1988 (RTL). Spielshow mit Björn-Hergen Schimpf, der den „härtesten Mann Deutschlands“ suchte.
2000 Kandidaten bewarben sich, von denen 64 dann die Ehre hatten, über Schlammpisten fahren, sich in Kiesgruben stürzen und in löchrigen Kanus einen Baggersee überqueren zu dürfen. In jeder Sendung wurden die Schwächlinge eliminiert, die Sieger durften erst gemeinsam ein Bier trinken und später gegen Gewinner der anderen Runden kämpfen, bis endlich der härteste Mann Deutschlands feststand. Lief nachmittags.
Karlchen ist eine rosafarbene Handpuppe mit norddeutschem Schnodderdialekt, Schlafzimmerblick, wirren weißen Haaren, gewaltigen Ohren und einer langen spitzen Nase. Direkt nach 7 vor 7 bzw. RTL aktuell gibt er live und ungefragt Kommentare zum Weltgeschehen ab — oder auch nur zu der Art, wie es gerade in den Nachrichten präsentiert worden ist. Bundesverteidigungsminister Stoltenberg nennt er einen „Schnullermund“, amerikanische Politiker „Laberheinis“ und Helmut Kohls Entwicklung vom Gegner der Ostverträge zum Wiedervereiniger einen „Treppenwitz“.
Stimme und Hände lieh der Figur Björn-Hergen Schimpf. Er beschrieb Karlchens Charakter so: „Frech, besserwisserisch gegenüber vor allen Dingen Prominenten, opportunistisch, immer scharf auf Mädels, aber typisch Maulhuber: Immer wenn sie in seine Nähe kommen, wird er ohnmächtig.“ Mal war er albern, mal sagte er zu aktuellen Entwicklungen die Sätze, die gesagt werden mussten, die sich aber kein Fernsehmensch zu sagen traute.
Nach sieben Jahren und 2500 Folgen musste Karlchen seinen Platz räumen. Schimpf führte das später darauf zurück, dass RTL bei seinem Bemühen, terrestrische Frequenzen zu bekommen, auf das Wohlwollen der Politiker angewiesen war, die sich regelmäßig über Karlchens Respektlosigkeiten beklagt hatten. Auch der zunehmenden Entwicklung vom Spaßsender zum Marktführer mit Informationskompetenz stand die Puppe vermutlich im Weg, die manchmal sekundenlang nichts tat, als vorwurfsvoll in die Kamera zu schauen und mit der einzigen Hand auf die Tischplatte zu klopfen.
Dennoch tauchte Karlchen immer wieder im Fernsehen auf, u. a. als ARD-Olympia-Kommentator 1996, RTL-Fußball-EM-Kommentator 2000 und inzwischen wieder regelmäßig bei RTL im Frühmagazin Punkt 6.
2000–2004 (Sat.1) Einstündiger Daily Talk vormittags um 11.00 Uhr mit Franklin Schmidt, der nur unter dem Namen Franklin auftrat. Er hatte zuvor Die 100.000 Mark Show bei RTL moderiert. Nur ein paar Wochen nach deren Absetzung startete er seinen täglichen Talk bei der Konkurrenz.
Meistens stritten sich Menschen, die sich kannten, zu Themen wie „Charakterschwein! Hör auf, dein Kind zu ignorieren“ oder „DNA-Test: Ich wünsche mir einen anderen Vater für mein Kind“ lautstark über ihr Privatleben, manchmal aber auch über das Privatleben anderer, so in der zweiten Sendung, die das Motto hatte: „Arbeitsloser, schäm dich!“ Der Titelzusatz „Deine Chance um 11“ wurde im April 2004 gestrichen, als die Sendung auf 10.00 Uhr vorverlegt wurde. Nur wenig später wurde auch der komplette Rest der Sendung gestrichen.
1998–2000 (Sat.1). Tägliche Vormittags-Talkshow mit nichtprominenten Gästen zu täglich wechselnden Themen.
