Brot für das Reich

Die Straps-Fotos und die angebliche Hollywoodkarriere von Susan Stahnke. Die Entgleisungen von Jens Riewa. Jetzt Eva Hermans Äußerungen über die Vorzüge des Dritten Reichs. Vielleicht denkt die ARD ja eines Tages doch über moderierende Redakteure anstelle reiner Vorleser in der Tagesschau nach. Ob die Vorgenannten noch in dieser Rolle tätig sind oder nicht, langfristig könnte es dem Image dieser Nachrichteninstanz schaden, wenn der Eindruck entsteht, wichtigste Voraussetzung für den Job des Tagesschau-Aufsagers sei es, ein hohles Brot zu sein.

Vielleicht waren Eva Hermans Äußerungen aber auch gar nicht so unbedacht, sondern Kalkül, um dem neuen Buch, das sie am Herd geschrieben hat, die gleiche Aufmerksamkeit zu bescheren wie dem Vorgänger vom vergangenen Herbst. Das würde die Sache nicht besser machen.

Michael, 10. September 2007, 11:42.

Ton Schweine Scherben

Puh, hier wird aber keine Zeit verschwendet. Family-Showdown-Moderator Wigald Boning ist ungefähr zwanzig Sekunden auf der Bühne, da läuft schon das erste Spiel. Mehrere Mitglieder aus zwei Familien rennen hektisch auf einem Laufband und lösen simple Matheaufgaben.Wie gehen eigentlich die Regeln? Aber wir haben es nun einmal eilig, gleich kommt ja schon Werbung. Wie, schon Werbung? Wie gehen eigentlich die Regeln?

Es stellt sich heraus, dass die Sorge um die Regeln der neuen Sat.1-Show Family Showdown unbegründet ist. Sie gehen wie in jeder 80er-Jahre-Spielshow: Familien treten in Aktions- und Geschicklichkeitsspielen gegeneinander an, wer besser ist, gewinnt das Spiel, und am Ende kommt eine Familie ins Finale und spielt um den Hauptpreis. Als die Show nach knapp 90 Minuten an diesem Punkt angelangt ist, wäre Frank Elstner gerade damit fertig gewesen, die Regeln zu erklären.

Die Show ist wenig originell, tut aber auch gar nicht so. Wigald Bonings Moderation ist eine Reise durch die Fernsehgeschichte. Wenn sich eine Familie ein Glücksschwein aussuchen muss, das es zu zertrümmern gilt, weil darin Geld versteckt ist, fragt er wie Robert Lembke: „Welches Schweinderl hätten’S denn gern?“, bevor es zertrümmert wird sagt er: „Hartmut, den Hammer!“ und klingt wie Vico Torriani, als er sagte: „Bruno, den Bolzen!“, und am Ende lässt er sich wie Hans-Joachim Kulenkampff den Mantel bringen. Manchmal hält sich Boning im Gespräch mit den Kandidaten („Dein Hobby ist Lesen…“) oder bei ausformulierten Anmoderationen der Spiele so sehr zurück (oder wurde im Schneideraum deart gestutzt), dass die Show genausogut wie jede andere auch von Kai Pflaume hätte moderiert werden können, doch oft lockern seine Sprüche und Wortwitze die Show auf („Wenn Sie auch mal mitmachen wollen, vermehren Sie sich fleißig!“). Es ist ein positiver Trend, dass Spielshows wieder zunehmend mit witzigen Entertainern als Gastgeber besetzt werden und weniger mit monotonen Moderationsrobotern.

Dass die Show nicht sonderlich originell ist, heißt nicht, dass sie langweilig ist. Spielshows dieser Art hat es schon immer gegeben und wird es wohl immer geben.

Die klassische Samstagabendshow nach diesem Muster mag tot sein, aber heute ist schließlich Freitag. Und wer sieht nicht gern Glas in Zeitlupe zerspringen? Bemerkenswert, was an diesem Abend alles zerstört wird. In einer Runde werden Vasen abgeschossen, in der nächsten Gläserpyramiden zum Einsturz gebracht und nach jeder Runde Tonschweine zertrümmert. Ein Polterabend für die ganze Familie.

