Schieß in den Wind, Ho

1984–1985 (ARD). 12‑tlg. brit. Krimiserie von Ian Kennedy Martin („The Chinese Detective“; 1981–1982).

Der Chinese John Ho (David Yip) ist Polizist geworden, um seinen Vater zu rächen, dessen Name durch einen korrupten Polizisten in den Schmutz gezogen wurde. Zuerst wollte man ihn bei der Londoner Polizei gar nicht haben, weil ihm die nötige Körpergröße fehlt, doch nun hat er es trotzdem geschafft, stößt aber weiterhin auf Widerstände. In der Wache im East End herrscht latenter Rassismus, und sein Vorgesetzer Berwick (Derek Martin) wartet nur auf einen Vorwand, den ungeliebten Außenseiter wieder loszuwerden, der seine eigene Vorstellung von Disziplin und angemessenem Auftreten hat und sich nicht an die Vorschriften hält. Für den Anfang stellt er ihm den erfahrenen Sergeant Donald Chegwyn (Arthur Kelly) zur Seite. Ho versucht, während beide ihren Dienst tun, auch im Fall seines Vaters voranzukommen.

Ho war der erste nichtweiße britische Fernsehpolizist. Die Serie war auch deshalb bemerkenswert, weil sie sich von den vielen Krimis mit schrägen Einzelgängerpolizisten, die „unkonventionell“ ermitteln, dadurch unterschied, dass sie eine plausible Erklärung bot, warum dieser Bulle so ein Außenseiter ist. Die Londoner Polizei legte Wert auf die Feststellung, dass die Serie völlig unrealistisch sei: Es gebe bei ihr keinen latenten Rassimus. Genau.

Die einstündigen Folgen liefen im regionalen Vorabendprogramm.

Eine starke Familie

1994–1999 (RTL); 1999–2000 (RTL 2). 160‑tlg. US-Sitcom von William Bickley und Michael Warren („Step By Step“; 1991–1998).

Der geschiedene Frank Lambert (Patrick Duffy) heiratet im Urlaub spontan die Witwe Carol Foster (Suzanne Somers), die er dort kennen gelernt hat. Beide bringen Kinder mit in die Ehe: Frank Sohn John Thomas, kurz JT (Brandon Call), und Tochter Alicia, genannt Al (Christine Lakin), Carol die Töchter Dana (Staci Keanan) und Karen (Angela Watson) sowie Sohn Mark (Christopher Castile). Frank und Carol verheimlichen ihren Kindern zunächst, dass sie geheiratet haben. Als sie es erfahren, hassen sie sich, finden sich aber dann damit ab, unter einem Dach zu leben. Franks Neffe, der beschränkte Cody (Sasha Mitchell) zieht auch noch ein.

RTL zeigte die Folgen wöchentlich am Samstagnachmittag in Erstausstrahlung. 1999 begann RTL 2 mit einer Ausstrahlung montags bis freitags im Vorabendprogramm und sendete von Anfang an munter durch. Das hatte zur Folge, dass die Wiederholungen bei RTL 2 die Erstausstrahlungen im Oktober überholten, somit war ab Folge 136 die Serie in deutscher Erstausstrahlung bei RTL 2 zu sehen. Diese Folgen liefen später aber ebenso bei RTL auf dem gewohnten Sendeplatz.

Neue Weltordnung (vorübergehend)

8,93 Millionen Menschen sahen das Fußball-Länderspiel am Mittwochabend im Fernsehen. Es kann eben nicht jeder Sport ein Massenereignis wie Handball sein. Das letzte Länderspiel der deutschen Handballer hatte fast doppelt so viele Zuschauer.

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Michael, 8. Februar 2007, 16:13.

Der Kommissar

1969–1976 (ZDF). 97‑tlg. dt. Krimiserie von Herbert Reinecker.