Moderator Jörg Pilawa trat die Nachfolge von Johannes B. Kerner an, der zum ZDF gewechselt war. Wie sein Vorgänger und im größtmöglichen Kontrast etwa zu Andreas Türck moderierte er mit großer Gelassenheit und eher versöhnlich als provokant. Vor allem deshalb fiel Jörg Pilawa im Vergleich zu anderen Daily Talks nicht negativ auf, obwohl sich seine Themen kaum von ihnen unterschieden: „Mein Kind ist fett — Ich schäme mich so“, lautete das Motto der ersten Sendung. Es folgten u. a. „Frauen sind dümmer als Männer — Ich weiß es genau“, „Mein Kind schlägt mich“, „Oma und Opa, ich kann’s nicht glauben: Ihr habt noch Sex“ sowie „Sex ist alles, was ich von dir will“.
Die einstündigen Sendungen liefen um 11.00 Uhr. Nach zweieinhalb Jahren gab er seine Talkshow wieder auf, um fortan täglich — und jetzt live — Die Quiz Show zu moderieren. Seinen Talkplatz übernahm Franklin — Deine Chance um 11.
1993–1995 (ARD). Halbstündige werktägliche Call-In-Show mit Björn-Hergen Schimpf.
Schimpf gießt sich eine Tasse Kaffee ein und fordert die Zuschauer auf, anzurufen und mit ihm zu plaudern. Sie sollten ihm z. B. ihre schönsten Jugendstreiche erzählen.
Wenig erfolgreiche Sendung, die es aber immerhin auf rund 400 Folgen brachte und dann durch den noch erfolgloseren Rehmsen ersetzt wurde. Zu Sendebeginn um 14.00 Uhr zeigte eine Weltzeituhr die Uhrzeit quer durch die Metropolen der Welt. In Schmimpfs Heimatstadt Winsen an der Luhe war es meist noch 13.38 Uhr. Die Vorwahl lautete 02 21.
1995–1996 (ARD). Einstündige Kontaktshow mit Helmut Rehmsen.
Rehmsen stellt sehr seriös Menschen vor, die für Herz oder Hobby Gefährten suchen. Wer sich angesprochen fühlt, kann faxen, auf Anrufbeantworter sprechen, schreiben oder live in der Sendung anrufen. Einmal pro Woche nimmt ein Prominenter als Studiogast teil. Es gibt auch Studiopublikum, und wer als Zuschauer dort eine interessante Person sieht, kann ihr ein „Liebesfax“ schicken, das Rehmsen dann in oder nach der Sendung verteilt und manchmal vorliest.
Die Reihe lief montags bis donnerstags um 14.00 Uhr und war Teil der Talk-Offensive der ARD, in der zudem am Stück Juliane & Andrea und Fliege gesendet wurden. Sie wurde nach 100 Folgen durch Unterhaltungsserien ersetzt, weil keiner zuguckte.
1996 (ARD). Nachmittagstalkshow mit Juliane Hielscher-Laudamus und Andrea Beckmanns.
Lief montags bis donnerstags um 15.00 Uhr und war Teil einer Talk-Offensive mit drei Stunden Talk am Stück: Rehmsen, Juliane & Andrea, Fliege. Die Damen überlebten Herrn Rehmsen knapp — ab dem Spätherbst liefen auf dem Sendeplatz Spielfilme für die Familie.
Ab 3. Mai 2009 (RTL). 115-tlg. mex. Telenovela nach Yolanda Vargas Dulché („Rubi“; 2004).
Rubi Pérez (Bárbara Mori) ist eine rücksichtsloses Mittelklasse-Mädel, das für ihren sozialen Aufstieg über Leichen geht. Sie verschmäht auch den einfachen Alejandro (Eduardo Santamarina), obwohl er sie doch wirklich liebt, und verführt stattdessen den reichen Héctor (Sebastián Rulli), der gerade Rubis beste Freundin Maribel (Jacqueline Bracamontes) heiraten wollte. Naja, und so weiter eben. Am Ende zieht das Luder doch noch ihre Lehren aus allem.
Mit dieser zweiten Seuche aus Mexiko innerhalb von nur acht Tagen kehrt RTL zum Genre der Telenovela zurück, das der Sender bereits in den 90er-Jahren reichlich bediente, ebenfalls mit Produktionen aus Mexiko wie Die wilde Rose oder Der Clan der Wölfe. Mexikanische Telenovelas unterscheiden sich von deutschen in der Regel dadurch, dass sie in Mexiko erfolgreich sind. Darüber hinaus sind sie meistens deutlich brutaler. Das ideale Programm also für den Sonntagvormittag. Genau da versteckt RTL die Serie, die zuvor schon beim Pay-TV-Sender Passion lief.