Eine Unklarheit zu den Spielregeln bleibt jedoch nach dieser Premiere bestehen: Es hat den Eindruck, als seien die ersten vier Spiele am Ende völlig egal und als komme in jedem Fall die Familie ins Finale, die das fünfte Spiel gewinnt. Wäre merkwürdig. Vielleicht irre ich mich aber auch. Wo ist Frank Elstner, wenn man ihn braucht?

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Michael, 7. September 2007, 22:32.

Family Showdown

2007 (Sat.1). Spielshow mit Wigald Boning.

Zwei Familien kämpfen in mehreren Aktions- und Geschicklichkeitsspielen gegeneinander um das goldene Schwein, das mit 25.000 Euro gefüllt ist. Um dieses geht’s aber erst im Finale. Bis dahin kann die Siegerfamilie im Idealfal die gleiche Summe schon einmal erspielen. Es gibt Teamspiele und Einzelduelle, und der Sieger jeder Runde darf mit einem großen Hammer ein großes Tonschwein zertrümmern. Mehrere stehen zur Auswahl, alle sind mit Geld gefüllt, aber mit unterschiedlichen Beträgen. Im Finale spielt die Siegerfamilie allein. Dann geht es nur noch darum, innerhalb einer Minute unter drei großen Schweinen das richtige zu zerstören, in dem das Geld ist. Die anderen beiden sind jetzt leer. Man darf so oft versuchen, wie die Zeit reicht. Beide Familien behalten das Geld aus den Vorrunden.

Die Familien waren vorab von den Show-Reporterinnen Miriam Pede und Verena Wriedt zu Hause überrascht worden und hatten dann 36 Stunden Zeit, sich auf die bevorstehenden Spiele vorzubereiten. Ausschnitte aus diesem Trainingslager werden vor den einzelnen Runden gezeigt.

Acht Ausgaben der 90-minütigen Show liefen mit sehr mäßigem Erfolg freitags um 20.15 Uhr.

Der goldene Schuss

1964–1970 (ZDF). Große Samstagabend-Spielshow mit Lou van Burg.

Mittelpunkt der Sendung ist das immer wiederkehrende Schießspiel mit der Armbrust. Nach dem Kommando „Kimme, Korn, ran!“ müssen Kandidaten im Saal oder Telefonkandidaten zu Hause die Mitte einer Zielscheibe treffen. Dazu hat das ZDF die Kamera so auf der Armbrust montiert, dass die Linie Kimme-Korn-Ziel vom Zuschauer im genau gleichen Winkel gesehen wird wie vom Kameramann. Dem Kameramann werden jedoch die Augen verbunden, und der Telefonkandidat gibt ihm innerhalb einer vorgegebenen Zeit mit „Links – rechts – hoch – runter – Schuss!“ Anweisungen, was er tun soll. Auf diese Weise können sich die Telefonkandidaten für die nächste Sendung als Studiokandidat qualifizieren.

Im Studio spielen vier Kandidaten in zwei Zweiergruppen zunächst in der Ausscheidungsrunde gegeneinander. Darin haben sie verschiedene Aktions- und Geschicklichkeitsspiele zu bewältigen. Unter den beiden Gruppensiegern wird der Schützenkönig ermittelt und gekrönt, der dann im Schlussspiel einen Beutel mit Gold gewinnen kann. Dieser Beutel hängt an einer Schnur vor der Zielscheibe und muss von dem Kandidaten mit der Armbrust abgeschossen werden; nur so kann er ihn gewinnen. Die Sendung runden Showblöcke mit prominenten Gästen und Lou van Burg selbst ab.

Aus Der goldene Schuss stammt das geflügelte Fernsehwort „Der Kandidat hat 99 Punkte“. Diesen Satz sagte die Assistentin, wenn ein Kandidat erfolgreich traf.

