Leben nach dem Tod

Der englische Sender E4 veranstaltet seit Jahren jede Woche den „Second Chance Sunday“. Da werden die aktuellen Episoden der populären Serien aus der abgelaufenen Woche ein zweites Mal gezeigt, für alle, die sie verpasst haben.

In Deutschland gibt etwas Ähnliches: Einen Second-Chance-Sender. Er heißt Kabel 1, und da werden nur wenige Jahre später all die Serien noch einmal ausprobiert, die der Absetzsender ProSieben vorzeitig aus dem Programm genommen hat. Heute starten zum Beispiel, beide von vorn, die Serien Las Vegas und The Shield, die erste von der Kritik gehasst, die zweite gelobt, die erste 2006 nach sechs, die zweite 2004 nach 13 Folgen abgesetzt.

Im Prinzip sind diese Serien eine ganz normale Erbschaft innerhalb der Senderfamilie. Wie in einer richtigen Familie.

Aber erbt man in einer richtigen Familie nicht erst nach dem Tod eines Familienmitglieds, werden Sie womöglich fragen?
Aha, dann gehören Sie also zu den wenigen Serienzuschauern, für die ProSieben noch nicht gestorben ist.

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Michael, 12. August 2007, 13:25.

The Shield

2004 (Pro Sieben). „Gesetz der Gewalt“. US-Krimiserie von Shawn Ryan („The Shield“; seit 2002).

Der glatzköpfige Polizist Vic Mackey (Michael Chiklis) räumt auf den Straßen von Los Angeles auf. Ihm ist jedes Mittel recht, um Verbrecher auszuschalten. Wenn es etwas bringt, fälscht er Beweise oder verprügelt Verdächtige, bis sie gestehen. Sein Boss, Captain David Aceveda (Benito Martinez), hasst ihn und wäre ihn am liebsten los, genießt es aber andererseits, dass Mackey die Straßen säubert. Schließlich will Aceveda ja Bürgermeister werden, und wenn sein Bezirk funktioniert, hilft ihm das. Mackeys Kollegen im Einsatz sind Shane Vendrell (Walton Goggins) und Curtis „Lemonhead“ Lemansky (Kenneth Johnson). Vendrells Methoden gehen selbst Mackey oft zu weit.

Pro Sieben zeigte die knapp einstündigen Folgen mittwochs nach 23.00 Uhr. In den USA lief die Serie auf dem kleinen Kabelsender FX und erreichte dort sehr beachtliche Einschaltquoten. Bei uns nicht, weshalb Pro Sieben nach nur einer Staffel Schluss machte. Nach drei Jahren unternimmt Kabel 1 nun am späten Sonntagabend einen neuen Anlauf.

2002 wurde Michael Chiklis für die Rolle des brutalen Bullen mit dem Emmy als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Dies war zuvor noch nie einem Darsteller einer kleinen Kabelserie gelungen.

Patchwork in Afrika

In einer Pilotfolge muss in der Regel zunächst mehr oder weniger krampfhaft die eigentliche Ausgangskonstellation einer Serie herbeigeführt werden. Es passiert deshalb oft sonst nicht viel. Wenn man dann noch eine Serie vor sich hat, deren Hauptziel es ist, Aufnahmen schöner Landschaften und wilder Tiere in Afrika zu zeigen, steht die Handlung noch mehr im Hintergrund. Und so passiert in der ersten Folge der britischen Serie Wildes Herz Afrika ungefähr Folgendes: Eine Patchworkfamilie reist von England nach Afrika, und ein schießwütiger kleiner Junge verliebt sich in ein Äffchen. Das dauert 45 Minuten.

Darüber hinaus deutet vieles darauf hin, dass wir es ab nächster Woche mit einer klassischen, harmlosen, aber netten Tierarztfamilienserie zu tun haben werden, die in Afrika spielt. Das macht sie zu einer Art Daktari mit Familienanschluss, ist aber, obwohl vierzig Jahre später gedreht, kaum moderner. Das tut den schönen Tier- und Landschaftsbildern natürlich keinen Abbruch. Und wer weiß, vielleicht fängt das Äffchen ja sogar eines Tages an zu schielen.

Wildes Herz Afrika, freitags um 19.25 Uhr im ZDF.

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Michael, 10. August 2007, 06:58.

Zum Schießen: Denny Crane!

Es hat auch Vorteile, wenn Sender lange zögern, hervorragende US-Serien auch in Deutschland zu zeigen. Langfristige Vorteile. Heute zum Beispiel zahlt es sich aus.

David E. Kelleys grandiose Anwaltsfarce Boston Legal begann bei Vox erst zwei Jahre nach dem US-Start. Dadurch hatten die USA einen solchen Vorsprung, dass wir in Deutschland nach dem Ende der ersten Staffel keine Zeit überbrücken mussten, bis endlich neue Folgen vorlagen. Und nach der zweiten immer noch nicht!

