Hilfe! Comedy!

Dass Sat.1 Christoph Maria Herbsts neue Comedyserie Hilfe! Hochzeit! — Die schlimmste Woche meines Lebens startet, noch während Herbst in neuen Folgen von Stromberg auf Pro Sieben zu sehen ist, ist zwar bemerkenswert schlechtes Timing, aber letztlich egal. Wen stört’s, wenn’s lustig ist? Und dass die Gags in Hilfe! Hochzeit! nicht lustig sind, kann man unmöglich behaupten. Wären sie nicht lustig, würden sie ja nicht seit Jahrzehnten immer und immer wieder gemacht.

Herbsts Figur Joachim Witte trägt in der neuen Serie weniger Gesichts-, dafür mehr Haupthaar und ist nicht das unangenehme Ekel, das Bernd Stromberg ist. Es sei denn, man fragt seine zukünftigen Schwiegereltern. Sämtliche durchsichtigen Einschleimversuche gehen daneben, er macht sich zum Affen und lässt keinen vorhersehbaren Fettnapf aus. Was schiefgehen kann, geht auch schief. Er verwechselt Päckchen und schenkt dem Schwiegervater versehentlich Kondome statt einer Uhr, schleicht sich nachts ins falsche Bett und begrapscht irrtümlich seine Schwiegermutter, und schließlich betoniert er den Schoßhund Strolchi ein.

Was die Serie trotzdem recht ansehnlich und kurzweilig macht, sind die Hauptdarsteller, allen voran der großartige Christoph Maria Herbst und der große Uwe Friedrichsen als sein abweisender Serienschwiegervater, die so erfrischend spielen, als hätten sie es hier mit völlig neuem Material zu tun. Und tatsächlich mischen sich zwischen die vielen alten Witze sogar einige neue. Die verrückte Stalkerin, die Joachim zusätzlich zu allen anderen Problemen abwimmeln muss, ist zwar auch nicht soooo originell, und ihre Behauptung, sie trage sein Baby in ihrem Bauch, weil sie ein einziges Mal miteinander geschlafen haben, überrascht auch noch nicht, dafür aber seine Antwort: „Das war vor vier Jahren!“.

Hilfe! Hochzeit! ist keine Serie, derentwegen man zu Hause bleiben oder die man in Abwesenheit aufnehmen müsste, aber wenn man sonst gerade nichts zu tun hat, vertreibt sie ganz gut die Zeit und verhindert zumindest, dass man sich langweilt.

Hilfe! Hochzeit! Die schlimmste Woche meines Lebens, freitags um 21.15 Uhr in Sat.1.
Und anschließend: Neue Folgen von Anke Engelkes Ladyland.

Hilfe, es taut!

Heute ist meteorologischer Frühlingsanfang. Herrje, was sollen die beiden Spartensender für Wintersport, ARD und ZDF, bloß an zukünftigen Wochenenden zeigen?

Hilferufe aus dem Sat.1-Text

Erst habe ich gedacht, im Teletext von Sat.1 seien die gestern im Rahmen der neuen „Überleben durch Selbstmord“-Strategie der Sendergruppe ProSiebenSat.1 kurzfristig eingestellten Boulevardmagazine Sat.1 am Mittag und Sat.1 am Abend nur deshalb noch für morgen angekündigt, weil alle Mitarbeiter dort auch längst entlassen wurden.

Beim genaueren Hinsehen scheint es aber eher so zu sein, dass dort tatsächlich noch Leute arbeiten und das Medium für verzweifelte Hilferufe nutzen:


(Hervorhebungen von mir.)

Hillaryous Night

Als Wolf Blitzer vergangene Nacht bei CNN voller Stolz eröffnete, CNN könne nun vorhersagen, John McCain werde der Präsidentschaftskandidat der republikanischen Partei, wirkte er ein bisschen, als habe er gerade das Feuer erfunden. Oder zumindest das Rad. Mensch, das war aber auch eine Überraschung. Das hätte mein Bäcker nicht vorhersagen können. Zumindest nicht mit so einer tollen „Breaking News“-Fanfare vorneweg.

Auf demokratischer Seite ist das Rennen wieder offen, nachdem Hillary Clinton übers Wochenende offenbar noch ein paar Last-Minute-Sympathien gesammelt hat, unter anderem mit einem Auftritt in der quotenstarken Comedyshow Saturday Night Live, in der sie in einem Sketch mitwirkte, der sich zwar über sie lustig machte, aber im Endeffekt ein zehnminütiger Wahlkampfspot für sie war, und mit einem ausführlichen Interview mit Jon Stewart in dessen Daily Show am Abend vor der Wahl.

