Warnung statt Überschrift: Vorsicht, Gossensprache!

Im Anfang war das Wort. Dann wurde es niedergeschrieben, und das Fernsehen verfilmte die Bücher.

Auch heute noch verfilmt das Fernsehen das geschriebene Wort, auch wenn es sich nicht mehr notwendigerweise um Literaturklassiker wie Krieg und Frieden oder die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull handelt, sondern um einen Twitter-Account. Er heißt „Scheiße, die mein Vater redet“.

Der US-Sender CBS gab heute bekannt, der neuen Comedyserie „Sh*t My Dad Says“ ab Herbst einen prominenten Sendeplatz am Donnerstagabend zu gewähren. Die Serie basiert auf dem Twitter-Account des 29-jährigen Justin Halpern, der mit seinem 74-jährigen Vater zusammenlebt und nichts anderes tut als dessen vulgäre Sprüche in die Welt zu twittern.

Tennessee ist schön. Ich glaube, in Tennessee habe ich zum ersten Mal gekotzt.

Natürlich habe ich ihm ein Geschenk gekauft. Er hatte einen Nierenstein! Wenn du einen Felsen durch deinen Pimmel pisst, verdienst du mehr als einen anerkennenden Schlag auf die Schulter!

Ich bin kein Pessimist. Irgendwann scheißt die Welt auf jeden. So zu tun, als sei es keine Scheiße, macht dich zu eine Idioten, nicht zu einem Optimisten.

Hör auf, dich zu entschuldigen! Es tut dir leid, er hat’s kapiert! Herrgott, du hast ein Glas Wein verschüttet, nicht seine Frau gefickt.

Mir ist nicht ganz klar, wie das prüde amerikanische Network-Fernsehen den „Charme“ der Vaterfigur erhalten will, ohne die meisten seiner Formulierungen übernehmen zu können. Einen Hauptdarsteller, der genau diesen Charme ins Fernsehen bringen kann, haben sie allerdings gefunden: William Shatner. Ich bin gespannt, ob das was wird.

Einen ganzen Haufen neuer Serien haben die großen US-Sender diese Woche für ihr Herbstprogramm angekündigt. Zwangsläufige Folge daraus ist die Absetzung einiger langjähriger Serien, die auch bei uns populär waren. Vox hat ausnahmsweise mal Glück, der Krimi Lie To Me der auf der Kippe stand, wird um eine weitere Staffel verlängert. Und auch Two And A Half Men wird nun doch fortgesetzt, nachdem sich Charlie Sheen überreden ließ, für umgerechnet eine Million Euro pro Folge doch weiterzumachen.

Dagegen sind u.a. folgende Serien Geschichte: 

Warum Haustiere erleichtert sind, dass Bob Barker sich endlich zur Ruhe setzt

Es war mir eine Ehre, all die Jahre lang… Nein. — Danke, dass Sie in den vergangenen… Auch blöd. Hmm. Ich freue mich, Ihr Interesse und Vertrauen genossen haben zu dürfen und wünsche Ihnen… Klingt gestelzt. Eine tolle Zeit geht für mich zu Ende, und…

Oh, hallo. Ich übe gerade, falls ich jemals eine Abschiedsrede halten muss, zum Beispiel zu so einem Allerweltsanlass wie dem Ende einer Ära oder so.

Wahrscheinlich sollte ich aber gleich aufgeben. Originellere letzte Worte als der 83-jährige Bob Barker am Ende seiner letzten Sendung nach 35 Jahren „The Price Is Right“ wird niemand mehr finden.

Denken Sie dran: Helfen Sie mit, die Haustierpopulation unter Kontrolle zu halten. Lassen Sie Ihre Tiere kastrieren. Tschüs zusammen!

Warum RTL uns spanisch vorkommt

Eigentlich hätte RTL es ja gar nicht mehr nötig, noch eigene Serien zu drehen. Sämtliche Sendeplätze könnten mit US-Wiederholungen gefüllt werden oder mit Menschen, die um die Wette auftreten oder verkuppelt werden.

