Berlin Alexandertropf

Sat.1 traut sich heute mal wieder, eine neue deutsche Serie zu zeigen. Nach den vielen Flops der jüngeren Vergangenheit hängt die deutsche Serie als solche am Tropf. Vertrauen und Hoffnung sind begrenzt, also wählte Sat.1 den Sendeplatz um 22.15 Uhr, was allerdings als Versteck noch nicht gut genug ist, denn da könnte man die Serie immer noch finden.

Die Krankenhausserie Klinik am Alex ist eine ideenlose, anstrengende Schlechte-Laune-Serie, frei von Überraschungen und Humor, in der eine Gruppe junger, schöner Assistenzärzte sich klischeehaft gegenseitig anzickt, miteinander konkurriert und einander das Leben schwer macht, während nebenbei ein paar Standardpatienten wegbehandelt werden. Die schlechte Stimmung im Team überträgt sich verlustfrei auf den Fernsehzuschauer, und so steigt die Lust mit jeder Minute, entweder auszuschalten oder Gegenstände nach dem Fernseher zu werfen.


Foto: Sat.1.
Im Labor der Klinik am Alex wurde zum Beispiel Aaron Eckhart mit Sigmar Solbach gekreuzt.

Nicht nur der ätzende Zickenkrieg auf Daily-Soap-Niveau erinnert eher ans Nachmittagsprogramm als an die Primetime. Zwischendurch sprechen die Darsteller in pseudodokumentarischen Anfällen kurze Kommentare und Gedanken zum Geschehen in die Kamera. Das ist zwar außerhalb von Stromberg ungewöhnlich in Primetime-Serien, nervt dafür aber den ganzen Nachmittag in den sog. Real-Life-Dokus und ist hier völlig unnötig und fehl am Platz, weil die Charaktere an keiner anderen Stelle den Eindruck machen, als wüssten sie, dass sie im Fernsehen sind.

Ich bin gespannt, wie lange sie in diesem Fernsehen bleiben. Sat.1 jedenfalls kündigt gutgläubig auf einen Schlag 27 Folgen an. Wer die üble Massenproduktion sieht, fragt sich allerdings, warum man sie überhaupt braucht oder warum Sat.1 das Alphateam, das viele Jahre auf dem gleichen Sendeplatz lief, überhaupt eingestellt hat.

Klinik am Alex, donnerstags um 22.15 Uhr in Sat.1.

Michael, 29. Januar 2009, 06:30.

Klinik am Alex

Seit 2009 (Sat.1). Dt. Krankenhausserie von Andrea Brown.

Klinikalltag einer Gruppe junger Assistenzärzte am Alexanderplatz in Berlin-Mitte. Während beiläufig Patienten behandelt werden, herrscht Hauen und Stechen zwischen Neuen und Etablierten. Die gefühlsduselige Luisa Keller (Jana Voosen) und der gläubige Afro-Deutsche Solomon Mercier (Toks Körner) sind neu, die Deutsch-Türkin Hülya Gül (Eva-Maria Reichert) und der karrieregeile Jens Meyer (Lee Rychter) sind zickig. Doris Menefeld (Sarah Becker) und Christian von Uhlen (Tobias Kay) sind auch schon länger dabei, verhalten sich aber einigermaßen normal. Dr. Stephan Roth (Andreas Brucker) ist ihr Vorgesetzter und Prof. Dr. Sybille Rehfeld (Andrea Eckert) erst recht, denn sie leitet die Klinik. Das nach zehn Jahren immer noch höchst verliebte Ehepaar Carmen (Hanna Lütje) und Dr. Kai Boscharski (Guido Broscheit), die Ärztin Dr. Marianne Schmelzer (Karin Giegerich) und der gutmütige Pfleger „Piefke“ Fischer (Volker Herold), der dauernd Bonbons verteilt, arbeiten ebenfalls da.


Foto: Sat.1. Luisa gefühlsduselt. Rechts: Zick, zick, zick.