Kommissar Keller (Erik Ode) ist ein ruhiger, humorvoller Mann um die 60, der in Mordfällen in München und Umgebung ermittelt. Zu seiner Mannschaft gehören Walter Grabert (Günter Schramm), der ebenfalls eher ruhig und gefühlsbetont agiert, Robert Heines (Reinhard Glemnitz), ein sachlicher, kühler Rechner, sowie Harry Klein (Fritz Wepper), der Jüngste im Team und – mit einem Flokatiparka versehen – die universelle Schnittstelle zu allen Jugendszenen. Die Kollegen arbeiten und halten eng zusammen, verbringen auch mal ihre Freizeit zusammen und essen gemeinsam in ihrer Stammkneipe. Aber auch ein Bier im Dienst war damals noch keine Sünde. Vor Keller haben die jüngeren Kollegen Respekt und siezen ihn selbstverständlich, während Keller seine Mannschaft genauso selbstverständlich duzt. Fräulein Käthe Rehbein, genannt Rehbeinchen (Helma Seitz), ist Kellers treue, ewig Kaffee kochende Sekretärin. Als Harry Klein im Sommer 1974 das Team verlässt und zum Kollegen Derrick versetzt wird, kommt ab Folge 75 sein Bruder Erwin Klein (Elmar Wepper) neu dazu. Kommissar Keller hat sogar ein Privatleben und ist gelegentlich zu Hause bei seiner Frau (Rosemarie Fendel), die ihm die Regengaloschen nachträgt. Wegen Odes paternalistischer Art – vor und hinter der Kamera – verlässt sie die Serie jedoch nach einiger Zeit.

Der Kommissar lief monatlich freitags um 20.15 Uhr und wurde ein Dauerbrenner, Erik Ode (der eigentlich Odemar hieß) ein Fernsehstar. Das junge Publikum ließ sich jedoch schon damals durch Odes betuliche, schleppende Beamtenart abschrecken. Der Kommissar kam ohne reißerische Action aus und setzte auf Psychologie und Gespräche. Viele, lange, redundante Gespräche. Eine Waffe gebrauchte der Kommissar selten. Seine letzten Worte an sein Team nach einem abgeschlossenen Fall waren schlicht: „Ich danke euch.“

Jede Folge war eine Stunde lang, und alle Folgen waren in Schwarz-Weiß gedreht, obwohl das Farbfernsehen schon vor Beginn der Serie längst eingeführt war – ein Symbol dafür, dass die Serie zwar der Begründer der Tradition des klassischen deutschen Serienkrimis wurde, aber nicht eigentlich für Modernität stand. Auch Kommissar Keller beobachtete die sich im wahren Leben abspielenden gesellschaftlichen Umbrüche aus der Warte des konservativen Kopfschüttlers. Oft genug zeigten die Folgen warnend, wohin so viel Freizügigkeit führen kann. Kritiker warfen der Serie nicht von ungefähr „anti-aufklärerisches und antidemokratisches Wirkungspotential“ vor. Durch die große Zahl verschiedener Regisseure und Kameraleute war Der Kommissar andererseits eines der abwechlungsreichsten Spielfelder in Sachen Bildgestaltung, Montage und Erzähltechnik, die das deutsche Fernsehen bis dahin hervorgebracht hatte, und karikierte in der Rückschau den beamtenhaften Gestus des Inhalts. Ebenso ungewöhnlich war der expressive Musikeinsatz, mit dem die Serie manche Stücke in den Hitparaden hochkatapultierte.

Entwickelt wurde die Serie von Herbert Reinecker, der sämtliche Drehbücher schrieb, und dem Produzenten Helmut Ringelmann, der schon die ZDF-Krimireihen Das Kriminalmuseum und Die fünfte Kolonne erfunden hatte. Mit dem Kommissar befreite er sich von dem vorher in deutschen Krimis scheinbar herrschenden Zwang, sich auf echte Fälle zu beziehen, verzichtete aber auch auf Action und Gewalt, wie sie die amerikanischen Krimiserien im deutschen Fernsehen zeigten.

