Schlag den Raab

Seit 2006 (Pro Sieben). Große Samstagabendshow.

Ein Kandidat pro Show hat die Chance, 500.000 Euro zu gewinnen. Dafür muss er in verschiedenen Spielrunden insgesamt mehr Punkte holen als sein Gegner Stefan Raab. Der Kandidat wird zu Beginn der Show per Telefonabstimmung von den Fernsehzuschauern aus fünf Bewerbern ausgewählt und tritt dann in maximal 15 Spielen gegen Stefan Raab an. Der Sieger des ersten Spiels erhält einen Punkt, der Sieger des zweiten zwei Punkte, der des dritten drei, usw. Insgesamt könnten also 120 Punkte ausgespielt werden, d.h. wer zuerst 61 Punkte oder mehr erspielt hat, hat gewonnen. Zu bewältigen sind sportliche Wettkämpfe (z.B. Biathlon, Badminton, Bowling), Geschicklichkeits- oder Aktionsspiele (Bierkisten stapeln, Spielzeug ertasten, Gewichte einschätzen) sowie Quizrunden mit Fragen zu Geographie („Was liegt wo?“), Geschichte, („Was war wann“) oder Allgemeinbildung („Blamieren oder Kassieren“; für dieses Spiel übernimmt Elton die Moderation). Gewinnt Stefan Raab, wandert das Geld in den Jackpot, und in der nächsten Ausgabe geht es um eine Million. Es gibt wiederkehrende Spiele, aber nicht in jeder Sendung werden die gleichen gespielt. Zur Überwachung der Spiele sind verschiedene Schiedrichter und ein Notar anwesend. Unterbrochen wird das Spektakel außer von unzähligen Werbepausen von mehreren Showblöcken.

Matthias Opdenhövel moderierte die Show fast fünf Jahre lang, dann wechselte er zur ARD, und im Juni 2011 übernahm Steven Gätjen. Der Sportreporter Tobias Drews kommentierte anfangs die Spiele aus dem Off, schon seit 2007 tut das Frank Buschmann.

Die Show füllt etwa alle zwei Monate einen kompletten Samstagabend. Die reguläre Sendezeit betrug anfangs dreieinhalb, später rund vier Stunden, wurde aber ohnehin fast nie eingehalten, weil immer so lange gespielt wurde, bis die Entscheidung feststand. Das konnte schon gegen Mitternacht der Fall, oder aber erst um kurz vor 2 Uhr.

In der dritten Ausgabe im Januar 2007 wurde Stefan Raab zum ersten Mal geschlagen, und zum ersten Mal mussten alle 15 Spiele durchgezogen werden, bis die Entscheidung feststand. Der Entwicklunsingenieur Matthias Göbel aus Augsburg gewann den Jackpot mit 1,5 Millionen Euro. Drei Sendungen später reichten erstmals die 15 Spiele nicht aus, weil es danach zum Gleichstand gekommen war. So gab es ein Stechen: Dosenwerfen.

Mit der Show reanimierte ausgrechnet Pro Sieben, ein Sender, der in dieser Hinsicht überhaupt keine Geschichte hatte, das totgeglaubte Genre der klassischen Samstagabend-Spielshow. Raab und Opdenhövel wurden 2007 in der Kategorie „Beste Unterhaltungssendung/Beste Moderation Unterhaltung“ mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet.

Auf los geht’s los

1977–1986 (ARD). Große Samstagabendshow mit Joachim „Blacky“ Fuchsberger, die wie viele andere große Shows an wechselnden Veranstaltungsorten stattfand.

Mehrere Kandidaten kämpfen in verschiedenen Spielen darum, am Ende die meisten Punkte zu haben. Im „A bis Z“-Spiel geht es darum, Begriffe oder Redewendungen zu erraten. Anhaltspunkte sind eine um die Ecke gedachte Beschreibung („dünne Dame, die mitgenommen werden möchte“) und die Zahl der Buchstaben, die durch Striche auf einer elektronischen Anzeige dargestellt werden. Die Kandidaten rufen durcheinander Buchstaben in den Raum, die, wenn sie im Lösungswort enthalten sind, an den richtigen Stellen auftauchen. Wer zuerst den gesuchten Begriff sagt (hier: „anhaltende Dürre“), bekommt einen Punkt.

