ProSieben und die Mittwochsserien

Oft liegt es an einer Serie selbst, wenn sie erfolglos ist. Ebenso oft spricht die Sachlage aber gegen diese sehr einfache Erklärung.

Bei Emergency Room zum Beispiel. Oder bei Without A Trace. Emergency Room lief lange Zeit erfolgreich am Dienstagabend, bis Pro Sieben die Serie 2003 auf den Mittwoch verschob und dort im Duett mit der neuen Krimiserie Without A Trace zeigte. Beide konnten die Erwartungshaltung nicht erfüllen und fanden erst zum Erfolg (zurück), als die eine wieder auf den Dienstag zog und die andere zu Kabel 1. Das kann verschiedene Gründe haben, doch aus dem Ergebnis sollte der ausstrahlende Sender zumindest gelernt haben, oder? Hahahahaha!

Heute also, am Mittwoch, startet die neue Staffel von Emergency Room, und sie wird wieder mit einer Krimiserie gepaart: Cold Case – Kein Opfer ist je vergessen, frisch gemopst von Kabel 1, wo die Serie sowieso nur deshalb gelaufen war, weil Pro Sieben sich nach dem Desaster mit Without A Trace nicht getraut hatte, sie selbst zu zeigen.

Es gibt aber auch einen echten Neuzugang im Mittwochabendprogramm von Pro Sieben. Um 22.10 Uhr geht die skurrile Comedyserie Weeds – Kleine Deals unter Nachbarn an den Start, die durch Humor und Anmutung eigentlich danach schreit, sofort nach Desperate Housewives gesendet zu werden. Sie wissen schon, wegen „Audience Flow“ und so. Aber von „Audience Flow“ hat man im Unternehmen ProSiebenSat.1 ja ganz eigene Vorstellungen.

ProVierundzwanzig

Ausgerechnet ProSieben wird die sechste Staffel der tollen, aber quotenschwachen Serie 24 zeigen, weil RTL2 nicht mehr will. Wenn sie dort genauso lange durchhält wie andere Serien, benötigt sie nicht nur einen neuen Sender, sondern auch einen neuen Namen: 4.

Qual der Wahl

[Ironiealarm EIN.] Wenn ein Thema die Fernsehzuschauer so wahnsinnig interessiert wie die bevorstehende Bundestagswahl, können die Sender gar nicht genug dazu zeigen. Sat.1 hat das große Glück, gleich zwei kompetente Polittalker in einer Sendung vereinen zu können. [Ironiealarm AUS.]

Die ehemalige ARD-Schwarzseherin Sabine Christiansen und der ehemalige Spiegel-Chef Stefan Aust, der bereits weiß, wie man bei Sat.1 am Sonntagabend scheitert, präsentieren Ihre Wahl! Die Sat.1-Arena, und obwohl Christiansen gar nicht mehr beim Ersten arbeitet, sorgte ihr Ex-Arbeitgeber für das, was ein perfekter Audience-flow hätte sein können, denn so schlecht gelaunt, wie am Sonntagabend 90 Minuten lang alle im Tatort waren, wirkt sogar Christiansen wie eine Stimmungskanone.

Premierengast ist Wirtschaftsminister zu Guttenberg, und das war noch eine andere Premiere: Es kommt sonst nicht vor, dass der Politiker, der in einer Politshow zu Gast ist, die Popularität der Moderatoren übertrifft, denn im Gegensatz zu Christiansen und Aust ist Guttenberg noch gar nicht lange genug bekannt, um besonders häufig negativ aufgefallen zu sein.

Aber warten Sie, der eigentlich Höhepunkt kommt noch: „Und dann schalten wir noch zu Sebastian Krumbiegel, dem Sänger der Prinzen, der sich heute Abend zusammen mit Freunden die Sendung im Fernsehen ansieht.“ Potztausend, Herr Aust. Zu mir hat noch nie jemand geschaltet. Und ich hatte auch Freunde zu Besuch. Die gingen allerdings sechs Minuten nach Sendungsbeginn nach Hause. Sollte ich das per SMS mitteilen?

Am unteren Bildschirmrand werden polternde SMS-Texte von Zuschauern eingeblendet, die sich auf der Ebene von „Das glaubt doch kein Mensch!“ und „Die Roten machen immer nur Mist!“ an der Diskussion beteiligen. Das ist ein raffinierter Schachzug, denn im Vergleich dazu wirkt Sabine Christiansen viel kompetenter als damals im Ersten, als sie eigentlich nur dadurch auffiel, dass sie ihre Gesprächspartner immer dann unterbrach, wenn es gerade interessant zu werden drohte. Diese Gefahr besteht diesmal nicht.