Fritz Wepper stieg 1974 aus der Serie aus und spielte die Rolle des Harry Klein fortan in der neuen Serie Derrick, die ebenfalls Reinecker erfunden hatte. Es war das erste Mal im deutschen Fernsehen, dass eine Figur von der einen in eine andere Serie transferiert wurde, somit war Derrick streng genommen der erste deutsche Serien-Spin-off. Nachfolger des Kommissars wurde Der Alte.

Derrick

1974–1998 (ZDF). 281-tlg. dt. Krimiserie von Herbert Reinecker.

Bei der Münchner Mordkommission klärt Oberinspektor Stephan Derrick (Horst Tappert) gemeinsam mit seinem Assistenten Harry Klein (Fritz Wepper) Morde auf, die meist in der Münchner Schickeria begangen werden. Derrick verhört die reichen Angehörigen in deren Villen und löst die Fälle mit Bedacht und ohne Gewalt. Er nimmt so gut wie nie eine Waffe in die Hand. In der Mordkommission arbeitet auch Willy Berger (Willy Schäfer), der Derrick und Klein manchmal bei den Ermittlungen unterstützt, aber nur im Büro. Bis 1977 ist auch Schröder (Günther Stoll) dabei.

Was Derrick von den meisten Krimiserien unterschied, war, dass man hier nicht Derrick und Harry in harmlosen Situationen zeigte, dann das Telefon klingelte und die beiden zu einem Mord gerufen wurden. Geschildert wurde zunächst ausführlich das Umfeld des späteren Mordopfers, Familie, Freunde, die Gesamtsituation, der Konflikt bis hin zum Mord (ohne den Mörder preiszugeben). Erst dann kam Derrick ins Spiel. Oft kam der Oberinspektor in der ersten halben Stunde der einstündigen Sendung gar nicht vor.

Den Rang des Oberinspektors, den es bei der Polizei in Wirklichkeit schon seit Anfang der 70er‑Jahre nicht mehr gab, behielt Derrick während der gesamten Laufzeit der Serie. Befördert wurde er erst in der allerletzten Episode („Das Abschiedsgeschenk“) auf einen Chefposten bei Europol, womit sein Ausscheiden aus der Serie erklärt wurde. Fritz Wepper hatte die Rolle des Harry Klein bereits in der Krimiserie Der Kommissar gespielt.

Autor Reinecker und Produzent Helmut Ringelmann waren sich erst drei Tage vor Drehstart zur ersten Episode „Waldweg“ über den Rollennamen für den neuen Krimihelden einig geworden, der schon vor dem Ende von Der Kommissar als dessen Nachfolger aufgebaut werden sollte. Weder Derrick noch Klein hatten in der Serie ein Privatleben, sie befassten sich ausschließlich mit den Mordfällen. Nur zweimal lösten Frauen unbekannte Gefühle in Derrick aus: die Psychologin Renate Konrad (Johanna von Koczian) 1975 und eine Innenarchitektin (Margot Medicus) 1984. Diese Phasen vergingen aber schnell wieder, sie hielten jeweils zwei Folgen.

Die Ermittlungen gingen meist schleppend und die Verhöre monoton voran („Hatte Ihr Mann Feinde?“). Lediglich in den Anfangsfolgen war Derrick noch als energischer und euphorischer Polizist zu sehen, dem böse Taten auch mal eine Gefühlsregung entrissen. In den späteren Folgen passierte eigentlich nach dem Mord kaum noch etwas, aber irgendwann gestand jemand, und die Folge war zu Ende. Zwischendurch stand meistens irgendwo Evelyn Opela herum, die Lebensgefährtin und spätere Ehefrau von Produzent Ringelmann, die er ab 1984 innerhalb der nächsten zehn Jahre in sieben verschiedenen Gastrollen unterbrachte. Tappert wandelte nur noch durch die Gegend, und die Anzahl seiner möglichen Gesichtsausdrücke lag bei etwa 1. In der 200. Episode konnte zum ersten Mal ein Fall nicht aufgeklärt werden („Offener Fall“).

