Sportschau
1961 (ARD 2); seit 1961 (ARD). Heiliges Sportmagazin am Wochenende mit Berichten über Handballländerspiele der Frauen, Amateurstraßenrennen, Rudern, die Europameisterschaft der Sandbahnfahrer und Trabrennen, nach dem Ende der Sommerpause auch über Fußball.
Die Sportschau hatte ihre Premiere am 4. Juni 1961, mitten in der fußballfreien Zeit. Die oben genannten Themen waren der Inhalt dieser ersten Sendung, die von Ernst Huberty moderiert wurde. Das ZDF gab es damals noch nicht, dennoch war die Sportschau nicht konkurrenzlos. Sie lief anfangs im Zweiten Programm der ARD, das es bis zum Start des Zweiten Deutschen Fernsehens gab, und zwar sonntags um 21.30 Uhr. Um 22.45 Uhr wurde die halbstündige Sendung im Ersten wiederholt. Nach neun Wochen kamen Ausschnitte aus Fußballspielen hinzu, das erste Spiel war Altona 93 gegen Tasmania Berlin. Die Bundesliga war noch nicht gegründet. Noch im gleichen Jahr wurde der Sendeplatz im Ersten auf 19.30 Uhr vorverlegt. Die zusätzliche Ausstrahlung in ARD 2 fand weiterhin statt.
Zur Reportermannschaft der ersten Stunde gehörten neben Huberty Adolf „Adi“ Furler, Günther Siefarth, Dieter Adler, Sammy Drechsel, Herbert Zimmermann, Heinz Eil, Harry Valérien, Armin Basche, Wim Thoelke, Rolf Kramer, Kurt Lavall, Gerd Krämer und Oskar Klose (einige von ihnen gründeten zwei Jahre später Das aktuelle Sport-Studio im ZDF). Zustande kam die Sendung auf Initiative von Robert Lembke, dem damaligen Sportkoordinator der ARD. Gesendet wurde aus Köln, verantwortlich war der WDR-Sportchef Hugo Morero.
1963 wurde die Fußballbundesliga gegründet, am 3. April 1965 gab es die Sportschau erstmals samstags mit sehr ausführlichen Bundesligaberichten, jetzt 45 Minuten lang. Sendebeginn war 17.45 Uhr, zeitgleich mit dem Schlusspfiff in den Stadien, wo die Spiele damals noch um 16.00 Uhr begannen. Um eine zeitnahe Ausstrahlung der Berichte zu ermöglichen, wurden Hubschrauber und Motorradkuriere eingesetzt, die während der Spiele mehrfach das bis dahin gedrehte Material ins nächstgelegene Funkhaus transportierten, wo es entwickelt und geschnitten wurde. Mit der Bundesliga wurde die Sportschau zur Instanz. Deutsche Männer durften am frühen Samstagabend nicht gestört werden. Um keinen Preis. Überliefert ist die Geschichte des Sportschau-Mörders: Ein Mann erdrosselte seine Frau im Affekt mit einem Staubsaugerschlauch, nachdem sie während der Sportschau direkt neben dem Fernseher angefangen hatte zu saugen.
Die Sportschau zeigte jeweils Ausschnitte aus drei, maximal vier Spielen, die schon im Vorfeld als „Spitzenspiele“ festgelegt worden waren. In den anderen Stadien waren gar keine Kameras, was zur Folge haben konnte, dass die langweiligen oder torlosen Spiele gezeigt wurden, während in den anderen Partien die Post abging. Die Ergebnisse der übrigen Spiele wurden lediglich vermeldet, die Tabelle gezeigt, dann folgte meistens noch ein Ausschnitt aus einem Zweitligaspiel, anschließend Kurzberichte über die weiteren Sportereignisse des Tages: Handball, Volleyball, Basketball, Rhythmische Sportgymnastik, Tischtennis, Schwimmen, Reiten. Wenn Adi Furler auftrat, konnten Pferde nicht weit sein.