Und so geht Boston Legal heute, nur eine Woche nach dem Finale der zweiten Staffel, nahtlos in die dritte über. Mal sehen, auf wen William Shatner als Denny Crane in dieser Staffel alles schießen darf.

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Michael, 8. August 2007, 15:08.

Wildes Herz Afrika

Ab 10. August 2007 (ZDF). Brit. Familienserie von Ashley Pharoah („Wild At Heart“; seit 2006).

Eigentlich wollte die Patchworkfamilie um den Tierzarzt Dr. Danny Trevanion (Stephen Tompkinson) nur Urlaub in Afrika machen. Aber dann entscheiden Danny und seine Frau Sarah (Amanda Holden), gemeinsam mit seiner pubertierenden Tochter Rosie (Lucy-Jo Hudson) und ihren jüngeren Kindern Evan (Luke Ward-Wilkinson) und Olivia (Rafaella Hutchinson), die ihren Stiefvater hartnäckig „Mr. Trevanion“ nennt, dort zu bleiben. Ihr Gastwirt Anders Du Plessis (Deon Stewardson) wird ihr Geschäftspartner, Sarah kümmert sich ab sofort um das Gästehaus und Danny um die afrikanischen Tiere, die spannender sind als die Hunde und Katzen, die er zu Hause in England von ihren Wehwehchen befreien musste. Nomsa Nguni (Nomsa Xaba) ist die Haushälterin.

Unwesentlich modernere Version von Daktari. Die 50-minütigen Folgen laufen freitags um 19.25 Uhr.

Wurstwasser im Schneideraum

Fast so lustig wie Männer in Frauenkleidern sind Affen in Kinderkleidung. Das weiß das deutsche Fernsehen nicht erst seit Unser Charly, aber seit Ronnys Pop-Show fehlte eine Sendung, die man sich auch ansehen kann.

Jetzt gibt es Besserwisser auf ProSieben. Eine ganze Show um unnützes Wissen. Aber statt einfach das Fernsehlexikon das Handbuch des nutzlosen Wissens vorzulesen, das aus nichts anderem besteht, weiten Oliver Welke und seine Promis das Ganze zu einem Quiz aus. Macht ja nichts. Wer den meisten nutzlosen Kram weiß, darf am Ende gegen den Affen im Hemd antreten, der dann wild auf Knöpfe haut, unter denen sich Antworten verbergen.

Die neue Show wirkt vertraut, weil sie viele Elemente aus Panelshows wie Genial daneben enthält, und zugleich originell, weil sie dieses bewährte Format mit einigen gelungenen Gags und Innovationen anrichert. Zum Beispiel die: Es gibt kein Gewinnspiel, das die Werbepause überbrückt! Das ist echte Innovation! Der IQ-Baum mit der Einordnung der IQ-Werte entsprechend Wurstwasser, Erdnussflips oder Frauenversteher ist ganz nett, die Einspielfilmchen kurzweilig, das nutzlose Wissen darin ohnehin amüsant, und das Zusammenspiel des Panels erinnert in den besten Momenten an die Chemie im Rateteam von Pssst… 

Insgesamt also eine recht schöne Show. Leider dilettantisch geschnitten. Es rumpelt und holpert, Applaus endet unnatürlich abrupt, erklärende Ausführungen wirken plötzlich so unlogisch knapp. Als Moderator Oliver Welke anmerkte, man habe jetzt genug über George W. Bush gesprochen, nachdem sein Name gerade zum allerersten Mal gefallen war, kann das zwar ein ganz guter Witz gewesen sein, wahrscheinlicher ist aber, dass da jemand eine ganze Unterhaltung rausgeschnitten hat.

Keine so gute Idee ist es auch, die aufgezeichneten Sendungen in beliebiger Reihenfolge auszustrahlen. In den ersten acht Minuten benutzte Welke sechsmal Formulierungen wie „auch heute“, „wie immer“ oder „wieder mal“. Das ist in der Premiere natürlich etwas albern.

Aber als Fernsehschaffender mit solchen Feinheiten umgehen zu können wäre ja nützliches Wissen.

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Michael, 8. August 2007, 00:13.

Genial daneben

Seit 2003 (Sat.1). „Die Comedy-Arena“. Bildungsshow von und mit Hugo Egon Balder.

