Ein Duke kommt selten allein

1988–1990 (Sat.1); 1992–1993 (Kabel 1). 147-tlg. US-Comedy-Abenteuerserie von Gy Waldron („The Dukes Of Hazzard“; 1979–1985).

Die Cousins Luke (Tom Wopat), Bo (John Schneider) und Daisy Duke (Catherine Bach) leben gemeinsam mit ihrem Onkel Jesse (Denver Pyle) in Hazzard County. Sie sind ständig auf der Flucht vor dem dortigen Sheriff Rosco Coltrane (James Best) und liefern sich im Auto wilde Verfolgungsjagden mit ihm, an denen sie jedoch großen Spaß haben. Das Auto ist ein 1969er Dodge Charger mit einer großen „01“ auf der Seite und heißt „General Lee“. Am Steuer sitzt meistens Bo, der mal Testfahrer für Rennautos war und deshalb den General am besten beherrscht. Fast immer bietet sich die Möglichkeit, mit dem Wagen irgendwo drüberzuspringen, stets begleitet von einem spitzen Freudenschrei.

Bo ist der stürmische Frauenheld, der oft vorschnell handelt und dem der ältere Luke dann aus der Klemme helfen muss. Sexy Daisy hat als Einzige einen Job, sie arbeitet im Boar’s Nest, einer Kneipe, die dem korrupten Politiker Jefferson Davis „Boss“ Hogg (Sorrell Booke) gehört, ein fieser Kerl im weißen Anzug mit weißem Hut und Zigarre im Mund. Er kann die Dukes nicht ausstehen und versucht dauernd, ihnen etwas anzuhängen, um sie ins Gefängnis zu bringen, weil sie immer wieder seinen krummen Geschäften auf die Spur kommen. Der tölpelhafte Sheriff ist deshalb der Sheriff, weil er der Schwager vom Boss ist. Sein Deputy ist Enos Strate (Sonny Shroyer), zwischendurch vorübergehend Cletus Hogg (Rick Hurst), ein Cousin vom Boss.

Onkel Jesse ist ein ehrenwerter und angesehener Mann, der einen weißen Bart hat, meistens eine rote Mütze trägt und eine Whiskeybrennerei betreibt. In der fünften Staffel ziehen die Cousins Coy (Byron Cherry) und Vance Duke (Christopher Mayer) für eine Weile bei ihm ein, nachdem Bo und Luke Hazzard County verlassen haben, um Rennfahrer zu werden. Noch in der gleichen Staffel kehren sie aber zurück, und die anderen verschwinden wieder. Der Mechaniker Cooter Davenport (Ben Jones) hat die ehrenwerte Aufgabe, den dauerlädierten General wieder herzurichten.

Das Flair der Serie entstand durch die besondere Mischung aus Action und Slapstick, dummen Gesichtern und dummen Sprüchen mit einer ganz eigenen Logik: „Burt Reynolds hat sich nie verfahren.“ – „Ja, weil er einen Schnauzer trägt.“ Ein Off-Erzähler führte durch die Geschichten (in der amerikanischen Originalversion war das Countrysänger Waylon Jennings, der auch das Titellied sang). Eigentlicher Star war das Auto der Dukes, das bei den wilden Fahrmanövern während der Dreharbeiten so sehr beschädigt wurde, dass für jede Folge drei neue Dodges verwendet werden mussten. Insgesamt wurden im Lauf der Serie 300 solcher Dodges zu Schrott gefahren. Als die Produzenten jedoch glaubten, das Auto allein könne die Serie auch ohne die Hauptdarsteller tragen, wurden sie eines Besseren belehrt. Tom Wopat und John Schneider hatten nach der vierten Staffel im Streit um Gehälter und Gewinnbeteiligungen gekündigt, und die beiden Neuen waren ins Spiel gekommen. Innerhalb weniger Monate erkannten alle Seiten ihren Fehler. Die Einschaltquoten waren stark gesunken, und Wopat und Schneider hatten auch keinen besseren Job gefunden. Also kehrten sie zu verbesserten Konditionen zurück, und ihre Ersatzmänner waren in der entsprechenden Folge noch vor der ersten Werbepause wieder verschwunden.

