Harben Sie gerstern „Brisarnt“ gersehen?

Ich habe immer vermutet, dass es einen Grund gibt, warum Brisant nie als komplette Sendung in der ARD-Mediathek zu finden ist. Zum Beispiel weil den Machern selbst ihre Sendung viel zu peinlich ist, um sie den Menschen ein zweites Mal zuzumuten. Das kann es aber nicht sein, denn dann würde die Sendung bestimmt nicht innerhalb von 24 Stunden sechsmal wiederholt. (So dass man als Zuschauer doch noch eine Chance hat zu überprüfen, ob man sich verguckt hat oder nicht.)

Aber was weiß ich schon.

Ich hatte schließlich auch immer vermutet, dass man es als Berühmtheit endgültig geschafft habe, wenn man in einer Verfilmung des eigenen Lebens oder Teilen davon von einem Schauspieler dargestellt wird. Aber offenbar war auch das ein Irrglaube.

Geschafft hat man es vermutlich erst, wenn dann irgendwann sogar Brisant weiß, wie man geschrieben wird.

Hart aber beliebter

Köstlich. Es wird zwar vermutlich eine Ausnahme bleiben, aber der Zeitpunkt ist interessant: Vorgestern entschied die ARD, Frank Plasbergs Hart aber fair ab 2008 mittwochs um 21.45 Uhr zu zeigen, nach dem Spielfilm, der unbedingt an seinem Platz bleiben soll. Bis dahin laufen beide Formate noch gleichzeitig, und ausgerechnet gestern holte Hart aber fair im Dritten mehr Zuschauer als der Film im Ersten.

Merkwürdig. Wer hätte damit rechnen können, dass eine lebhafte Diskussion mehr Zuschauer anzieht als Ben Becker, der 90 Minuten lang in ein Diktiergerät spricht?

Hart aber herzlich und fair.

Nach fast sieben Jahren müssen sich Zuschauer und Moderator von Hart aber fair an einen Sendeplatz gewöhnen. Falls Sie unter den vielen Polittalkshows den Überblick verloren haben: Hart aber fair ist die mit Informationsgehalt. Sie wurde 2003 mit dem Deutschen Fernsehpreis als beste Informationssendung und danach noch mit etlichen weiteren Preisen ausgezeichnet. Ab heute läuft sie mittwochs erst um 21.45 Uhr, ist eine Viertelstunde kürzer, kommt dafür aber nicht mehr im WDR, sondern im Ersten.

Im SWR3-Interview habe ich Moderator Frank Plasberg heute Mittag gefragt, ob er froh ist, dass es endlich losgeht, damit er sich wieder mehr auf seine Sendung konzentrieren kann und nicht mehr so viele Interviews geben muss.

Frank Plasberg: Das macht auch Spaß. Ich bin ja gelernter Zeitungsjournalist und Radiomoderator. Mal auf der anderen Seite zu sitzen, ist toll, aber ich merke doch, dass ich lieber Fragen stelle als sie zu beantworten.

Es gab mehrere Sendungen, die etliche Jahre erfolgreich im WDR liefen und dann im Ersten scheiterten oder nur noch kurze Zeit überlebten. Was qualifiziert Ihre Sendung fürs Erste Programm?

Ich würde sagen das, was die Zuschauer an ihr toll finden. Wir haben das gar nicht so gemerkt, als wir angefangen haben mit Hart aber fair. Das klingt zwar blöd, aber damals haben uns Zuschauer darauf aufmerksam gemacht: „Ihr seid anders“. Gäste haben auch gesagt: „Och, bei euch geht’s aber sportlicher zu“. So ein Gast wie Peer Steinbrück, den wir heute Abend haben, den habe ich schon mal in einer anderen Sendung gesehen, da hat er zum Moderator gesagt: „Entschuldigung, ich langweile mich. Darf ich einen Gin Tonic haben?“ Wenn er das heute Abend macht, glaube ich, höre ich gleich wieder auf. Unser Selbstbewusstsein speist sich daraus, dass wir aus dem WDR-Fernsehen heraus die Sendung zu einer bundesweiten Beachtung gebracht haben. Über zwei Millionen Zuschauer, und zu der Quote noch die Preise, das war schon toll.
Dieser Sendeplatz ist ja ein Kompromiss. Ich wollte ja auf den Sonntag, ich wollte es mal bequem haben, ich wollte mal acht Millionen Tatort-Zuschauer vor mir haben, keine Fußballkonkurrenz. Dann gab es so ein Gerangel in der ARD, und jetzt ist Anne Will da, was ja gut ist, ich gucke da ja selbst gern hin. Und dann hieß aber: „Der Plasberg, der muss auch…“, und dann kam der Platz am Mittwoch um 21.45 Uhr, und solche Geschenke kann man ja nicht ablehnen.