Der Niederländer Lou van Burg kokettierte gern mit seinem Akzent, wozu ihm angeblich ein Werbestratege geraten hatte. In Wirklichkeit sprach er sauberes Hochdeutsch. Dieser Werbestratege soll ihm auch empfohlen haben, sich eine Wampe anzufressen, das mache ihn gemütlicher und sympathischer. Der als „Onkel Lou“ oder „Mr. Wunnebar!“ bekannte Showmaster war der Star für die ganze Familie. Zu Beginn der Sendung sang er immer: „Der goldene Schuss heißt unser Spiel. Dass Sie sich freuen, ist mein Ziel.“

Das Konzept zur Sendung hatten die Schweizer Hannes und Werner Schmid gemeinsam mit van Burg entwickelt. Es war die erste deutsche Gameshow, die in viele Länder im Ausland verkauft wurde.

1967 wurde der überaus beliebte Moderator wegen seines „unseriösen Privatlebens“ vom ZDF gefeuert: Er hatte ein Verhältnis mit seiner Assistentin Marianne; beide waren verheiratet, jedoch nicht miteinander. Am 15. Juni 1967 moderierte er – trotz hervorragender Quoten – seine 24. und letzte Sendung. ZDF-Intendant Karl Holzamer sagte damals: „Die Visitenkarte des ZDF wurde beschmutzt. Sie muss und soll sauber bleiben.“ Van Burg bekam für den Rauswurf immerhin eine finanzielle Entschädigung, außergerichtlich einigte man sich auf 120 000 DM. Sein Ruf war aber ruiniert – und Fernsehangebote bekam er auch nicht, obwohl er die Assistentin 1969 geheiratet hatte. Ans Licht gekommen war die Affäre, als van Burgs frühere Freundin, die er wegen Marianne verlassen hatte, geplaudert hatte.

Als Nachfolger im Gespräch war Rudi Carrell, es wurde dann aber Vico Torriani, dessen erste Show am 25. August 1967 gleichzeitig die erste in Farbe ausgestrahlte Sendung im deutschen Fernsehen war. Das Farbfernsehen war an diesem Tag eingeführt worden. Am Konzept der Sendung blieb alles unverändert, und auch Torriani als Sänger bestritt wie sein Vorgänger einen Teil der Showblöcke selbst. Lediglich das Schusskommando änderte er in „Achtung, fertig, los!“, auf das Krönungszeremoniell wurde verzichtet, das Titellied geändert. Und hatte Lou van Burg seinen Ausruf „Wunnebar“ zum geflügelten Wort gemacht, tat es Torriani mit der immer gleichen Aufforderung vor den Schießspielen: „Bruno, den Bolzen!“, „Ralf, den Bolzen!“ bzw. „Peter, den Bolzen!“. Obwohl Torrianis Moderation oft als hölzern kritisiert wurde, moderierte er die Show mit gleichbleibendem Erfolg 26-mal. Insgesamt erlebte die Reihe also 50 Sendungen.

Sendetermin von Der Goldene Schuss war etwa alle sechs Wochen um 20.15 Uhr.

Abgesetzt, Folge 24614398089

Weil man ja auch mal was Positives schreiben soll, sei ProSieben zunächst zu den ungewöhnlich hohen Zuschauerzahlen seiner neuen Mittwochsserien beglückwünscht. Endlich mal ein Sendeplatzwechsel, der sich ausgezahlt zu haben scheint. Ohne das starke RTL-Aufgebot als direkter Konkurrenz gewannen die Desperate Housewives viele Zuschauer zurück und Grey’s Anatomy viele neue dazu. Insbesondere der Erfolg von Grey’s Anatomy ist bemerkenswert, weil die Serie ursprünglich schon einmal zur Primetime lief, damals aber ein Flop war. Dieses eine Mal hatte ProSieben Geduld, ließ die Serie sich entwickeln und Zuschauer finden und machte sie so langfristig zum Erfolg. Umso erstaunlicher, dass der Sender sich nicht an sich selbst ein Beispiel nimmt und solche Geduld auch bei anderen Serien an den Tag legt.

Wie dem auch sei. Die heute abgesetzten ProSieben-Programme sind … (Trommelwirbel)…: das Comedyquiz Besserwisser und die Fremdschämshow Das Model und der Freak (Fanfare, Applaus)!