Es wurde nie erläutert, wo genau Hazzard County liegt, es wurde nur auf „östlich des Mississippi und südlich des Ohio“ eingegrenzt. Die Verwandtschaftsverhältnisse (nur Cousins und Onkels, keine Geschwister und Eltern) und der Klang der Namen (Daisy Duke) erinnern jedoch stark an Entenhausen.

Die einstündigen Folgen liefen im Nachmittagsprogramm.

Mini Playback Show

1990–1998 (RTL). Einstündige Abendshow, in der Kinder zu Musik-Playbacks die Lippen bewegen und dabei angezogen und geschminkt sind wie der Star, dessen Song sie imitieren. Eine mit drei Prominenten besetzte Jury bewertet die Auftritte der Kinder und kürt am Ende einen Sieger.

Die Holländerin Marijke Amado moderierte die erfolgreiche Show jahrelang an wechselnden Sendeplätzen zur Primetime, erst montags und dann donnerstags jeweils um 20.15 Uhr, dann sonntags um 19.10 Uhr und ab 1995 freitags um 20.15 Uhr, gab die nette Tante, plauderte mit den Kleinen, ließ sie in ihrem „Mini-Lädchen“ die richtige Garderobe für den nachfolgenden Auftritt aussuchen und schickte sie dann durch die „Zaubertür“, aus der sie im gleichen Moment unter Puff und Rauch wieder kostümiert heraustraten – das Wunder der Aufzeichnung machte den Trick möglich. Kein Prominenter in der Jury gab nach dem Auftritt eine wirkliche Bewertung ab, alle schwärmten nur, wie toll und professionell das gerade war, und dass aus dem Kind bestimmt mal ein großer Star werde. Am Ende mussten sie aber dennoch urteilen, wer nun der Beste war. Die Zusammensetzung der Jury wechselte, viele kamen jedoch regelmäßig. In der Anfangsphase waren das vor allem Roberto Blanco, Heidi Brühl und Hansi Kraus, später Menschen wie DJ Bobo und Ingo Schmoll.

Als Amado hörte, dass sie die Show an eine jüngere Moderatorin abgeben müsse, habe sie „sehr geweint“, sagte sie der Presse. Ab September 1998 wurde die Pop-Sängerin Blümchen (Jasmin Wagner) als Moderatorin eingesetzt, hatte aber keinen Erfolg. RTL setzte die Sendung noch im gleichen Jahr nach insgesamt 126 Ausgaben mit der Begründung ab, sie entspreche nicht mehr dem Zeitgeist.

In den Anfangsjahren war die Show arg in der Kritik. Vor allem der Kinderschutzbund beanstandete die „aufreizende Darstellung“ der Kinder und bezeichnete die Show als eine „Mischung aus Kindertümelei und Schlüpfrigkeit“. Kritisiert wurde auch, die Kinder würden durch lange Proben überfordert und der kindliche Charme durch den Drang zur Perfektion zerstört. Dies war jedoch der Faktor, der die Show zumindest für Menschen, die selbst keine kleinen Kinder sind oder haben, ansehbarer machte als beispielsweise Kinderquatsch mit Michael.

Kinderquatsch mit Michael

1991–2003 (ARD). Unterhaltungsshow für Kinder mit Michael Schanze. Schanze unterhält sich mit Kindern zwischen vier und sechs Jahren, stellt sie auf ein kleines Podest, schwitzt, lässt sie Kinderlieder vorsingen, begleitet von einem Pianisten am Flügel, und spielt mit ihnen. Nebenbei bringt Schanze ihnen wichtige Verkehrsregeln bei, und zwischendurch treten auch richtige Sängerinnen und Sänger mit richtigen Liedern auf.

