Mit Doktor Martinist das ZDF ins Mürrische-Ärzte-Geschäft eingestiegen. Angesichts des gigantischen Erfolgs von Dr. Houselag der Verdacht nahe, das ZDF wolle mit einer schnellen Kopie auf den Zug aufspringen, doch dieser Verdacht zerschlug sich schon in den ersten Sekunden: Kühe. Kühe symbolisieren in deutschen Serien immer die Provinz, und die Provinz muss in deutschen Serien nur dann symbolisiert werden, wenn sie im Kontrast zur Historie der Hauptfigur steht. So hat Doktor Martin mehr von Allein unter Bauern als von Dr. House: Ein ehemals erfolgreicher Großstädter zieht aufs Land. Dort fühlt er sich so fremd wie Ein Bayer auf Rügen, kümmert er sich als Landarztum eigenwillige Dörfler, hat eine ebenso faule wie inkompetente Sprechstundenhilfe wie der mürrische Becker, kann dann aber doch allein durch kurzen Anblick Diagnosen so schnell erstellen wie Dr. House.
Aus so vielen verschiedenen Serien erkennt man Elemente wieder, dass man unmöglich unterstellen kann, Doktor Martin sei von einer einzigen konkreten Serie inspiriert oder adaptiert worden.
Außer natürlich von der britischen Serie „Doc Martin“, deren Originaldrehbücher sie verwendet.
Der amerikanische Late-Night-Moderator Jimmy Kimmel und seine Freundin Sarah Silverman haben sich nach fünf Jahren getrennt. So weit, so uninteressant, aber eine schöne Gelegenheit, die ollen Kamellen vom Jahresanfang aufzuwärmen, als Sarah Silverman Matt Damon f***te.
Die Geschichte war die: Lange hatte Kimmel den Running Gag breitgetreten, in seiner täglichen Late Night Show Jimmy Kimmel Live immer wieder Matt Damon als Gast anzukündigen, dann aber am Ende der Show „überraschend“ keine Zeit mehr für ihn übrig zu haben. Als Kimmels Freundin, die Komikerin Sarah Silverman, die bei Comedy Central eine eigene Personality-Show hat, Anfang des Jahres Gast in Kimmels Show war, führte sie ein Musikvideo vor, in dem sie offenherzig und fröhlich einen Seitensprung gestand.
Wer jetzt eine schmutzige Beziehungsschlacht statt Comedy erwartet, irrt.
Einen Monat später rächte sich Jimmy Kimmel an allen Beteiligten mit einem eigenen Video.
Wer nicht alle Gastauftritte mitbekommen hat, kann es ja gleich noch einmal schauen und u.a. auf Brad Pitt, Robin Williams, Harrison Ford, Meat Loaf, Cameron Diaz und Huey Lewis achten.
Vanity Fair wählte für seine Berichterstattung über die Trennung des Paares die denkbar naheliegendste und zugleich mutigste Überschrift:
Der Bericht endet mit den Worten:
Sprecher für Matt Damon und Ben Affleck gaben keinen Kommentar zur Trennung. (In erster Linie, weil sie nicht gefragt wurden.)
Second Chance war eine Sitcom mit Matthew Perry im Herbst 1987. Sie wurde nach kurzer Zeit abgesetzt und nie in Deutschland gezeigt, geistert aber seit gestern wieder durchs Internet (ich habe es in der Huffington Post entdeckt), weil in der Eröffnungsszene der Pilotfolge Muammar al-Gaddafi vor Petrus tritt, der ihn in die Hölle schickt.
Als Gaddafis Todesjahr wird 2011 eingeblendet.
Kein Wunder, dass die Serie floppte. Sie war ihrer Zeit weit voraus.
Dem Problem, dass der Altersdurchschnitt seiner Zuschauer rasant auf das obere Ende der werberelevanten Zielgruppe zusteuert, begegnet RTL mit pubertärem Humor. Als habe eine repräsentative Studie ergeben, dass gerade junge Zuschauer möglichst uninspiriert unterhalten werden wollen, packt RTL noch eine Sketchcomedy und noch eine Versteckte-Kamera-Show aus, die so tun, als würden sie sich vom bisherigen Marktangebot unterscheiden.
