Dschungel statt Duschgel

Bata Illic, Björn-Hergen Schimpf, DJ Tomekk, Frau Herzsprung, Julia Biedermann, Eike Immel, Michaela Schaffrath, jemand, noch jemand und sogar noch jemand ziehen heute in den „Dschungel“. Jawohl, es ist soweit: RTL startet die dritte Staffel von Ich bin raus – macht mich wieder zum Star! Und mit ein bisschen Glück schwingen im Dschungel Tarzan und Jane vorbei und Sat.1 kann sich seine nächste Castingshow gleich sparen.

Programmhinweis:
Ich bin ein Blog — lies mich hier live!
Heute, hier, live ab 22.15 Uhr.

DSDS ist wieder da!

Endlich zeigt RTL wieder die ganze Bandbreite seiner Kompetenz. So viele Kontraste an nur einem Abend! Bevor am späteren Abend ein dicker Mann und eine dünne Frau wieder lustvoll über informierte Prominente herziehen, lachen am frühen Abend ein anderer dicker Mann, eine andere dünne Frau und Dieter Bohlen wieder rücksichtslos wehrlose Teenager aus. Bei meinem RTL ist wirklich für jeden was dabei.

Dazwischen kümmert sich ein Coach um ausgerissene Jugendliche, und es ist sicher nur eine Frage der Zeit, bis RTL den am Boden zerstörten Kandidaten aus Deutschland sucht den Superstar einen Fernsehpsychologen an die Seite gibt und daraus ein Coachingformat zimmert.

Dunkeldeutschland

Unsere Anerkennung für den ulkigsten Vergleich des Tages geht an das umstrittene Online-Fernsehmagazin Quotenmeter.de, das über die TV-Sendung des Deutschen Fernsehpreises am 12. Oktober vermeldete:

Die umstrittene Fernsehgala wird im Jahr 2008 wieder vom ZDF ausgestrahlt. (…) Bereits einen Tag zuvor findet die Aufzeichnung im Kölner Coloneum statt. Somit verfährt das ZDF in diesem Jahr wie der in die Kritik geratene US-Fernsehsender NBC, der die exklusiven Olympia-Rechte für Amerika besitzt und keine Liveübertragung – außer im Hauptabendprogramm – zulässt. Die US-Bürger tappen bis zur Fernsehausstrahlung im Dunkeln.

Richtig, denn anlässlich der Austragung der olympischen Spiele in China gibt es vorübergehend auch in den USA kein freies Internet. Klar.

Im Übrigen verfährt das ZDF damit außer wie in den meisten Vorjahren auch ähnlich wie der Tatort, dessen Zuschauer oft ein Jahr nach Abschluss der Dreharbeiten noch im Dunkeln tappen, wer der Mörder ist, bevor der neue Fall ausgestrahlt wird, und ähnlich wie TV total, dessen Fernsehzuschauer nach der Aufzeichnung am frühen Abend stundenlang ohne Pointen auskommen müssen — und oft sogar noch während der Ausstrahlung.

Durchklatschen für Anne Will

Irgendjemand hat, vermutlich in bester Absicht, ein Foto von Anne Will an die Wand im großen Raum hinter Studio G angebracht, wo die wichtigen Menschen sich vorher und hinterher zum Essen, Trinken und Feiern treffen. Da hängt sie nun unter einem Szenenfoto von Sonja Zietlow und Dirk Bach mit Daniel Kübelböck in der Dschungelshow und neben zwei Bildern von Star Search, zu dessen Zeiten hier auch schon gegessen, getrunken und gefeiert wurde. Ein traditionsreicher Ort also.

Edgar, der Regieassistent, hat am Tag vorher noch für Florian Silbereisen gearbeitet, sagt er. Nun steht er vor einem Publikum, das ungefähr je zu einem Drittel aus wichtigen ARD-Menschen (Ulrich Deppendorf), anderen ARD-Menschen (Jens Riewa) und Journalisten (Bascha Mika) besteht. Er erklärt, dass am Anfang der Sendung „durchgeklatscht“ werden muss, und versucht, uns zu einer Art Solidargemeinschaft zusammenzuschweißen. Er sagt: „Machen Sie einfach der Anne Will ’ne schöne Sendung“ (als ob das in unseren Händen läge), und: „Wir müssen ganz fest zusammenhalten“ (das wüsste ich aber).

Dann steht sie plötzlich da, zwei Minuten vor Beginn der Live-Sendung, unfassbar dünn und sehr unscheinbar in ihrem grauen Hosenanzug vor der braunbeigen Kulisse, aber nicht zu übersehen, sobald sie ihr Lächeln einschaltet und sagt: „Ich war letzte Woche nervöser. Wenn’s da gewesen wäre, wär’s doof gewesen.“

Irgendwie ist auch ihr Vertrauen in das geladene Publikum begrenzt. Noch ein Appell, nett zu lächeln und zu klatschen. „Sie haben hier auch was zu tun“, sagt sie sehr lehrerinnenhaft. „Das ist Fernsehen, das ist Show.“ Ja doch!