Die Reihe lief erfolgreich am Samstagnachmittag, erst 45 Minuten, ab Herbst 1993 eine halbe Stunde lang, und blieb auch im Programm, nachdem Schanze hauptberuflich wieder zum ZDF gewechselt war. Die Show adaptierte das französische Format „L’école des fans“, weshalb es 2003 zur Verhandlung einer Plagiatsklage vor dem Bundesgerichtshof kam, weil niemand gefragt hatte, ob er das Konzept überhaupt haben dürfe. Der BGH urteilte, das Format als solches sei „kein schutzfähiges Werk“, und die deutschen Sendungen unterschieden sich ausreichend vom Original, denn sie „würden von einem anderen Moderator geleitet und hätten ein nach Anordnung, Ausstattung und farblicher Gestaltung anderes Bühnenbild. (…) Die für den Erfolg der Sendung maßgebende schöpferische Leistung liege in der ganz eigenen, spontanen Einfällen folgenden Gesprächsführung des Moderators.“ Schanze stellte Fragen wie: „Wo kommst du her?“, „Was sind deine Hobbys?“ und „Was macht Papi?“

Nach der letzten Sendung im November 2003 liefen noch längere Zeit Wiederholungen.

Pointman

1996 (ProSieben). 23-tlg. US-Krimiserie von Maurice Hurley und Joel Surnow („Pointman“; 1994–1995).

Der Börsenmakler Connie Harper (Jack Scalia) hat unschuldig im Gefängnis gesessen. Nach seiner Entlassung hilft er anderen Menschen, die ebenfalls ohne eigenes Verschulden in Schwierigkeiten geraten sind, damit wenigstens sie ihr Recht bekommen. Seine eigene Unschuld ist inzwischen bewiesen, und er hat eine saftige Entschädigung vom Staat bekommen, von der er sich einen Strandclub gekauft hat. Vivian (Sandra Thigpen) managt den Club für ihn, das Ex-Model Jennifer Ellis (Kathy Trageser) arbeitet dort.

Mit Pointman erlebte Hauptdarsteller Jack Scalia immerhin eine ganze Staffel, nachdem in den 1980er Jahren gleich fünf seiner Serien gefloppt waren, darunter auch Wolf, wo er schon einmal jemanden gespielt hatte, der unschuldig einer Straftat beschuldigt wurde. Serienerfinder Joel Surnow gelang später ein großer Erfolg mit dem Echtzeit-Thriller 24.

Die einstündigen Folgen liefen samstags nachmittags und wurden in Deutschland viele Male wiederholt.

Wolf

1993 (RTL2). 11-tlg. US-Krimiserie von Sam Peckinpah und Rod Holcomb („Wolf“; 1989–1990).

Nach zwei Jahren in der Versenkung taucht Ex-Polizist Tony Wolf (Jack Scalia) wieder auf, und endlich zweifelt Staatsanwalt Dylan Elliott (Nicolas Surovy), der damals wegen einer vermeintlichen Drogensache für das Ende von Wolfs Polizeikarriere sorgte, an seiner Schuld. Als Wiedergutmachung beschäftigt er ihn als Privatdetektiv. Wolf lebt auf einem alten Hausboot, hat einen alten italienischen Vater namens Sal (Joseph Sirola) – der eigentliche Familienname ist Lupo, der italienische Begriff für Wolf – sowie eine platonische Jugendfreundin Connie Bacarri (Mimi Kuzyk), die eine Tochter Angie (J.C. Brandy) hat.

Kaum ein Darsteller spielte in den 1980er und 90er Jahren so viele Serienhauptrollen wie Jack Scalia. Das spricht jedoch nicht für ihn. Die Zeit dazu hatte er nur, weil alle Serien frühzeitig floppten und eingestellt wurden, darunter Tequila & Bonetti, Berrengers und Ich will Manhattan. Diese hier auch. Einige andere erreichten nicht einmal genug Episoden, um außerhalb der USA ausgestrahlt zu werden. In Pointman spielte Scalia später erneut jemanden, der unschuldig einer Straftat beschuldigt wurde, und erlebte immerhin eine ganze Staffel.

Die Pilotfolge hatte Spielfilmlänge, alle weiteren waren eine Stunde lang und liefen dienstags zur Primetime.

Alle unter einem Dach

1995–1998 (ProSieben). 204-tlg. US-Sitcom von William Bickley und Michael Warren („Family Matters“; 1989–1998).