Das Spiel wird mehrmals pro Sendung gespielt und hat Tempo: Die Runden dauern meist nur zwei Minuten. Auf dem „A bis Z“-Spiel beruht auch das Gewinnspiel für Zuschauer: Die Umschreibung und die Zahl der Buchstaben wird wieder eingeblendet. Ein Prominenter, der per Telefon „Stop!“ sagt, hält ein Laufband an. Der Buchstabe, der dann erscheint, rückt als Hilfe an die entsprechenden Stellen im Wort.

Ein weiteres Spiel heißt „Die 9 Geschworenen“. Die Kandidaten müssen dabei tippen, wie viele Zuschauer aus dem Publikum einer bestimmten Aussage zustimmen, z. B. dass sie schon einmal im Schwimmbad ins Becken gepinkelt haben. Ohne Not gab Fuchsberger zu, dass er es auch schon getan habe, was einen mittleren Skandal auslöste: Empörte Zuschauer beschwerten sich, dass künftige Beckenpinkler sich bei ihrem Tun nun auf den vermeintlich vorbildlichen Showmaster berufen könnten.

Folgen hatte auch ein „9 Geschworenen“-Spiel 1982 bei einer Sendung aus Österreich, in dem die Frage an die Einheimischen lautete, wie viele von ihnen die Deutschen als „Piefke“ bezeichneten. Die Antwort (sechs) tat dem deutsch-österreichischen Verhältnis nicht gut. Die Szene aus der Show tauchte später auch in der Piefke-Saga auf.

Der Kandidat mit den meisten Punkten bekommt im Finale die „Super-Chance“: Er muss innerhalb von 60 Sekunden zehn sachliche Fehler in Sätzen über das aktuelle Zeitgeschehen oder auch Redewendungen korrigieren, die Fuchsberger ihm vorliest. Bei jeder richtigen Antwort darf er eine Treppenstufe erklimmen, die dann aufleuchtet. Nach zehn Richtigen kann er oben entspannt in den Siegersessel fallen.

Zusammensetzung und Zahl der Kandidaten änderten sich im Lauf der Jahre. Zeitweise spielten zwei dreiköpfige Teams von Vereinsmannschaften gegeneinander, zeitweise traten z. B. vier Personen, die am Tag der Sendung Geburtstag hatten, gegeneinander an. Fuchsberger hatte in jeder Sendung eine neue Assistentin, die jeweils aus der Gastgeberstadt kam. Fester Bestandteil der Show war das SWF-Tanzorchester unter der Leitung von Rolf-Hans Müller.

Auf los geht’s los war die höchst erfolgreiche Nachfolgesendung von Spiel mit mir. Die Show lebte vor allem vom Tempo und den originellen Umschreibungen des Buchstabenspiels, litt aber zunehmend unter ihrem Moderator. Während der junge Thomas Gottschalk flapsig und mit zweifelhaften Manieren seinen rasanten Aufstieg begann, nahm man dem so wohlerzogen wirkenden Fuchsberger seinen ungalanten Umgang mit Frauen und seine unbestreitbare Nähe zum Fettnapf übel.

Als peinlich wurde von vielen selbsternannten Wächtern der deutschen Samstagabendshow-Tradition schon empfunden, dass er 1983 eine ganze Sendung im Nachthemd moderierte. Er war zuvor Gast in Frank Elstners Sendung Wetten, dass …? gewesen und hatte dort seine Wette verloren. Der Auftritt im Nachthemd war sein Wetteinsatz. Während der Show trug er gleich mehrere Nachthemden, die ihm Zuschauer nach der Wetten, dass …?-Show geschickt hatten.

Danach wurde es nicht besser. Noch Jahre später fragte sich Fuchsberger öffentlich, warum man ihm übel genommen hatte, dass er einer Frau aus dem Publikum, die sich auf einem von ihr gemachten Polaroidbild nicht gefiel, den Rat gab: „Schauen Sie doch mal in den Spiegel.“ Gar nicht böse sei das gemeint gewesen. Und eine steppende Dicke habe ihn nun einmal an eine „Elefantentanzschule“ erinnert, was soll man da machen. Die Presse schoss sich immer mehr auf Fuchsberger ein. Nach 60 Sendungen waren sich die ARD und Fuchsberger einig, dass es genug sei.

Einer wird gewinnen

1998 (ARD). Katastrophale Neuauflage der früheren Erfolgssendung mit Hans-Joachim Kulenkampff, jetzt mit dem Meteorologen Jörg Kachelmann.