Ursprünglich sollte Derrick die Motive beschreiben, die zu einer Straftat führen, und im Gegensatz zum Kommissar sollte der Täter für den Zuschauer von Anfang an bekannt sein. Bei Columbo funktionierte dieses Prinzip auch in Deutschland bestens, bei Derrick gefiel es weder Zuschauern noch Kritikern und wurde sehr bald wieder fallen gelassen.

Derrick war seinerzeit die erfolgreichste deutsche Serie weltweit; sie lief in mehr als 100 Ländern; in Italien z. B. war Hauptdarsteller Tappert ein Superstar. In Deutschland lief Derrick 24 Jahre lang einmal im Monat, zunächst sonntags, ab 1978 freitags um 20.15 Uhr. Derrick erreichte in der Gesamtbevölkerung einen der höchsten Bekanntheitsgrade aller Fernsehcharaktere, obwohl die tatsächlichen Zuschauer – wie bei den meisten ZDF-Sendungen – in der Regel weit über 50 Jahre alt waren. Erste Assoziation mit der Serie war immer Derricks Aufforderung „Harry, hol schon mal den Wagen!“, die zum geflügelten Wort und zur Legende wurde. Jahrelange Überzeugung aller Beteilgten war, der Satz sei tatsächlich nie gesagt worden. Dann begannen sogar die beiden Stars, an den Satz zu glauben: Kurz vor seinem 80. Geburtstag im Frühling 2003 sagte Horst Tappert einer Reporterin, er habe kürzlich eine Derrick-Wiederholung gesehen, in der die Worte vorgekommen seien. Zwei Jahre zuvor hatte Fritz Wepper noch erklärt, der Satz sei eine Erfindung von Harald Schmidt, von nun an erklärten beide einmütig, er sei eben doch gefallen. In welcher Episode das war, konnte jedoch niemand sagen. In der Tat kam die Aufforderung vor, selten allerdings, und nicht im exakten, viel zitierten Wortlaut. Das Image, das der Satz vermittelte, traf ohnehin zu: Harry Klein war immer der minderwertige Assistent und Stichwortgeber, der „Ja, Stephan“ sagen und Handlangertätigkeiten ausüben durfte, während Stephan Derrick als der kluge, kühle Kopf, der mit Ruhe und Sachverstand die Fälle löste, in die Fernsehgeschichte einging, obgleich seine trantütige Art und die fast bis zu den Knien hängenden Tränensäcke Stoff zahlloser Scherze in den Medien waren.

1998 wurde die endgültig letzte Folge ausgestrahlt, und in der Woche zuvor wurde die Serie mit zahlreichen Sondersendungen und Berichten in verschiedenen Magazinen geehrt. Fritz Wepper präsentierte eine lange Derrick-Nacht mit mehreren Folgen hintereinander, und Thomas Gottschalk moderierte samstags um 20.15 Uhr eine Fernsehparty namens „Good-bye, Derrick!“ zu Ehren Tapperts. Als Nachfolgeserie entwickelte Ringelmann Siska.

Komponist und Interpret der Titelmusik war Les Humphries mit seinem Orchester. Mehrere Episoden sind auf DVD erhältlich.

Ich hab noch einen Koffer. Und noch einen. Und noch einen. Ja, einen Koffer.

Zum Tod des Derrick-Autors Herbert Reinecker erinnern wir an einen besonders schönen seiner typischen Dialoge aus der Zeit, als die Welt noch schwarzweiß und Schweigen noch modern war. Wenn Reineckers Charaktere sich nicht ebenso vielsagend wie wortlos ansahen, ließ er sie endlos Schlüsselbegriffe und Sachverhalte wiederholen, bis auch der Letzte kapiert hatte, worum es gerade ging und streckte so bequem 30 Minuten Handlung auf 60 Minuten Länge.

