Oh Schreck, oh Kraus

Ich ziehe ja oft über ProSieben her. Das geschieht normalerweise, weil ProSieben so zuschauerfeindlich wie kein anderer Sender immer und immer wieder Serien urplötzlich absetzt oder verschiebt, die bis dahin noch nicht einmal die Chance bekommen hatten, ihr Publikum zu finden. Ich ziehe wesentlich seltener über ProSieben her, weil das Programm an sich so schlecht ist. Dafür gibt es nämlich nicht so viele Anlässe. Gerade im Comedybereich hat ProSieben einige der besten Reihen überhaupt im Sortiment. Das betrifft Lizenzware (Die Simpsons, Scrubs, Two And A Half Men) ebenso wie Eigenproduktionen (Switch Reloaded, Stromberg, Dr. Psycho).

Um es kurz zu machen: Die neue Sitcom Volles Haus gehört nicht dazu. Sie ist dümmlich, platt, unlustig und miserabel gespielt, und während ich mich in der ersten Hälfte lediglich extrem gelangweilt habe, wurde ich in der zweiten Hälfte regelrecht aggressiv. Und mehr möchte ich dazu eigentlich nicht schreiben, sonst werde ich es wieder.

Höchstens das noch: Als Star der Serie wird Sonya Kraus angepriesen. In der ersten Folge, die ProSieben als Presse-DVD verschickt hat, gibt es weder im Vorspann noch in der eigentlichen Episode eine Spur von Sonya Kraus. Aber wenigstens das macht ja nichts.

Volles Haus, sonntags um 17.30 Uhr auf ProSieben.

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Michael, 13. Januar 2008, 01:30.

Was kratzt es die Legende, wenn sie an sich kratzt?

Der Fernsehbezug kommt gleich. Erst kurz ein Kinohinweis: Wenn Sie Spaß mögen, ein Freund von Kurzweil sind und gern unterhalten werden, meiden Sie „I Am Legend“, den neuen Will-Smith-Film. Oh mein Gott, war das langweilig!

Jetzt der Fernsehbezug. Wenn Menschen um die 30 an der Kinokasse nach ihrem Personalausweis gefragt werden, weil der Film ab 16 ist, trägt die Schuld daran allein das Fernsehen! Nur weil in Serien wie Beverly Hills, 90210, Dawson’s Creek und O.C., California permanent Teenager von 30-jährigen Schauspielern gespielt werden, bekommen mittelalterliche Kassiererinnen den Eindruck, junge Menschen sähen tatsächlich so alt aus!

Parkverbot am Washington Square in New York im Herbst 2006
„Hier dürfen Sie nicht parken. Hier wird gerade ‚I Am Legend‘ gedreht. Der Film wird aber auch nicht spannender als dieses Schild.

Michael, 13. Januar 2008, 00:55.

Volles Haus

2008 (ProSieben). Dt. Sitcom.

Alltag und alte Witze mit den Bewohnern eines mehrstöckigen Hauses. Mittendrin die WG der Twens Emma (Anja Knauer), Vera (Ellen Schlootz), Dennis (Hendrik Borgmann), Mark (Tim Morten Uhlenbrock) und Tom (Toni Snetberger), einer hohler als der andere, darüber das Ehepaar Annette (Meike Schlüter) und Bernd (Michael Müller) mit den Töchtern Julia (Uta Kargel) und Mirja (Sarah Alles), und unten im Haus die Wirtsleute Holger (Matthias Komm) und Yvonne (Nina Vorbrodt) mit ihrem lästigen Stammgast Kurt (Tobias Kasimirovicz). Ebenso lästig wird Holgers Ex-Affäre Iris (Sonya Kraus), eine Flugbegleiterin, die aus rein sexuellen Gründen zu ihm zurück will.

Niveauloser Blödsinn, der kein noch so plattes Klischee auslässt und auf der spektakulär gefloppten österreichischen Serie Mitten im 8ten beruht. Er lief sonntags um 17.30 Uhr. Es war ungewöhnlich für ProSieben, noch vor dem Start der Serie gleich 30 Folgen bestellt zu haben. Dass die Serie dann trotzdem nach nur vier Folgen abgesetzt wurde, war wiederum völlig normal.