Die schwarze Familie Winslow lebt in einem Vorort von Chicago. Vater Carl (Reginald VelJohnson) ist Polizist, aber zu Hause hat seine Frau Harriette (JoMarie Payton; ab Mitte der 9. Staffel: Judy Ann Elder) die Hosen an. Ihre Kinder Eddie (Darius McCrary) und Laura (Kellie Shanygne Williams) sind Teenager, Judy (Jaimee Foxworth) ist die Jüngste. Auch Carls Mutter Estelle (Rosetta LeNoire) lebt mit im Haus. Rachel Crawford (Telma Hopkins) ist Harriettes verwitwete Schwester, Richie (Bryton McClure) deren Sohn. Die größte Aufmerksamkeit zieht der Nachbarsjunge Steve Urkel (Jaleel White) auf sich, er fällt schon durch seine schrille Stimme, seine übergroße Brille und die hässlichen Hosen mit den Hosenträgern auf. Vor allem Carl geht Urkel mit seinen immer absurderen Erfindungen auf den Geist, die regelmäßig Chaos und Zerstörung verursachen („War ich das etwa?“). Dabei ist der Bursche hochintelligent, gleich es aber durch seine Tollpatschigkeit aus. Urkel ist in Laura verliebt, die jedoch nichts von ihm wissen will. Auch als sich Myra Monkhouse (Michelle Thomas) in Urkel verliebt, hat dieser nur Augen für Laura. Als Urkels Eltern das Land verlassen, zieht er bei den Winslows ein. Macht kaum einen Unterschied, er war ja sowieso dauernd da. Judy wohnt inzwischen nicht mehr zu Hause (sie war ohne Erklärung aus der Serie verschwunden). Eddies Freund Waldo Faldo (Shawn Harrison) geht bei Winslows ebenfalls ein und aus. Am Ende finden Urkel und Laura doch noch zueinander und verloben sich.

JoMarie Payton trug zu Beginn der Serie noch den Namen JoMarie Payton-France, in späteren Folgen hieß sie JoMarie Payton-Noble. Sie hatte die Rolle der Harriette Winslow bereits in der Serie Ein Grieche erobet Chicago gespielt, gab sie aber kurz vor Ende ihrer eigenen Spin-off-Serie an Judy Ann Elder ab. Die Figur des Steve Urkel kam in den ersten 11 Folgen der Serie gar nicht vor und wurde dann als Nebenrolle eingeführt. Nach und nach rückte Urkel immer mehr in den Mittelpunkt und wurde der unangefochtene Star der Serie. Santiago Ziesmer war seine deutsche Stimme. Die 11 Folgen ohne ihn hat Pro Sieben nie gezeigt, sie waren nur im digitalen Pay-TV-Sender DF1 zu sehen. Alle anderen halbstündigen Folgen liefen am Vorabend.

Ein Grieche erobert Chicago

1990–1991 (Pro Sieben); 1995–1996 (Super RTL). 150-tlg. US-Sitcom („Perfect Strangers“; 1986–1993).

Balki Bartokomous (Bronson Pinchot) kommt aus Griechenland in die USA und zieht bei seinem Cousin Larry Appleton (Mark Linn-Baker) ein. Das bringt dessen bisher so geordnetes Leben gehörig durcheinander, denn der Neuankömmling lernt mit großen Augen das neue Land kennen, begreift es aber nicht immer sofort. Ihre neuen Nachbarinnen sind Mary Anne (Rebecca Arthur) und Jennifer Lyon (Melanie Wilson). Die Cousins finden bald Jobs bei der Zeitung „Chicago Chronicle“, Larry als Reporter und Balki in der Poststelle. Bei der Zeitung arbeiten ferner Mr. Gorpley (Sam Anderson), Balkis Boss, Hariette Winslow (JoMarie Payton-France), die den Fahrstuhl bedient, sowie die Lebensberaterin Lydia Markham (Belita Moreno).

Belita Moreno spielte ihre Rolle als Lydia erst ab der zweiten Staffel, in der ersten hatte sie bereits eine andere Rolle gespielt. JoMarie Payton-France stieg vorzeitig aus und wechselte in die Serie Alle unter einem Dach, spielte dort aber weiter die Rolle der Harriette Winslow. Die Serie lief zunächst im Mittagsprogramm von Pro Sieben und wechselte nach Folge 60 zu Super RTL.