Uninspirierte Fließbandserie, die als einziges ungewöhnliches Element die Darsteller in ihren Rollen immer wieder Kommentare zum Geschehen direkt in die Kamera sprechen lässt. Sat.1 ließ mutig gleich 27 einstündige Folgen produzieren. Fünf davon
liefen donnerstags um 22.15 Uhr, dann flog die quotenschwache Serie einstweilen aus dem Programm.

Ich bin ein Sendeplatz — stopft mich doch voll!

Spüren Sie dieses Gefühl in der Luft? Ich bin mir nicht sicher, ob es Angst oder Aufatmen ist. Die RTL-Magazinredaktionen müssen ab morgen nämlich wieder ein paar Beiträge senden, die unter Umständen nichts mit der Dschungelshow Ich bin ein Star – holt mich hier raus zu tun haben. Ob die das noch können?

In den vergangenen beiden Wochen „berichteten“ die RTL-Magazine über wenig anderes. Allen voran natürlich das RTL-Pressemitteilungsmagazin Punkt 9, in dem RTL-Kommunikationsdirektor Wolfram Kons jeden Morgen RTL-Pressemitteilungen kommuniziert, die die ganze Themenbandbreite von der Dschungelshow über das Senderjubiläum bis zu den Hobbys der Darsteller aus Gute Zeiten, schlechte Zeiten abdeckt. Aber natürlich auch die anderen Punkte und alles, was mit „Ex“ beginnt: Extra gelang im direkten Anschluss an die Dschungelshow eine ungewohnt starke Einschaltquote, weil der Übergang so fließend war und auch gleich Sonja Zietlow und Dirk Bach zugeschaltet wurden, dass viele Zuschauer das Ende der Dschungelshow wahrscheinlich gar nicht bemerkten. Explosiv schaffte das Kunststückchen, einen Beitrag über das Dschungelcamp zu zeigen und sofort danach auf die anschließende Sendung Exclusiv hinzuweisen, in der es Informationen aus dem Dschungelcamp gebe.

Heute wird man das Finale wohl noch einmal auschlachten können — aber morgen? Vielleicht haben die Redakteure Angst davor, keine Ideen mehr für die vielen frei werdenden Sendeplätze zu haben. Vielleicht atmen sie aber auch auf, weil sie endlich wieder den Platz haben, mal was anderes zu zeigen. Irgendwo müssen die Beiträge über Brustoperationen schließlich auch unterkommen.

Michael, 26. Januar 2009, 14:55.

Würde dieser Held Sie anlügen?

„Ich würde nie für RTL arbeiten.“

(Pierre M. Krause zu Beginn seiner Sendung SWR3 latenight vergangene Nacht im SWR Fernsehen.)

Dieses Video ist nicht bearbeitet, sondern wurde beim Umschalten „live“ aufgenommen. Wer nach dem zitierten Satz zu RTL schaltete, sah dort in genau diesem Moment ebenfalls Pierre M. Krause in TV-Helden.

Michael, 25. Januar 2009, 14:13.

Ich bin ein Dschungelfinale — kommentiert mich hier live!


Foto: RTL

21.34 Uhr: Thomas Gottschalk ist nicht der Einzige, der sich heute Abend versteckt hat (hinter seinem beknackten Bart). Dirk Bach trägt zum Finale von Ich bin ein Star – holt mich hier raus grüne Tarnuniform und ist im Dschungel kaum zu sehen. Vielleicht hofft er, dass Giulia Siegel ihn nicht findet.

21.45 Uhr: Im Dschungel wird jeden Tag viel Stoff von den Kameras aufgenommen und im Fernsehen nur wenig gezeigt. Um jemanden repräsentativ und vollständig darstellen zu können, ist gar nicht genug Sendezeit vorhanden. Das wird wird nicht unbedingt wahrer dadurch, dass die erste Viertelstunde der Sendung aus Wiederholungen von Szenen aus den vorherigen Sendungen besteht und Ingrid van bergen deshalb zum fünfzehnten Mal zu Giulia Siegel sagt: „Deshalb bist du DJ, weil du alles weißt.“

21.50 Uhr: Nico Schwanz liest den Zettel vor, auf dem die Dschungelprüfung erklärt wird. Vielleicht erinnern Sie sich ja an das Kind in Ihrer Klasse, das im Deutsch-Unterricht immer zum Vorlesen aufgerufen wurde, obwohl es gar nicht schön lesen konnte, und bei dem es dann immer drimal so lange dauerte wie bei anderen Kindern? Dieses Kind ist Nico Schwanz. Eins ist klar: Wenn er Dschungelkönig wird und dann wie der letzte Dschungelkönig eine eigene Sendung bei RTL bekommt, wird es keine Sendung sein, in der er Anmoderationen vom Teleprompter ablesen müsste. So viel Sendezeit hat nicht einmal RTL übrig.