Die eigentliche Nachricht ist aber die feine Ironie, dass auch Survivor („Überwinde. Überliste. Überlebe.“) die Primetime nicht überlebt hat. Wie schon alle deutschen Adaptionen vorher ist auch dieser jüngste Versuch, den US-Erfolg Survivor nach Deutschland zu bringen, gescheitert und fristet den Rest seines teuren Daseins nach 22.00 Uhr. Und was zeigt ProSieben nun dienstags um 20.15 Uhr? Filme, Filme, Filme. Keine Ursache, den Vorschlag haben wir doch gern gemacht.

Michael, 6. September 2007, 18:08.

Househoher Sieg

Ich bin sehr gespannt, wie lange es dauert, bis auf dem Sendeplatz am Dienstagabend um 21.15 Uhr die Wetten, dass…?-Politik einsetzt. Also Rückzug statt Angriff. Jahrelang fehlte allen Sendern der Mut, parallel zu Wetten, dass…? ein attraktives Gegenprogramm auszustrahlen, weil ohnehin keine Chance auf einen Quotensieg bestand. Also zeigten die Konkurrenten Fünftausstrahlungen gut abgestandener Spielfilme oder billig produzierte Shows. Erst jüngst stellten sie fest, dass Wetten, dass…? nicht mehr unantastbar ist.

Dafür haben die Zielgruppen-Quoten von Dr. House dienstags abends bei RTL mittlerweile eine Dimension erreicht, in der Wetten, dass…? bisher allein war. Die Premiere der dritten Staffel sahen gestern Abend 4,4 Millionen Menschen im Alter von 14 bis 49 Jahren. Zum Vergleich: Zur selben Zeit erreichten die fünf Konkurrenten ARD, ZDF, ProSieben, Kabel 1 und Vox zusammen in dieser Gruppe 4,0 Millionen Zuschauer. Am dichtesten auf den Fersen war Dr. House noch der zweite Teil des Sat.1-Vierteilers Zodiak – Der Horoskop-Mörder, doch selbst der erreichte nur gut ein Drittel der Zuschauer, die Dr. House gleichzeitig anzog.

Testbilder könnten gegen Dr. House derzeit nicht wesentlich schlechter abschneiden. Und offenbar geht der Trend in genau diese Richtung. ProSieben hat seine Desperate Housewives bereits aus der Schusslinie genommen. Die kommen ab heute mittwochs.

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Michael, 5. September 2007, 18:23.

Extreme Canceling

Die Erkenntnis muss ProSieben aus heiterem Himmel getroffen haben: „Huch, wir haben ja schon seit über einer Woche nichts mehr abgesetzt!“ Nur so ist die Kurzschlusshandlung zu erklären, dass mit Extreme Activity ausnahmsweise eine Reihe kurzfristig aus dem Programm fliegt, die gar keine fortlaufende Handlung hat. Es kann natürlich auch daran liegen, dass derzeit gar keine Serien mit fortlaufender Handlung mehr im Programm sind, weil ja schon alle abgesetzt wurden. Doch zum Glück starten heute Abend drei neue.

Und so wird der Teufelskreis immer enger, in den sich ProSieben selbst manövriert hat: Durch immer schnellere Absetzungen reagiert der Sender auf miese Quoten, und mit miesen Quoten rächen sich die Zuschauer an der Unzuverlässigkeit von ProSieben und verweigern sich zu Recht jedem Neustart, weil sie das Vertrauen verloren haben, dass die Sendung eine Weile im Programm bleiben könnte.

Da in diesem Kreislauf kein Ende abzusehen ist, bleibt für ProSieben eigentlich nur ein Weg aus der Krise und zurück zu einem verlässlichen Ruf: Filme, Filme, Filme. Dann erwartet wenigstens niemand in der nächsten Woche eine neue Folge.

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Michael, 5. September 2007, 17:48.

Gewinnen! Gewinnen! Gewinnen!