Es ist faszinierend, Anne Will beim Arbeiten zuzusehen. Sie bewegt sich im Studio, als lebe sie hier seit Jahrzehnten und würde auch im Dunkeln über keine Stufe, kein Kabel stolpern. Sie sitzt in ihrem Sessel, schaut in die Kamera und strahlt mit jeder Pore aus: Das hier ist ihre Sendung. Sie kennt sich hier aus. Sie macht das hier ja nicht zum ersten Mal. Also, schon, aber das wirkt nicht so.

Das Erstaunliche an Anne Will ist, dass sie es schafft, so konzentriert zu sein, dass es entspannt aussieht. Wenn einer ihrer Gäste spricht, schaut sie ihn mit einer ganz besonderen Intensität an. Da gibt es einen Standardblick, der sagt: „Reden Sie weiter, ich hör‘ Ihnen zu“, und eine leicht mokant-amüsierte Variante, die ungefähr sagt: „Na, was Sie nicht sagen“ — die ist besonders für Politiker reserviert.

Und sie hört wirklich zu. Es gibt immer wieder Momente in der Sendung, in denen das auffällt. In denen sie unvermittelt nachhakt. Auf einen Widerspruch verweist. Kleine, böse, schlagfertige Pointen setzt. Nicht viele. Nur ein paar.

Das Schöne an dieser Premierensendung von Anne Will sind diese kleinen Momente, für die die Moderatorin sorgt. Wenn sie amüsiert und mit dem überlegenen Blick einer erwachsenen Frau das unfassbar kindergarteneske Spiel von Jürgen Rüttgers und Kurt Beck verfolgt und knapp kommentiert. Wenn sie nach einem besonders abwegigen Duell die nächste Frage mit den Worten einleitet: „Wenn die Stimmung schon am Boden ist…“ Sie trägt eine gutgelaunte Ernsthaftigkeit durch die Sendung. Nicht so kieksig überdreht wie Maybritt Illner, nicht so pseudoschwer wie Sabine Christiansen.

Neu an Anne Will sind vor allem die zwei Sitzgruppen für Betroffene, Bürger und Experten, die der eigentlichen Gesprächsrunde gegenüber Platz nehmen. Gleich am Anfang der Sendung setzt Anne Will sich zu einer Frau, die unter größtem Engagement für demütigende 1000 Euro brutto im Monat arbeitet. Das Gespräch gibt Anne Will eine Chance, später in der Runde die Politiker immer wieder auf den konkreten Fall zu verweisen und die Politiker zu fragen, was ihre schönen Gesetzesentwürfe denn der Betroffenen bringen würde.

Es ist eine gelungene Premiere für die Moderatorin, aber keine wirklich gute Sendung. Das Thema „Rendite statt Respekt“ gibt allen Anwesenden einen Vorwand, Sonntagsreden über die Arbeit und die Würde des Menschen zu halten — sogar Telekomchef Rene Obermann schafft es ohne große Herausforderung, sich als Konzernchef mit supersozialem Gewissen darzustellen, den die Diskussion um Mindestlöhne schon deshalb nicht interessiert, weil seine Firma locker viel mehr zahlt. Eine Dramaturgie ist nicht erkennbar, nach einer guten Dreiviertelstunde ist sehr die Luft raus, auch aus Anne Will, und dass ein Film in der Mitte der Sendung über eine ausgebrannte Ärztin im bleischweren Stil eines alten „Gott und die Welt“-Beitrages daherkommt, ist nicht hilfreich. Die Minuten dehnen sich.

Aber dann ist Schluss, und Jens Riewa sagt in ein ARD-Mikrofon, wie er die Sendung fand; am roten Teppich, der vom Studio zur After-Show-Party führt, brennen Fackeln; Scheinwerfer malen blaue Lichtstreifen in den Himmel, und es gibt warme Kartoffelsuppe mit Trüffeln aus kleinen Fläschchen mit Bügelverschluss. Und im Nachhinein bin ich mir nicht sicher, ob wir der Anne Will „’ne schöne Sendung gemacht haben“. Vielleicht hätte das auch lieber jemand dem Kurt und dem Jürgen sagen sollen.

e-mil für Dich

Der großartige Emil Steinberger wird heute 75. Wir haben versucht, ihm persönlich hinter seinem Tisch zu gratulieren, aber er war auf seiner Telefonattrappe nicht erreichbar.

Am Montagabend (21.15 Uhr) zeigt 3sat zu Emils 75. Geburtstag 75 Minuten lang seine besten Sketche.