Insbesondere hätte RTL es nicht nötig gehabt, die Serie Countdown – Die Jagd beginnt zu drehen, weil es sie nämlich schon gibt. In Spanien. Dort heißt sie „Cuenta atrás“, und die Protagonisten sehen fast genauso aus und heißen teilweise auch genauso wie ab heute bei uns.

Aber es gibt natürlich drei triftige Gründe, die dagegen sprechen, einfach das Original zu übernehmen:

  1. Der Standort: Die spanische Serie war irrtümlich nicht in Köln angesiedelt.
  2. Das Risiko: Obgleich RTL ohne gesundheitliche Folgen jede Woche etliche Stunden US-Serien zeigen kann, gibt es keine Untersuchungen darüber, ob die Zuschauer oder das RTL-Logo im Bildschirmeck bei Ausstrahlung einer europäischen Lizenzserie möglicherweise umgehend juckenden Ausschlag und hässliche Warzen bekommen.
  3. Die Statistik: Noch nie hatte ein deutscher Privatsender damit Erfolg, einfach eine ausländische Serie in Deutschland nachzudrehen. Irgendwann muss es also mal klappen, oder?


Oben: Countdown. Foto: RTL/Guido Engels. Unten: Cuenta atrás. Foto: Cuatro

Was die Serie von anderen unterscheidet, ist dieser Kniff: Sie beginnt mit dem dramatischen Höhepunkt, in der Regel mit einer Person, deren Leben gerade von einer anderen Person akut bedroht wird. Dann springt die Uhr zurück, und es wird die Geschichte erzählt, wie es zu dieser Situation kommt.

Das hat den Nachteil, dass der dramatische Aufbau bis zum Spannungshöhepunkt zwar gezeigt wird, die Spannung sich aber trotzdem in Grenzen hält, weil man ja weiß, was gleich noch passiert. Und dass dann das Opfer im nächsten Moment nicht wirklich stirbt, sondern von einem tollkühnen Helden gerettet wird, ist eigentlich auch klar, sonst wäre es ja noch langweiliger.

Was die Serie von allen anderen nicht unterscheidet, ist der Rest: Ein unkonventioneller Draufgänger als Protagonist, dem Regeln ein Dorn im Auge sind und der mit allem schläft, was befragt werden muss, zwischen dem und seiner Kollegin es aber knistert. Daneben ein paar wurstegale Nebenfiguren, ein feindseliger Chef und Kriminalfälle, die manchmal interessant genug sind, um die Serie über die Zeit zu retten.

Wie im Fernsehen ähnelt aber auch in diesem Text der Schluss dem Anfang: Eigentlich wäre diese Serie nicht nötig gewesen.

Countdown – Die Jagd beginnt, donnerstags um 21.15 Uhr bei RTL.

Was geht das denn den Klaus an?

Vielleicht ist es ja doch keine international einheitliche Pflicht für Spitzenpolitiker, eine möglichst langweilige, diplomatische und unkonkrete Aussage abzusondern, sobald sie von einer Fernsehkamera gefilmt werden.
Der Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë äußerte sich in arte info zu Klaus Wowereits Aussage, Delanoë wäre bestimmt ein guter Staatspräsident:

Was geht das denn den Klaus an? Sage ich ihm vielleicht, er solle als Bundeskanzler kandidieren? Obwohl das eine gute Idee wäre…

Was geht gar da rein?

Im Vorabendprogramm von RTL, also in einem Teil des 22-stündigen Rahmenprogramms von Ich bin ein Star – holt mich hier raus!, gaben gestern ehemalige Dschungelkönige ihre Einschätzung über die Karriereperspektiven der diesjährigen Finalisten ab. Und das ist ja zugleich die Antwort auf die Frage: Wer dieses Jahr gut abschneidet, wird nächstes Jahr wieder ausgegraben, um sich zur neuen Staffel zu äußern. Das ist die Karriere.