Dschungel statt Duschgel

Bata Illic, Björn-Hergen Schimpf, DJ Tomekk, Frau Herzsprung, Julia Biedermann, Eike Immel, Michaela Schaffrath, jemand, noch jemand und sogar noch jemand ziehen heute in den „Dschungel“. Jawohl, es ist soweit: RTL startet die dritte Staffel von Ich bin raus – macht mich wieder zum Star! Und mit ein bisschen Glück schwingen im Dschungel Tarzan und Jane vorbei und Sat.1 kann sich seine nächste Castingshow gleich sparen.

Programmhinweis:
Ich bin ein Blog — lies mich hier live!
Heute, hier, live ab 22.15 Uhr.

Michael, 11. Januar 2008, 07:22.

The Next Uri Geller

Seit 2008 (ProSieben). „Unglaubliche Phänomene live“. Talentshow mit Stefan Gödde.

Zehn Magiere, Hellseher, Gedankenleser, Mentalkünstler, Medien, Illusionisten etc. bemühen sich um die „Nachfolge“ von Uri Geller, dem bekannten Löffelverbieger. Das Prozedere folgt dem der klassichen Castingshow: Nacheinander führen alle vor, was sie können: Sie halten ihren Puls an, sprechen mit dem Jenseits und benutzen Formuliereungen wie „mentale Sendekräfte“. Eine Jury, die in diesem Fall allein aus Uri Geller besteht, beurteilt, und am Ende der Sendung entscheidet das Fernsehpublikum per Telefonabstimmung, wer in die nächste Runde kommt. Wer die wenigsten Stimmen erhält, fliegt raus. Einem Kandidaten kann Uri Geller vorab bereits Immunität gewähren und ihn so in jedem Fall in die nächste Sendung befördern. Der Gesamtsieger erhält den zweifelhaften Titel „The Next Uri Geller“ und 100.000 Euro. Zwischendurch führt Uri Geller auch ein paar Kunststückchen vor.

Sieger der ersten Staffel wurde Vincent Raven, der in einem albernen Umhang und in unverständlichem Gebrabbel mit seinem Raben Corax sprach und so Kontakt zum Jenseits aufnahm, was er durch inhaltsleere Allgemeinplätze bewies. Von allen Teilnehmern wirkte er am ehesten wie ein Scharlatan und hatte deshalb den Titel „The Next Uri Geller“ wohl am ehesten verdient. Der Zweitplatzierte Farid erhielt ein Jahr später seine eigene Show Street Magic mit Farid. Zur gleichen Zeit zeigte ProSieben eine neue Staffel von The Next Uri Geller, die nun aber floppte.

Die abendfüllenden Shows laufen dienstags um 20.15 Uhr.

Biegen und Brechen

Uri Geller versuchte sich an einem neuen Experiment. Zwischen den Auftritten seiner Gedanken lesenden, Puls anhaltenden und mit Raben sprechenden potenziellen Nachfolger in der neuen Talentshow The Next Uri Geller forderte er die Zuschauer zu Hause auf, kaputte Elektrogeräte vor dem Fernseher zu platzieren. Er würde sie reparieren, indem er auf Hebräisch bis drei zählt. Ein Zuschauer schrieb anschließend eine E-Mail ins Studio, sein DVD-Player funktioniere endlich wieder. Dieser Mensch hatte es gut, denn er konnte sich für den Rest des Abends statt dieser Sendung einen guten Film ansehen.

Doch The Next Uri Geller hatte alles, was große Abendunterhaltung vor dreißig Jahren hatte: Ein riesiges Saalpublikum, Bürgermeister in der ersten Reihe, den Hinweis an die lieben Kinder, die Experimente bitte nicht zu Hause nachzumachen, die Einblendung, dass sich die nachfolgenden Sendungen um einige Minuten verschieben, und Uri Geller. Zwei Dinge waren anders als vor dreißig Jahren: Es gab kein Saalorchester, das die Musik in der Show live spielte, es hätte sonst vermutlich Erschwerniszuschlag verlangt, denn wie die meisten heutigen Shows war auch diese komplett mit spannungsgeladener Musik unterlegt. Aber im Gegensatz zu den meisten heutigen Shows war sie stellenweise tatsächlich spannend. Welcher Trick es auch war, durch den der Karatekämpfer wusste, auf welche von fünf Papierzylindern er mit verbundenen Augen, der bloßen Hand und voller Wucht einschlagen konnte, ohne sich selbst das Messer in die Hand zu rammen, das sich unter einem der fünf Zylinder verbarg, es war aufregend anzusehen. Und das wäre es sogar gewesen, wenn ProSieben auf die Geschmacklosigkeit verzichtet hätte, mehrmals darauf hinzuweisen, dass das gleiche Experiment jüngst in Israel gescheitert sei und das entsprechende blutige Video wiederholt zu zeigen.

