Die DDR schafft sich ab
Das Schöne an Geschichtsdokumentationen ist, dass man gegebenenfalls etwas lernt und in jedem Fall dem aktuellen Tagesgeschäft entfliehen kann. Zumindest eine Dreiviertelstunde mal Gesichter der Vergangenheit sehen, und nicht dieselben Nasen, die sonst den ganzen Tag die Schlagzeilen beherrschen.
Im ersten Teil der ARD-Doku Damals nach der DDR schildern Zeitzeugen, Mauerspechte, Flüchtlinge, Politiker, was vor zwanzig Jahren… Ähm – MOMENT! Dieses Gesicht der Vergangenheit kenne ich doch!
Thilo Sarrazin!?
Gut, klar, er war damals im Bundesfinanzministerium für innerdeutsche Beziehungen zuständig; in seinen Bereich fielen das Begrüßungsgeld und die Währungsreform.
Und so jemanden will man in einer solchen Doku doch sehen: Einen kompetenten Gesprächspartner, der von allen ernst genommen wird!
Ah, richtig, da war der Haken, beim Ernst. Lenkt in diesen Tagen nicht allein schon sein Anblick vom Inhalt ab? Hätte man Thilo Sarrazin vor der Ausstrahlung der weißgottwann produzierten Doku aus aktuellem Anlass herausschneiden müssen? Natürlich nicht. Auch wenn es vermutlich konsequent gewesen wäre, ihn nach allem anderen auch aus einer bereits fertigen Fernsehsendung zu entfernen. Hätte man vielleicht einen Hinweis einbauen können, wann die Sendung produziert wurde? Auch Quatsch. Titel und Thema besagen schon, dass es um 1989/1990 geht.
Irgendwie wirkt es zwar merkwürdig, aber zugleich sogar ganz angenehm, dass Thilo Sarrazin auftreten und darüber reden kann, wie das damals war, als die DDR-Bürger in den Westen kamen, ohne dass sofort alle Zeter und Mordio schreien.
Die ARD schafft es, mit Thilo Sarrazin ein sachliches Gespräch über Zuwanderung zu führen! Wer hätte das gedacht?
Vielleicht ist das alles aber auch nur Teil des ARD-Themenabends „Von den Ereignissen überholt“. Der anschließende Trailer, der für die Rückkehr von Harald Schmidt am Donnerstag wirbt, endet mit den Worten der Off-Sprecherin „Natürlich im Ersten“ und einem anschließenden Ausschnitt aus einer alten Schmidt-Sendung, in dem er gerade „Nicht zu fassen“ sagt. Das wirkt heute auch unfreiwillig viel lustiger als es gedacht war.
Antworten kann ohnehin nur der allwissende Beckmann geben. Dessen Thema heute: „Der richtige Umgang mit Thilo Sarrazin“.
14. September 2010 um 01:33
„Wie hat man sich das vorzustellen?“
14. September 2010 um 10:43
Wäre ich des Teufels Advokat, müsste ich an dieser Stelle einwerfen, dass Thilo Sarrazin natürlich auch sachlich über Zuwanderung reden kann, denn in Sachen Wiedervereinigung geht es ja in seinem Weltbild in erster Linie um Zuwanderung von genetisch nicht weiter fragwürdigen Deutschen.
Aber ich bin ja weder des Teufels, noch Advokat.
14. September 2010 um 19:04
@nona
Stimmt nicht. Bei Herrn S. sind Uckermärker dümmer als Schwaben (oder so ähnlich).
15. September 2010 um 14:54
Wenn man den Mann mal ausreden lassen würde und bein Lesen seines Buches die großen Buchstaben zuerst lesen würde…..würde man vielleicht verstehen.