Mit der neuen Dschungelkönigin Brigitte Nielsen allerdings hat RTL noch in der Nacht eine Pilotfolge für eine eigene Kochsendung aufgezeichnet.

Was kratzt es die Legende, wenn sie an sich kratzt?

Der Fernsehbezug kommt gleich. Erst kurz ein Kinohinweis: Wenn Sie Spaß mögen, ein Freund von Kurzweil sind und gern unterhalten werden, meiden Sie „I Am Legend“, den neuen Will-Smith-Film. Oh mein Gott, war das langweilig!

Jetzt der Fernsehbezug. Wenn Menschen um die 30 an der Kinokasse nach ihrem Personalausweis gefragt werden, weil der Film ab 16 ist, trägt die Schuld daran allein das Fernsehen! Nur weil in Serien wie Beverly Hills, 90210, Dawson’s Creek und O.C., California permanent Teenager von 30-jährigen Schauspielern gespielt werden, bekommen mittelalterliche Kassiererinnen den Eindruck, junge Menschen sähen tatsächlich so alt aus!

Parkverbot am Washington Square in New York im Herbst 2006
„Hier dürfen Sie nicht parken. Hier wird gerade ‚I Am Legend‘ gedreht. Der Film wird aber auch nicht spannender als dieses Schild.

Was lange währt

Natürlich ist es bequem, einfach Informationen aus alten Pressetexten in neuere Texte rüberzukopieren, und wenn sie noch aktuell sind, spricht ja auch nichts dagegen. Aber entweder hätten die Informationen über die Schauspielerin Dana Golombek schon vor langer Zeit auf einen neueren Stand gebracht werden müssen, oder RTL dreht noch immer heimlich eine sehr, sehr lange weitere Staffel der Camper.

Was Lokführer können, können Hollywoodautoren schon lange

Alle erfolgreichen amerikanischen Late-Night-Shows haben mit Beginn der Woche ihren Betrieb eingestellt, weil die Autorengewerkschaft streikt. Für meine Freizeitplanung war es ganz glücklich, dass der Streik noch nicht vergangene Woche begann, sonst hätte ich in New York nicht an aufeinanderfolgenden Tagen im Publikum bei Conan O’Brien, Stephen Colbert und David Letterman sitzen können. Alle machten sich bereits über den bevorstehenden Streik lustig. Letterman erklärte, es könne unter Umständen sogar ganz interessant sein, zu sehen, was passiere, wenn ihm wieder selbst etwas einfallen müsse.

So einfach ist die Sache natürlich nicht. Die Late-Night-Moderatoren gehören zugleich zum Autorenteam ihrer eigenen Shows und sind deshalb an den Streik der Gewerkschaft gebunden. Sie könnten in ihrer Rolle als Moderatoren zwar auftreten, dürften aber kein geschriebenes Material verwenden, auch nicht ihr eigenes. Improvisieren wäre erlaubt. Oder zwangloses Geplauder. Wenn der Streik lange andauert, wonach es im Moment aussieht, werden die Shows früher oder später wieder auf Sendung gehen. Wie Letterman beim letzten mehrmonatigen Autorenstreik 1988 mit der Situation umging, werden wir etwas später an dieser Stelle schildern.

Jon Stewart erklärte den Zuschauern den Inhalt des Streits zwischen Autoren und Auftraggebern. Unter anderem geht es darum, dass die Autoren gern höher an den Einnahmen durch neue Verbreitungswege wie DVD-Verkäufe oder Internetnutzung beteiligt würden. In den bisherigen Verträgen waren diese Wege so gut wie gar nicht vorgesehen. Stewart erklärte noch ironisch, er könne die Begehrlichkeiten nicht verstehen, wie viel Fernsehen stünde schon ernsthaft im Internet zur Verfügung, um im nächsten Atemzug die Zuschauer darauf hinzuweisen, sie könnten sich während der Sendepause ja mit dem neuen Online-Archiv vergnügen, wo jede Episode abrufbar ist, seit Stewart die Show 1999 übernahm.