21.54 Uhr: Das atmosphärische Rauschen des Dschungels ist fast lauter als der Gesang von Ingrid van Bergen. Schade. Nur fast.

21.58 Uhr: Sonja Zietlow erklärt Lorielle London, was sie tun muss, um die Prüfung zu beenden, wenn sie es nicht mehr aushält. Und was muss ich tun, wenn ich Lorielle London nicht mehr aushalte?

21.59 Uhr: Ach ja richtig, für Ingrid van Bergen anrufen.

22.04 Uhr: Lorielle London besteht die Dschungelprüfung mit maximaler Sternezahl und freut sich. Freude ist einer der angenehm ehrlichen Momente, wenn London kurz vergisst, die Stimme zu verstellen und versehentlich einen Ausruf in normaler Stimmlage ausstößt.

22.06 Uhr, Dirk Bach: „Alle reden ja von Stauffenberg. Warum fragt nicht mal jemand die Ingrid, wie es wirklich war?“

22.16 Uhr: Ingrid van Bergen überwindet in der nächsten Dschungelprüfung ihr Vegetariersein und isst Tiere. Vielleicht gilt es nicht, wenn die Tiere noch leben. Dick van Cock fragt in den Kommentaren: „Darf Ingrid die Tiere totschießen, bevor sie sie isst?“

22.21 Uhr: The same procedure as last year, Miss Sonja? — The same procedure as every year, Dirk. — Känguruhoden.

22.26 Uhr, Sonja Zietlow: „Das, was Thomas Gottschalk für das ZDF ist, das ist der Känguruhoden für RTL: Ein liebgewonnenes drolliges Maskottchen.“

22.35 Uhr: Ich hab schon Pferde kotzen sehen. Ingrid van Bergen bricht in den Bach. Jetzt wurde es doch noch eklig.

22.40 Uhr: Nico Schwanz wird für seine Prüfung in eine gläserne Telefonzelle mit 1,5 Millionen Fliegen gesteckt. Wer vor dem Handy-Zeitalter schon mal aus dem Sommerurlaub dringend jemanden anrufen musste, kennt das ja.

22.42 Uhr: Kleiner Exkurs: Bei Wetten, dass…? müssen die Wettkandidaten gerade Tierscheiße am Geruch erkennen. Kein Witz. Nur so als kleine Zwischeninformation und Diskussionsbeitrag, falls mal wieder ein öffentlich-rechtlicher Würdenträger das private Ekelfernsehen kritisiert. Das war ekliger als alles, was in den vergangenen 16 Tagen im Dschungel zu sehen war. Vor sieben Minuten hätte ich diesen Satz noch auf die kotzende Ingrid bezogen. (Danke an ini in den Kommentaren für die Zapp-Empfehlung).

22.49 Uhr, Nico Schwanz: „Wir sitzen an einem wunderschön getischten Deck.“

23.03 Uhr: Einer muss schon mal raus: Nico Schwanz wird in diesem Jahr Dritter. Lorielle und Ingrid bleiben übrig und halten Händchen.

23.16 Uhr, Dirk Bach: „Wenn wir jetzt den Zweitplatzierten rausholen, dann kann sich sogar der Nico ausrechnen, wer Dschungelkönigin geworden ist.“

23.18 Uhr: Dschungelkönigin 2009 ist… (Spannung)…

23.21 Uhr: Ingrid van Bergen. Na immerhin. Aber welche Sendung soll sie bei RTL bekommen?

23.22 Uhr: Queen Mum Dschungelkönigin Ingrid sitzt allein im Camp und faltet die Hände. Sie betet vermutlich, dass Sonja und Dirk wirklich noch einmal zurückkommen, weil sie allein den Weg raus nicht finden würde.