Wieder spielten acht Kandidaten aus acht Ländern zur besten Sendezeit in einer großen Show gegeneinander, mit ein paar Prominenten mehr als damals. Kachelmann hatte die Show von Anfang an nicht im Griff, redete schon in der Sendung vom „Generalanschiss“, den er hinterher erwartete. Kandidaten kapierten seine langatmigen Spielerklärungen nicht, der Regieassistent wies ihn während der Sendung darauf hin. Kachelmann war nervös, suchte nach der richtigen Kamera und musste brüllen, um sich gegen den lautstark randalierenden Mob von Fußballfans aus 21 Ländern durchzusetzen, der zur Illustration eines Spiels eingesetzt wurde.

Eine Pilotsendung, die Kachelmann um 50 Minuten überzogen hatte, wurde als „unsendbar“ eingestuft (und dann doch aus finanzrechtlichen Gründen nachts im Hessen-Fernsehen versendet). Nicht einmal seine Einschätzung in der Premiere traf zu: „Ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein großer Sprung für mich.“ Nach drei Sendungen am Samstagabend hatte einer verloren.

Einer wird gewinnen

1964-1987 (ARD). „Das große internationale Quiz“ mit Hans-Joachim Kulenkampff.

Acht Kandidaten (je vier Männer und Frauen) aus acht Ländern spielen in wechselnder Zusammenstellung im Ausscheidungsverfahren gegeneinander. In der ersten Runde treten jeweils zwei Kandidaten gleichen Geschlechts gegeneinander an und müssen Fragen zur Allgemeinbildung beantworten. Beide bekommen die gleichen Fragen gestellt, weshalb einer immer in eine schalldichte Kabine muss. Die vier Sieger ziehen in die Zwischenrunde ein. Bei einem Gleichstand gibt es anfangs zunächst Stichfragen, dann wird gegebenenfalls gewürfelt, in den 80er‑Jahren wird sofort gewürfelt. Für die Zwischenrunde werden zwei gemischt-geschlechtliche Zweierteams ausgelost, die nun gemeinsam weitere Wissensfragen beantworten und Geschicklichkeitsübungen bewältigen müssen. In einem Spiel teilen sie sich auf. Einer der beiden bekommt drei Fragen gestellt. Weiß er die Antwort nicht, kann sein Mitspieler durch die Geschicklichkeitsaufgabe den Punkt doch noch holen. In einem anderen, reinen Fragespiel dürfen sie sich beraten und müssen sich dann auf eine gemeinsame Antwort festlegen. Die beiden Mitglieder der Siegermannschaft spielen nun im Finale gegeneinander. Einer nimmt auf einem Sessel Platz, der auf einem Podest steht, und beantwortet drei Fragen, während der andere wieder in der schalldichten Kabine sitzt, weil ihm anschließend dieselben Fragen gestellt werden. Bei einem Gleichstand entscheiden bis zu zwei Stichfragen, danach wird notfalls der Gewinn geteilt. Zwischen den Spielrunden gibt es drei Showauftritte.

Der Titel der Show wurde „EWG“ abgekürzt, was nicht zufällig auch die Abkürzung für die gerade zusammenwachsende „Europäische Wirtschaftsgemeinschaft“ war. Das Quiz war eine der erfolgreichsten, beliebtesten und langlebigsten Sendungen, die es im deutschen Fernsehen gab. Sie lief als große Abendshow ca. sechsmal im Jahr samstags live um 20.15 Uhr, war eigentlich 105 Minuten lang, Kulenkampff („Kuli“) überzog aber ständig. Bis auf die Geschicklichkeitsspiele in der Zwischenrunde bestanden alle Runden aus Fragen zur Allgemeinbildung. Die Fragen wurden durch aufwendige Bauten, Kulissen, musikalische Darbietungen, Live-Spielszenen mit prominenten Schauspielern oder Einspielfilme illustriert, waren letztendlich aber doch immer nur Wissensfragen, die auch ohne diese Gimmicks hätten gestellt werden können. Das hätte die Show auf etwa eine Dreiviertelstunde gekürzt, sie aber eintöniger gemacht: Durch Bauten und Kostüme unterschied sie sich vom klassischen Abfragequiz. In den Einspielfilmen spielte Kulenkampff selbst mit und parodierte in pompösen Kostümen Figuren der Historie oder des klassischen Theaters. Es folgten Fragen aus den Bereichen Geschichte oder Theater und Literatur. Wer ausschied, erhielt als Trostpreis Goldmünzen, deren Zahl höher wurde, je länger der Kandidat im Spiel war. Der Hauptgewinn für den Sieger lag zu Beginn bei 2000 DM, Ende der 60er‑Jahre schon bei 4000 und zum Schluss bei 8000 DM.