Außerdem ist mir das Kunststück gelungen, mir stundenlang als Zuschauer den Marathon in New York am Streckenrand anzuschauen und dabei sowohl Lance Armstrong, als auch Ulrike von der Groeben, Peter Kloeppel, Elton und Katie Holmes zu übersehen. Das ist doch was.

Was macht eigentlich…

…der „Stern“, wenn wir seine Überschrift klauen?
Vermutlich nichts, denn Kabel 1 durfte das ja auch.

Also dann: Was macht eigentlich Shona Fraser, die in den ersten beiden Staffeln in der Jury von Deutschland sucht den Superstar saß?

Das: Für die bevorstehende Abenteuer-Realityshow Survivor listet ProSieben sie als „Producer“.

So.

Der „Stern“ hätte sie jetzt wahrscheinlich noch gefragt, was sie von Gordon Brown hält und ob sie die Karrieren der damaligen und späteren „Superstars“ weiterhin verfolgt, aber wir wollen ja nicht alles stehlen.

Was sollen wir bloß senden?

Langsam gehen Vox die Krimiserien aus. Entweder werden sie von RTL gestohlen, gehören von vornherein ProSiebenSat.1, oder sie gehen viel zu früh zu Ende. So musste Vox vergangene Woche schon die zweite Staffel von The Closer anbrechen, weil es eine Serie des amerikanischen Kabelfernsehens ist, wo die Staffeln meist nur 13 statt der sonst üblichen 22 bis 24 Episoden umfassen. Wenn diese Staffel im Frühjahr durch ist, dauert es fast ein Jahr, bis neue Folgen vorliegen werden.

Weil aber außer dem perfekten Dinner nichts so erfolgreich läuft wie die Krimiserien, kramt Vox jetzt sogar schon The District – Einsatz in Washington  raus, die Älteren werden sich erinnern, eine manchmal spannende, manchmal amüsante und immer sehr, sehr pathetische Serie über einen anpackenden und aufräumenden Polizeichef in Washington. Schlecht ist die Serie nicht, doch wirkt ihre jetzige Programmierung wie ein Notnagel. Sie startete im September 2001 am gleichen Tag wie CSI, direkt im Anschluss. Während CSI sich im Lauf der Jahre zum internationalen Phänomen entwickelte, erhielt The District diese Chance nicht und wurde nach der ersten Staffel aus dem Programm genommen.

Jetzt, fünf Jahre später, haben sich die Voraussetzungen geändert. Vox ist zum derzeit uneinholbaren Tabellenführer der zweiten Fernsehliga gereift, und es scheint, als sei es völlig egal, welche amerikanischen Krimiserien der Sender zeigt und an welchem Sendeplatz, Erfolg haben sie immer. Selbst der neue Freitagskrimi Close To Home überholte auf Anhieb in der Zielgruppe, die die Werbewirtschaft den Schampus öffnen lässt, alle Konkurrenten aus dem gleichen Genre.

Also darf jetzt The District wieder ran, immer montags kurz nach 22.00 Uhr, denn, heißa, da liegen ja noch drei ungesendete Staffeln rum! Stoff für 66 Wochen! Feine Sache.

Bei der Gelegenheit, Vox: Irgendwo müssten auch noch drei ungesendete Staffeln der 2004 von Euch abgesetzten Polizeirettungsdienstfeuerwehrserie Third Watch – Einsatz am Limit rumliegen. Die passt zwar nicht ganz ins übliche Krimischema, aber vielleicht hätte die ja heute auch ein paar Zuschauer mehr. Solltet Ihr also noch weitere 66 Wochen füllen müssen…

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