Ich glaube, am Sonntagabend haben es die Politiker einfach auch gerne gemütlicher. Da können die Sie nicht gebrauchen.

Sagen Sie.

Ihr Deutschlehrer in Wermelskirchen hat früher ins Klassenbuch geschrieben, Sie seien unaufmerksam. Wann haben Sie denn gelernt, Ihren Gästen zuzuhören?

Da haben Sie aber toll recherchiert. Mein Deutschlehrer? Na, der hat’s nötig.

Ja, Herr Müller.

Oh ja, das war der Grundschullehrer. Ja ja. Der hat mir aber auch prognostiziert, ich würde in den Bundestag kommen. Als Politiker. Ich finde, da habe ich Glück gehabt. Das wäre mir zu anstrengend.

Das könnten Sie sich gar nicht vorstellen?

Nein. Ich könnte auch nicht damit leben, dass ich so ein Dauerrisiko, genannt Wahl, über mir habe. Ich habe vielleicht als Politiker alles richtig gemacht in meinem Fachgebiet, und dann passiert irgendetwas, das eine Wahl beeinflusst, eine Oderflut oder ein Irakkrieg, ein Stimmungsumschwung in der Bevölkerung, und schwupp, bleibe ich in der Opposition oder gerate dahin. Was auch nicht schlimm ist, Oppositionsarbeit kann ja toll sein, aber nein, die Ochsentour wäre mir viel zu anstrengend. Ich habe großen Respekt vor allem, was ich nicht machen würde, und deshalb habe ich auch großen Respekt vor meinen Gästen, vor den Politikern.

Die Frage haben Sie aber nicht beantwortet. Wann und wie haben Sie gelernt zuzuhören?

Das merken Sie doch.

Noch gar nicht, ich verstehe.

(Er lacht herzlich.)

Sie haben angekündigt, in fünf Jahren mit Hart aber fair aufhören zu wollen. Ist denn Ihr einziges Ziel, dass die Sendung länger anhält als Ihr Studium? Das waren 17 Semester.

Sagen Sie mal, das sind aber freche Fragen an einen ehemaligen Kollegen.

Ich dachte, ich passe mich an.

Na gut. Ich bin zu einem Altersstudiengang verabredet. Ich hab ja Zwischenprüfung. Nach drei Semestern hatte ich Zwischenprüfung, dann ist es ein bisschen ausgeläppert, weil ich nämlich immer in dem Studio gehockt habe, wo Sie jetzt sitzen, anstatt in der Uni zuzuhören und theoretisch über Medien nachzudenken. Kann man ja nachholen. Und deshalb höre ich dann in fünf Jahren auf, damit ich mich dann dem Abschluss widmen kann. Wenn nicht, erinnere ich mich daran, wie Howard Carpendale es gemacht hat. Ich gestehe, ich liebe Sentiment. Ich war bei seinem Abschiedskonzert 2003 in der Kölnarena. Es war wirklich berührend, als er gesagt hat: „Isch sage tschüs, isch komme nie wieder.“ Und was sehen wir gerade? Die neue Tournee. Howie ist ein großes Vorbild.

Sie wollen zu Erwin Teufel in den Hörsaal?

Der hat bis dahin den Abschluss, hoffe ich.

Hart aber fair, mittwochs um 21.45 Uhr im Ersten.

Hart aber später

Die Tagesthemen haben eine neue Moderatorin. Und einen neuen Sendeplatz. Manchmal. Caren Miosga wird als Anne Wills Nachfolgerin zukünftig montags und dienstags um 22.15 Uhr, mittwochs um 23.00 Uhr, donnerstags um 22.15 Uhr, freitags um 23.15 Uhr, samstags irgendwann nach den Volksmusik- oder Pilawa-Shows und sonntags um 22.45 Uhr die Tagesthemen moderieren, und wenn sie sich einen Namen als Moderatorin machen will, die komplizierte Sachverhalte verständlich erklären kann, könnte sie ja gleich mal mit der Sendeplatzregelung anfangen.