Der Beginn der Samstagssendung wurde noch mehrmals um einige Minuten hin- und hergeschoben, befand sich aber immer in unmittelbarer Nähe zu 18.00 Uhr. Ab 1971 war die Sportschau auch wieder sonntags da, weitere Ausgaben folgten am Freitagabend mit den Berichten über die Freitagsspiele der Fußballbundesliga sowie an weiteren Werktagen in den „englischen Wochen“, wenn auch dienstags und mittwochs gespielt wurde. 1971 erfand Huberty das „Tor des Monats“, das fortan einmal im Monat sonntags aus mehreren Vorschlägen von den Fernsehzuschauern per Postkartenabstimmung gewählt wurde.
Huberty, Furler und Adler blieben über Jahrzehnte Aushängeschilder der Samstagsausgabe, es kamen noch Werner Zimmer und Hans-Joachim Rauschenbach dazu, in den 70er-Jahren Eberhard Stanjek und Klaus Schwarze und in den 80er-Jahren Heribert Faßbender, Jörg Wontorra, Manfred Vorderwülbecke und Gerd Rubenbauer. Huberty musste 1982 wegen einer ungeklärten Spesenaffäre gehen, Faßbender wurde sein Nachfolger. Furler trat erst 1995 nach 5000 Sendungen (inklusive Sonntags- und Wochenendausgaben) ab.
Der lange Zeit unverrückbare Status der Sportschau drohte zum ersten Mal 1988 ins Wanken zu geraten. Das Privatfernsehen begann sich für die immer teurer werdenden Rechte an der Fußballbundesliga zu interessieren, und RTL startete seine eigene Fußballshow Anpfiff, die jedoch nur über einen Teil der Erstausstrahlungsrechte verfügte und der Sportschau nichts anhaben konnte, die ebenfalls weiterhin bewegte Bilder zeigte. Erst 1992 wurde die Sportschau – was Fußball anging – bedeutungslos: Sat.1 hielt jetzt die Erstausstrahlungsrechte exklusiv und setzte der Sportschau eine große Show namens ran entgegen, in der erstmals alle Spiele gezeigt wurden.
Das, was von der Sportschau übrig geblieben war, vermeldete nun schon wenige Minuten nach Spielende die Ergebnisse und zeigte später einige Standbilder. Andere Sportarten rückten zwangsläufig wieder in den Vordergrund. Während dieser zuschauerarmen Phase geschah das Unglaubliche: Eine Frau moderierte die Sportschau! Es war das Jahr 1999, und vor Anne Will hatte dies tatsächlich keine Frau tun dürfen. Auch die Zeit von Waldemar Hartmann als Moderator fiel in diese Phase. Um den berühmten Sendetitel am Leben zu erhalten, wurden nun Live-Übertragungen sportlicher Ereignisse unter dem Titel Sportschau live oder Sportschau extra gesendet.
2003 wurden Sat.1 die Rechte zu teuer, und die Bundesliga kehrte zurück ins Erste und damit in die komplett modernisierte, jetzt 90‑minütige Sportschau, die eher wie ein leicht überarbeitetes ran als wie eine generalüberholte Sportschau wirkte. Als Moderatoren wechselten sich jetzt Gerhard Delling und Reinhold Beckmann ab, ab 2004 auch Monica Lierhaus. Beckmann und Lierhaus hatten bereits ran moderiert.
Auch in der ARD gab es nun alle Spiele des Tages, dazu Statistiken, Gewinnspiele, Interviews, plakative Überschriften („Die Abrechnung!“) und Werbepausen. Im Verhältnis zur Gesamtsendezeit nahmen die Fußballberichte jedoch einen höheren Stellenwert ein als zuvor in Sat.1. Die Zuschauer dankten es der ARD, der Erfolg kehrte zurück, die Einschaltquoten der Sportschau übertrafen die der letzten Jahre von ran problemlos.