Obwohl die Kandidaten nicht – wie z. B. in Peter Frankenfelds Sendungen – spontan aus dem Publikum ausgewählt wurden, sondern vorher feststanden, kannte Kuli sie nicht, bevor sie auf die Bühne kamen. Oft wirkte es, als habe auch sonst niemand, der an der Show beteiligt war, eine Ahnung gehabt. So fragte Kulenkampff fast 24 Jahre lang bei den Namen seiner ausländischen Mitspieler immer wieder nach, und 1969 gewann eine Medizinerin, nachdem ihr, aber auch allen anderen Kandidaten, im Laufe des Abends etliche Fragen aus dem Bereich Medizin gestellt worden waren. „Menschenskinder, das konnte ja keiner ahnen!“. Ach, nicht? Die Kandidaten kamen immer aus acht verschiedenen Ländern, deren Zusammenstellung variierte. Wer zu Kuli kam, sprach zwar in der Regel hervorragend deutsch, hatte gegenüber den Muttersprachlern aber einen leichten Nachteil. Bei den meisten Fragen gab es eine zeitliche Begrenzung von zehn Sekunden. Wer dann noch im Geiste die Frage übersetzen musste, hatte nicht mehr viel Zeit zum Nachdenken. So gewannen selten die Teilnehmer aus Großbritannien, Italien, Spanien, Jugoslawien, Ungarn, der Tschechoslowakei, Finnland, Schweden, Holland, Dänemark oder den USA, dafür meistens die Deutschen, Österreicher oder Schweizer.

EWG war eine Eurovisionssendung und wurde aus wechselnden Hallen übertragen.

Was EWG einzigartig machte, waren vor allem Kulis endlose Monologe. Eingangs machte er einige Witze zum aktuellen Tagesgeschehen, während der Show wich er vom eigentlichen Thema ab und nahm einzelne Bestandteile einer Antwort oder eines Gesprächs zum Anlass, darüber zu referieren. Fiel ihm eine Anekdote zum Beruf oder zur Herkunft eines Kandidaten ein, erzählte er sie. Fiel ihm noch eine ein, erzählte er sie auch. Er überschüttete seine Kandidatinnen (und vor allem seine Assistentinnen) mit Komplimenten, war immer der große Charmeur mit einem Hang zum Herrenwitz. Zwischendurch begrüßte er die gerade dazugekommenen Zuschauer der soeben im anderen Programm zu Ende gegangenen Fußball-Übertragung, telefonierte mit den „hohen Herren“, die die Einhaltung der Spielregeln überwachten und bei Unklarheiten anriefen, und ging auf Beschwerden ein, die während der Live-Sendung telefonisch beim Sender eingegangen waren. Nach einem Verriss in einer Tageszeitung griff er den Hauptkritikpunkt auf und hieß die Zuschauer beim nächsten Mal zu einem „langweiligen Abend“ willkommen, denn nach einer stressigen Woche habe jeder das Recht auf ein wenig Langeweile.

Je länger die Sendung lief, desto mehr rückte Kulenkampff selbst in den Mittelpunkt. Oft überzog er seine Sendezeit um eine halbe Stunde oder länger – und zelebrierte es.

Am Ende jeder Show trat Martin Jente (der Produzent der Sendung) als Butler „Herr Martin“ auf, der Kuli den Mantel brachte und einige spitze Bemerkungen zur Show und ihrem Quizmaster anbrachte („Immer wenn ich Ihre Sendung sehe, denke ich: Seine Stärke muss doch auf einem anderen Gebiet liegen“). Im Januar 1969 überreichte Jente Kuli noch vor dem Mantel den erstmals verliehenen Fernseh-Bambi (was Kulenkampff eine schöne Gelegenheit für eine kleine Rede gab). Kuli verschliss im Lauf der Jahrzehnte einige junge Assistentinnen, die bekanntesten waren in den 60er‑Jahren Uschi Siebert und in den 80ern Gabi Kimpfel. Das Orchester des Hessischen Rundfunks lieferte die musikalische Untermalung, anfangs unter der Leitung von Willy Berking, der mit Kulenkampff schon in Die glücklichen Vier aufgetreten war, später geleitet von Heinz Schönberger, der ebenfalls schon eine andere Kuli-Show mitgemacht hatte: Acht nach acht.