Die folgende Szene entstammt der Episode „Toter gesucht“ aus der Serie Der Kommissar, mit Erik Ode und Gaststar Bernhard Wicki.

Wicki: Er hat einen Koffer weggebracht.
Ode: Was für’n Koffer?
Wicki: Ich weiß nicht, was für’n Koffer. Ich hab‘ den Koffer nie gesehen. ‚N Handkoffer. Wir haben solche Koffer nicht.
Ode: Ja, haben Sie ihn nicht gefragt, was für’n Koffer das ist.
Wicki: Er hat gewartet, bis ich wieder im Laden war. Und dann hab‘ ich gehört, wie er hinten hinausging, und da hab‘ ich gesehen, dass er diesen Koffer wegtrug, den ich vorher nie gesehen hab‘.
Ode: Ja, wie ist er denn jetzt zurückgekommen. Ohne Koffer?
Wicki: Wollen Sie auch einen? (Kocht Kaffee).
Ode: Nein, danke, nein.
Wicki: Ja. (Pause). Was bedeutet dieser … – Koffer?
Ode: Na, gehen Sie rauf und fragen Sie ihn.

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Michael, 8. Februar 2007, 15:30.

Zum Dritten

Warum sollte etwas zweimal funktionieren, aber kein drittes Mal? Eben. Deshalb zeigt Vox jetzt nicht mehr nur noch montags und mittwochs amerikanische Krimiserien, sondern auch freitags.

Die vom Montag transferierte Pathologenserie Crossing Jordan macht den Anfang, anschließend startet Close To Home mit Jennifer Finnigan als junge Strafverfolgerin im Kampf gegen häusliche Gewalt in der Vorstadt.

Dabei könnte Vox davon profitieren, dass der konkurrierende Krimifreitag bei Kabel 1 mit Cold Case und Without A Trace wie weiland die CSIBibliothek von Vox zum Selbstbedienungsladen für die größeren Sender ihrer Sendergruppen geworden ist und Kabel 1 deshalb vorerst nur noch Wiederholungen seiner einstigen Zugpferde zeigen darf.

Bleibt als Konkurrenz noch der andere Krimiabend. Der im ZDF, den es schon seit dreißig Jahren gibt. Eigentlich überschneiden sich zwar die Zielgruppen kaum, doch wirkt das neue Close To Home erstaunlich altmodisch, vor allem wenn man in Betracht zieht, dass die Serie von Jerry Bruckheimers Krimifließband gefallen ist, der seine Serien (allen voran CSI) sonst mit computeranimierten wissenschaftlichen Spezialeffekten zuballert. Close To Home kommt ohne diese, sowie weitgehend ohne Forensik, ohne Profiling und ohne übermäßig viele Rückblenden aus, was fast schon wieder erfrischend wirkt. Kein Labor, keine Wundermaschinen, die jeden Fall in Sekundenschnelle von selbst aufklären. Hier wird noch von Hand ermittelt! Befragt, verhört, geschlussfolgert. Fast wie im ZDF.

Close To Home beginnt am 9. Februar um 21.05 Uhr bei Vox.

Nachtrag, 10.02.2007:
Es hat tatsächlich funktioniert. Zwar nicht im Gesamtpublikum, aber in der Zielgruppe, die die Werbewirtschaft Purzelbäume schlagen lässt, lagen die Vox-Krimis vor den Krimis im ZDF und bei Kabel 1, und in der Viertelstunde der Überschneidung sogar deutlich vor dem ARD-Tatort.

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Michael, 8. Februar 2007, 15:23.

What?

Auf dem Prestigesendeplatz um Mitternacht zeigt die ARD am Donnerstagabend die recht schöne Dokumentation „Wer rettet die deutsche Sprache?“ (Wdh. am 13. Februar in Eins Extra), mal wieder eine Bestandsaufnahme der vielen Anglizismen oder zumindest englisch wirkenden Begriffe, die unsere Sprache zum Teil bereichern und zum Teil verunstalten.

