (Phillip P. Keene) sind weiterhin dabei, neu dazu kommt Amy Sykes (Kearran Giovanni). Der junge Rusty Beck (Graham Patrick Martin) ist ein wichtiger Belastungszeuge in den Ermittlungen gegen einen Serienkiller. Raydor quartiert Rusty in ihrem eigenen Zuhause ein.

Die einstündigen Folgen laufen mittwochs um 21.15 Uhr, auf dem Sendeplatz, den auch The Closer viele Jahre innehatte.

Ich bin ein Gangster — lass mich hier rein!

Ein Mann betritt das FBI-Gebäude, nennt bei der Anmeldung höflich seinen Namen und bittet um einen Termin beim Chef. Gemächlich legt er Tasche, Mantel und Hut ab, geht auf die Knie und hebt die Arme hinter seinen Kopf. Als er den Vorgang beendet hat, ist er von bewaffneten Beamten umstellt.


Fotos: RTL

Der Mann heißt Raymond Reddington und steht auf der Fahndungsliste der meistgesuchten Verbrecher ziemlich weit oben. Er selbst hat aber auch eine Liste, die zusätzlich noch einige Namen enthält, die dem FBI gar nicht bekannt sind. Und diese Gangster will er dem FBI nun nach und nach ausliefern. Aber nur, wenn er selbst weiter in Freiheit bleiben und seine kriminellen Geschäfte verfolgen kann und mit der jungen Agentin Liz zusammenarbeiten darf.

Diese Grundkonstellation muss man einfach hinnehmen und akzeptieren, dann kann man an der neuen RTL-Serie The Blacklist durchaus ihren Spaß haben. Denn obwohl die Konstellation, der Rhythmus und die Anmutung an Person Of Interest erinnern, wirkt das Ergebnis weit weniger dämlich. Es ist allein schon ein Genuss, Hauptdarsteller James Spader dabei zuzusehen, wie er die jahrelang in Boston Legal praktizierte selbstverliebte Arroganz diesmal in der Rolle des überlegenen Schwerverbrechers noch um einige Stufen erhöht. Die teilweise sehr drastischen Gewaltszenen, die RTL in dieser Serie in den kommenden Wochen zeigt, werfen jedoch im Nachhinein die Frage auf, warum der vergleichsweise harmlose WDR-Tatort vor zwei Wochen erst nach 22 Uhr gezeigt werden durfte.

Wie in fast jeder Serie der Nach-CSI-Ära ziehen sich etliche Geheimnisse und Ungereimtheiten durch die Serie, die die Hauptfiguren umgeben: Warum hilft der Gangster dem FBI? Welchen Narren hat er an der jungen FBI-Agentin gefressen? Was hat es mit ihrem Mann auf sich? Wo sind James Spaders Haare hin? Die Serie war in den USA einer der erfolgreichsten Neustarts der vergangenen Jahre, weshalb Anlass zur Hoffnung besteht, dass sie lange genug läuft, um zumindest manche dieser Fragen eines Tages zu beantworten.

Zum Start (heute ab 20.15 Uhr) könnte RTL vom „Heilgenschein-Effekt“ profitieren. Im Anschluss läuft Ich bin ein Star – holt mich hier raus, dessen Quoten und Auswirkung so gigantisch sind, dass nicht nur die Sendungen im Anschluss wie das Nachtjournal, Extra oder stern tv Jahresbestwerte erreichen, weil viele Zuschauer nach dem Dschungelcamp weiter dranbleiben, sondern sogar Sendungen, die vorher laufen, teilweise einen spürbaren Quotenanstieg verzeichnen, wie Wer wird Millionär? am vergangenen Freitag. Ob das reicht, um The Blacklist langfristig einen verlässlichen Platz im RTL-Abendprogramm zu garantieren, ist natürlich fraglich, aber letztlich ja zum Glück auch egal.

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Michael, 21. Januar 2014, 05:07.

The Blacklist

Ab 21. Januar 2014 (RTL). US-Krimiserie von Jon Bokenkamp („The Blacklist“; seit 2013).

Raymond „Red“ Reddington (James Spader) ist einer der meistgesuchten Verbrecher auf der Fahndungsliste des FBI. Warum er plötzlich beschließt, dem FBI dabei zu helfen, etliche andere gesuchte Verbrecher aus dem Verkehr zu ziehen, weiß das FBI auch nicht so genau, nimmt das Angebot aber an und geht auf seine Bedingungen ein. Dazu gehört, dass er seine Tipps ausschließlich an die junge Agentin Elizabeth „Liz“ Keen (Megan Boone) weitergibt. Auch hier weiß niemand so genau, warum ausgerechnet sie die Auserwählte ist, erst recht nicht „Lizzie“ selbst, wie er sie sehr zu ihrem Missfallen nennt, und er rückt natürlich auch nicht mit der Sprache raus. Zu seinen Bedingungen gehört auch, dass er auf freiem Fuß bleibt. So kann er weiter seine Kontakte in die Unterwelt pflegen und dort glaubwürdig bleiben. Er ist gut vernetzt, und seine schwarze Liste mit Gangstern, die er dem FBI ausliefern kann, ist lang.  Er liefert, schön rationiert, einen Gangster pro Folge. Harold Cooper (Harry J. Lennix) ist Lizzies misstrauischer Boss, Donald Ressler (Diego Klattenhoff) ihr misstrauischer Partner. Lizzie selbst ist die misstrauische Gattin von Tom (Ryan Eggold), einem liebenswerten Grundschullehrer, den aber entweder ein dunkles Geheimnis umgibt, oder von dem Red erfolgreich den Eindruck erweckt, dass ihn ein dunkles Geheimnis umgebe.


Foto: RTL

Spannender Thriller, der aber schnell einem wiederkehrenden Episodenmuster folgt. Als roter Faden ziehen sich die Geheimnisse um Red und Liz durch die Folgen, die immer wieder mit neuen kleinen Hinweisen angetrieben werden. James Spader brilliert als diabolischer Hinweisgeber.

RTL zeigt zum Start zwei einstündige Folgen ab 20.15 Uhr und dann immer eine jeweils dienstags um 21.15 Uhr.

 

Irgendein Jörg wird schon irgendwas gewinnen

Die ARD hat eine Verwendung für ihren Neuerwerb Jörg Pilawa gefunden. Einer wird gewinnen heißt das vielversprechende Quizformat, das der vielversprechende Quizonkel am 1. März präsentieren wird. Derselbe Quizonkel übrigens, der die Moderation von Wetten, dass…? abgelehnt hatte, weil ihm die Fußstapfen wohl zu groß waren, in die er hätte treten müssen. Dieses Problem hat er bei Einer wird gewinnen freilich nicht. Da ist die Messlatte ja eine ganz andere. Da ist der Vorgänger ja zum Glück Jörg Kachelmann.

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Michael, 19. Januar 2014, 01:01.
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