Unser Sandmännchen

Seit 1959 (DFF, Dritte, Ki.Ka). Fünfminütige Gute-Nacht-Sendung für Kinder kurz vor 19.00 Uhr. Eine freundliche Puppe mit Zipfelmütze, weißen Ziegenlederstiefeln, weißen Wollhaaren und einem ebensolchen Spitzbart kündigt den Kindern eine kurze Geschichte an, streut ihnen dann Schlafsand aus einem Säckchen in die Augen und fährt wieder davon.


Fotos: rbb

Die Figur des Sandmännchens geht auf die Märchen der Brüder Grimm zurück, in denen es als klein, bärtig und mit spitzer Zipfelmütze beschrieben wurde, sowie auf das Märchen vom „Sandmann“ von Hans Christian Andersen. Dort heißt es eigentlich „Ole Lukøje“ („Ole Augenschließer“). Schon seit 1954 gab es im DDR-Hörfunk eine ähnliche Sendung mit einer Gute-Nacht-Geschichte und der ständig gleichen Ansage: „Der Sandmann ist da!“ Das DDR-Sandmännchen wurde unter großer Eile entwickelt, weil im Herbst 1959 bekannt wurde, dass der SFB an einem Sandmann als Identifikationsfigur für Kinder arbeitete (Das Sandmännchen). Der DFF-Programmdirektor gab die Devise aus: „Wir müssen der ARD zuvorkommen!“ und: „Wie ihr Sandmann auch aussehen mag, unserer muss anziehender sein!“ Gerhard Behrendt, künstlerischer Leiter der Puppentrickabteilung im Berliner Trickfilmstudio, erfand daraufhin die Figur, die ab 22.11.1959 die Geschichten des Abendgruß umrahmte, mit dem die Kinder bereits seit 08.10.1958 täglich ins Bett geschickt wurden. Im Gegensatz zum West-Sandmännchen sah das aus dem Osten eher wie ein Kind aus, nicht wie ein Greis, und hatte einen Kinnbart. Ähnlichkeiten mit Staatsoberhaupt Walter Ulbricht sollen allerdings reiner Zufall gewesen sein. Die Figur war 24 Zentimeter groß und wurde per Stop-Trick animiert. Das Sandmännchen kam immer mit unterschiedlichen Fortbewegungsmitteln: mit dem Fahrrad, der Eisenbahn, einem Traktor, dem Schlitten der Eskimos, einem Mondmobil, einer Draisine, einer Kürbiskutsche, in der Mäuse saßen, einem fliegenden Teppich und sogar einem Panzer. Ausgerechnet zwei Tage, nachdem eine Familie im September 1979 mit einem Heißluftballon aus der DDR geflüchtet war, erschien auch das Sandmännchen mit einem solchen Verkehrsmittel – das gab Ärger, und dieser Sandmann-Film kam auf den Index.

Der Sandmann wurde geliebt und verehrt. 1978 nahm der erste deutsche Kosmonaut Sigmund Jähn ihn zur Orbitalstation Salut 6 mit, wo er eine Woche lang die Erde umkreiste. Er bekam höchste Auszeichnungen von Walter Ulbricht und Erich Honecker und einen Brief von Papst Johannes Paul II., der das Sandmännchen seit seiner Zeit als Krakauer Erzbischof liebte. Die Filme wurden auch ins Ausland verkauft. In Schweden heißt der Sandmann John Blund, in Finnland Nukku Matti. Als ein Jahr nach dem Ende der DDR auch der Deutsche Fernsehfunk eingestellt wurde, sollte dies gleichzeitig das Ende für das Ost-Sandmännchen bedeuten. Er lief zum letzten Mal dort am 31.12.1991. Nach massiven Zuschauerprotesten wurde die Figur jedoch beibehalten und in den Dritten Programmen und später im Ki.Ka fortgeführt. Das West-Sandmännchen war bereits 1989 eingeschläfert worden. Das Sandmännchen profitierte davon, dass es zwar ein Nationalsymbol der DDR war, aber abgesehen von ein paar Besuchen bei der NVA kaum zu Propagandazwecken missbraucht worden war, und wurde einer der ganz wenigen Wendegewinner im Osten.