Aus diesem Anlass stellen wir fest, dass bei importierten Fernsehserien nur noch wenige Titel ins Deutsche übertragen werden. Criminal Intent, Criminal Minds, The Closer, Close To Home, Life On Mars, Crossing Jordan oder The District tragen in Deutschland die gleichen Titel wie im Herstellungsland. Was das übersetzt heißt, ist ja egal, solange am Anfang jemand ermordet und am Ende jemand überführt wird. Angesichts schlimmer Übersetzungssünden in der Vergangenheit ist das aber vielleicht ganz gut so. Hier ist unsere Top-5-Liste der Serien, die einen besseren oder gar keinen deutschen Titel verdient gehabt hätten.

  1. Freaks & Geeks: Voll daneben, voll im Leben
  2. I Spy: Tennisschläger und Kanonen
  3. The Chinese Detective: Schieß in den Wind, Ho!
  4. Extralarge: Zwei Supertypen im Miami
  5. Hudson Street: Wer ist hier der Cop?

Und dann natürlich noch alle, deren deutsche Titel mit „Eine“ anfangen und mit „Familie“ enden:

  1. The Brady Brides: Eine reizende Familie
  2. Married… with Children: Eine schrecklich nette Familie
  3. Step By Step: Eine starke Familie
  4. Ai no Wakakusa Monogatari: Eine fröhliche Familie
  5. 7th Heaven: Eine himmlische Familie
Michael, 8. Februar 2007, 15:23.

Will ist der Weg

Na sehen Sie. Man muss den ARD-Intendanten nur genug Bedenkzeit geben, dann finden sie schon noch einen Weg, Frank Plasberg selbst dann noch vor den Kopf zu stoßen, wenn auf den ersten Blick kein Weg an ihm vorbei führte. Als Günther Jauch die Sabine-Christiansen-Nachfolge abgesagt hatte, weil er das ARD-System durchschaut hatte, und anschließend Plasberg anrief, um ihm viel Glück zu wünschen, zeigte das, dass er das ARD-System eben doch noch nicht vollständig durchschaut hatte. Nun wird Anne Will, die den Job mit Sicherheit nicht schlecht machen wird, Sabine Christiansens Sendeplatz am Sonntagabend nach dem Tatort übernehmen, weil sich nach zehn Jahren Christiansen, Illner und Maischberger offenbar niemand mehr vorstellen konnte, dass ein Polittalk auch von einem Mann moderiert werden könnte.

Michael, 5. Februar 2007, 16:25.

Sabine Christiansen

1998–2007 (ARD). Polittalkshow mit Sabine Christiansen, Hans Eichel und Gästen.

Eine Stunde lang befasst sich Christiansen sonntags um 21.45 Uhr mit einem Thema der Woche, meist aus der Politik, und diskutiert es mit prominenten Gästen. Im Vergleich zu Erich Böhmes Talk im Turm, der den Sonntagabend als Talksendeplatz etablierte, versuchte Christiansen vor allem in der Anfangszeit, die reine Talkrunde durch verschiedene unterhaltende Elemente aufzubrechen; geblieben ist ein satirischer Einspielfilm, der jedes Thema einleitet. Die Sendung ist innerhalb der ARD nicht im Bereich Information, sondern in der Unterhaltung angesiedelt, was sie dem Einfluss der vielen Chefredakteure entzieht, deren Urteil entsprechend eindeutig ausfällt. Bereits nach wenigen Wochen hieß es, sie leite die Diskussionen zu wenig, Politiker könnten bei ihr minutenlang reden, ohne dass ihnen jemand Paroli biete: „Die gehen zu Christiansen, weil sie sich da so unwidersprochen wohl fühlen können“, sagte ein ARD-Chefredakteur, der allerdings nicht genannt werden wollte.