Nach der ersten Werbepause sitzt auch noch Oskar Lafontaine da. Logisch, Gysi ist ja auch bei Anne Will. Das geht alles von zu Guttenbergs Redezeit ab, der bestimmt gern noch ein paar Mal „gerüttelt Maß“ sagen würde. Und auch Christiansens Redezeit wird begrenzt, indem zwischendurch Fragen von Zuschauern eingespielt werden, die sich selbst mit einer Webcam aufgenommen haben. Das filmische Niveau kennen Sat.1-Zuschauer ja aus dem Vorabendprogramm.

Und dann kommt noch die Bauunternehmerin Claudia Sturm, die nach der nächsten Werbepause von Sabine Christiansen so angekündigt und behandelt wird, als sei sie eine Passantin, die zufällig des Weges gekommen war. Und dann ist die Sendung auch schon vorbei. Halt! Herr zu Guttenberg will es sich noch herausnehmen, auf die letzte gestellte Frage, die noch offen im Raum stand und nach der Christiansen sich verabschieden wollte, zu antworten. Ha! Dieser Amateur! Stefan Aust winkt nach wenigen Halbsätzen lachend ab, und dann ist aber auch wirklich vorbei.

Immerhin hatte die Sendung im Mittelteil einen erkennbaren Informationsgehalt — in den Werbepausen. Aber was genau haben wir nun von dieser weiteren Wahlvorfeldsendung? Oh, für die Antwort haben wir leider keine Zeit mehr.

Qualitätsfernsehen im Spiegel der Zeit

Schade eigentlich. In der ursprünglichen Version des nachfolgenden Texts waren mehrere Zitate den falschen Personen zugeordnet. Danke an die Kommentarschreiber für die entsprechenden Hinweise. Jetzt stimmt hoffentlich alles, aber wir sind verwirrt und garantieren sicherheitshalber für nichts. Qualitätsjournalismus ist eben auch nicht mehr, was er mal war.

Komik beruht immer auf einem gewissen Gefälle. Wenn einem jungen Mann oder einem Kind womöglich etwas misslingt, sagt man: Naja, das steht ihm zu. Wenn einem Älteren mit der ganzen Erfahrung, die er hat, dasselbe passiert, ist es viel komischer, weil er ja mit einem ungeheuren Anspruch an sich und die Welt auftritt. Wenn der sich irrt, wenn der fällt, dann ist das komisch.
(Loriot)

Wer aktuelle Talkshows kritisiert, wer Marcel Reich-Ranickis Abgesang auf die Qualität des deutschen Fernsehens mitpfeift, oder wer denkt: „Früher war alles besser, denn früher war alles aus Holz“, der wurde gestern Abend von Loriots Geburtstagscollage eines Besseren belehrt.

Zwischen Ausschnitten aus Loriots humoristischem Schaffen konnte man Teile von Interviews aus fünf Jahrzehnten sehen und musste zu dem Schluss kommen: Früher war vieles tatsächlich sehr hölzern — und nicht unbedingt besser.

Journalisten wie Gero von Boehm, Gerhard Schmitt-Thiel, Hellmuth Karasek, Axel Corti, Lea Rosh, Marianne Koch und der inzwischen verstorbene Theatermann August Everding stellten Behauptungen auf, zitierten, und manchmal fragten Sie Loriot sogar etwas. Allen gemein war die unfassbar geschmacklose Kleidung, die nur zum Teil der damaligen Mode geschuldet war, denn neben einem tadellos stilsicheren Loriot fiel sie umso mehr auf.

Lea Rosh quatschte Loriot ständig dazwischen und glänzte mit Bürgertums-Bildung: „Tristan ist meine Lieblingsoper!“

Hellmuth Karasek fragte nicht, sondern interpretierte den Loriot-Sketch „Bettenkauf“.

Axel Corti versuchte sich in Meta-Fragen:

Corti: „Wenn man öfter interviewt wird, und das passiert ja manchmal, können Sie Ihre eigenen Antworten noch erhören?“

Loriot: „Ich kann vor allen Dingen die Fragen nicht mehr hören. Meine Antwort kenn ich ja.“

Andere (Schmitt-Thiel und von Boehm) überlegten, machte lange Pausen mitten im Satz, um dann schließlich doch grammatische oder inhaltliche Fehler zu machen.

‚Triumph eines Genies‘ (Titel eines Films, in dem Loriot mitwirkte, Anm. d. Autors). Erinnert Sie das?