Balder stellt einem Panel von fünf Komikern eine Wissensfrage, die ein Zuschauer eingesandt hat, z. B.: Was ist eine Agraffe? Wenn sie es nicht erraten, bekommt der Einsender 500 €. Aber eigentlich geht es nicht um die richtige Lösung, sondern darum, wie sich die ahnungslosen Comedians wahlweise geistreich oder albern heranraten. Im Gegensatz zu den meisten Panel-Shows (insbesondere Sieben Tage – Sieben Köpfe) kommt die Show komplett ohne Drehbuch oder Absprachen aus: Die Komiker improvisieren frei und haben sichtlich Spaß dabei. Ständig zum Rateteam gehören Hella von Sinnen und Bernhard Hoëcker , zwischen ihnen sitzen wechselnde und wiederkehrende Kollegen wie Wigald Boning, Herbert Feuerstein, Dieter Nuhr, Georg Uecker, Bastian Pastewka, Jürgen von der Lippe und Christoph Maria Herbst.

Die Show war eine seltene Kombination: intelligent und albern, dabei schlicht und billig. Sie wurde am Samstagabend nach 22.00 Uhr einer der Überraschungshits der Saison mit regelmäßigen Bestquoten für Sat.1. Eigentlich hätte sie im ZDF unter dem Titel „Die schlaue Stunde“ laufen sollen, aber nach längerer Wartezeit verlor Balder die Geduld und ging mit seinem Konzept zu Sat.1. RTL animierte der Erfolg zu einer plumpen und kurzlebigen Kopie namens Gibt’s doch gar nicht. Der Sat.1-Erfolg führte zunächst zu einer Verlängerung der Sendezeit von 45 auf 60 Minuten und im August 2004 zu einer Beförderung in die Werktags-Primetime, freitags um 20.15 Uhr. Auf dem etablierten Sendeplatz am Samstagabend liefen nun zwei Monate lang die Wiederholungen vom Vortag, ab Oktober wurden wöchentlich zwei neue Folgen ausgestrahlt. Im gleichen Monat erhielt die Show den Deutschen Fernsehpreis als Beste Unterhaltungssendung. Seit November 2006 läuft Genial daneben wieder einmal wöchentlich auf dem ursprünglichen Platz am Samstag.

Und eine Agraffe ist eine Schmuckspange aus Metall.

Besserwisser

Seit 2007 (ProSieben). „Die große Show des unnützen Wissens“. Einstündige Comedy-Rateshow mit Oliver Welke.

Vier Prominente, acht Fragen, jeweils drei Antwortmöglichkeiten. Niemand müsste das wissen, was hier gefragt wird, aber wer den meisten nutzlosen Kram aus dem Ärmel schütteln kann, darf zur Belohnung in der Finalrunde gegen einen bekleideten Schimpansen antreten: Professor Czimp, IQ 160. Der haut dann auf Buzzer, und vielleicht stimmen seine Antworten ja. Immer im Rateteam ist Oliver Kalkofe, fast immer Elton und oft genug Loretta Stern und Sky DuMont. Die richtigen Antworten erläutert der Wissensammler Dr. Christian Ankowitsch in kleinen Einspielfilmchen. Weitere Kurzfilme nennen andere nutzlose Fakten zu den verschiedenen Themenbereichen, die nicht abgefragt werden, sondern einfach so zur Erheiterung dienen.

Läuft dienstags um 22.15 Uhr.

Unser Charly

Seit 1995 (ZDF). Dt. Familienserie von Christine Rohls und Axel Witte.

Das Leben von Familie Martin gerät durcheinander, als plötzlich der Schimpanse Charly bei ihnen einzieht. Der Affe entkam einer Tierschmugglerbande und verläuft sich in die Praxis des Tierarzts Dr. Philipp Martin (Ralph Schicha). Der nimmt das Tier bei sich zu Hause auf, seine Frau Michaela (Karin Kienzer; ab Januar 2001: Nicola Tiggeler) und vor allem die Kinder Sandra (Friederike Möller, später gespielt von Susanne Scherbel; ab Januar 2000: Kaya Möller) und Oliver (Mike Zobrys) freunden sich mit Charly an. Rosa (Maria Körber) und Johannes Bergner (Johannes Thanheiser) sind Michaelas Eltern.

Später wandelt Philipp seine Praxis in eine Auffangstation für bedrohte und herrenlose Tiere um, für die er ein neues Zuhause sucht. Rudolfo Lombardi (Aurelio Malfa) arbeitet als Tierpfleger auf der Station, seine Frau Charlotte Roesner-Lombardi (Regina Lemnitz) ist Tierärztin. Michaelas Vater Johannes stirbt später an einem Herzinfarkt. Philipp stürzt Anfang 1999 beim Versuch, einen Adler zu retten, in den Alpen ab und stirbt ebenfalls.