Insgesamt dreimal nahm Kuli seinen Hut als Moderator von EWG, zweimal ließ er sich überreden, die Sendung neu aufzulegen. Nach seinem Abschied im August 1966 dauerte es nur eineinhalb Jahre, bis er zurückkehrte. Nach weiteren eineinhalb Jahren gab er die Sendung im August 1969 zum zweiten Mal auf. Diesmal dauerte es fast zehn Jahre, bis es ein erneutes Comeback gab. In den ersten vier Jahren waren zwei neue Quizsendungen mit Kulenkampff gefloppt. Kulenkampff hatte damals geschworen, nie mehr ein Quiz zu moderieren. Sechs Jahre später, im September 1979, kehrte er mit EWG auf den Bildschirm zurück. Sein Abschied im Jahr 1987 nach 82 Ausgaben war endgültig. Man erkannte es daran, dass er sich von Paul Anka eine auf ihn umgemünzte Version von „My Way“ singen ließ (Anka war der Autor des Songs, er hatte ihn für Frank Sinatra geschrieben). Außerdem hielt er zum Abschluss eine Best-of-EWG-Schallplatte hoch („Ich möchte das auch einmal tun!“), von deren Erlös ein paar Mark an die Stiftung zur Rettung Schiffbrüchiger gingen („Ich segel doch so gern“). Auf diese Weise habe er schon einen Teil abbezahlt, falls er mal aus dem Meer gefischt werden müsse.

Der Versuch einer Neuauflage mit dem neuen Moderator Jörg Kachelmann im Jahr 1998 misslang grandios.

1:0 für Sie

1954–1955 (ARD). Große Familienshow mit Peter Frankenfeld.

Neben komödiantischen Einlagen Frankenfelds gab es mehrere Spielrunden mit drei Kandidaten, die Frankenfeld aus den Saalzuschauern auswählte. Er warf dazu Flugrädchen ins Publikum, wer eins fing, spielte mit. Die Propeller wurden als Frankenfelds „fliegende Untertassen“ berühmt. Die Aufgaben waren witzige Geschicklichkeitsspiele, bei denen Luftballons rasiert oder Zigaretten in Boxhandschuhen angezündet werden mussten. Am Ende jeder Runde konnte der Gewinner zwischen zwei ihm nicht bekannten Preisen wählen, die sich in zwei Umschlägen verbargen. Einer der Preise war meist eine Reise, der andere irgendetwas Nutzloses. Die Umschläge brachte Walter Spahrbier, der auch in Wirklichkeit Briefträger war. Fernsehzuschauer konnten per Post Begriffe einsenden, die Frankenfeld dann zeichnete und von prominenten Gästen mit 20 Fragen erraten werden mussten. Gelang dies nicht, bekam der Einsender einen Preis, gelang es, gewann jemand aus dem Saalpublikum.

Die Show war der erste große Publikumserfolg in der Geschichte des deutschen Fernsehens. 500 000 Zuschauer sahen regelmäßig zu, was für damalige Verhältnisse viel war, da nur ca. 60 000 Fernsehgeräte in Deutschland gemeldet waren. Die Sendung war die Fernsehfassung von Frankenfelds Radiosendung „Wer zuletzt lacht“, die auf dem US-Format „People Are Funny“ beruhte.

In dieser Sendung trug Frankenfeld erstmals sein berühmtes groß kariertes Jackett, das zu seinem Markenzeichen wurde. Die Sendungen waren jeweils ca. 100 Minuten lang und liefen alle zwei Wochen sonntags um 20.00 Uhr. Ruprecht Essberger, der auch für die erste Familienserie Unsere Nachbarn heute Abend: Familie Schölermann verantwortlich war, führte Regie.

Durch die Show entstand auch der Platz an der Sonne. In einer Sendung hatte Frankenfeld Briefe von Leuten gezeigt, die ihn zu kostenlosen Urlauben eingeladen hatten. Frankenfeld lehnte ab, schlug aber vor, an seiner Stelle Berliner Kinder einzuladen, die noch nie ihre Ferien auf dem Land verbringen konnten: „Diese Kinder brauchen dringender als ich einen Platz an der Sonne.“ Zunächst gab er in 1:0 für Sie den Spendenstand und die Platzzahl bekannt, später wurde daraus die Lotterie Ein Platz an der Sonne.

Die Sendungen wurden 1954 aus verschiedenen Veranstaltungssälen in Hamburg übertragen, überwiegend im Wechsel aus der Musikhalle, der Aula der Friedrich-Ebert-Schule in Hamburg-Harburg und der Festhalle „Planten un Blomen“. Ab 1955 tourte die Show durch verschiedene deutsche Städte, darunter Dortmund, Neumünster, Kiel, Osnabrück, Bielefeld und Berlin. Die letzte Sendung im August 1955 kam unter dem Motto „1:0 für … Düsseldorf“ von der dortigen Funkausstellung.