Axel Corti:

Als 1938 in Deutschland das geschah, was komischerweise immer noch Reichskristallnacht heißt, und wohl richtigerweise Progromnacht (sic!) hieße, da waren Sie wo?

Marianne Koch wollte ein bisschen provozieren, fiel dabei aber auf sich selbst herein:

Koch: „Ich finde, dass die ganze Sammlung dieser Loriot-Typen, ob jetzt gezeichnet, oder in persona, irgendwie’n bisschen freudlos, asexuell ist, ich mein‘ gerade noch verheiratet, aber…. ja — ist das irgendwie, äh, ich mein, woran liegt das?“

Loriot: „Wahrscheinlich wollte ich zu mir selbst einen wirkungsvollen Gegensatz schaffen.“

In diesem Zusammenhang wirkten die aktuellsten Interview-Ausschnitte von Beckmann weit weniger schmierig, als es die sagenhafte Switch-Reloaded-Parodie seiner Sendung vermuten ließe.

Auf Beckmanns Frage, ob es unter den Fernsehmenschen von heute jemanden gäbe, den er gerne karikieren würde, fiel Loriot keiner ein. Wahrscheinlich war er aber einfach zu höflich.

Quotenrekorde immer nur bei Niederlagen

Nun, dann ist ja wenigstens der Quotenrekord doch noch gefallen: 31,1 Millionen Zuschauer sahen allein auf heimischen Fernsehern das WM-Halbfinale zwischen Deutschland und Spanien. Das ist die höchste jemals gemessene Zuschauerzahl einer Fernsehsendung. Spitzenreiter war bisher das Halbfinale von 2006 zwischen Deutschland und Italien mit 29,66 Millionen.

Wer braucht da noch eine Endspielteilnahme? (Schönfärb… schönfärb…)

Römisch II

Vor einem Jahr gab es im ZDF schon einmal eine Krimiserie, die zum Teil in Rom spielte und in den gegensätzlichen Hauptrollen eine deutsche Frau einem Mann aus Italien gegenüberstellte. Donna Roma war ganz nett, floppte aber.

Auf dem gleichem Sendeplatz beginnt heute ein neuer Versuch, der aber weit weniger weltlich ist und ein bisschen an den „Da Vinci Code“ erinnert. Aber nur ein bisschen, denn während der „Da Vinci Code“ eine wirre Abenteuergeschichte im Stil von Fünf-Freunde-Büchern war, ist Ihr Auftrag, Pater Castell ein nachvollziehbarer Krimi, der an ZDF-Serien erinnert.


Foto: ZDF

Das Umfeld ist ein ungewohntes. Hauptfigur ist ein Pater aus Rom, der als Sonderbeauftragter des Vatikans kriminelle Taten in aller Welt aufklären soll, deren Opfer Mitarbeiter der Kirche wurden. Bei seinem ersten Fall trifft er wenig überraschend auf eine toughe Kirchengegnerin in ungefähr seinem Alter, die rein zufällig ebenfalls keinen Lebensgefährten hat. Sie ist die Hauptkommissarin, mit der er in München zusammenarbeiten muss. München, weil es verboten ist, dass in ZDF-Serien niemand bayerisch spricht. Was die Sache ein wenig unglaubwürdig macht, ist, dass ihn auch seine nächsten Fälle immer wieder nach München führen werden, wo in den nächsten Wochen so viele Mönche, Kardinäle und Theologen ermordet werden, dass das ohnehin bestehende Personalproblem der katholischen Kirche bedenkliche Ausmaße annimmt. Auf diese Weise können sich die beiden gegensätzlichen Hauptdarsteller nämlich noch eine Weile kabbeln.

Auch die Besetzung macht die Sache ein wenig unglaubwürdig, denn ein bisschen fühlt man sich an Karneval erinnert. Alle Männer, die hier Würdenträger spielen, sind bekannte deutsche Schauspieler, die wir schon tausendmal als Verdächtige in ZDF-Krimis oder als Ärzte gesehen haben, die sich aber diesmal mit bunten Mützchen und Gewändern als Kirchenleute verkleiden.

Letztendlich kommt es aber auf die Geschichte an, und die ist in der Premiere völlig okay, gegen Ende wird es sogar noch richtig spannend. Ihr Auftrag, Pater Castell ist originell, schön umgesetzt und ordentliche Unterhaltung.

Ihr Auftrag, Pater Castell, donnerstags um 20.15 Uhr im ZDF.

Raab bleibt Marathonleerlaufmeister

Genau drei Stunden und 44 Minuten, die insgesamt zehn Werbeunterbrechungen mitgerechnet, hat die „McFit Fight Night“ auf Pro Sieben gestern gedauert, in der unter anderem, gegen Ende, auch Stefan Raab kurz wieder gegen Regina Halmich boxte.