Das Titellied schrieben Walter Krummbach (Text) und Wolfgang Richter (Musik). Es wird von einem Kinderchor gesungen und geht so: „Sandmann, lieber Sandmann, es ist noch nicht so weit. Wir senden erst den Abendgruß, ehe jedes Kind ins Bettchen muss, du hast gewiss noch Zeit.“ Die zweite Strophe lautet: „Sandmann, lieber Sandmann, hab nur nicht solche Eil. Dem Abendgruß vom Fernsehfunk lauscht jeden Abend alt und jung. Sei unser Gast derweil.“ Diese Strophe entfiel nach dem Ende der DDR – entweder um Zeit zu sparen, oder weil das Wort „Fernsehfunk“ zu sehr an den seligen „Deutschen Fernsehfunk“ erinnerte. Hinterher wird wieder gesungen, diesmal heißt der Text: „Kinder, liebe Kinder, das hat mir Spaß gemacht. Nun schnell ins Bett und schlaft recht schön. Dann kann auch ich zur Ruhe geh’n. Ich wünsch euch: Gute Nacht!“ Für Tage mit Ereignissen wie dem Tod von Walter Ulbricht 1973 gab es einen Vor- und Abspann ohne Lied.

Die eigentlichen Gute-Nacht-Geschichten erzählt der Abendgruß. Anfangs wurde er von Figuren wie Till Eulenspiegel, Clown Ferdinand und Mensch-Puppen-Paaren wie Bärbel (Bärbel Ola-Möllendorf) und Kasparek, Annemarie (Annemarie Brodhagen) und Brummelchen, Rolf (Wolfgang Hübner) und Reni und Taddeus Punkt (Heinz Fülfe) und Struppi bevölkert. Zu den bekanntesten Figuren gehören der freche Kobold Pittiplatsch und die Ente Schnatterinchen, die, wie viele andere Sandmann-Charaktere, aus der Reihe Zu Besuch im Märchenland stammten (siehe dort). Später kamen der Hund Moppi, Herr Fuchs und Frau Elster, Mauz und Hoppel, Frau Igel und ihr Borstelchen sowie der Wasserkobold Plumps, ein entfernter Verwandter von Pittiplatsch, hinzu. Außer Stücken mit den verschiedensten Arten von Trick- und Hand-Puppen gab es auch kurze Dokumentarfilme. Ab den 80er Jahren wichen sie Märchenwelten. Moderne Stars der Gute-Nacht-Geschichten sind u.a. Kleiner König, Paula und Paula, Die obercoole Südpolgang, Pondorondo, Rabe Socke, Lola Langohr und Miffy und Kalli. Die aus dem Westen bekannten Geschichten mit den Schweinen Piggeldy und Frederick wurden nach der Wende in diesem neuen Gesamt-Sandmännchen beibehalten.

Das Sandmännchen

1959–1989 (ARD, Dritte). Fünfminütige Sendung, in der Kindern, kurz bevor sie ins Bett müssen, noch einmal kurze Bildergeschichten gezeigt werden, die ihnen eine freundliche Puppe mitbringt: das Sandmännchen.

Die erste Figur war eine Handpuppe von Johanna Schüppel, die nach einer Idee von Ilse Obrig entwickelt worden war. Inspiriert wurde Obrig dazu durch den Abendgruß im DFF, der damals noch ohne Sandmann auskam und seinerseits auf die DDR-Radiosendung „Abendlied“ zurückging, die wiederum von Obrig erfunden worden war. Als im DFF bekannt wurde, dass im SFB an einer Sandmann-Figur gearbeitet wurde, setzten die Mitarbeiter alles daran, schneller zu sein als die West-Kollegen. Tatsächlich kamen sie ihnen mit Unser Sandmännchen gut eine Woche zuvor und gingen schon am 22.11.1959 auf Sendung. Der West-Sandmann tauchte erstmals am 01.12.1959 auf – allerdings nicht, weil man langsamer arbeitete, sondern weil die Sendung ohnehin erst für die Vorweihnachtszeit vorgesehen war.