Am laufenden Band

1974–1979 (ARD). Große Samstagabend-Spielshow mit Rudi Carrell.

Vier Kandidatenpaare spielen gegeneinander. Jedes Paar besteht aus Mitgliedern unterschiedlicher Generationen einer Familie. In den ersten Runden müssen die Kandidaten in immer anderen Spielen Improvisationstalent, Menschenkenntnis, Erinnerungsvermögen oder Kreativität demonstrieren, außerdem in Stegreifsketchen Spontaneität und Schlagfertigkeit. Die Paare scheiden im K.‑o.‑System aus, das Siegerpaar spielt in der Finalrunde gegeneinander und muss Fragen zur Tagesschau beantworten, die vor der Sendung gelaufen ist. Die Fragen stellt ein echter ARD-Nachrichtensprecher. Der Sieger nimmt vor einem Laufband Platz, auf dem verschiedene kleinere Gegenstände oder Symbole vorbeilaufen. Alles, was der Kandidat davon hinterher richtig aufzählen kann, darf er mit nach Hause nehmen. Hinter den Symbolen verbergen sich auch größere Preise wie Reisen und jeweils ein Überraschungspreis, der durch ein Fragezeichen symbolisiert wird.

Das Fragezeichen war der einzige Gegenstand, der immer auf dem Laufband war, entsprechend konnte es recht bald von jedem Kandidaten genannt werden. Ein anderes Symbol war z. B. ein Globus, auf dem der Kandidat blind auf eine Stelle tippen sollte, um eine Reise zu diesem Ziel zu gewinnen. Gleich nach der ersten Sendung kam es wegen eines solchen versteckten Gewinns zu gewaltiger Empörung wegen Verschleuderung von Fernsehgebühren. Die Kandidatin sollte blind auf eine beliebige Seite des Branchentelefonbuchs tippen. Hätte sich an dieser Stelle beispielsweise der  Eintrag eines Arztes befunden, hätte sie ein Jahr lang die Krankenversicherungsbeiträge erstattet bekommen. Dort stand aber die Adresse eines Immobilienmaklers. Carrell wusste zunächst nicht so genau, was er jetzt tun solle, und die Kandidatin weigerte sich, noch einmal neu hineinzutippen. Also versprach er ihr ein kleines Grundstück.

Der Niederländer Rudi Carrell schaffte mit dieser Show, die etwa monatlich lief, seinen großen Durchbruch in Deutschland und wurde für Jahrzehnte einer der beliebtesten Fernsehstars. Immer mit dabei war Heinz Eckner, der als Assistent die Kandidaten in die schalldichte Kabine führte und als Sketchpartner den lustigen Dicken gab. Viele prominente Gäste hatten Kurzauftritte als Bestandteil von Spielrunden. Zu Beginn sang Rudi Carrell für die arbeitende, fernsehschauende Bevölkerung immer: „Wir schaffen täglich am laufenden Band, fühlen uns kläglich am laufenden Band. Und sind dann abends total abgespannt, das ist nichts Neues für dich und für mich. Man kann doch auch lachen am laufenden Band. Und Witze machen am laufenden Band.“ Dabei lief er über das laufende Band. Insgesamt 51 Folgen strahlte die ARD aus. Verantwortlicher Produzent war Alfred Biolek. Das laufende Band reaktivierte Carrell später in seiner RTL-Show Die Post geht ab.

Richtige Margerichtung

Ich habe gerade zum ersten Mal Anke Engelke als Synchronstimme von Marge Simpson gehört und musste feststellen, dass sie das ganz fantastisch macht. Pro Sieben hatte ja nach dem Tod ihrer Vorgängerin Elisabeth Volkmann betont, nicht eine Prominente zu suchen, sondern eine passende Stimme, die die Rolle trifft. Und dann wurde es doch eine Prominente. So, und nun das: Sie passt und trifft die Rolle. Ich bin beeindruckt. Wer schon einmal Julie Kavner, Marges amerikanische Stimme gehört hat, weiß, wie unglaublich dicht Anke Engelke am Original ist. Chapeau!