Es war eine dieser abendfüllenden Stefan-Raab-Sendungen, in der kein Furz gelassen wird, ohne dass er fünfundachtzigmal angekündigt, von siebzehn Promis kommentiert, von zwei Sponsoren präsentiert, von drei Werbepausen unterbrochen, von Elton zum Anlass für eine Wette genommen, sechzehnmal in Zeitlupe wiederholt und siebenundzwanzigmal zusammengefasst wird. Gestern war das Publikum vor Ort irgendwann von den ewigen Verzögerungen so genervt, dass es seinen Unmut deutlich zum Ausdruck brachte.

Und das hört man ja gern und hofft, dass diese schreckliche Sendungs-Aufblas-Taktik auf Dauer nicht aufgehen wird, sondern selbst potentiell interessierte Fernsehzuschauer zum Beispiel beim siebten gescheiterten Gesprächsversuch mit Dariusz Michalczewski, dem x-ten egalen Gesprächsfetzen mit einem B-Promi oder einer der nicht mehr zählbaren Schaltungen in die Umkleidekabine frustriert abschalten. Oder überhaupt erst um 23 Uhr einschalten und sich die ersten Stunden mit dem Vorprogramm so fast ungesehen versenden.

Leider nicht: Schon ganz am Anfang hatte die „Fight Night“ gestern sehr gute Quoten (19,3 Prozent Marktanteil bei 14- bis 49-Jährigen; 3,7 Millionen Zuschauer insgesamt). Und sie steigerten sich im Laufe der nächsten dreieinhalb Stunden fast kontinuierlich auf zuletzt über 50 Prozent Marktanteil und fast 5 Millionen Zuschauer bei den 14- bis 49-Jährigen (gesamt: 43 Prozent Marktanteil und 8,6 Millionen Zuschauer).

Es besteht also nicht der geringste Grund zur Hoffnung, dass ProSieben zukünftige „Events“ weniger entsetzlich inszeniert.

Rabenschwarzer Tag

Und dann war der noch der Rabenvater, der in einer wenig geläufigen Sprache auf einen Raben einredete und vorgab, mit dem Jenseits sprechen zu können. Seine Auskünfte von dort waren so ungefähr wie das, was man sonst auf Kanal Telemedial oder anderen Astrokanälen hört. Als er Jürgen Vogel vorhersagte, er werde seine verstorbenen Angehörigen „in einem schönen Lichtkegel“ wiedersehen, klang das allerdings eher nach Home Shopping Europe, wo man den schönen Lichtkegel bestimmt sofort hätte bestellen können. Er faselte seinen Wischiwaschikram, redete sich um jede konkrete Aussage herum und bewies mit der Ansprache von Sonja Kraus als „Anja“, dass er nicht nur zum Jenseits, sondern auch zum Diesseits keinen echten Kontakt zu haben schien. Ausgerechnet er kam in die nächste Runde, der von allen Teilnehmern am ehesten wie ein Scharlatan wirkte. Aber vermutlich hat er aus genau diesem Grund den Titel „The Next Uri Geller“ am ehesten verdient.

fernsehlexikon.de am 9. Januar nach der Premiere von The Next Uri Geller über den Kandidaten Vincent Raven.

Und siehe da, er hat das Finale gestern tatsächlich gewonnen. Dann passt ja alles.

Radieschen von oben

Man muss ja auch mal loben können. ProSieben, 2007 noch Absetzsender Nummer 1, hat seit einiger Zeit Geduld als holde Tugend entdeckt, und hält vor allen Dingen an einigen schönen US-Serien fest, obwohl sie nur ein viel zu kleines Publikum erreichen. Zuletzt zum Beispiel an Eli Stone, dessen erste Staffel vergangenen Mittwoch regulär zu Ende gegangen ist.

Insofern besteht vielleicht Hoffnung für eine neue Fantasy-Comedy-Drama-Mischung, die heute startet, die noch abstruser ist und zumindest den wenigen Fans von Eli Stone ebenfalls gefallen dürfte, aber hoffentlich noch ein paar mehr.


Foto: ProSieben

Die Prämisse von Pushing Daisies ist kompliziert und vermutlich das Bescheuertste, was sich jemand ausgedacht hat, seit… Nein, ohne seit. Die Prämisse ist vermutlich das Bescheuertste, was sich je jemand ausgedacht hat. Punkt. Ein Kuchenbäcker kann Tote durch Berührung für eine Minute wieder zum Leben erwecken, muss sie dann noch mal berühren, damit sie unwiederbringlich sterben, andernfalls stirbt jemand anderes. Und weil er seine zum Leben erweckte Kindheitsliebe nicht noch einmal verlieren will, darf er sie bloß nie mehr berühren, zieht aber sicherheitshalber mit ihr zusammen.

