Guten Abend, Nachbarn
1971–1972 (ARD). Samstagabend-Quiz mit Hans-Joachim Kulenkampff.
Kulenkampff hatte zwei Jahre vor Beginn dieser Reihe das erfolgreiche Einer wird gewinnen aufgegeben, mit dem das neue Format gewisse Ähnlichkeiten aufwies: Fünf Kandidaten aus fünf Ländern müssen Fragen zu je einem Schwerpunktland beantworten, in der Premiere z. B. zu Frankreich. Zwischendurch gibt es Showblöcke und einen Auftritt von Martin Jente, der diesmal keinen Butler, sondern einen Autohändler spielt. Am Ende der Sendung werden bereits die Kandidaten der nächsten Sendung vorgestellt. Fernsehzuschauer zu Hause können dann per Postkarte auf den Sieger und seine Punktzahl tippen und eines von drei Autos gewinnen.
Um das Zuschauer-Gewinnspiel schon für die Premiere zu ermöglichen, wurden die Kandidaten einen Monat vorher in einer zehnminütigen Sondersendung vorgestellt. Maximal konnten die Kandidaten im Studio 70 Punkte erspielen und 7000 DM gewinnen, doch schon im Vorfeld spekulierte der Hessische Rundfunk, dass dies angesichts der kniffligen Fragen wohl niemandem gelingen werde. Kulenkampff überzog die erste Sendung um 33 Minuten. Wäre die damals bereits geplante Strafregelung für überzogene Minuten schon in Kraft gewesen, hätte dies den Hessischen Rundfunk 72 000 DM gekostet. Die zweite Sendung zum Thema Italien wurde deshalb schon im Vorfeld auf 105 statt 90 Minuten angesetzt.
Martin Jente wurde nach wenigen Sendungen wegen eines unkonzentrierten Haspelauftritts zum Sketchpartner am Telefon degradiert und dann ganz abgeschafft. Die gesamte Sendung ereilte letzteres Schicksal nach nur sieben Ausgaben, von denen Kulenkampff die letzte mit Vollbart moderierte. Vorher produzierte sie aber noch einen echten Skandal: Als Kulenkampff am 18. Dezember 1971 einen rumänischen Kandidaten raten ließ, wie viele Deutsche laut einer eigens angefertigten Emnid-Umfrage die Ostpolitik der Regierung begrüßten, kommentierte er die richtige Zahl (63 %) mit dem Satz: „Das Umfrageergebnis ist ein Weihnachtsgeschenk für den Bundeskanzler.“ CDU/CSU und konservative Presse entrüsteten sich, der hessische Oppositionsführer Alfred Dregger sagte: „Das ist der bisherige Höhepunkt der hessischen Fernsehkampagne gegen die CDU“, CSU-Politiker Richard Stücklen empörte sich in „Bild“, Kulenkampff habe „seine Sendung zu einer Regierungspropaganda benutzt“, „Bild“ selbst sprach von „Stimmungsmache für die SPD“ und „Schleichwerbung“. In einem „Hörzu“-Interview vor der ersten Sendung hatte Kulenkampff bereits prognostiziert: „Ich kann ja meinen Mund nicht halten. Sicher werde ich wieder vielen Leuten auf die Füße treten.“