Am Rande: Gleich nochmal Chapeau. Es war beglückend, mal wieder einen kompletten Abspann im deutschen Fernsehen zu sehen. Man könnte sich so schön daran gewöhnen, sanft aus einer Schlussszene zu gleiten und nicht ruppig herausgerissen zu werden und sofort einen schrillen Programmtrailer oder den Anfang der nächsten Sendung in die Fresse geknallt zu bekommen. Ich entschuldige mich für die Wortwahl, aber genau so fühlt es sich an. Also bitte mehr davon.

Michael, 28. Januar 2007, 18:34.

Das ideale Brautpaar

1959 (ARD). Hochzeitsshow mit dem beliebten Karnevalisten Jacques Königstein, der als Showmoderator durchfiel. Seine Spiele mit Brautpaaren sollten eigentlich eine Reihe werden, brachten es aber nach verheerenden Zuschauerreaktionen nur auf eine einzige Ausstrahlung. Michael Schanzes Flitterabend wurde später mit einem ähnlichen Konzept ein Erfolg.

Flitterabend

1988–1995 (ARD). Große Samstagabendshow mit Michael Schanze mit Spielen für Brautpaare. Drei frisch verheiratete Paare, deren Hochzeit nicht länger als ein paar Tage zurückliegt, spielen gegeneinander in Geschicklichkeits-, Übereinstimmungs- und Schätzspielen. Zwei Paare scheiden nacheinander aus, die Sieger spielen um eine große Reise.

Die konkreten Spiele variierten, die Grundkonzepte blieben gleich. Im Übereinstimmungsspiel stand eine Trennwand zwischen dem Paar, das Antworttäfelchen auf gestellte Fragen hochhalten musste. In einer Aktionsrunde wurde eine Szene konstruiert, in der das Paar vor eine abstruse Situation gestellt wurde und darauf spontan möglichst witzig reagieren sollte. Über die beste Darbietung entschied das Publikum. Wer ausschied, erhielt einen Trostpreis, meist etwas, das die Frischvermählten gerade gut gebrauchen konnten, beispielsweise eine Wohnzimmereinrichtung. Damit die Trostpreise speziell auf das Brautpaar zugeschnitten werden konnten, hatte die Redaktion zuvor im Bekanntenkreis der Kandidaten Erkundigungen eingeholt. Die Präsentation der Trostpreise übernahm „Bobby Flitter“ (Bruno Horn) im Glitzeranzug mit Zylinder, eingeleitet von Schanzes Worten: „Verlieren ist für euch nicht bitter, hier kommt unser Bobby Flitter!“  

Zwischen den letzten beiden verbliebenen Paaren gab es ein Spiel, bei dem sie angeschnallt auf einer künstlichen Wolke saßen, die an einer mechanischen Konstruktion ein paar Meter nach oben gefahren wurde. In der Höhe beantworteten sie Schätzfragen, wobei abwechselnd ein Paar eine konkrete Zahl vorlegen und das andere sich für „höher“ oder „tiefer“ entscheiden musste. Wer daneben lag, wurde schrittweise herabgelassen: Beim ersten Mal fuhr die Wolke ein Stück herunter, dann kippte sie nach vorn, und schließlich lösten sich die Gurte, und das Verliererpaar plumpste in die Kissen. Im Moment ihres Finaleinzugs hatte das Siegerpaar bereits eine Hochzeitsreise gewonnen, konnte sie dann aber noch in einem Geschicklichkeitsspiel in eine große Traumreise umwandeln, indem es die gestellten Aufgaben in der vorgegebenen Zeit erfüllte.

 Zwischen den Spielen gab es Showblöcke, in denen Schanze oft selbst mit einem Prominenten gemeinsam sang.

Die Show startete an einem Donnerstag um 21.03 Uhr, wurde aber schon zur zweiten Ausgabe eine große Samstagabendshow. Sie war beliebt, aber eher unauffällig, und brachte es auf 43 Sendungen. Für Aufsehen sorgte nur eine Ausgabe, in der Bräute bei einem Übereinstimmungsspiel tippen sollten, ob sich ihre Männer eine Glatze schneiden lassen würden. Womit sie nicht gerechnet hatten: Die beiden, die Ja sagten, wurden tatsächlich prompt geschoren – ihre zukünftigen Frauen waren fassunglos, dass der brave Schanze so was zulassen konnte, und ließen sich auch durch das Verbergen der glatten Schädel unter Baseballkappen nicht beruhigen.

Flitterabend basierte ursprünglich auf der holländischen Show „Rons’s Honeymoon Quiz“, die 1986 gestartet war, entwickelte sich dann aber davon weg. Ein früher, erfolgloser Vorgänger des Konzepts war Das ideale Brautpaar 1959.