In Geile Zeit geht es um alle Licht- und Schattenseiten des Teenager-Lebens, und zwischen den gewöhnlichen Sketchen gibt es immer wieder kurze Szenen, in denen ähnlich einem Musical der gesprochene Text durch bekannte Lieder ersetzt wird, zu denen die Darsteller die Lippen bewegen und durch die sich eine Art Dialog ergibt. Das ist originell und manchmal sogar ganz witzig, wenn die Englisch-Kenntnisse zum Textverständnis ausreichen. Insgesamt ist die Reihe nicht der Rede wert, doch sie mag ein gutes Sprungbrett für die durchaus talentierten jungen Darsteller sein, 20 bis 26 Jahre alt, und insofern sei RTL zumindest für seine Nachwuchsarbeit gepriesen. (Was soll RTL auch anderes tun, wenn die alten Haudegen alle bei ProSieben arbeiten?)
Im anschließenden viermilliardsten Versteckte-Kamera-Aufguss Böse Mädchen legen ausschließlich Frauen ausschließlich Männer rein, und das allein rechtfertigt offenbar schon einen eigenen Sendeplatz. Vielleicht ist die Ausstrahlung an sich aber sogar ein eigener Streich für die Sendung: Könnte ja sein, dass in unseren Wohnzimmern Kameras hängen, die filmen, wie lange wir das uns Zugemutete geduldig ertragen. Ist das nicht die Grundidee der meisten Streiche?
Morgen Abend sollte der amerikanische Liedermacher John Mayer („Your Body Is A Wonderland“) eigentlich ein Konzert für den Radiosender NDR2 in Hamburg spielen, sein einziges Konzert in Deutschland. Er hat es kurzfristig abgesagt, „aus persönlichen Gründen“, wie es beim NDR offiziell heißt.
Soll keiner mehr sagen, TV total sei keine einflussreiche Show.
Unter der Hand ist nämlich zu hören, Mayer habe seinen Auftritt bei Stefan Raab vergangene Woche als derart unangenehm empfunden, dass er jetzt keine Lust mehr auf Deutschland habe. (Die Quelle übermittelte diese Information unter der Bedingung, anonym zu bleiben.)
Wenn man sich das „Interview“ ansieht, kann man Herrn Mayer verstehen. Er kann nicht wissen, dass Raab einer der kreativsten Köpfe und größten Entertainer des deutschen Fernsehens ist und allein verantwortlich für die Rettung eines ganzen Genres, der Samstagabendshow. Dass er sogar ein toller Musiker ist, der sich für den Nachwuchs einsetzt, und der jetzt auch noch mit der Rettung eines europaweiten Liederwettbewerbs beauftragt wurde. Mayer hat nur Raabs Qualitäten als Interviewer kennengelernt, und die sind schlicht nicht vorhanden.
Raab interessiert sich für die allermeisten seiner Gäste nicht und bereitet sich auch nicht auf sie vor. Mit John Mayer als Gast fehlten Raab auch noch maßgebliche Kenntnisse in der Sprache, in der er das Interview führte. Raab verstand Mayers Gags nicht, und das Publikum kapierte sie entweder auch nicht oder fand sie nicht lustig. (Das Publikum lacht allerdings auch bei Raabs Witzen nur in seltenen Fällen, aber auch das konnte John Mayer ja nicht wissen.) Mayer ertrug das Drama mit steinerner Miene, bis er über Raabs Kopf hinweg entschied, dass sein Auftritt zu Ende sei und winkend ging. Vorausgegangen waren Momente peinlicher Stille, wie man sie sonst nur aus Stromberg kennt, wo sie aber jemand ins Drehbuch geschrieben hat.
Bei YouTube machen sich ausländische Kommentatoren über den Moderator lustig oder beschimpfen ihn einfach.
[Update 20. Januar: Das Video, das seit Tagen unbehelligt bei YouTube diskutiert wurde, ist plötzlich „aufgrund des Urheberrechtsanspruchs von Brainpool nicht mehr verfügbar.“ Auf der offiziellen Seite von TV Total ist es aber weiterhin zu sehen.]
Auch aus dem Umfeld von Wetten, dass…? hört man immer wieder, und ebenfalls nur unter vorgehaltener Hand, dass internationale Gäste sich fragten, was um sie herum eigentlich vorgehe (im besten Fall) oder sich schlicht unwohl fühlten (im schlechteren Fall).
Deutsche Fernsehentertainer arbeiten hart daran, für Deutschland im Ausland neben gutem Bier und schnellen Autos noch ein weiteres Klischee aufrechtzuerhalten.
Jüngere Menschen wissen vielleicht gar nicht, dass der Fernsehstar John McEnroe früher ein berühmter Tennisspieler war.
