1969–1970 (ZDF). 13-tlg. brit. Mysteryserie von Patrick McGoohan („The Prisoner“; 1967–1968).
Ein Geheimagent (Patrick McGoohan) wird von einer namenlosen Organisation entführt, weil er seinen Job an den Nagel gehängt hat. Er wacht in einem Ort namens „The Village“ auf. Er trägt ein blaues Sakko mit weißer Paspel und einem Button am Revers – darauf ein Hochrad mit einem Sonnenschirm und die Zahl 6. Er ist jetzt nur noch eine Nummer, wie alle anderen in diesem mysteriösen Ort auch. Niemand weiß, wer die Gefangenen sind und wer die Wärter. Ein total überwachter Ort, der einen abgeschlossenen Kosmos aus reiner Paranoia darstellt. Sein Gegenspieler ist Nummer 2, hinter der sich immer jemand anderes verbirgt. In jeder Folge versucht Nummer 2 erneut herauszubekommen, warum Nummer 6 den Dienst quittiert hat. Wenn er dieses Geheimnis preisgibt, dann wird er auch alles andere erzählen. Dabei werden alle Register gezogen: Täuschung durch eine falsche Liebhaberin, Drogen, Hypnose, Amnesie, Konfrontation mit einem Doppelgänger, der seinen Platz einnimmt, um ihn wahnsinnig zu machen, bis hin zu einem Körpertausch! Doch man hat die Rechnung ohne Nummer 6 gemacht – die Inkarnation des freien Willens. Nummer 6 widersteht allen Versuchen, und Nummer 2 muss jeweils gehen, weil er oder sie versagt hat. In der letzten Folge gelingt es Nummer 6, das System zur Implosion zu bringen und sogar Nummer 1 zu enttarnen. Es ist: Nummer 6.
Der verwegene Schluss, der den Zuschauergewohnheiten nicht entsprach, indem er keinen „bösen Oberschurken“ lieferte, führte in England bei der Erstausstrahlung zu einem solchen Sturm der Entrüstung, dass McGoohan Morddrohungen erhielt und mit seiner Familie auswanderte.
Gedreht wurde die Serie – außer im Studio – in dem walisischen Küstenort Portmeirion. Hier hatte sich der reiche Architekt Sir Clough Williams-Ellis im 19. Jahrhundert eine imaginäre Kleinstadt aus bizarren architektonischen Versatzstücken verschiedener Gegenden und Jahrhunderte bauen lassen. Die zeit- und ortlose Atmosphäre war der perfekte Hintergrund für Nummer 6. Noch heute pilgern jährlich Tausende von Fans hierher, halten die jährlichen „Prisoner“-Conventions ab und decken sich im Andenken-Laden mit Fanartikeln jeder Art ein.
Viele Spekulationen gab es darüber, ob McGoohan die Rolle des Agenten aus Geheimauftrag für John Drake, die er zuvor gespielt hatte, hier fortsetzte. Immerhin war auch Nummer 6 ein früherer Geheimagent, und sein Name wurde nie genannt. McGoohan selbst bestritt, dass es sich um Drake handele. Zumindest das Geheimnis um das Hochrad mit Sonnenschirm lüftete er in einem seiner wenigen Interviews – es sei eine tragische Karikatur darauf, dass der Mensch mit all seinem Streben nach Fortschritt und der Entdeckung des Unbekannten immer auch Sicherheit garantiert haben wolle. Einer von vielen menschlichen Widersprüchen und Abgründen in den Klüften zwischen Denken und Fühlen, die den Stoff für die Serie darstellten.
Jede Folge war eine Stunde lang. Das ZDF strahlte sie im Abstand von jeweils mehreren Wochen samstags gegen 23.00 Uhr aus.
Für viele Fernsehkritiker gilt Nummer 6 als eine der größten Leistungen des Mediums, die mit ihrer Rätselhaftigkeit und Originalität ein Phänomen produzierte, das höchstens noch mit Das Geheimnis von Twin Peaks vergleichbar ist. Vier besonders verstörende Folgen wurden in Deutschland nicht gezeigt.