23.24 Uhr: Anke Schäferkordt sitzt allein in Köln und faltet die Hände. Sie betet vermutlich, dass Ingrid van Bergen sich damit zufrieden gibt, in der Ultimativen Chartshow vor der Bluebox ihre Erinnerungen an die größten Hits der 10er-Jahre aufsagen zu dürfen.

23.29 Uhr: Lotte London glaubt ernsthaft, in Gundis Zámbó „eine allerbeste Freundin fürs Leben“ gefunden zu haben.

23.30 Uhr: Gundis Zámbó sitzt allein vor dem Fernseher und faltet die Hände. Sie betet vermutlich, dass sie nicht irgendeine Klausel im Vertrag übersehen hat, die sie dazu verpflichtet, die allerbeste Freundin von Lotte London zu sein.

23.30 Uhr bis 23.34 Uhr: Ingrid geht den langen Weg vom Camp ins Moderations-Baumhaus allein. Es ist das anstrengendste, was sie in den vergangenen für sie prüfungsfreien Wochen tun musste. Bata Illic hatte mehr Stress. Günther Kaufmann auch.

23.40 Uhr: Welch ein schönes und womöglich ausnahmsweise nicht von Gagschreibern geplantes Ende: Königin Ingrid bekommt die Ehre zugeteilt, die letzten Worte dieser Staffel an ihr Volk richten zu dürfen und fängt an sich zu bedanken. Und hört gar nicht mehr auf. Bis Sonja dezent über sie hinwegflüstert und RTL sie sanft ausblendet…

Michael, 24. Januar 2009, 21:00.

Ganz zu schweigen von Tom Cruise

Vor einem Jahr verlor Wetten, dass…? zum ersten Mal das Quotenrennen beim jungen Publikum, als RTL Deutschland sucht den Superstar und das Finale von Ich bin ein Star – holt mich hier raus zeitgleich dagegen programmierte. Heute schickt RTL dieses Aufgebot wieder ins Rennen, und obwohl man sich beim ZDF in aller Ruhe auf den erwartbaren Quotensieg beim Gesamtpublikum freuen und die Konkurrenz gelassen ignorieren könnte, scheint man zumindest ein bisschen nervös zu sein. Anders sind die Anspielungen auf das Gegenprogramm kaum zu erklären, und wohl auch nicht, warum ausgerechnet heute Ex-Dschungelkönigin Désireé Nick auf der ZDF-Couch sitzt. Dafür gibt es nämlich eigentlich nie einen Grund.

Schon der Ansager brüllte: „Und hier ist der Superstar im Fernsehdschungel: Thomas Gottschalk!“ Und der erste Gast Jörg Pilawa fasste in seinem ersten Satz die Show so zusammen: „Ein Theologiestudent auf allen vieren und ein schwuler Karnevalsverein, das ist besser als jedes Dschungelcamp.“

Dass man Anspielungen auf die Konkurrenz auch witzig gestalten kann, beweist jeden Abend ausgerechnet dieses Dschungelcamp. (Sonja Zietlow: „Mir reicht’s, ich gehe wieder zum Sat.1.“ Dirk Bach: „Ehrlich?“ Sonja Zietlow: „Quatsch. Warst Du schon mal in Unterföhring?“)

Um mal eine Floskel zu vermeiden: Es kann sein, dass der Schuss nach hinten losgeht. Denn wenn Wetten, dass…? nicht unterhaltsamer wird, dienen diese Hinweise vielleicht am ehesten als Erinnerung, wohin man umschalten könnte, nur falls man die Superstars und den Dschungel mal für einen Moment vergessen hat.

Wichtiger Nachtrag:

Um 22.42 Uhr mussten Wettkandidaten allen Ernstes am Geruch von Kot erkennen, welches Tier den Haufen ausgeschieden hatte. Das war ekliger als alle Dschungelprüfungen der vergangenen 16 Tage zusammen. Dies nur so als Diskussionsbeitrag, falls mal wieder ein öffentlich-rechtlicher Würdenträger das private Ekelfernsehen kritisiert.

