Ulrich Meyer: Einspruch!

1992–1994 (Sat.1). Einstündige Streitshow mit Ulrich Meyer.

Bei RTL hatte Meyer bereits die Krawall-Diskussionsrunde Explosiv — Der heiße Stuhl moderiert. Seine neue Sendung beim neuen Sender folgte dem gleichen Konzept, nur nicht mit der Verteilung eine(r) gegen vier, sondern drei gegen drei, die sich in einer Art Kampfarena in der „Kulturbrauerei“ in Berlin Prenzlauer Berg gegenüberstanden und zu kontroversen Themen aufeinander einbrüllen durften. Meyer selbst blieb nicht mehr scheinbar neutral, sondern bezog ebenfalls Stellung. Zum Wort „Einspruch“ gehörte übrigens jedes Mal eine handkantenschlagartige Geste, mit der Meyer auf die Kamera zu oder zwischen die Kontrahenten ging.

Meyer, Erfinder des „Brüllfernsehens“ in Deutschland, hatte zum Start „Deutschlands härtesten TV-Streit“ versprochen und gesagt: „Das Wort ‚Talk‘ ist für mich gestrichen.“ Er erwarte auf den Zuschauerrängen „Volksmasse, die tobt“, es gehe um „alles, was uns Deutsche bewegt“. Am 23. April 1992 lud er den damaligen Chef der Republikaner, Franz Schönhuber, in die Sendung, der sich mit Politikern wie Norbert Blüm einen Schreikampf lieferte.

Am 27. August 1992 machte Meyer die ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Rostock zum Thema der Live-Sendung. Dazu lud er nicht nur Rostocker Bürger ein, die er mehrmals fragte, wer von ihnen geklatscht habe (als Rechtsradikale dort ein Wohnheim von Vietnamesen in Brand setzten), sondern auch den Hamburger Neonazi Christian Worch, dessen Auftritt allerdings von Autonomen verhindert wurde. Am 29. Oktober 1992 fand eine Sendung mit der Rechts-Rockband Störkraft statt, die durch ein massives Polizeiaufgebot geschützt werden musste und deren Auftritt aus Sicherheitsgründen bereits nachmittags aufgezeichnet wurde, was Meyer in der Sendung allerdings verschwieg.

Nach der Sendung vom 15. Juni 1993 zum Thema rechte Gewalt und der Legitimation von Gegengewalt, bei der ebenfalls Polizei anwesend war, griffen mehrere türkische Teilnehmer der Sendung zwei deutsche Teilnehmer an. Für Aufsehen sorgte auch die Sendung vom 14. September 1993, in der ein minderjähriger, offensichtlich unter Drogen stehender Strichjunge fünf Tage vor der Hamburger Bürgerschaftswahl einen grünen Politiker als seinen Freier bezeichnete, ein Vorwurf, den er später zurücknahm, auf dem die Einspruch-Redaktion aber weiter beharrte. Der „Spiegel“ bezeichnete Einspruch als „TV-Volksgerichtshof“.

130 Ausgaben liefen zunächst donnerstags, später dienstags um 22.00 Uhr. Dann hatte Meyer nach insgesamt sechs Jahren (inklusive Der heiße Stuhl) genug von dem Gebrüll und moderierte Die Menschen hinter den Schlagzeilen, Akte und die Nachrichten 18:30.

Die Menschen hinter den Schlagzeilen

1995 (Sat.1). Wöchentliche einstündige Talkshow mit Ulrich Meyer, in der er nichtprominente Menschen begrüßte, die plötzlich in die Schlagzeilen geraten waren, meist in die der „Bild“-Zeitung. Wie die 18-jährige Christiane, die angeblich die neue Geliebte von Harald Juhnke war, oder der siebenjährige Phillipp, der an Silvester von einem Baugerüst begraben worden war. Meist stellte sich heraus, dass die Menschen hinter den Schlagzeilen mit denen in den Schlagzeilen identisch waren. Gebrüllt wurde zur Abwechslung (Ulrich Meyer: Einspruch!) mal nicht, spannend war es aber auch nicht.

Mensch Ohrner!

1998–1999 (ZDF). Nachmittagstalkshow mit Thomas Ohrner.

Mensch Ohrner sollte eine saubere öffentlich-rechtliche Konkurrenz zu den privaten Daily Talks werden, also versuchte Produzent Frank Elstner einfach, Schmuddel und Krawall aus dem üblichen Format herauszunehmen, musste aber feststellen, dass dann nichts mehr drin ist. „Nette Menschen plaudern in mittlerer Zimmerlautstärke über mehr oder weniger belanglose Themen“, beschrieb die „Berliner Zeitung“ das Konzept, „von derart wohlig gedämpftem Unterhaltungswert, dass man sogar ungestört ein Buch lesen oder auch ein Nickerchen machen kann.“

„Glück gehabt“ hieß das Thema der ersten Sendung, zu Gast war, unter anderem, ein netter Schornsteinfeger. Pech gehabt, nach nicht einmal einem Jahr war Schluss.

Mallorca live

1995 (ARD). Einstündige Infotainmentshow mit Björn-Hergen Schimpf und Jörg Hafkemeyer mit der typischen Sommermischung aus Sonne, Strand und Spaß, mit Gewinnspielen, prominenten Gästen und ein paar Infos über Land und Leute.

Drei Wochen lang lief die Show im Sommer 1995 direkt aus Mallorca jeden Werktagnachmittag, eine Woche zuvor hatte sich das Team bereits täglich im Morgenmagazin gemeldet.