Effe verliert Heimspiel gegen sich selbst

Als Superreicher hat man’s auch nicht leicht. Was, zum Beispiel, hat der Münchner Wohnungsmarkt schon zu bieten in der Preisklasse „Geld spielt keine Rolle“? Dieses Penthouse in Harlaching zum Beispiel, 330 Quadratmeter, 4400 Euro Miete (kalt), sechs Balkone — aber eine Küche, die so klein ist, dass der Herr Effenberg sich den Kopf einziehen muss! Oder dieses Haus in Ismaning: 800 Quadratmeter, sieben Millionen Euro Kaufpreis, acht Schlafzimmer — aber keine Badewanne!


Foto: RTL

Stefan Effenberg, der früher ein berühmter Fußballspieler war und danach ein berühmter Fremdgeher und Seinem-Freund-die-Frau-Wegnehmer, sucht ein standesgemäßes Heim in München für sich und seine Frau Claudia, geschiedene Strunz, und ihre Kinder aus früheren Ehen. Er hat nämlich gemerkt, wie er dem Kamerateam von RTL sagt, „dass das doch wirklich meine Frau ist, mit der ich mein Leben verbringen möchte. Und das wird dann auch so ausgehen. Wenn ich das will.“ (Er fügt dann noch ein „Oder?“ an und lacht gequält, was wohl selbstironisch wirken soll.)

Wie sie so nach den enttäuschenden Wohnungsbesichtigungen im Nieselregen über den Mittleren Ring fahren, guckt Frau Effenberg aus dem Fenster, sieht die Wohnblöcke und kommt ins Philosophieren: „Manche wohnen in so’nem Hochhaus, und die fühlen sich auch pudelwohl. Die kennen das nicht anders.“ Sie fügt hinzu: „Ich könnt‘ nie an so ner Hauptstraße wohnen. Wenn schon Hochhaus, dann im Grünen.“

Es ist überhaupt toll, was Frau Effenberg den ganzen Tag redet. Wie sie sich produziert und sichtlich Mühe gibt, als ganz interessante Person zu wirken. Wie sie routiniert ihr Leibgericht zubereitet, also mit einer Gabel Löcher in die Fertig-Curry-Wurst-Verpackung stanzt, bevor sie sie in die Mikrowelle schiebt, und dabei erzählt, wie gern und gut sie kocht. Und vor allem der Stefan. Aber sie auch. Und der Stefan erst.

In sechs Teilen präsentiert RTL von heute an Effenbergs Heimspiel. Theoretisch handelt es sich um das furchtbare Genre, das uns schon am Scheinprivatleben von Menschen wie Sarah Connor teilhaben ließ, praktisch aber um Fernsehtrash der besten Art. Die Protagonisten sind so schrecklich, dass sie schon wieder toll sind. Nach ungefähr einer Viertelstunde ließ sogar mein Wunsch nach, Effenberg ununterbrochen zu schlagen, und ich konnte es genießen, ihm in seiner ganzen Unwahrscheinlichkeit und Unwirklichkeit zuzusehen. Das liegt auch daran, dass die Geschichte mit der gut gelaunten Ironie erzählt wird wie sonst das Perfekte Dinner auf Vox, sogar von demselben Sprecher: Daniel Werner. Autor Matthias Schmitt hat ihm schöne Kommentare geschrieben, die nichts mit der üblichen RTL-Exclusiv-Masche zu tun haben — und nachhelfen, wenn sich Herr und Frau Effenberg gerade allein nicht lächerlich genug machen. „Joa“, sagt der Sprecher, als sie das Stadtschloss betreten, dessen Preis so hoch sei, das man ihn im Fernsehen gar nicht nennen darf, „joa, wer Gold mag…“

Effenbergs Heimspiel, sonntags um 19.05 Uhr auf RTL.

(Ungekürzte Fassung eines Artikels für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung)

Ehrlich sendet am längsten

Vor Two And A Half Men bei Kabel 1 hört man solche Ansagen nicht. Die folgende Programmansage sendete am Abend der britische Kanal E4, der seit Jahren täglich mindestens zwei Folgen von Friends zeigt:

Es könnte Sie interessieren zu erfahren, dass die folgende Episode von Friends die erste war, die damals bei E4 ausgestrahlt wurde. Und heute zeigen wir sie zum 65. Mal!

Ei wo isser denn?