1997–2001 (Sat.1). Werktägliche einstündige Talkshow mit Sonja Zietlow.
Zietlow stellte von ihrem Platz im Publikum aus fast so harte Fragen wie Birte Karalus, produzierte aber deutlich weniger Skandale und trotzdem, vor allem anfangs, sehr hohe Quoten. Zu den krasseren Themen gehörten „Ihr seid doch der Abschaum unserer Gesellschaft“ und „Ich werde dein Leben zerstören wie du meines“ (beide 1999). Nicht ganz untypisch für ihre Sendung war die Szene in der Sendung „Sonja hilf mir! Ich habe keine Freunde“, in der die Putzfrau Ellen auftrat, die klagte, dass sie auf offener Straße als Hure beschimpft werde. Nun natürlich nicht nur auf offener Straße, sondern auch im Fernsehen. Der Debattenbeitrag einer Bekannten namens Uschi lautete: „Du verlogenes Dreckstück, wenn du schon dein Maul aufmachst! Alles, was du erzählst, ist nur Scheiße. Der Dreck auf der Straße ist mehr wert als du.“ Weitere Äußerungen wurden vom Sender mit Pieptönen unkenntlich gemacht.
Wegen der Sendung „Hilfe, mein Kind schlägt mich“ vom 25. April 1997 verhängte die rheinland-pfälzische Landesmedienanstalt ein Bußgeld in Höhe von 100 000 DM gegen Sat.1. „In der Sendung wurde ein ca. elfjähriges Mädchen als Talkgast von der eigenen Mutter, vom Studiopublikum und auch von der Moderatorin angegriffen und sichtlich in die Enge getrieben“, hieß es in der Begründung. Ein Gutachten einer Pädagogik- und Psychologieexpertin habe ergeben, dass die Sendung Kinder und Jugendliche beeinträchtige. Die Medienwächter ermahnten die Sender daraufhin „nachdrücklich“, ihrer Pflicht zur „verantwortlichen Programmgestaltung“ nachzukommen.
Sonja füllte die Mittagslücke und ermöglichte es dem deutschen Fernsehpublikum erstmals, werktags sechs Stunden Daily Talk am Stück zu sehen, von 11.00 bis 17.00 Uhr auf RTL, Pro Sieben und Sat.1. Rund 800 Ausgaben liefen mittags um 13.00 Uhr, dann verließ Zietlow — bei gesunkenen, aber immer noch verhältnismäßig ordentlichen Quoten — Sat.1, um das Quiz Der Schwächste fliegt bei RTL zu moderieren. Ihren Talkplatz übernahm Britt.
1999–2000 (Sat.1). Talkshow mit dem aufgedrehten Amerikaner Ricky Harris, den man noch deutlich schlechter verstand als seine tiefsten Dialekt sprechenden Gäste.
Ricky! startete am gleichen Tag wie Oliver Geissen, was ihm aber auch kein Glück brachte. Sein revolutionäres Versprechen vor dem Start lautete: „Bei Ricky! werden Menschen wie Menschen behandelt.“ Entdeckt worden war er als Verkäufer beim Einkaufssender H.O.T., wo er Lamadecken nicht wie läppische Lamadecken behandelte, sondern wie attraktive, flauschige, unentbehrliche Wesen.
Bei einer Aufzeichnung von Ricky! im Herbst 1999 wurde eine Freiwillige mit einem glühenden Eisen „gebrandet“ — sie brach zusammen und musste ärztlich behandelt werden. Die Aufzeichnung wurde abgebrochen und die Sendung nie gezeigt, doch der Fall brachte Sat.1 riesige Schlagzeilen („Bild“ titelte: „Folter-TV“) und eine Ermahnung der Landesmedienanstalten ein: „Es kann nicht sein, dass alles, wofür sich ein Mensch finden lässt, um es vor der Kamera zu tun oder zu ertragen, auch zum Gegenstand von Sendungen werden muss.“ Die verantwortliche Redakteurin wurde abgemahnt und versetzt.