Was viele Ex-Sportler im Fernsehen tun, tat und tut McEnroe auch: Er co-moderiert Sportübertragungen seiner alten Disziplin. Doch McEnroes Fernsehkarriere geht deutlich weiter: 2002 war er in gleich zwei Ländern der Moderator der Gameshow The Chair, 2003 moderierte er sogar einmalig die Late Show with David Letterman, als Letterman selbst an Gürtelrose erkrankt war. Daneben nahm er sich und seine berühmt gewordenen Wutausbrüche auf dem Tennisplatz in schauspielerischen Auftritten immer wieder selbst auf den Arm, beispielsweise im Werbespot für Seat und im Kinofilm „Die Wutprobe“.
Heute spielt er eine Tennislegende unter Mordverdacht in CSI: NY. Mal sehen, ob er ins Netz geht.
RTL wagt heute das Unfassbare. Etwas, das es dort seit 16 Monaten nicht gegeben hat: Eine neue Serie starten!
Einen solchen Coup hatte dem Retrosender, der aus nostalgischen Gründen seit fünf Jahren im Wesentlichen dasselbe Abendprogramm zeigt, kaum jemand zugetraut. Schließlich handelt es sich um ein unabschätzbares Risiko: Was, wenn den Zuschauern die Serie nicht gefällt? Der ganze Sender könnte implodieren! Und unnötig ist es obendrein, denn man hätte doch genauso gut die bisherigen Serien noch fünfhundert weitere Male zeigen können.
Royal Pains handelt von einem ambitionierten Krankenhausarzt (Mark Feuerstein), der gefeuert wird, weil er sich weigerte, dem reichen Sponsor der Klinik eine Sonderbehandlung zukommen zu lassen. Ausgerechnet er findet sich daraufhin in der Nobelgegend Hamptons wieder, wo es seine Aufgabe wird, als Exklusivarzt die medizinischen Probleme der Reichen zu beheben.
Die Serie startet heute um 22.15 Uhr im Anschluss an das, was früher mal ein verlässlich erfolgreiches Vorprogramm war, bevor RTL anfing, Woche für Woche neu auszulosen, ob nun eine neue oder eine alte Folge von Dr. House gezeigt würde. Woran der Sender Royal Pains aber messen wird, ist der Schmunzelkrimi Monk, mit dessen 125 Folgen RTL bis Ende 2010 etwa 300 Wochen gefüllt hatte.
In der Pilotfolge bedeutet das für Royal Pains schon mal eine haushohe Niederlage. Immerhin steigert sie im Lauf ihrer 65 Minuten bis hin zu extrem durchschnittlich, aber der Schmunzelfaktor fehlt völlig. Die Serie ist in etwa so brüllkomisch wie ein Raffaello-Werbespot, die medizinischen Fälle sind bisher auch nicht sonderlich originell, und die Dynamik zwischen der bodenständigen Hauptfigur und seinem quirligen Bruder wirkt sehr gewollt. Die Serie müsste sich ab nächster Woche schon gewaltig steigern, um mich weiter interessieren zu können.
Sollte die Serie dennoch ein Erfolg werden und zumindest Quoten des bisherigen und Monk-Ersatzes Psych übertreffen, ist anzunehmen, dass RTL in die Vollen geht und innerhalb der nächsten fünf Jahre noch bis zu zwei weitere neue Serien zeigt.
Nach dem alten Mann kommt das Meer. Das ist bekannt. Wenn Rolf Schimpf also als Der Alte seinen letzten Fall gelöst hat, ermittelt anschließend Walter Sittler zum ersten Mal in Der Kommissar und das Meer. Er spielt einen deutschen Kommissar in Schweden, der mit einer Paprika verheiratet ist. Haha, fremde Namen sind ja so lustig. Paprika Steen heißt die Darstellerin seiner Fernseh-Gattin, doch das Familienleben ist zweitrangig. Im Vordergrund stehen brutale Morde.
Die neue Reihe hat ein akustisches Anfangsproblem, das jede internationale Koproduktion hat. Es klingt einfach merkwürdig, wenn Walter Sitter völlig natürlich spricht, aber seiner Dialogpartnerin Inger Nilsson eine extrem affektierte Synchronstimme aufgesetzt wurde, und dann noch Sólveig Arnarsdóttir dazukommt, deren Akzent die Frage aufwirft, warum eigentlich sie nicht synchronisiert ist.
Dann ist da noch das Glaubwürdigkeitsproblem, das mit unbedachtem Starcasting zu tun hat. Friedrich von Thun spielt Walter Sittlers Vater. Friedrich von Thun ist aber nur zehn Jahre älter als Walter Sittler, und obwohl von Thun schon seit Beginn seiner Karriere altbacken spielt, sieht er gar nicht so alt aus.