Wenn man sie selbst fragt, ist das Rennen natürlich weit weniger offen.

Wie Ohio wählt, so wird das ganze Land wählen!
  

Ja dann. Clinton gewann Ohio mit überzeugenden 54 Prozent.
Aber gewann auf republikanischer Seite John McCain in Ohio nicht sogar mit 60 Prozent?

Die heute-Nachrichten im ZDF zeigten außerdem den Ausschnitt aus der CBS Early Show, in dem Clinton, die insgesamt weiter rund 100 Delegiertenstimmen hinter Obama zurückliegt, eine Gemeinschaftskandidatur mit Obama in Erwägung zieht, bei der einer von beiden eben Vizepräsident würde.

Es könnte darauf hinauslaufen, aber wir müssen entscheiden, wer dann oben steht. Und die Menschen von Ohio haben klar gesagt, dass ich es sein sollte.

Alles klar. Hillary Clinton wird Präsidentin von Ohio.

Hinter den Kulissen von KDD

Für alle Fans von Kriminaldauerdienst: Das ZDF hat ein kleines Making-Of zur zweiten Staffel bei YouTube veröffentlicht.

Hinter Gittern. Hinter uns.

Ohne dass es jemand bemerkt hätte, ist in der Nacht von Montag auf Dienstag nach zehn Jahren die einstige Erfolgsserie Hinter Gittern – Der Frauenknast zu Ende gegangen. Wie? Keine Ahnung. Ich habe die Serie nie regelmäßig verfolgt, was mit mangelndem Interesse an mangelndem schauspielerischen Talent und mangelnder Inhaltsschwere zu tun gehabt haben kann, doch das Ende wollte ich tatsächlich sehen. Schon vor Wochen machte ich mir eine Notiz, doch wie das so ist, wenn eine Notiz zu lange an der gleichen Stelle klebt, man zählt sie eines Tages unbewusst zum Mobiliar und nimmt sie nicht mehr wahr. Ich habe es also vergessen. Verpasst. So wie Millionen langjähriger Fans. Und genau das ist der Punkt.

So wie RTL zum Ende mit den Fans der Serie umging, geht man mit treuem Publikum einfach nicht um. Über fast ein Jahrzehnt war die Serie ein Quotengarant, hat dem Sender viele Zuschauer und viel Geld eingebracht. Millionen Menschen haben die Serie über Jahre verfolgt, und ebenso viele Millionen haben unzählige Male zumindest den Vorspann gesehen, weil sie nach Wer wird Millionär? nicht schnell genug ausgeschaltet haben. Doch selbst für viele, die die Serie nie gesehen haben, wurde „Knastlesbe Walter“ ein feststehender Begriff der Popkultur.

Die Serie war ein Markenzeichen und der Beweis, dass es eine zweite wöchentliche Soap neben der Lindenstraße im deutschen Fernsehen geben kann. Fast zehn Jahre hatte die Serie einen festen Platz, einen verlässlichen Termin, war der oft zitierte Fels im sich sonst ständig verändernden Fernsehprogramm. Und dann verliert RTL drei Monate vor Schluss die Geduld, weil die Quoten zurückgegangen waren. Natürlich sind drei Millionen Zuschauer für den Marktführer zur Primetime langfristig zu wenig. Kurzfristig wäre es aber ein Zeichen des Respekts gegenüber dem Publikum gewesen, eine freundliche Geste, ein Dankeschön für die Treue, wäre die Serie die wenigen Wochen bis zum ohnehin bereits feststehenden Ende noch am bekannten Platz geblieben und nicht tief in die Nacht verschoben worden. Stattdessen gab es das übliche Zeichen von Arroganz, ein weiteres Signal, dass es ja offenbar nicht die Zuschauer sind, für die ein Sender sendet, einen Schlag ins Gesicht von drei Millionen Menschen, die RTL und der Serie bis zuletzt die Treue hielten. Aber die sind ja egal.

Damit gab RTL auch die Chance auf, das Ende eines, nennen wir es ruhig so, Klassikers noch mal ordentlich zu betrommeln, ein Ereignis aus einem großen Finale zu machen, und vielleicht zum Schluss noch mal ein paar der Zuschauer zurückzugewinnen, die im Lauf der Jahre verloren gegangen waren. In den USA gehören die Abschlussfolgen früherer Erfolgsserien regelmäßig zu nationalen Ereignissen. Auch Serien wie Frasier oder Friends, zweifellos von weit höherer Qualität, hatten in ihren letzten Staffeln nicht mehr so viele Zuschauer wie in ihren besten Zeiten, doch die Finalfolgen holten jeweils so viele Zuschauer wie nie zuvor und gehören nun zu den meistgesehen Einzelsendungen in der Geschichte des US-Fernsehens. Nur ein Beispiel, wie man es richtig macht.