IQ-DenkSport

1996 (ZDF). Kurzlebiges Quiz mit Björn-Hergen Schimpf. Drei Kandidaten werden nicht nur auf Allgemeinbildung und Spezialwissen getestet, sondern vor allem auf logisches und schnelles Denken.

Sechs halbstündige Sendungen liefen donnerstags abends.

Einladung zu Schimpf

1993 (ARD). Kurzlebige Samstagabendshow mit Björn-Hergen Schimpf und Gästen, aber ohne wirkliche Idee. Zumindest ohne eigene. Schimpf überrascht ahnungslose Fernsehzuschauer in ihren Wohnzimmern und erfüllt Herzenswünsche.

Euroklops

1993 (WDR). Halbstündiges Nonsensquiz mit Björn-Hergen Schimpf.

Eine Jury prüft Publikumskandidaten auf ihre „Eurotauglichkeit“. Im Rahmen der Tests werden Fotos gezeigt, die Klischees europäischer Länder darstellen. Der Gewinner erhält einen „Euroklops“. Die musikalische Untermalung kommt von Nandor, der kleinsten Bigband der Welt.

Zehn Folgen liefen im WDR, Wiederholungen zeigte die ARD Anfang 1994 samstags nachmittags.

Dritte Halbzeit

1999 (RTL). 45-minütige Comedyshow mit Björn-Hergen Schimpf. Schimpf talkt mit einem sechsköpfigen Promi-Team über Sportler und sportliche Ereignisse. Dabei sammelt die Runde Punkte für vom Aussterben bedrohte Sportarten.

Stammgäste waren Hella von Sinnen und Willi Thomczyk, die anderen Gäste wechselten. Produzenten der Sendung, die donnerstags um 23.15 Uhr lief, waren Marc Conrad und Hugo Egon Balder. Als Vorbild dienten die in Großbritannien unglaublich beliebten Panel-Shows, bei denen Prominente um die Wette raten und spielen und das alles nicht so ernst nehmen. Den Deutschen war das einigermaßen fremd. Dritte Halbzeit floppte, erst Genial daneben — Die Comedy-Arena schaffte Jahre später einen Erfolg mit einem Format aus diesem Genre.

Björns Welt

1997 (Vox). Reisequiz mit Björn-Hergen Schimpf, das meistens samstags um 20.15 Uhr lief.

Quasineuauflage von Ein Tag wie kein anderer, das Schimpf jahrelang auf RTL moderiert hatte: Zwei Zweierteams spielten gegeneinander und mussten Fragen zu kurzen Filmreportagen aus dem Zielland beantworten oder Fehler finden. Wegen kaum messbarer Quoten war nach zwölf Ausgaben Schluss.

Ein Tag wie kein anderer

1984–1993 (RTL). Beliebtes Reisequiz, das RTL nach Jahren im Radio ins Fernsehen brachte.

Zwei Teams aus je zwei Kandidaten treten gegeneinander an. Jede Sendung hat ein Urlaubsziel als Thema. In der ersten Runde müssen die Spieler dieses Ziel mit Joysticks auf einer Karte ansteuern. Danach geht es in mehreren Runden um kurze Filmberichte, in denen ein Reporter vor Ort das jeweilige Land oder die Stadt vorstellt und kuriose Geschichten erzählt. Die Kandidatenteams müssen aus verschiedenen Antwortmöglichkeiten die richtige auswählen, entscheiden, ob eine Behauptung wahr oder falsch ist, und bei einem längeren „Film mit Fehlern“ so schnell wie möglich auf den Buzzer drücken, wenn ein Bild zu sehen ist, das nicht zum Zielort gehört. In dieser Runde gibt es Extrapunkte, wenn die Kandidaten darüber hinaus noch sagen können, woher die Aufnahme tatsächlich stammt. Die beiden Mitglieder des Siegerteams spielen in der Schlussrunde gegeneinander um eine Reise zu dem vorgestellten Ort. Sie müssen dazu fünf Fragen beantworten, die sich wieder auf kurze Reportagen beziehen.

Ein Tag wie kein anderer war etwas bedächtig, aber unterhaltsam und informativ und wurde zur langlebigsten Show in der Anfangszeit des Privatfernsehens. Sie lief zunächst, gerade mal 20 Minuten lang, sonntags um 18.15 Uhr. Noch im gleichen Jahr wurde die Sendezeit auf eine Stunde verlängert. 1985 erhielt die Show den festen Sendeplatz um 19.05 Uhr, den sie bis zum Schluss behielt und auf dem sie ein Dauerbrenner wurde, obwohl sie innerhalb von neun Jahren sechs Moderatoren verschliss. Den Anfang machte Thomas Wilsch, er präsentierte 200 Sendungen bis 1988. Für jeweils ein paar Monate folgten Werner Schulze-Erdel und Jochen Pützenbacher, der bereits die Radioversion moderiert hatte. Ab 1989 moderierte Björn-Hergen Schimpf, bis Herbst 1991 im Wechsel mit Susanne Kronzucker, dann allein, insgesamt 150-mal. Bei erster Gelegenheit gab RTL bekannt, dies sei mit 490 000 Zuschauern das erfolgreichste Reisequiz im Fernsehen. Später wurde RTL Marktführer und hätte solche Zahlen als Flop betrachtet, doch es wurden ja noch ein paar Zuschauer mehr. Schimpf wechselte Ende 1992 zur ARD, Ulli Potofski übernahm noch für ein halbes Jahr. Die Reihe brachte es auf 426 Ausgaben.

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