Ein Mann, den Uri Geller unentwegt Stefan nannte und bei dem es sich der Sage nach um Stefan Gödde handelt, moderierte die Show souveräner als man es von ProSieben-Showmoderatoren gewohnt ist, sollte aber offenbar anonym bleiben. Weder im Vorspann, noch im Abspann, noch per Einblendung zwischendurch gab es einen einzigen Hinweis darauf, wer dieser Moderator ist. Vielleicht nahm ProSieben an, nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Publikum säßen Gedankenleser.

Einige der Gedankenleser und Telepathen waren recht beeindruckend. Der prominente Gast Jürgen Vogel ließ sich mit einer Feder berühren, aber die unberührte Sonja Kraus spürte die Berührung. Ein Mann hielt für eine halbe Minute seinen eigenen Puls an. Ein Medium beschrieb mit verbundenen Augen Gegenstände, die ihr Partner im Publikum einsammelte. Und dann war der noch der Rabenvater, der in einer wenig geläufigen Sprache auf einen Raben einredete und vorgab, mit dem Jenseits sprechen zu können. Seine Auskünfte von dort waren so ungefähr wie das, was man sonst auf Kanal Telemedial oder anderen Astrokanälen hört. Als er Jürgen Vogel vorhersagte, er werde seine verstorbenen Angehörigen „in einem schönen Lichtkegel“ wiedersehen, klang das allerdings eher nach Home Shopping Europe, wo man den schönen Lichtkegel bestimmt sofort hätte bestellen können. Er faselte seinen Wischiwaschikram, redete sich um jede konkrete Aussage herum und bewies mit der Ansprache von Sonja Kraus als „Anja“, dass er nicht nur zum Jenseits, sondern auch zum Diesseits keinen echten Kontakt zu haben schien. Ausgerechnet er kam in die nächste Runde, der von allen Teilnehmern am ehesten wie ein Scharlatan wirkte. Aber vermutlich hat er aus genau diesem Grund den Titel „The Next Uri Geller“ am ehesten verdient.

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Michael, 9. Januar 2008, 13:23.

Öde an die Freude

„Sie befinden sich auf einer nicht digitalisierten Straße“, sagt das Navi, und damit ist klar, dass die Serie Mord mit Aussicht in der tiefsten Provinz spielt. Denn manchmal werden Wünsche ziemlich schnell erhört. Erst am Freitag rief ich zum Erhalt der Kleinstadtidyllserie als Genre auf, und schon heute ist es von allen Sendern ausgerechnet die ARD, die folgsam ist.

Eine Großstadtkommissarin wird in ein Eifelkaff versetzt. Hengasch. Voller Stolz erklären die Bewohner die Herkunft des Namens. „Wenn man die Gegend von oben betrachtet, sieht sie aus wie ein Hängearsch“. Ein Kaff, in dem die Großstadtkommissarin unterfordert zu sein droht. Hier geschehen keine Morde. Nur Selbstmorde.

Lediglich zwei unaufgeklärte Kriminalfälle gab es in den vergangenen vier Jahrzehnten. Sich an die noch einmal zu wagen, wäre Quatsch, die Dorfbewohner wissen eh alles besser. Das wäre wie Eulen nach Hengasch tragen. Die immer wieder im Baum auftauchende Eule als Leitmotiv übernimmt die Rolle, die der Elch in Ausgerechnet Alaska und der Waschbär in Men In Trees spielte: Das Symbol der Abgeschiedenheit, der Hängearsch der Welt.

Auf dem Land ist vieles anders.

„Der war wohl bei der Gilla, seiner Cousine.“
„Aber die Gilla ist doch seine Frau.“
„Sie wissen doch, wie das auf dem Dorf ist.“

Werden wir morgen eine Kollektivdemonstration der Aleviten mit den Eifelbewohnern erleben?

