Es hat mich schon ein bisschen überrascht, dass die erste Verleihung des Deutschen Radiopreises erst um Mitternacht als Aufzeichnung im NDR-Fernsehen gezeigt wurde und nicht live. Die Zusammenstellung der Laudatoren hatte eher nach einer Fernsehsendung ausgesehen und nicht den Eindruck erweckt, als scherten sich die Veranstalter auch nur im Entferntesten um eine interessante Zusammenstellung aus Mitarbeitern der gefeierten Branche. Stattdessen traten auf: Kim Fisher, Maybrit Illner, Thomas Herrmanns, Roman Knižka, Gesine Crukowski, Thomas Heinze, Reinhold Beckmann und sogar Christine Neubauer, also ohne Ende Schauspielerinnen und Schauspieler, Fernsehmoderatoren und Fernsehmoderatorinnen, die dann von Situationen erzählten, in denen sie mal Radio gehört haben. Das war beim Radiopreis ungefähr so logisch, als würden beim Deutschen Fernsehpreis als Laudatoren ausschließlich Fernsehzuschauer auftreten, die dann erzählen, wie sie abends auf der Couch sitzen und glotzen.
Man muss allerdings einräumen, dass auch die Radioleute selbst sich wenig um ihr eigenes Medium scherten, das die Veranstaltung flächendeckend bundesweit live übertrug. Ihre Dankesreden hatten in der Regel die doppelte Länge dessen, was bei den meisten ausstrahlenden Sendern als Maximum für Wortbeiträge erlaubt ist, und waren ferner so langweilig, dass jeder dieser Redakteure sie dem Merksatz „Im Zweifel lieber weglassen“ hätte zum Opfer fallen lassen.
Der Deutsche Radiopreis war nicht, wie es dem Thema angemessen gewesen wäre, eine Radiosendung, die eben auch im Fernsehen gezeigt wurde, sondern eine Fernsehsendung, die in ihrer ganzen Langeweile live im Radio übertragen wurde.
Dass es langweilig würde, war leider zu erwarten gewesen, seit bekannt war, dass man sich für den neuen Deutschen Radiopreis am Deutschen Fernsehpreis orientieren wolle, der sich selbst ja ebenfalls viel zu wichtig nimmt. Es wurde dann aber noch viel langweiliger, denn dass eventuell Spannung aufkommen könnte, wurde schon dadurch verhindert, dass es keine Nominierten gab, sondern jeweils nur der Preisträger bekannt gegeben wurde. Der zu allem Überfluss auch noch vorher wusste, dass er gewinnen würde. Letzteres war wohl organisatorisch nicht anders möglich, denn im Saal war neben Hans-Dietrich Genscher, Stefan Aust, Lena, Max Mutzke, Wladimir Klitschko, Reiner Calmund und den ganzen Fernsehmoderatorinnen und Schauspielerinnen beim besten Willen kein Platz für zusätzliche Radioleute.
Genau wie beim Fernsehpreis wurde man aber auch beim Radiopreis den Eindruck nicht los, dass manche der Preisträger nur ausgezeichnet wurden, damit die Preise einigermaßen gleichmäßig auf die gemeinsam veranstaltenden privaten und öffentlichen-rechtlichen Sender verteilt würden, die sich den Rest des Jahres eigentlich nur mit gegenseitiger Verachtung begegnen.
Immerhin am Ende gab es einen Sonderpreis für einen Mann, der private und öffentliche-rechtliche Sender verbindet, denn er ist nicht nur bei beiden zu hören, sondern füllt im deutschen Radio insgesamt so viel Sendezeit wie kein anderer Radiomitarbeiter irgendeines Sender jemals tat oder tun wird: Phil Collins. Das war natürlich nicht der einzige Grund, warum Phil Collins ausgezeichnet wurde. Der andere: Er war sowieso anwesend, um seine neue Single zu singen. Da konnte man für ihn auch gleich einen Sonderpreis erfinden.
Also doch alles genau wie bei deutschen Fernsehpreisen.