Wahrscheinlich die zweiterfolgversprechendste Überschrift nach „Sex! Sex! Sex!“, die wir uns für einen Tag aufheben, an dem wir wirklich verzweifelt sind.

Jedenfalls: Zwei tolle Jubiläen gibt es heute zu vermelden. Verbotene Liebe wird 3000, und die ARD feiert seine Erfolgssoap mit einer Doppelfolge ab 17.55 Uhr (die tatsächliche 3000. Folge ist die um 18.20 Uhr).

Und dieses kleine Internetangebot feiert seinen 1000. Beitrag. Wir können zwar aus diesem Anlass nicht wie die ARD eine Reise nach Paris verlosen, aber immerhin ein gedrucktes Fernsehlexikon.

Und das geht so: Nach bewährter Dalli-Dalli-Manier haben wir einen Beitrag doppelt, und den müss’ma abziehen. Eigentlich ist es ein Versehen, dass unter „Sendungen“ eine Sendung zweimal auftaucht, aber statt es zu beheben, machen wir jetzt eben ein Gewinnspiel draus.

Also: Welche ist es? Welche Sendung haben wir doppelt online?

Die Lösung bitte auf einer Postkarte an… Haha, nur ein Scherz. Einfach unten reinkommentieren. Einsendeschluss ist Sonntag, 9. September, 12.00 Uhr. Sollte tatsächlich mehr als eine richtige Lösung kommen, wird gelost. Viel Glück!

Nachtrag 13.50 Uhr: Jochen schlug gerade vor, dieses Gewinnspiel als Anlass zu nehmen für einen Extra-Eintrag über Gewinnspielkonzepte, die nicht bis zum Ende durchdacht sind. Ähm… ja. In der Tat müsste ab jetzt jeder nur noch die richtige Lösung abschreiben, weshalb wir mal schnell auf Flos Vorschlag eingehen und spontan Isabella als Gewinnerin „ausgelost“ haben. Glückwunsch! Und donvanones Vorschlag ist auch super. Wir machen einfach nächste Woche noch ein Gewinnspiel, und dann wird per Mail gelöst…
Trotzdem Dank an alle! Und vergessen wir, dass es diesen Eintrag jemals gegeben hat. Er wird beim nächsten Jubiläum nicht mitgezählt.

Hatte ich schon erwähnt, dass der Rechtsweg ausgeschlossen ist…? Hüstel…

Die Lösung war Fliege und Fliege.

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Michael, 5. September 2007, 12:31.

Verbotene Liebe

Seit 1995 (ARD). Dt. Daily Soap.

Die bei der Geburt getrennten Zwillinge Jan Brandner (Andreas Bruckner) und Julia von Anstetten (Valerie Niehaus) begegnen sich zufällig am Düsseldorfer Flughafen und verlieben sich spontan ineinander. 523 Folgen später, im März 1997, geht Julia auf Lanzarote vor den Augen ihres geliebten Bruders Jan zum Schwimmen ins Meer und kehrt nie zurück. Die ausgedehnte Inzestgeschichte, die der Serie den Namen gab und auf der australischen Soap „Sons and Daughters“ beruhte, endete, weil Darstellerin Niehaus am Strasberg Theatre Institute in New York ein Schauspielstudium begann.

Das Konzept der vorrangig im Adel- und Geldadelmilieu angesiedelten Seifenoper veränderte sich danach dahingehend, dass statt einer verbotenen Liebe nun alle erdenklichen Spielarten diverser „verbotener Lieben“ durchexerziert werden: Der Schwule liebt heimlich den Heterosexuellen, die Lesbe die Heterosexuelle, der Freund die beste Freundin der Freundin, die Ehefrau den Sohn des Ehemanns, manche lieben auch bloß den Erfolg, die Gefahr, die Intrige – wobei ein komplexes Intrigenspiel schon von Anfang an kennzeichnend für die Serie war. Schließlich war die Mutter von Jan und Julia, die eigentlich aus der Westerfelder Arbeiterfamilie Prozeski stammende, ehrgeizige, erfolgreiche und intrigante Clarissa von Anstetten (Isa Jank), nach dem Vorbild von Alexis aus dem Denver-Clan konzipiert worden. Sie war Chefin der Modefirma Ligne Clarisse und bewohnte ein Loft über den Dächern der Düsseldorfer City, das direkt und ausschließlich über einen eigenen Aufzug erreicht werden konnte.