Im März 1996 zeigte die ARD noch ein Best-of.

Die Rudi-Carrell-Show

1988–1992 (ARD). Große Samstagabendshow von und mit Rudi Carrell.

Carrell überrascht Menschen damit, dass er ihnen einen lang gehegten großen Traum erfüllt, und veranstaltet einen Talentwettbewerb für Nachwuchssängerinnen und ‑sänger.

Die zu Überraschenden saßen oft bereits im Studiopublikum, wussten aber nicht, dass Carrell sie plötzlich ansprechen würde. Bekannte der Betroffenen hatten sich zuvor ohne deren Wissen bei der Show beworben und den Wunsch beschrieben. Dies konnten ganz banale Dinge sein (ein Zuschauer wollte gern alle Telefonbücher aus ganz Deutschland haben), aber auch aufwendigere Wünsche (Reiten lernen mit Terence Hill). Für die komplizierteren Aktionen überraschte Carrell die Unwissenden vorab zu Hause, ein Einspielfilm zeigte dann die Überraschung und die Umsetzung. In diesen Fällen waren regelmäßig Prominente involviert.

In jeder Sendung „überfiel“ Carrell außerdem eine Person vor Ort, um ihr ein „Rudigramm“ zu singen, ein Lied, dessen Text sich speziell auf das Leben der besungenen Person bezog. Neben der Erfüllung von Wünschen erzeugte Carrell literweise Tränen der Rührung, indem er alte Freunde oder Verwandte zusammenführte, die sich aus den Augen verloren hatten.

Der andere wesentliche Bestandteil der Show waren die Auftritte der jungen Künstler. Sie traten nicht mit ihren eigenen Stimmen auf, sondern imitierten Stars und sangen deren Lieder. Die Studiozuschauer bestimmten am Ende den Sieger. Vor jedem Auftritt sprach Carrell mit den Gästen in einer Kulisse, die dem Arbeitsplatz des Gastes nachempfunden war, z. B. einem Reisebüro oder einer Supermarktkasse. Nach dem Gespräch verschwanden die Gäste hinter der Bühne und wurden so gestylt, dass sie wie der Star aussahen, den sie nachmachten. Eine Verzögerung durch die Garderobenpause gab es nicht, da die Show aufgezeichnet war und sich die Verwandlung nun in der Sekundenschnelle eines Schnitts auf dem Bildschirm vollzog. Carrell moderierte den Auftritt mit immer dem gleichen Satz an: „Eben noch im … (Supermarkt etc.), jetzt schon auf unserer Showbühne!“ Durch die Nachwuchskünstler kam die Sendung zumindest in den Showblöcken ohne echte Prominente aus und bot trotzdem bekannte Hits.

Einige der jungen Talente erhielten als Folge ihres Auftritts Plattenverträge. Ein Star wurde allein Mark Keller, der 1989 als Dean Martin auftrat. Er landete zwar nie einen wirklich großen Hit, wurde aber als Schauspieler in den Erfolgsserien Sterne des Südens und Alarm für Cobra 11 bekannt. Einer Kandidatin, die Whitney Houston imitiert hatte, gelangen später als Alexis ein paar kleinere eigene Hits, Birgit Langer wurde nach ihrer Mandy-Winter-Imitation Sängerin der Band Fernando Express, und Olaf Henning (Bill Medley) ein bekannter Schlagersänger. Er gewann die ZDF-Hitparade mit dem Titel „Das Spiel ist aus“ und beschallte Großraumdiscos auf Mallorca mit seinem Hit „Echt Kacke!“.

Titelsong der Show war das von Carrell selbst gesungene „Lass dich überraschen, schnell kann es geschehen, dass auch deine Wünsche in Erfüllung gehen“. Durch dieses berühmte Lied ging die Show auch als Lass dich überraschen in den Sprachgebrauch ein. Das machte sich das ZDF vier Jahre nach dem Ende von Carrells Show zu Nutzen und gab einer neuen Show mit gleichem Überraschungskonzept genau diesen Titel.

Carrells Sendung lief etwa siebenmal im Jahr und war während ihrer Laufzeit nach Wetten, dass …? die erfolgreichste Samstagabendshow, Carrell neben Thomas Gottschalk der beliebteste Showmaster. Als Carrell zu RTL wechselte, endete die Reihe nach 33 Ausgaben.

Blättern:  1 ... 253 254 255 256 257 ... 270


Das Buch

die Autoren

Weitere Bücher

New York für Fern-SeherDie kleine House-Apotheke

Links