Welch eine Scheißsendung.

Michael, 24. Januar 2009, 20:51.

Didel-di-hei, didel-di-hau, didel-di-hei-di-hau

Es folgt eine längere Besprechung der neuen Sendung TV-Helden. Für alle, denen das zu viel Text ist, bieten wir vorab eine Kurzfassung an: Lustig. Ansehen! Bitte sehr.


Screenshot: RTL

Das waren noch Zeiten, als Hape Kerkeling ernste Pressekonferenzen mit dummen Fragen sprengte oder sich verkleidete und ernste Kulturinteressierte foppte, indem er ihnen „Hurz“ vorsang und anschließend die Intention des Dargebotenen interpretieren ließ.

Vielleicht hat sich ähnliches seither niemand mehr getraut, weil sich niemand mit dem großen Kerkeling messen lassen wollte. Vielleicht hat es auch jemand versucht, scheiterte aber so kläglich, dass man es schon wieder verdrängt hat.

Die TV-Helden, wie RTL seine neue Samstagspätabendcomedy nennt, trauen sich wieder, und sie halten dem Vergleich mit Kerkeling stand.

Einer ihrer Scherze ging vor zwei Wochen schon durch die Medien, die nicht wussten, was sie damit anfangen sollten: Die Gründung des 1. Türkischen Karnevalsvereins Deutschlands in Köln wurde bekanntgegeben. Die Gründungsmitglieder forderten einen Türken im Dreigestirn und den Verzicht auf Freizügigkeit und Alkohol. Sie gaben eine gut besuchte Pressekonferenz, und obwohl dabei offenbar wurde, dass keiner der drei auch nur ein Wort Türkisch sprach, glaubten viele Zeitungen auch am nächsten Tag noch, die Sache sei echt. Für den betriebenen Aufwand ist das, was daraus heute Abend im Fernsehen zu sehen ist, überraschend kurz. Überhaupt wird kein Gag länger ausgewalzt als er lustig ist, und lustig sind fast alle: Caroline Korneli, die denselben Interviewpartnern für zwei vorgeblich unterschiedliche Magazine gegensätzliche Aussagen entlockt, Pierre M. Krause, der versucht, im Gespräch mit dem saarländischen SPD-Spitzenkandidaten Heiko Maas 25 Wortspiele mit dem Namen „Maas“ unterzubringen, und Jan Böhmermann, der den ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein fragt, ob er Angst vor Bushido habe und anfängt gezielt kindisch zu kichern, wenn Beckstein „Konvertiten“ sagt und die zweite Worthälfte wie „Titten“ klingt. Wie das gespielt und geschnitten ist, erinnert das an die „Korrespondenten“ in der Daily Show with Jon Stewart, und ebenfalls in diesem Stil, aber mit Kerkeling-Methoden, wird auch noch Medienkritik laut, wenn Krause und Böhmermann durch ständiges Anrufen (und Durchkommen!) den Abzocksender Astro-TV entlarven. Allein die Kosten für diese Anrufe dürften einen erheblichen Anteil am Budget der Sendung ausgemacht haben.

Leider mussten vielleicht deshalb wohl noch ein paar Minuten Sendezeit kostengünstiger gefüllt werden, weshalb die Helden nun zu Beginn der Sendung und immer wieder zwischendurch aufgereiht hinter Mikrofonen stehen und dem Studiopublikum, das ebenfalls stehen muss, Witze erzählen, die bemüht wirken. Das Publikum gibt auffallend unauthentische Reaktionen von sich, und in dem Geklatsche gehen dann die hinführenden Anmoderationen unter, die für die Filmzuspielungen eigentlich ganz nützlich wären. Die Studiomoderationen waren in SketchUp schon überflüssig und der schwächste Teil in Ladykracher, und jetzt ziehen sie die TV-Helden unnötig in die Länge, die davon abgesehen witzig, mutig, originell und schnell sind. Und das Allerbeste: Weder werden Sketche gespielt, noch eine Kamera versteckt.