Der Grund für das bald noch größere Durcheinander beim ohnehin schon unberechenbaren Tagesthemen-Beginn (die gelegentlichen gestreckten ARD-Brennpunkte noch gar nicht mitgerechnet) ist, dass auch Frank Plasberg samt Sendung Hart aber fair endlich ins Erste befördert wird. Der Polittalk soll ab 2008 mittwochs um 21.45 Uhr beginnen und bis 23.00 Uhr gehen. So sehr diese dauerhafte Notlösung das Chaos am Abend vergrößert, so sehr ist sie ein enormer Gewinn für die ARD, die dann mit den harten Nachfragern Anne Will als Nachfolgerin von Sabine Christiansen und Frank Plasberg in Hart aber fair gleich zwei der besten Moderatoren für aktuelle Themen in zwei wichtigen Politsendungen im Programm hat, also zwei mehr als bisher. Denn wenn wir ehrlich sind, hat niemand ernsthaft damit gerechnet, dass Hart aber fair im Ersten einen Werktagssendeplatz um 20.15 Uhr erhalten könnte. Nach dem Desaster der missglückten Günther-Jauch-Verpflichtung ist die ARD zu beglückwünschen, dass sie überhaupt einen Sendeplatz für Hart aber fair gefunden hat.

Und solange weiterhin ALLE deutschen Fernsehsender den Beginn ihres Hauptabendprogramms einzig und allein nach dem Ende der Tagesschau richten, sollte die ARD leichte Unregelmäßigkeiten am Ende des Abends grinsend verschmerzen können.

Hau! Und zwar ab statt drauf!

Mit dem Ende der Oliver Geissen Show im Sommer wird der Daily Talk als solcher zwar noch nicht komplett vom Bildschirm verschwinden (Sat.1 hat irrtümlich immer noch Britt — Der Talk um eins auf Sendung), doch der Sender, der das Genre 1992 mit Hans Meiser einführte und zwischenzeitlich fünf tägliche Talkshows im Programm hatte, lässt es sterben.

Damit hat das Genre in Deutschland eine Abart ausgelassen, die in den USA seit vielen Jahren Standard ist und auch bei uns oft vorhergesagt wurde. 1999 fragte (nicht nur) „TV Today“ in einer Titelgeschichte: „Kommen jetzt die Prügelshows?“ Auch, wenn es schwer vorstellbar ist: Das Niveau vieler US-Daily-Talks liegt noch weit unter dem, was wir in Deutschland je gesehen haben. Doch, das geht.

Jerry Springer, ehemaliger Bürgermeister von Cincinatti, moderiert seit 18 Jahren eine Sendung, zu der und in der er selbst eine gewisse ironische Distanz bewahrt, wenn sich vor johleendem Publikum auf der Bühne fette Prolls prügeln, weil gerade wieder Seitensprünge mit der Mutter der Lebensgefährtin im Fernsehen aufgeflogen sind. (In der Busenschau mit Sonya Kraus sind immer wieder Ausschnitte zu sehen.) Wegen dieses Grundkonzepts beschäftigt die Show eigene Sicherheitskräfte, die gerade so weit einschreiten, dass man noch von einer Prügelei sprechen kann, aber Verletzungen möglichst vermieden werden. Der kahlköpfige Ex-Polizist Steve Wilkos war der Sicherheitschef bei der Jerry Springer Show. Das allein machte ihn berühmt genug, um seine eigene tägliche Show zu bekommen, die sehr ähnlich funktioniert, aber einerseits lebenshilfiger daherzukommen versucht, andererseits mit Drohungen arbeitet. Der untreue Ehemann verspricht dem Moderator, er werde sich bessern, und der Moderator verspricht der Mutter der betrogenen Ehefrau, wenn er sich nicht bessere, komme er mal vorbei. Das Publikum johlt. Beinahe wäre es in die gewohnten „Jerry, Jerry!“-Rufe ausgebrochen, doch es wurde gerade noch ein „Steve! Steve!“ Klingt leider nicht so schön, weil einsilbig. Schon Franz Beckenbauer erklärte die Beliebtheit des damaligen Bundestrainers Rudi Völler so: „’Rudi’ lässt sich so schön rufen.“

Woran genau die Einführung der Prügelshows in Deutschland scheiterte, kann man nicht genau sagen, da nicht einmal RTL2 es ernsthaft versuchte. Womöglich hätte dies den Tod des Genres einige Jahre hinausgezögert. Aber wahrscheinlich ist es gut, dass es so weit nie kam. Sie ruhe in Frieden.