„Was wäre, wenn du nicht tot sein müsstest?“
„Na ja, das wäre mir natürlich lieber.“

Schon allein dieser Blödsinn ist es wert, sich die Serie anzusehen. Leider dauert es eine schleppende Viertelstunde, bis die Grundkonstellation erklärt ist. Und genau das wird sie: Erklärt. Nicht gezeigt, nicht erschlossen. Erklärt. Und zwar von Thomas Magnum. Dessen Stimme, die schon Wunderbare Jahre erzählte, schildert in vielen, vielen Worten, wie es dazu kam, dass der Kuchenbäcker so ist wie er ist, und wie er es merkte. Länger braucht nur Frank Elstner, um die Spielregeln seiner Sendungen zu erklären. Es wirkt ein bisschen wie die ProSieben Märchenstunde, was noch dadurch verstärkt wird, dass einige der Hauptfiguren in knallbunten Märchenhäusern wohnen. Die Off-Erzählung wirkt, als würde jemand im Fernsehen ein Buch vorlesen – eine Form, die eigentlich nicht mehr als zeitgemäß gilt, seit Margot Trooger 1967 sechs Folgen lang Pippi Langstrumpf vorlas.

Der Punkt ist aber: Wenn man die langatmige Einleitung überstanden hat, wird Pushing Daisies eine skurrile, kurzweilige Serie mit schnellen und witzigen Dialogen, immer knapp vor der völligen Übertreibung und durchaus sehenswert. Aber eben ein Märchen.

Wie lange die Idee trägt, ist eine andere Frage. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass aus vielen der originellsten, kuriosesten Serien mit den interessanten Grundkonstellationen schnell die Luft raus war, während viele andere Serien langfristig interessant blieben, die ganz konventionell einen Kommissar, einen Arzt oder eine Familie mit Couch in den Mittelpunkt gestellt haben. Doch für den Anfang sollten wir uns drüber freuen und hoffen, dass ProSieben die Sache mit dieser Geduld noch eine Weile bewahrt.

Pushing Daisies, mittwochs um 21.15 Uhr auf ProSieben.


Foto: ProSieben

Randerscheinung

Es kommt selten vor, dass das deutsche Fernsehen publikumsfreundlicher agiert als das amerikanische. In den USA beginnen Werbeblöcke an den vorgesehenen Stellen dezent am Ende eines Akts, und nicht explosionsartig mitten im Dialog, die Senderlogos werden in den unteren statt in den oberen Ecken eingeblendet, damit sie nicht dauernd Köpfe verdecken, und die vielschichtige Erzählweise und die vielen popkulturellen Anspielungen in vielen Serien fordern die Zuschauer, statt sie für dumm zu verkaufen.

Doch es gibt einen Punkt, da könnten die Amerikaner in Sachen Zuschauerservice ausgerechnet von den Deutschen lernen.

„Die nachfolgenden Sendungen verschieben sich um ca. 20 Minuten“. Eine der bekanntesten Einblendungen im deutschen Fernsehen.  Oder, wenn die Verspätung schon genau berechnet werden kann, weil die überzogene Sendung schon länger zurückliegt, sogar noch konkreter: „Tagesthemen um 22.27 Uhr“. In den USA undenkbar.

Beim Marktführer CBS verschieben sich fast jeden Sonntag sämtliche Sendungen des Abendprogramms, weil die Sportübertragung am späten Nachmittag kein verlässliches Ende hat. Eine Leserin des amerikanischen „TV Guide“ schreibt diese Woche an den Fernsehkritiker Matt Roush und schlägt vor, man könne doch zur vollen Stunde, wenn die neue Sendung eigentlich beginnen sollte, kurz einblenden, wann sie stattdessen beginnt: „Die Sender quetschen schon so viel Werbemüll an den Bildschirmrand, mal eine nützliche Information dazwischen wäre erfrischend. (…) Nennen Sie mich zynisch, aber etwas derart Vernünftiges ist vermutlich zu viel verlangt, oder?“

Matt Roush antwortet, es sei vermutlich tatsächlich zu viel verlangt, weil die Sender kein Interesse daran haben, das Zsuchauen zu vereinfachen, damit man bis zum nächsten Sendebeginn noch bequem die Konkurrenz schauen kann.

Schönes Deutschland.

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