Eine andere Umgereimtheit in Sachen Glaubwürdigkeit stört interessanterweise gar nicht: Wenn zu Beginn der zweiten Folge Blut auf die Linse der Kamera spritzt, werden für einen kurzen Moment Fiktion und Wirklichkeit unlogisch vermischt, doch als Stilmittel ist diese Maßnahme originell.
Mit Der Kommissar und das Meer, nach Romanen der Bestsellerautorin Mari Jungstedt, weitet das ZDF seine Schwedenkrimikompetenz auf den Freitagabend aus. Und trotz der Ungereimtheiten und Irritationen ist dies eine solide Krimireihe, die zwar frei von großen Überraschungen, aber auch nicht vorhersehbar ist und deren einzelne Episoden nicht so lang wirken wie sie sind.
Einsatzort ist die Ferieninsel Gotland, die das ZDF in seinen Vorankündigungen als Idylle beschreibt, die aber in der filmischen Umsetzung von Beginn an düster-grau und kalt wirkt. Dazu macht Inger Nilsson ein dauergrimmiges Gesicht, als dürfe um Himmels Willen nie jemand bemerken, dass sie in einem früheren Jahrtausend die lustige Pippi Langstrumpf gespielt hat.
Doch mitten im grimmigen Grau glänzt etwas: Walter Sittler, wie immer.
Dass die heutige Episode von CSI mit dem belanglosen Titel „Wer ist der Star im Schlangennest?“ bei RTL keine gewöhnliche Folge ist, werden deutsche Zuschauer nicht zwingend bemerken, weil die Sitcom Two And A Half Men auf ProSieben läuft.
Und aus folgendem Grund ist dieser Satz ganz und gar logisch: Im Rahmen eines Publicity-Stunts tauschten vergangenen Mai beim Sender CBS zwei Serien für eine Woche die Autoren: die erfolgreichste Krimiserie CSI und die erfolgreichste Comedyserie Two And A Half Men.
Foto: RTL
Obwohl der Krimi ein Krimi und die Comedy eine Comedy blieb, befassten sich die Autoren in beiden Fällen mit Themen, die ihnen vertraut waren. Chuck Lorre und Lee Aronsohn, die normalerweise Charlie Sheen die Witze in den Mund legen, schrieben die CSI-Episode, die im Original Two And A Half Deaths heißt. Eine zickige, verhasste Sitcom-Diva (gespielt von Katey Sagal) wird darin ermordet, und wenn man sieht, wie sie porträtiert wird, wühlt man zwangsläufig in seiner Erinnerung, für wen Chuck Lorre früher geschrieben hat. Denn bevor er Two And A Half Men und Dharma & Greg erfand, war Lorre fast ausschließlich für Sitcom-Diven tätig. Er war Autor bei Roseanne und erfand auch die Sitcoms Cybill mit Cybill Shepherd und Grace mit Brett Butler. Vor diesem Hintergrund ist die ansonsten eher durchschnittliche CSI-Episode heute Abend recht amüsant.
Die Episode von Two And Half Men, die die Autoren von CSI im Gegenzug schrieben und in der Spurensicherer einen Todesfall in Charlies Haus aufklären müssen, wird voraussichtlich erst in etlichen Monaten auf ProSieben laufen.
Zum ersten Mal nach langer Pause sendet RTL ab heute auf dem 17.00-Uhr-Sendeplatz wieder Programm.
Gut, möglicherweise lief in den letzten Monaten dort gar kein Testbild, aber die Einschaltquoten dafür wären auch nicht wesentlich schlechter gewesen.
Heute jedenfalls beginnt die schöne deutsche Comedyserie Mein Leben & ichvon vorn, auf einem Sendeplatz, der traditionell lange Zeit mit Sitcoms besetzt war: Wer ist hier der Boss?, Die Nanny, Hör mal, wer da hämmert. Zur werktäglichen Comedy zurückzukehren erscheint nach vielen Flops mit Pseudo-Dokus und der Soap sinnvoll, und dies mit den besseren der Eigenproduktionen zu tun, für deren Wiederholung es im Abendprogramm ohnehin keinen Platz mehr gibt, ebenso. Eine Bereicherung fürs Programm ist es allemal.
Die Frage ist nur, ob zwischen Staatsanwalt Posch ermittelt und Unter uns noch jemand damit rechnet, schönes Fernsehen vorgesetzt zu bekommen.