Clarissa gilt seit einem Flugzeugabsturz im August 2001 als vermisst. Zehn Jahre und über 2350 Folgen nach dem Serienstart waren noch zwei Rollen aus der ersten Folge dabei und mit ihren ursprünglichen Darstellern besetzt: Clarissas Freundin Charly Schneider (Gabriele Metzger), eine Ex-Galeristin, Ex-Besitzerin des Nobelbistros „Schneider’s“ und Interimsgeschäftsführerin der beliebten Kneipe „no limits“ sowie der daran angeschlossenen Pension „Fiona“, sowie der Bauunternehmer Arno Brandner (Konrad Krauss), Ziehvater von Clarissas Sohn Jan.

Anfangs spielte die Serie vor allem auf Schloss Friedenau der Familie von Anstetten, das im Jahr 2001 durch das Gut Schönberg und Familie von Beyenbach abgelöst wurde, das seinerseits im Frühjahr 2004 durch Königsbrunn, den feudalen Landsitz der Familie von Lahnstein, ersetzt wurde. Von Anfang an war ein Großteil der Geschichten im Geschäftsleben angesiedelt: Neben dem Modelabel Ligne Clarisse, der Konkurrenzfirma Cara Donna und dem Textilkonzern Avatex ging es um das Auf und Ab in Elisabeth Brandners (Martina Servatius) Kosmetikfirma Ryan Cosmetics, Marie von Beyenbachs (Solveig Duda) Musiklabel Basic Beat Music BBM, der Baufirma Arno Brandner Bau, Sylvia Jones‘ (Heike Brentano) Filmproduktionsfirma Daylight Pictures, dem Medienkonzern Beyenbach Allmedia sowie der aus dem Traditionsunternehmen Lahnstein Bank entstandenen Lahnstein Holding.

Ebenso Thema der Endlosserie sind allerdings der WG-Alltag mit Müllrunterbringen sowie diverse Teenager-, Twen- und Thirtysomething-Probleme und -Problemchen. Nur niedere soziale Schichten sind deutlich unterrepräsentiert, nachdem man es im Anschluss an den Jan-und-Julia-Plot mal mit der Arbeiterfamilie Prozeski rund um Oma Erna (Ruth Brück) versucht hatte und die Einschaltquoten deutlich sanken. Und auch die Idee, es 2002 noch einmal mit einer Inzestliebesgeschichte – zwischen Marie und ihrem (vermeintlichen) Bruder Henning (Patrick Fichte) – zu probieren, floppte.  Dennoch gab es vier Jahre später einen weiteren Anlauf in dieser Richtung: Die Liebe zwischen Leonard von Lahnstein (Lars Korten) und Sarah Hofmann (Sina Valeska-Jung) ist schon verboten genug, weil er ein Graf und sie ein Dienstmädchen ist und zudem beide anderweitig liiert, doch dann finden auch sie heraus, dass sie Geschwister sind. 

Anders als andere deutsche Daily Soaps bestach Verbotene Liebe durch vergleichsweise differenzierte Charaktere und optisch hochwertige und detailfreudige Inszenierungen. Und nicht nur, als sich plötzlich herausstellte, dass beispielsweise die Zwillingsschwestern Jana (Friederike Sipp) und Nico Brandner (Verena Zimmermann) zwar dieselbe Mutter, aber verschiedene Väter hatten, schien durch die Drehbücher ein Hauch von ironischer Distanz zum Genre auf.