Bemerkenswert ist Folgendes: Sat.1 passiert es, dass aus formal ereignisreicher Handlung eine stinklangweilige Sendung wird, aber der ARD gelingt es, aus dem Thema Langeweile äußerst unterhaltsame 45 Minuten zu produzieren, was nur zum Teil daran liegt, dass der Schauspieler Bjarne Mädel aus seiner anderen Serie Stromberg ein bisschen peinliche Stille mitgebracht hat. Und das ist die Überraschung: Nach den ambitionierten, aber dennoch öden Familienkrimiversuchen Ein Fall für Nadja und Elvis und der Kommissar ist Mord mit Aussicht tatsächlich sehr kurzweilig. Da war man schon versucht, die ARD-Ankündigung, die erfolgreichste der drei Serien würde fortgesetzt, im Geiste umzuwandeln in: „Die am wenigsten peinliche werden wir vielleicht erst nächstes Halbjahr absetzen“, und dann kommt als dritter der drei Versuche eine inspirierte, originelle, witzige und schön gespielte Serie daher. Hoffentlich kommt sie noch öfter.

Mord mit Aussicht, montags um 20.15 Uhr im Ersten.

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Michael, 7. Januar 2008, 22:41.

Der Fischerstreit vom Bodensee

Ich habe den Tatort gestern nicht gesehen. Eigentlich also beste Voraussetzungen, sich darüber aufzuregen. So geht das doch, oder?

Drehen wir stattdessen an unserem Glücksrad, um festzustellen, welche Bevölkerungsgruppe sich diese Woche vom Tatort ungerecht porträtiert fühlt …. und das Los fällt auf….

Berufsfischer!

Glückwunsch. Die Aleviten wären stolz auf euch.

Wenn ich mal sehr viel Zeit habe, erkläre ich der Welt mal den Begriff „Fiktion“. Bis dahin frage ich mich, warum eigentlich nie die vielen Münchener Millionäre vor ihren Villen protestiert haben, als sie jede Woche bei Derrick und Der Alte als Mörder porträtiert wurden.

Michael, 7. Januar 2008, 17:52.

Mord mit Aussicht

Seit 2008 (ARD). Dt. Familienkrimiserie von Marie Reiners.

Die ehrgeizige Kölner Kommissarin Sophie Haas (Caroline Peters) wird in das Eifelkaff Hengasch versetzt, wo sie nicht nur unter den skurrilen Einwohnern ermitteln muss, sondern auch mit ihren skurrilen Kollegen Bärbel Schmied (Meike Droste) und Dietmar Schäffer (Bjarne Mädel). Dietmar lässt sich zu Hause von seiner Frau Heike (Petra Kleinert) und im Büro von seiner neuen Chefin anstandslos herumkommandieren. Sophie ist eigenwillig und hartnäckig, vor allem aber ist sie Großstädterin und mit dem Landleben kein bisschen vertraut. Das kommt schon noch. Sie wohnt mit ihrem Vater Hannes (Hans Peter Hallwachs) in etwas, das sie für eine provisorische WG hält. Ihr Amtsvorgänger Hans Zielonka (Michael Hanemann) mischt sich noch immer in alles ein, ignoriert Sophie dabei aber weitgehend – im Gegensatz zu seinem Sohn Andreas (Max Gertsch), der ein Auge auf sie geworfen hat. Er ist Kommissar in Koblenz und läuft Sophie deshalb auch manchmal dienstlich über den Weg.

Ebenso liebevoller wie bösartiger Schmunzelkrimi. Die 45-minütigen Folgen liefen zunächst montags um 20.15 Uhr, die zweite Staffel im Sommer 2010 dienstags.

Fahndungserfolg

Man verliert bei vielen Serien leicht den Überblick, wann sie eigentlich gezeigt werden, weil sie so oft verlegt werden. Bei Without A Trace – Spurlos verschwunden kommt erschwerend dazu, dass die Serie auch noch permanent den Sender wechselt. Eigentlich müsste Jack Malones Fahndungsdezernat genug damit zu tun haben, den eigenen Sendeplatz zu finden, doch tatsächlich bleibt noch ein wenig Zeit, vermisste Personen aufzuspüren.

Nun, nach ProSieben, Kabel 1 und Sat.1 ist die Serie jetzt mit neuen Folgen zurück bei Kabel 1, aber nicht mehr wie früher freitags, oder wie zuletzt donnerstags, oder wie ganz früher mittwochs, sondern montags um 20.15 Uhr. Diese Verlegung ins Gegenprogramm der Vox-Serie CSI:NY, die nicht nur an den meisten Montagen Zielgruppenmarktführer ist, sondern auch ein sehr ähnliches Publikum ansprechen dürfte, ist sicher nicht die beste Idee, die Kabel 1 je hatte, aber die treuen Zuschauer von Without A Trace werden ihre Serie schon finden. Sie haben ja Übung darin.

Michael, 7. Januar 2008, 06:29.
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