Das bekannteste Sandmännchen der Bundesrepublik wurde 1962 von Herbert K. Schulz entwickelt. Er war ein Greis mit Kinnbart, der auf einer Wolke lebte und die Filme mit den Worten ankündigte: „Nun liebe Kinder, gebt fein acht, ich hab’ euch etwas mitgebracht.“ Auch die Verabschiedung war immer gleich: „Auf Wiederseh’n. Und schlaft recht schön.“ Das dazugehörige von Kindern gesungene Lied ist von Kurt Drabek (Musik) und Helga Mauersberger (Text): „Kommt ein Wölkchen ahangeheflogen, schwebt herbei ganz sacht, und der Mond am Hihimmehel droben hält derweil schon Wacht. Abend will es wieder werden, alles gehet zur Ruh, und die Kinder auf der Erden machen bald die Äuhäuglein zu. Doch zuvor von fern und nah ruft’s: Das Sandmännchen ist daaaa.“


Foto: rbb

Richtig glücklich scheint man im Westen mit seinen verschiedenen Sandmännern nicht gewesen zu sein. 1966 versuchte der WDR, den Ost-Sandmann zu kaufen und entwickelte, als das DDR-Fernsehen trotz der verlockenden Devisen ablehnte, einen „Sandmann International“: Eine tanzende und singende Samson-ähnliche Figur, in der eine kleine Frau steckte. Anfang der 80er Jahre entstanden eine ganze Reihe neuer Sandmann-Figuren.

Eine der frühen und beliebtesten Serien, die das Sandmännchen mitbrachte, war „Hilde, Teddy, Puppi“, gespielt von der Augsburger Puppenkiste gemeinsam mit der ersten deutschen Fernsehansagerin Hilde Nocker. Die Puppenkiste lieferte viele hundert weitere Folgen verschiedener Serien. Langlaufende Reihen waren außerdem u.a. „Die Wawuschels“, eine grünhaarige Sippe mit Vater, Mutter, Opa, Onkel und den Kindern Wischel und Wuschel, die in einem dunklen Berg leben, den sie mit ihren Haaren beleuchten, in Eintracht mit ihrem Hausdrachen und in Zwietracht mit dem grimmigen Mamoffel und den Zazischels, und die sich von Tannenzapfenmarmelade ernähren; „Piggeldy und Frederick“, eine Legetrickserie mit einem kleinen und einem großen Schwein, in der das kleine (Piggeldy) seinen großen Bruder Frederick zu allen möglichen Alltagssituationen ausfragt und Frederick alles mit abnehmender Geduld beantwortet (der Off-Sprecher schloss jede Folge mit den Worten: „Und Piggeldy ging mit Frederick nach Hause“), sowie „Cowboy Jim“; „Trixi Löwenstark“; „Käpt’n Smoky“, „Der kleine Pirat“ und „Der Tierbabysitter“.

Das Sandmännchen lief im regionalen Vorabendprogramm ungefähr um 19.00 Uhr. Es erreichte nie die Beliebtheit seines ostdeutschen Vetters und wurde noch vor der Wende unauffällig eingestellt, weil Kinder für das kommerziell orientierte Vorabendprogramm der ARD als Zielgruppe uninteressant waren. Ohnehin hatten verschiedene ARD-Sender das Sandmännchen schon seit längerer Zeit nur noch in ihrem dritten Programm gezeigt.

Zu Besuch im Märchenland

1955–1991 (DFF). Beliebte halbstündige Kindersendung am Sonntagnachmittag.

