Bleiben Sie doch einfach dran!
Also gut. Die Quoten für Die Familienanwältin waren nicht berauschend und die Werbeblöcke nicht ausgebucht. Keine guten Zeichen. Schon wird Kritik am Sendeplatz laut, auf dem zuvor schon Im Namen des Gesetzes nur mäßig erfolgreich, aber immerhin etwas erfolgreicher war. Auf diesem Sendeplatz sei die Serie zum Abschuss freigegeben, befindet zum Beispiel unser Leser Thomas, RTL wolle eine dritte Staffel verhindern und setze die Serie deshalb auf den „Todes-Slot“, mutmaßt Marius in einer Mail an unsere Antworten-Rubrik.
Genau. Als würden Sender für teures Geld Serien produzieren, um sie dann gezielt einem Misserfolg auszusetzen. Viele Programmverantwortliche mögen zwar aus Ungeschick oder Arroganz gegenüber dem Publikum erfolgversprechende Sendungen gegen die Wand fahren, aber so bescheuert, dass sie dies sogar mit Absicht täten, sind sie auch wieder nicht.
Der Sendeplatz an sich dürfte eigentlich nicht das Problem sein, er ist de facto der beste, den RTL hat. Direkt vorher läuft mit Wer wird Millionär? die im Gesamtpublikum erfolgreichste Sendung des Senders, die auch bei der Zielgruppe noch einigermaßen populär ist, über die sich die Werbewirtschaft ein zweites Loch in den Bauch freut, und eigentlich müsste sich jeder wünschen, danach an den Start gehen zu dürfen. Zur Verdeutlichung: Sabine Christiansen hat ja nicht deshalb so viele Zuschauer, weil sie so toll ist und die Menschen gezielt für sie einschalten, sondern weil viele Tatort-Zuschauer einfach dranbleiben. Von diesem Überschwapp-Effekt profitierte Mariele Millowitsch einst selbst. Ihre Serie Nikola hatte ihre erfolgreichste Phase, als sie nach Wer wird Millionär? gezeigt wurde.
Das Problem ist möglicherweise, dass die vergangenen drei Monate noch nicht ausgereicht haben, um die Zuschauer wieder daran zu gewöhnen, dass montags um 21.15 Uhr bei RTL überhaupt etwas Interessantes kommen könnte. Zehn Jahre Hinter Gittern – Der Frauenknast haben Spuren hinterlassen, die nicht einfach so in einem Quartal weggewischt werden können. Millionen Menschen haben ihre Sehgewohnheiten seit den 90er-Jahren gezielt um diesen Sendeplatz herummanövriert. Natürlich war Hinter Gittern lange Zeit sehr erfolgreich, doch die Schnittmenge mit potentiellen Zuschauern der Familienanwältin dürfte nicht allzu groß sein. Dass viele Zuschauer von Wer wird Millionär? sich auch für Die Familienanwältin interessieren könnten, erscheint dagegen gar nicht so abwegig.
Vielleicht muss man also einfach den Tatsachen ins Auge sehen. Vielleicht liegt es an der Serie selbst. Vielleicht ist sie zu düster, um die Massen anzusprechen. Vielleicht sähen die Zuschauer Mariele Millowitsch lieber wieder in komischen Rollen. Fakt ist, dass Die Familienanwältin auch auf ihrem alten Sendeplatz nur durchschnittliche Zuschauerzahlen hatte. Und auf dem läuft heute Dr. House so erfolgreich wie sonst nur Freibier.