Beim Aufräumen unserer Schreibstuben haben wir einen alten Ausschnitt aus Wetten, dass…?  vom 15. Dezember 1984 in einem verstaubten YouTube-Karton gefunden, der uns zu zwei Erkenntnissen führt:

1. Beim Versteckspiel würden die Playback-Komparsen jederzeit verlieren.

2. Die Bühnenbildner von Wetten, dass…? haben ihre Kulissen in den 80er-Jahren bei der Muppet-Show abgeguckt.


Ein Baumhügel

Die Teenieserie One Tree Hill galt einmal als heißer Anwärter auf einen Sendeplatz im werktäglichen Nachmittagsprogramm von ProSieben. Vier Jahre nach dem US-Start läuft One Tree Hill nun endlich bei ProSieben an, hat es jedoch nicht einmal auf einen Nachmittagssendeplatz am Wochenende geschafft: Sonntags morgens gegen 10.00 Uhr wird die Serie ab diesem Wochenende gezeigt.

Das kann kaum damit zusammenhängen, dass die Serie schlecht ist. Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Serie ist schlecht, nur normalerweise besteht ja darin bei ProSieben kein Zusammenhang zum Sendeplatz. Nachmittags laufen weiterhin die Busenhexen, und übernächste Woche startet die alberne Geisterjagd Supernatural zur Primetime. Beide sind allerdings nicht halb so langweilig wie One Tree Hill.

Hauptdarsteller ist Chad Michael Murray, der zuvor die Macho-Nervensäge Charlie in Dawson’s Creek und die Macho-Nervensäge Tristan in Gilmore Girls spielte. Hier spielt er einen vergleichsweise schüchternen Jungen und Basketball, aber letztlich dieselbe Rolle, die alle Teenieserien-Hauptdarsteller spielen müssen.

Die Serie verfährt nach dem bekannten Strickmuster von Highschool-Soaps: Liebchen-wechsel-dich, Verbrüderungen und jede Menge Anfeindungen, Intrigen, Lügen und schlechte Stimmung.

Hätte ich die Wahl, mir eine Stunde lang One Tree Hill ansehen zu müssen oder eine Stunde lang immer wieder den U2-Song anzuhören, nach dem die Serie benannt ist, fiele die Wahl auf U2. Wer allerdings auf melodischen, modernen Gitarrenrock steht, könnte die Serie schon wegen ihres großartigen Soundtracks mögen. Der Titelsong „I Don’t Want To Be“ von Gavin DeGraw ist ein fantastischer Ohrwurm, und der Rest hält ganz gut mit. Die vielen langatmigen Dialoge dazwischen stören lediglich.

One Tree Hill, sonntags gegen 10.00 Uhr auf ProSieben.

Ein bisschen anders, aber nicht weniger schlimm

Ausführlich möchte ich mich eigentlich gar nicht über das „neue“ Wetten, dass…? auslassen, denn umfassende Besprechungen der ersten Ausgabe mit Markus Lanz findet man ja auch… ähm… richtig: überall.

Mein Fazit steht deshalb schon in der Überschrift, und darüber hinaus beschränke ich mich auf die fünf wesentlichen Erkenntnisse des Abends.

1. „Wenn man Kinder hat, muss man sich um sie kümmern. Das sind keine Haustiere.“ (Zitat Karl Lagerfeld).

2. Im Gegensatz zu Thomas Gottschalk bereitet sich Markus Lanz auf seine Kandidaten und prominenten Gäste vor. Leider zeigt das im Fall der Kandidaten, dass es offenbar nicht an mangelnder Vorbereitung liegt, wenn ein Moderator sie nicht ernst nimmt. Im Fall der Prominenten macht es leider (oder zum Glück?) die Prominenten überflüssig. Denn Lanz wendet auch hier seine beliebte Interviewtechnik an, die daraus besteht, seinen Gästen zu erzählen, was sie in anderen Interviews gesagt haben, damit die das dann bestätigen können. Also im Prinzip so eine Art Presseschau in Anwesenheit Prominenter. Die braucht man halt dann nicht mehr.

3. Markus Lanz hat auch sein Talkshow-Gesicht importiert. Er setzt es auf, wenn die prominenten Wettpaten die nächste Wette erklären. Dabei sieht er dann so aus, als höre er davon zum ersten Mal. Dasselbe Gesicht verwendet er in seiner Talkshow, wenn er so tut, as finde er eine Geschichte wahnsinnig interessant.

4. Mit Twitter kann man jetzt sprechen! Eine Einblendung forderte auf: „Sprechen Sie mit auf Twitter“. Was die Twitter-Gemeinde sagte, blieb zumindest im Fernsehen geheim, aber man will ja auch nichts Negatives über die laufende Sendung einblenden.

5. „Bei der Probe war das anders.“ Mindestens fünfmal erzählte Markus Lanz, der offensichtlich den Ablauf der Show selbst für suboptimal hielt, davon, wie die entsprechende Situation in der Probe verlaufen war. Vielleicht täte man ihm einen Gefallen, wenn beim nächsten Mal statt der Show nur die Probe übertragen würde.

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