Ich sehe was, was du nicht siehst
An sich war es eine gute Woche für Freunde gelungener Drehbücher, guter Umsetzung, witziger Dialoge und talentierter Schauspieler. Gäbe es doch nur ein paar mehr dieser Freunde.
Die oft beschriene Krise der deutschen Serie ist noch immer Fakt. Und während man bei Publikumsbeleidigungen wie 3 ein Viertel, Volles Haus oder dem nach zwei Folgen abgesetzten iTeam eigentlich beruhigt sein konnte, dass sie beim Publikum komplett durchfielen, fragte man sich dennoch: Woher konnte das Publikum vorher wissen, wie mies diese Produktionen sein würden, wenn schon die Premiere kaum jemand sieht. Beängstigend wurde die Generalverweigerung deutscher Zuschauer gegenüber deutschen Serien, als in dieser Woche die ambitionierten, originellen und kurzweiligen Anwaltsserien Die Anwälte und Herzog schon zum Start scheiterten. Die Erstausstrahlung der Anwälte unterlag zum Beispiel deutlich der dreizehnten Ausstrahlung von „Kevin — Allein zu Haus“, diesmal auf Vox.
Zwar sind die Zielgruppenmarktanteile um 11 Prozent theoretisch ausbaufähig, wenn sich erst einmal herumspricht, wie schön diese Serien sind (immerhin konnte die ebenfalls schöne ARD-Serie Mord mit Aussicht ihre Zuschauerzahl in der zweiten Woche steigern), doch viel Grund zur Hoffnung gibt es nicht. Keine einzige deutsche Serie im Privatfernsehen, die in den vergangenen Jahren gestartet ist, gut oder schlecht, könnte man mit dem Begriff „Erfolg“ umschreiben.
Die Ratlosigkeit bei den Sendern muss groß sein. Egal, was sie produzieren, das Publikum lehnt deutsche Fiktion generell ab. Irgendwann wird der Punkt gekommen sein, und lang kann es nicht mehr dauern, an dem man den Sendern nicht einmal mehr einen Vorwurf machen kann, wenn sie einfach nur noch jeden Abend Dirty Dancing zeigen.