Meister Nadelöhr (Eckart Friedrichson), eine Variante des Tapferen Schneiderleins, erzählt Märchen und singt lustige Lieder, die er auf seiner „Zauberelle“ begleitet. Anfangs hieß die Reihe Meister Nadelöhr erzählt Märchen. Zunächst waren außer ihm noch andere „Große“ im Märchenland zu Gast, darunter der Postbote „Meister Briefmarke“ und der beliebte Clown Ferdinand (Jiri Vrstala). Vor allem aber lebten darin Puppen. Einer der ersten war der Bär Bummi, der zwei Jahrzehnte später auf Reisen ins sozialistische Ausland ging und dafür seinen sowjetischen Vetter Mischka ins Märchenland schickte. Eine frühe Bewohnerin war 1957 auch die artige Ente Schnatterinchen, die erst fünf Jahre später ihren Partner finden sollte, mit dem sie zu einem der berühmtesten Duos der DDR wurde: Mit einem Postpaket kam Pittiplatsch in die Schneiderstube, ein frecher Kobold, der Streiche spielte und Sprüche wie „Ach du meine Nase“ und „Platsch-Quatsch!“ machte. Weil übereifrige Pädagogen sich – völlig zu Recht – sorgten, dass Kindern dieses völlig inakzeptable Verhalten gefallen könnte, verbannten sie Pittiplatsch nach zwei Auftritten aus der Sendung und holten ihn erst nach massiven Zuschauerprotesten Heiligabend 1962 in entschärfter Form zurück. Pittiplatsch und Schnatterinchen traten – oft zusammen mit dem Hund Moppi – auch in Hunderten Ausgaben von Unser Sandmännchen auf, in denen auch die anderen Bewohner des Märchenwaldes häufig zu sehen waren. Erfinderin von Pittiplatsch war die Kinderbuchautorin Ingeborg Feustel, gespielt wurde er, wie viele andere Figuren, von Heinz Schröder; Schnatterinchen wurde von Friedgard Kurze geführt und gesprochen.

Ende der 50er Jahre zogen Herr Fuchs und Frau Elster in den Märchenwald, wo sie sich wie ein altes Ehepaar zankten und immer wieder versöhnten. Sie wurden wohl auch deshalb zu Stars, weil sie sich durch ihre ewigen Streitereien von den vielen artigen Bewohnern abhoben. Fuchs und Elster waren auch bei Erwachsenen so beliebt, dass sie zusammen je einmal das Tele-Lotto und die Samstagabendshow Ein Kessel Buntes moderieren durften. Weitere Bewohner des Märchenwaldes waren u.a.: Kater Mauz und Häschen Hoppel, Frau Igel („nuff, nuff, nuff!“) und ihr Sohn Borstel, Putzi, das Eichhörnchen, die kleine Maus Pieps und der große Hund Schnuffel, der als Detektiv arbeitet, sowie der Maulwurf Buddelflink und dessen Freundin, die Maus Gertrud.

Die Figuren waren außerordentlich beliebt und erschienen auf Schallplatten, in Büchern und Spielen und als Plüschfiguren. Zum Tag des Kindes 1964 gab die DDR eine Briefmarke mit Pittiplatsch heraus. Das Titellied schrieben Wolfgang Richter (Musik) und Walter Krumbach (Text). Es beginnt: „Ich komme aus dem Märchenland, schnippel-die-schnappel-die-Scher’!“

Nach dem Tod von Friedrichson 1976, der nur 46 Jahre alt wurde, gab es zunächst keinen Gastgeber im Märchenland, erst 1978 erschien Fabian (Klaus-Peter Plessow). Plessow wurde westdeutschen Zuschauern Jahre später durch die Fielmann-Werbung bekannt. Meister Nadelöhr und seine Freunde reisten auch quer durch das Land und traten in Städten und Dörfern auf. Nach der Wende, als keine neuen Folgen mehr gedreht wurden, besann sich das Team darauf und ging mit Pittiplatsch, Schnatterinchen und den anderen und den Original-Puppenspielern auf Tournee durch Theater, Kindergärten und Hallen.

1995 erschienen mehrere Singles und eine LP der „Sandmann’s Dummies“, auf denen Dialoge zwischen Pittiplatsch und Schnatterinchen sowie Fuchs und Elster neu zusammengeschnitten und mit Disco-Beat unterlegt worden waren (Schnatterinchen: „Ich blase… ah!“ – Pittiplatsch: „Und zwar ganz dufte… hehe!“). 

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