RTL hat die Qualität der Sendung anscheinend erkannt und versteckt sie nicht am toten Comedyfreitag, sondern gibt ihr den durchaus prominenten Sendeplatz direkt nach dem Dschungelfinale. Nächste Woche gibt es noch eine zweite Folge. Eine Fortsetzung darüber hinaus wäre wünschenswert, wenn die Qualität hält.

TV-Helden, heute um 23.30 Uhr bei RTL.
Nächste Woche um 23.15 Uhr.

Disclosure: Ich bin mit Pierre M. Krause befreundet, habe mit ihm für eine andere Sendung bereits Sketche geschrieben und gespielt und musste mir dafür dämliche Kostüme anziehen. Ich finde seine Arbeit nicht deshalb lustig, weil ich das getan habe, sondern habe das getan, weil ich ihn lustig finde. Da ich auch die Teile ohne ihn bei TV-Helden als äußerst gelungen erachte, halte ich mich für unvoreingenommen. Pierre M. Krause hat mir kein Geld für diese Besprechung gegeben, und auch für ein Bier hat er eigentlich nie Zeit.

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Michael, 24. Januar 2009, 00:02.

TV-Helden

Seit 2009 (RTL). Halbstündige Comedyshow mit Caroline Korneli, Jan Böhmermann und Pierre M. Krause, die wie weiland Hape Kerkeling Pressekonferenzen sprengen oder in Maske selbst solche geben, und dann wollen wir doch mal sehen, wie irritiert die Gefoppten gucken können und wer darauf reinfällt. Daneben werden Politiker in deren Anwesenheit veralbert, und als Rahmenprogramm um die Filmzuspieler herum stehen die Helden nebeneinander vor einem Studiopublikum und erzählen Witze.

Originelle, schnelle und freche Show, die sich deutlich von dem abhebt, was sonst in Deutschland „Comedy“ heißt. RTL zeigte zunächst zwei Folgen am späten Samstagabend. Die Marktanteile waren eher durchschnittlich, die Resonanz eher gut.

SketchUp

1984 (BR); 1985–1986 (ARD). Halbstündige Sketch-Comedy-Show mit Diether Krebs und Beatrice Richter bzw. Iris Berben.

Die für damalige Verhältnisse meist kurzen Sketche mit den beiden Komikern Krebs und Richter lebten von dem Tempo, dem Mut zur Absurdität und nicht zuletzt von grandiosen, oft völlig entstellenden Masken, deren Basisbestandteile schiefe Zähne und dicke Brillengläser waren. In der Regel guckte einer der beiden nach der Pointe perplex oder einfach blöd in die Kamera, wozu eine Kapelle einen schiefen Klang ertönen ließ. Zum Ritual der Show gehörte es, dass die beiden Hauptdarsteller in der Atmosphäre einer plüschigen Bar auftraten und das Saalpublikum begrüßten und am Ende auch verabschiedeten, obwohl sie dort keinen einzigen Sketch live aufführten – sie waren alle gefilmt. Nach 12 Folgen im Bayerischen Fernsehen, die teilweise im Ersten wiederholt wurden, starteten neue Folgen ab August 1985 direkt in der ARD. Iris Berben war nun Krebs‘ neue Sketchpartnerin und stand für elf Folgen an seiner Seite – die gefühlte Zahl ist aufgrund ungezählter Wiederholungen und einiger Best-Ofs viel größer. Die wesentlichen Zeilen des Titelsongs gehen so: „Sketch-Up, Rad ab, Hut ab, Bart ab, Kopf ab, Knopf ab, Sketch-Up“.

SketchUp hatte nicht nur hervorragende Einschaltquoten, sondern war auch für lange Zeit der häufig kopierte und nie erreichte Maßstab in Sachen Sketch-Comedy in Deutschland (lediglich den beknackten Blick in die Kamera nach der Pointe hatte SketchUp seinerseits bei Didi Hallervordens Nonstop Nonsens abgeschaut). Im April 1997 versuchte die ARD eine Neuauflage mit neuen Komikern.

Der erste gute Gag von Giulia Siegel

Ich bin witzig.
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Michael, 23. Januar 2009, 22:42.
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