Das Fernsehen von morgen findet man in den 80er-Jahren.
Ein interessanter Trend ist im amerikanischen Fernsehen bemerkbar, und ich bin gespannt, wann er auch zu uns kommt: Man hat keine neuen, eigenen Ideen mehr. Moment, ist das nicht seit jeher die Kernkompetenz des deutschen Fernsehens?
Es ist keine gänzlich neue Erscheinung, dass frühere Erfolgsformate reanimiert werden. Schon 1984 legte man in den USA das Quiz Jeopardy neu auf, das erstmals in den 60er-Jahren auf Sendung gegangen war. Die neue Version läuft bis heute, und immer noch mit dem Moderator von 1984. Sogar die deutscheVersion von Jeopardy war eine Neuauflage, zuvor war das Format bereits unter dem namen Riskant gelaufen. Aber allmählich häuft es sich.
Manchmal klappts, wie bei Hawaii 5-0, Battlestar Galactica oder sogar Dallas und Beverly Hills, 90210. Häufiger nicht. Knight Rider. Flash Gordon. Auf der Flucht (Die Jagd geht weiter).
Drei Engel für Charlie konnten zwar im Kino erfolgreich reanimiert werden, aber eine Neuauflage als Fernsehserie überlebte 2011 keine zwei Monate. Das Remake von Der Chef hielt im Herbst 2013 nicht mal einen Monat durch und war nach vier Folgen schon wieder Geschichte. Beide Serien schafften es erst gar nicht ins deutsche Fernsehen, im Gegensatz zur neuen Sieben-Millionen-Dollar-Frau unter dem Originaltitel Bionic Woman, obwohl die 2007 in ihrer Heimat auch nach nur acht Folgen schon wieder abgesetzt worden war. Ein neuer Detektiv Rockford von den Machern von Dr. House erreichte gar lediglich die Planungsphase und wurde schon vor Produktionsbeginn wieder zu den Akten gelegt. So ergeht es nun wohl auch dem Versuch, Mord ist ihr Hobby neu aufzulegen, eine Serie, die schon beim Start 1984 wirkte, als sei sie versehentlich 30 Jahre zu spät auf Sendung. Octavia Spencer hätte die neue Hobbydetektivin spielen sollen. Die ursprüngliche Hauptdarstellerin Angela Lansbury, die heute 88 Jahre alt ist und noch immer regelmäßig Theater spielt, machte im vergangenen Herbst lautstark ihren Unmut deutlich, als die Pläne bekannt wurden. Diese Woche legte der Sender NBC die Pläne auf Eis und entließ Spencer aus ihren vertraglichen Verpflichtungen.
Dennoch ist es nachvollziehbar, warum die Sender sich immer wieder auf früher bewährte Formate verlassen wollen. Die Erfolgsquote von Neuauflagen liegt grob bei einem Viertel. Das ist eine höhere Erfolgsquote als bei komplett neuen Sendungen. In Deutschland wurden die Sender mit Updates von Der Bergdoktor und Dalli Dalli (das jetzt Das ist Spitze! heißt) glücklich, weniger mit Spiel ohne Grenzen, Der große Preis, Stahlnetz, Traumhochzeit und Einer wird gewinnen.
Deutlich sicherer ist der Flop beim gegenteiligen Versuch, also kein alter Stoff besetzt mit neuem Personal, sondern neuer Stoff besetzt mit alten Säcken. Dennoch setzen die US-Sender immer wieder genau darauf: Erst setzen sie nicht mehr ganz junge Schauspieler, die vor längerer Zeit mal Stars erfolgreicher Serien waren, als Stars neuer Serien ein, und dann die Serien ab. Das funktioniert nämlich fast nie.
Paul Reiser, Autor, Produzent und Hauptdarsteller der Erfolgsserie Verrückt nach dir, erlebte es 2010 mit der Paul Reiser Show, deren Ende nach nur zwei Folgen kam. Tim Allen aus Hör mal wer da hämmert ist zwar seit 2011 mit seiner neuen Serie Last Man Standing auf Sendung, dass die aber immer noch läuft, wissen nicht viele. Nach der ersten Staffel verschob der Sender ABC sie auf den im US-Fernsehen weitgehend bedeutungslosen Freitagabend. Robin Williams‘ neue Serie The Crazy Ones von Starautor David E. Kelley fiel schon wenige Folgen nach dem Start im vergangenen Oktober unter den Senderschnitt von CBS, hat damit aber immer noch dreimal so viele Zuschauer wie die Michael J. Fox Show, die am gleichen Tag Premiere hatte und nur deshalb noch auf Sendung ist, weil NBC sich zur Ausstrahlung aller 22 Folgen der ersten Staffel verpflichtet hatte, um die Rechte zu erhalten. Auf kaum höheren Quotenniveau läuft donnerstags direkt vorher Sean Saves The World mit Sean Hayes aus Will & Grace, aber wohl auch höchstens noch bis Mai. Happily Divorced mit Nanny Fran Drescher wurde im vergangenen Sommer schon wieder aus dem Programm genommen. Die Zuschauerzahlen beim Klassiker-Sender TV Land hatten knapp über einer Million gelegen. Sogar noch unter dieser Schwelle liegt die neue Serie Kirstie mit Kirstie Alley, ebenfalls bei TV Land. Sie läuft erst seit Dezember. Es gibt etliche weitere Beispiele, die waren aber so erinnerungsunwürdig, dass sie nicht mal mir mehr einfallen, und im meinem Kopf ist wirklich wenig anderes als Fernsehen.
Und trotz allem: Einen Tag nach der Verkündung, ein neues Mord ist ihr Hobby werde zunächst nicht weiter verfolgt, kündigte NBC eine neue Serie an. Mit Bill Cosby. Klammer auf: 76. Klammer zu. Weil aber sogar NBC wohl nicht damit rechnet, dass der alte Mann allein noch ein werberelevantes Publikum hinter dem iPad hervorlockt, soll er den Patriarchen einer Mehrgenerationenfamilie spielen. Also wie Ed O’Neill in Modern Family. – Ah, ein Gegenbeispiel! Na immerhin.
Mal sehen, welche alten Serien das deutsche Fernsehen noch neu verfilmt. Im ZDF geht es im März schon mal los mit Ein Fall für zwei, nur ein Jahr nach dem Ende des gleichnamigen Originals. Die Frage nach Stars von einst in neuen Serien stellt sich hierzulande nicht so sehr. Denn die sind ja alle noch versorgt und ohnehin bis an ihr Lebensende regelmäßig im Fernsehen. Jedenfalls solange es das Traumschiff und die ARD-Freitagsfilme gibt.