Schlagzeilen machte Verbotene Liebe, als der Darsteller des Henning von Anstetten, Markus Hoffmann, im Januar 1996 mit einem Sprung aus dem 28. Stockwerk eines Hochhauses in der Berliner Gropiusstadt Selbstmord beging. Die Rolle des Henning wurde von 1998 bis 2000 von Hendrik Martz und von 2000 bis 2002 von Patrick Fichte weitergeführt. Makabererweise starb Jahre später auch in der Serie Henning von Anstetten durch einen Sturz: Am Tag der Hochzeit mit Marie wird er von Mark Roloff (Carsten Spengemann) versehentlich von einem Turm gestoßen. Roloff selbst stirbt kurz darauf ebenfalls durch einen Sturz von ebendiesem Turm, als er (erfolgreich) versucht, Marie davon abzuhalten, sich dort hinunterzustürzen.

Spengemann hatte kurz zuvor die Moderation von Deutschland sucht den Superstar übernommen. Eine kurze Karriere außerhalb der Soap machte auch Christian Wunderlich, der als Frank Levinsky in der Serie den Titel „That’s My Way To Say Goodbye“ sang und damit unter eigenem Namen einen Top-Ten-Hit landete.

Das australische Vorbild „Sons and Daughters“ (1981–1987) lief nie in Deutschland, wurde aber auch in Schweden als „Skilda Världar“ (Getrennte Welten) und in Kroatien unter dem Namen „Zabranjena Ljubav“ (Verbotene Liebe) adaptiert. Die deutsche Version wurde zuerst RTL angeboten, wo man allerdings nicht an die Geschichte geglaubt hatte.

Ach ja: Und die in den Fluten vor Lanzarote verschollene Julia lebt angeblich seit Jahren gemeinsam mit ihrem geliebten Bruder Jan glücklich an einem unbekanntem Ort.

Brüder und Schwestern

Emergency Room. Extreme Activity. Das Model und der Freak. Nur drei vormals einigermaßen erfolgreichen ProSieben-Sendungen, die nach einem Wechsel des Sendeplatzes in die Nähe der Flopzone gerieten. Weil ProSieben der letzte Sender ist, dem man vorwerfen könnte, aus Fehlern gelernt zu haben, bekommen heute zwei weitere bisherige Erfolgsserien andere Sendeplätze: Desperate Housewives kommt nun mittwochs und schon um 20.15 Uhr, Grey’s Anatomy im Anschluss.

Den neuen Serienmittwoch komplettiert Brothers & Sisters, eine Serie, von der man zugeben muss, dass sie zumindest theoretisch einen ordentlichen Publikumsfluss gewährleisten müsste. Wer die beiden Serien vorher mag, wird auch an dieser Gefallen finden. Es ist die bewährte Mischung aus Gags und Geheimnissen, Intrigen und Schicksalsschlägen, Comedy und Soap, angeführt, wenn Sie genau hinsehen, von Calista Flockhart (bekannt als Ally McBeal), Rachel Griffiths (bekannt als Brenda aus Six Feet Under) und Sally Field (nun ja, eben Sally Field).

Die durchschnittliche Gagdichte ist angenehm, allerdings kommen die meisten Gags in der Pilotfolge schon in der ersten Viertelstunde, bevor es sehr seifig wird. Die reine Anzahl der Hauptdarsteller dieser Familienserie mit fünf Geschwistern, einer Mutter, einem Vater, einem Onkel und ein paar Lebensgefährten macht es auf Anhieb schwer, sie sofort zu unterscheiden, und dass alle Männer gleich aussehen (auch die, die gar nicht zur Familie gehören), beantwortet zwar die Frage, auf welchen Typ Mann die Casting-Direktorinnen Jeanie Bacharach und Gillian O’Neill stehen, erschwert den Überblick aber zusätzlich.

Den gleichen Typ Mann scheinen die Stimmberechtigten der Academy of Television Arts and Sciences zu mögen, die die beiden Damen für einen Emmy für das beste Casting nominiert haben.

Insofern wird zumindest, wer auf Männer steht, die wie eine Kreuzung aus Adam Brody und Rob Lowe aussehen, Freude an Brothers & Sisters haben. Ab Mitte der ersten Staffel kommt dann auch Rob Lowe persönlich dazu.

Brothers & Sisters, mittwochs um 22.15 Uhr auf ProSieben.

Michael, 5. September 2007, 06:52.
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