Die Quoten waren dank des Sendeplatzgeschenks im nahtlosen Anschluss an den Tatort vom ersten Tag an gut und wurden über die Jahre noch besser; die Kritiken waren vom ersten Tag an schlecht und wurden über die Jahre noch schlimmer. Christiansen hatte zweifellos die prominentesten Gäste, neben der ersten Riege der Bundespolitik kamen u. a. der britische Premier Tony Blair, der amerikanische Präsident Bill Clinton, seine Frau Hillary, Microsoft-Gründer Bill Gates und UN-Generalsekretär Kofi Annan, und gelegentlich fehlte sogar der Bundesfinanzminister Hans Eichel. Unumstritten war auch Christiansens Fähigkeit, sich so neben ihre Gäste zu setzen, dass es aussah, als würde sie zuhören oder gar eine Diskussion leiten. Der „Spiegel“ nannte Christiansen eine „Journalisten-Darstellerin“; die „Süddeutsche Zeitung“ bestätigte der Moderatorin zudem, „das Cremefarbene“ in die Politik und ins Fernsehen gebracht zu haben. Weitgehend einig war man sich auch, dass Christiansen nicht in der Lage war, Redeschwälle von Politikern zu unterbrechen, und wenn doch, dann nur, wenn es gerade spannend wurde.

Obwohl (oder weil) in der Sendung selten eine irgendwie fruchtbare Diskussion zustande kam und im Grunde jede Woche neu vor bis zu sechs Millionen Zuschauern der Untergang Deutschlands beschworen wurde und neoliberale Vertreter ihre Rezepte zur Rettung des Landes vorstellen durften, sagte der CDU-Politiker Friedrich Merz in der 250. Sendung 2003: „Ihre Sendung bestimmt die politische Agenda in Deutschland mehr als der Bundestag.“ (Die politische Agenda in Deutschland variierte im Lauf der Jahre zwischen „Wie krank ist Deutschland?“, „Land ohne Kinder – Land ohne Zukunft?“, „Deutschland bankrott – Euro in Gefahr?“, „Macht dieses Steuersystem Deutschland kaputt?“, „Deutschlands Jugend – viele Chancen, wenig Perspektiven?“, „Gewerkschaften, Beamte, Politiker – wer blockiert das Land?“, „Ausbildungsmisere – Wer bietet jungen Menschen noch eine Chance?“, „Neues Jahr, neue Chance: Kommt Deutschland endlich aus der Krise?“, „Deutschland in Not: Krisen und keine Konzepte?“, „Wirtschaftsflaute, Streik – Bleibt Deutschland Schlusslicht?“, „Wohin rollt der Ball – Deutschland AG vor dem Abstieg?“, „Korruption und Stillstand – wie kaputt ist Deutschland?“ und „Polit-Gipfel: Wie kommt Deutschland aus der Krise?“)

Verheerend wirkte für den CDU/CSU-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber ein völlig verstotterter Auftritt bei Sabine Christiansen im Januar 2002, als er die Moderatorin mit „Frau Merkel“ ansprach. In einer Sendung im September 2002 war Christiansen nicht in, nun ja, üblicher Form. Sie wirkte alkoholisiert. Die „Süddeutsche Zeitung“ schrieb: „Sie schwallte nicht, sondern lallte.“ Hinterher hieß es, sie habe starke Beruhigungstabletten genommen. Noch später hieß es, dies sei der Tag gewesen, an dem sie, drei Stunden vor der Live-Sendung, einen Liebesbrief von Ulla Kock am Brink an ihren Ehemann und Produzenten Theo Baltz gefunden habe, von dem sie sich daraufhin beruflich und privat trennte. Seitdem produziert ihre eigene Firma TV21 die Sendung.

Sabine Christiansen wird meistens live aus einer blauen Kugel in der Nähe der Gedächtniskirche in Berlin gesendet. Sie war 1988 als 360-Grad-Kino gebaut worden und diente danach als schlecht beleumundete Disco.

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