RTL hat es falsch gemacht. Viele Zuschauer waren lange Zeit treu. RTL nicht. Wiederholt sich dieses Vorgehen zu oft, erschüttert dies das Vertrauen in einen Sender. Das könnte erklären, warum alle großen Sender in den vergangenen Jahren viele Zuschauer verloren haben. Eine Beziehung funktioniert nur, wenn beide Seiten treu sind.

Hmmm, interessante Geschichte

Es gibt viele Anknüpfpunkte für Kritik an Reinhold Beckmann. Dass er überwiegend nach Dingen fragt, die ihn nichts angehen. Dass er bei den Antworten auf diese Fragen, die ihn nichts angehen, dann noch nicht einmal zuhört und deshalb nicht nachhakt. Dass er stattdessen jeden Redebeitrag eines Gastes geistesabwesend mit den Worten „Hmmm, interessante Geschichte“ kommentiert. Dass er nach jeder Antwort so tut, als denke er angestrengt über eine Anschlussfrage nach, um dann die Frage zu stellen, die er ohnehin jetzt gestellt hätte, weil sie auf seinem Kärtchen steht. Und dass er das alles in einer Atmosphäre tut, die sich irgendwo zwischen Beichtstuhl und Séance bewegt.

Viele Beisitzer seiner Tischgespräche fühlen sich in der Sendung noch unwohler als die Zuschauer, weil Beckmann zu viel Energie in künstliche Coolness investiere und zu wenig in eine gewissenhafte Vorbereitung. Ein Gast vom Anfang des Jahres klagte nach der Sendung im privaten Kreis, Beckmann solle endlich aufhören Dinge vorzutäuschen, die er nicht verkörpere und sich als das geben, was er wirklich sei, ein armseliges Würstchen.

Auch der Fahrradfahrer Jan Ullrich fühlte sich am Montagabend schlecht behandelt. Von seinen Anwälten will die „Bild“-Zeitung erfahren haben, dass Beckmann gegen Absprachen verstoßen und Zusagen nicht eingehalten habe, indem er doch tatsächlich Fragen zum Dopingskandal gestellt habe. Also zum Thema. Deshalb hätten die Anwälte nun per Brief eine Wiederholung der Sendung verboten und im Falle eines Verstoßes mit Klage gedroht.

Aufruhr um Beckmann! Die amüsante Ironie ist, dass die Aufregung ausgerechnet nach einer Sendung kommt, in der sich Beckmann Mühe gegeben hat.

Für Freitagvormittag um 10.15 Uhr ist die Wiederholung bei 3sat übrigens weiterhin vorgesehen.

Nachtrag: Die Wiederholung ging wie geplant über die Bühne. Ach ja, und hier ist die komplette Sendung natürlich auch noch online zu sehen.

Hochgeschossen

Im Fernsehen kommt man auf merkwürdige Weise an neue Jobs. Gerade erst wurde Dirk Matthies im Großstadtrevier nur deshalb zum Chef befördert, weil er im Dienst angeschossen wurde und nicht mehr auf Streife gehen konnte. Sein Nachfolger im Streifenwagen wurde ein Typ, der zufällig gerade am Tatort war, als es passierte.

Aber es geht noch merkwürdiger: Zum Start der neuen Folgen von Alarm für Cobra 11 bei RTL wird heute Semir Gerkhans langjähriger Partner Tom Kranich (René Steinke) erschossen. Der Schütze ist Chris Ritter (Gedeon Burkhard), der daraufhin Semirs neuer Partner wird.
Ich bin sicher, dass es bei Ansicht der gesamten spielfilmlangen Episode eine einigermaßen logische Erklärung dafür geben wird, und… Halt, wir sprechen ja von Alarm für Cobra 11. Nein, dann wohl nicht. Und selbst wenn, wird sie vermutlich von einer hübschen Explosion übertönt.

Für Freunde des nuancierten Krimis empfehle ich eher den Auftakt zur fünften Staffel von Without A Trace in Sat.1, einer vielschichtigen, hintergründigen Serie mit mehrdimensionalen Charakteren. Auch wenn Sat.1 selbst das gar nicht weiß:

Hohe Absätze

Einen Tag nach der RTL-Absetzung von Herzog und Familienhilfe mit Herz trennt sich Sat.1 von Alles typisch und 3 ein Viertel.