Hauptsache das Timing stimmt

Mensch, da wird sich der Dieter Althaus aber gefreut haben, wenn er, kurz nachdem er aus dem Koma erwacht ist, bei den Sat.1-Hit-Giganten („Die größten Après-Ski-Hits“) den Zusammenschnitt mit den lustigsten Ski-Unfällen gesehen hat. Lachen fördert ja die Genesung.

Hausmitteilung: Mehr Senf

Für Menschen, die ihr Leben lang darauf gewartet haben, endlich mal ein Mikrofon unter die Nase gehalten zu bekommen oder sonstwie befragt zu werden, um dann auch mal „Kein Kommentar“ sagen zu dürfen, brechen jetzt noch schwerere Zeiten an. Ab sofort sind auch alle Texte in der Kategorie Sendungen, die zum großen Teil aus Texten aus dem Buch besteht, für Kommentare geöffnet. Wer Senf zu seinen Lieblingssendungen abgeben möchte, biddeschön! Viel Freude beim Erinnern, Schwelgen und Spotten. 

Have A Break…


Foto: RTL

Prison Break ist wieder da, die Serie mit den pflegeleichtesten Frisuren im gesamten Fernsehen. Ab heute zeigt RTL die dritte Staffel, und wenn alles so bleibt, wie es war, wird es wieder ein lustiges Spielchen, die Anschlussfehler allein in der Haupthaar- und Bartlänge von Michael Scofield zu suchen, der in Staffel 2 gleich mehrfach offenbar die Gelegenheit hatte, sich während des Wegrennens mal eben zu rasieren. Oder wie sonst soll man das Verschwinden seiner dunklen Stoppeln von einer auf die andere Sekunde interpretieren?

Auf diese kleinen Ungereimtheiten sollte man in Prison Break unbedingt achten. Beachtet man sie nämlich nicht, fallen stattdessen die großen Ungereimtheiten viel mehr auf, wie zum Beispiel die gesamte hanebüchene Handlung. Und finge man erst einmal an, sich darüber Gedanken zu machen, verdürbe das den Spaß an dieser Serie, die trotz allem nun einmal sehr spannend ist. Die Flucht ist allerdings vorerst zu Ende, und Michael ist wieder im Knast. Diesmal in Panama. Also nix wie raus.

Die dritte Staffel ist zwar nicht mehr so stark wie die ersten beiden, hat aber genau die richtige Länge. Wegen des Autorenstreiks umfasst sie nur 13 statt der üblichen 22 Episoden, weshalb die Geschichte ungefähr an dem Punkt zu Ende ist, an dem man das Gefühl hat, jetzt müsste sie aber mal zu Ende sein, während sie in den anderen Staffeln dann noch ungefähr zehn Folgen lang weitergeht.

„Ende“ ist natürlich relativ. Da in den USA bereits die vierte Staffel läuft, wird auch das Ende der dritten wieder so  offen sein wie Lincoln Burrows Hemd.

Prison Break, heute um 22.15 Uhr (zwei Folgen) und dann donnerstags um 23.15 Uhr bei RTL.

Heckmeck

In Dieter Thomas Hecks letzter Sendung zeigte das ZDF noch einmal, dass nicht nur seinen Englisch-Simultandolmetschern oft der Sinn des Gesagten entgeht (berühmtestes Beispiel: Madonna sagt in Wetten, dass…? zu einer strickenden Dame: „Können Sie meinem Sohn einen Hut machen?“, und der Dolmetscher übersetzte es mit: „Können Sie mir da einen Sonnenhut draus machen?“), sondern auch seine Spanisch-Übersetzer.

Einem gerührten Mann attestierte Heck: „Da hat so ein knallharter Junge plötzlich ganz dicht am Wasser gebaut.“ Und nach kürzer Übersetzungspause antwortet der Mann: „Vielleicht, kann man so sagen, ja. Wir wohnen 50 Kilometer vom Strand.“

Heftiger Niederschlag

Francis Wilson, Chefmeteorologe bei Sky News, hat diesen Niederschlag zwar nicht vorhergesagt, wirkte aber auch nicht sonderlich überrascht.

Blättern:  1 ... 60 61 62 63 64 ... 149


Das Buch

die Autoren

Weitere Bücher

New York für Fern-SeherDie kleine House-Apotheke

Links