Dr. Max Henning (Ralf Lindermann) kommt neu in die Auffangstation und zieht zu den Martins. Nach etwas mehr als einem halben Jahr heiraten Michaela und Max. Michaela stellt die junge Praktikantin Andrea Jüstgen (Farina Jansen) ein, die sich plötzlich als Max‘ Tochter entpuppt. Im Frühjahr 2002 wird Michaela vom Auto überfahren und stirbt. Max kommt Ende 2003 mit der Anwältin Maren Waldner (Saskia Valencia) zusammen, die zwei jüngere Kinder hat: Conny (Franziska Heyder) und Gregor (Gary Bestla). Oliver zieht zu seiner Freundin Tanja (Judith Richter) und deren Tochter Lena (Leoni Benice Baeßler).

Der Schimpanse Charly turnte in dieser Serie über Autos, hielt Verbrecher mit Waffen in Schach und lenkte vor allem mit lustigen Verkleidungen und tollen Grimassen von Löchern im Drehbuch ab. Weil das so gut funktionierte, rettete Charlie eine Robbe namens Robbie vor Tierschmugglern, die daraufhin ihre eigene Serie bekam: Hallo Robbie!

Die Geschichten behandelten immer wieder Tierschutzthemen, wie das ZDF betonte, was vielen Tierschützern allerdings wie ein schlechter Scherz vorkam: Sie forderten die Absetzung der Serie. Die Organisation PETA wies auf die zweifelhaften Umstände hin, unter denen die jungen „Studio“-Schimpansen aufzogen und abgerichtet werden, und auf ihre ungewisse Zukunft, wenn sie nach der Pubertät nicht mehr zu handhaben sind, weshalb sie im Alter von fünf Jahren ausgetauscht werden. Allein in den ersten sechs Jahren wurde Charly von fünf verschiedenen Schimpansen gespielt. PETA: „Solange rücksichtslose Firmen und Fernsehshows wie ›Unser Charly‹ weiterhin in Anzüge gekleidete Schimpansen zeigen, die dümmliche Tricks vorführen, wird die Öffentlichkeit nicht aufhören zu denken, die Tiere seien vor allem zu unserer Unterhaltung und für unseren Profit da und ihre angeborenen Bedürfnisse kämen erst danach, wenn überhaupt.“

Im Juli 2002 gelangte ein Video an die Öffentlichkeit, das zeigte, wie ein Tier bei den Dreharbeiten getreten wurde. Die drei Schimpansen, die sich zu dieser Zeit die Charly-Rolle teilten, sollen von ihrem Tiertrainer außerdem mit Kopfnüssen und Schlägen misshandelt worden sein. Der Deutsche Tierschutzbund forderte ebenfalls die Absetzung der Serie. Das ZDF kündigte daraufhin dem Tiertrainer, bestritt jedoch, dass Schimpansen als Darsteller generell problematisch seien. Fortan sollte aber bei den Dreharbeiten immer ein Tierarzt anwesend sein. Die „Welt“ schrieb nach einer Kontrollsichtung der Serie: „Es war ein Schock. Die Verantwortlichen hatten noch immer keine Maßnahmen ergriffen, um den geschundenen Tieren zu helfen. Man hatte nicht einmal die Schauspieler ausgewechselt, die durch ihr qualvolles Spiel die Affen peinigen.“ Im Mai 2001 trat Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen in einer Gastrolle auf, als Charly das Rathaus und sein Büro inspizierte.

Rund 160 Folgen wurden bisher ausgestrahlt. Die 50‑minütigen Folgen liefen samstags um 19.25 Uhr mit gewaltigem Erfolg. Zur Serie sind mehrere Bücher erschienen.

Ronnys Pop-Show

1982–1988 (ZDF). 45-minütige Popmusiksendung mit Videoclips aktueller Hits.

Sie wäre eine ganz normale Video-Abspiel-Show gewesen, wenn sie nicht von einem Affen moderiert worden wäre. Gut, das ist auf den Musiksendern heute auch noch oft der Fall, doch Ronny war ein echter Schimpanse, der hinter einem Schreibtisch saß, einen Jeansanzug (Kindergröße 156) trug und moderierte. In Wirklichkeit machte er natürlich nur den Mund auf und zu und wurde von Otto Waalkes synchronisiert, der auch die Idee zur Sendung hatte und Regie führte. Die „Moderationen“ waren kleine Gags, Kalauer und Szenen, in denen Ronny oft telefonierte.

Otto hatte den Affen bei Adrians Schimpansenrevue im Hamburger Hansa-Theater entdeckt. Zur Sendung erschienen mehr als 30 Langspielplatten mit den Hits aus der Show und Ronny auf dem Cover. Im April 1991 wurde noch ein Special ausgestrahlt.

Die Sendung lief etwa einmal im Monat um 19.30 Uhr, zum Start am Montag und dann über Jahre mittwochs.

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