Die eigentliche Nachricht kommt aber gar nicht so überraschend, denn es war klar, dass ProSieben sich seine Kernkompetenz als Absetzsender nicht länger von RTL oder der eigenen Schwester nehmen lassen will. Deshalb fliegen heute Volles Haus und Doctor Who aus dem Programm. Statt Doctor Who kommen samstags nun eine Folge Desperate Housewives und zwei Folgen Simpsons, die es damit auf 15 Sendeplätze pro Woche bringen. Statt Volles Haus kommt eine Comedysendung.

Es mag vielleicht etwas lästig wirken, dass wir hier dauernd über Serienabsetzungen berichten, aber leider fallen die Sender momentan durch wenig anderes auf.

Hoher Preis

Einen Artikel darüber zu schreiben, was mit dem Deutschen Fernsehpreis alles nicht stimmt, würde der Sache nicht gerecht. Ein Buch müsste es schon sein, und selbst darin würde vermutlich der Platz knapp.

Zumindest kann man der Jury nicht vorwerfen, sie vergebe die Preise willkürlich. Im Gegenteil: Akribisch wird darauf geachtet, dass auch bloß jeder beteiligte Sender einen abbekommt. Der Nominierungsprozess wirft die meisten Fragen auf. In manchen Kategorien scheint es, als sei eine Sendung nur deshalb schlecht, weil es sie auch im vergangenen Jahr schon gab.

Kann eine Show nicht mehr zu den Besten gehören, wenn sie schon einmal gewann? Hat die Qualität dieser Show in dem einen Jahr so stark nachgelassen? Oft genug fragt man sich, ob die aktuell Nominierten wirklich besser sind als ein Vorjahressieger, oder nur neuer. Dieser Praxis widerspricht, dass in der Kategorie „Beste Serie“, wohl aus Verzweiflung, drei Jahre in Folge Abschnitt 40 gewann.

Ist eine Sitcom keine Serie? Wieso gibt es eine Rubrik „Beste Serie“ und eine gesonderte Rubrik „Beste Sitcom?“ Und wenn es wirklich einen Unterschied gibt, warum gewannen dann im vergangenen in beiden Kategorien Sitcoms?

Warum ist „Beste Unterhaltungssendung/Beste Moderation Unterhaltung“ nur eine Kategorie? Ist die Möglichkeit denn völlig ausgeschlossen, dass eine gute Sendung von einem schlechten Moderator präsentiert wird? Es mag ja sein, dass Germany’s Next Topmodel eine professionell gemachte Unterhaltungsshow ist, aber falls sie gewinnt, hieße das nach der Logik des Deutschen Fernsehpreises, dass Heidi Klum besser moderiert als Hape Kerkeling. Und sollte der dritte Nominierte, Schlag den Raab, gewinnen, ist mit „bester Moderator“ dann wirklich Matthias Opdenhövel gemeint?

Ist es fair, dass der Schuldnerberater Peter Zwegat, der Restauranttester Christian Rach, die Supernanny Katharina Saalfrank und die Köche Tim Mälzer, Johann Lafer und Horst Lichter größere Chancen auf einen Fernsehpreis haben als die Mitarbeiter anderer Unterhaltungsshows, weil spontan die Kategorien „Beste Kochshow“ und „Bester TV-Berater“ erfunden wurden?

Warum wurde die seltsame Rubrik „Beste tägliche Sendung“ abgeschafft? Hat das Fernsehen etwa aufgehört, tägliche Sendungen auszustrahlen?

Sehen Sie, und das wäre noch nicht einmal das Vorwort zu dem Buch.

Aber warum sich Gedanken machen. Wir sprechen hier von dem Preis, dessen Jury  in vergangenen Jahren Richterin Barbara Salesch und Gute Zeiten, schlechte Zeiten für bessere tägliche Sendungen hielt als die Tagesschau, und die in der Kategorie „Beste Sportsendung“ Oliver Welke auszeichnete. Welke hatte den Preis durchaus verdient. Aber er allein ist keine Sendung.

Interessant ist, dass trotz allem immer wieder Sendungen ausgezeichnet werden, die es wirklich verdient haben, im vergangenen Jahr zum Beispiel Türkisch für Anfänger als beste Serie und Pastewka als beste Sitcom. Insofern sind Hopfen und Malz noch nicht komplett verloren, und notfalls können wir genau diese beiden ja dazu nutzen, uns den Abend schönzusaufen.

Der Deutsche Fernsehpreis, Samstag, 20.15 Uhr bei RTL.

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