Die neuen Text-Bild-Scheren sind da!
Deluxe – Alles was Spaß macht ist ein Wohlstandsmagazin beim Zynikersender n-tv, in dem es um alles geht, für das man sein Geld sinnvoll verwenden kann. Gestern zum Beispiel um Luxuswasser für 69 Euro pro Flasche, das die Qualität von Leitungswasser hat, dessen Flasche aber mit Diamanten besetzt ist, und um einen BMW für 150.000 Euro, in dem es zwei WLAN-Anschlüsse gibt und eingebaute Monitore in den Sitzen.
Davon hat man schließlich viel mehr als wenn man sein Geld für diese andere Sache zum Fenster hinauswirft, die währenddessen ständig am unteren Bildschirmrand eingeblendet wurde.
Es ist gut, dass es einen Sender wie n-tv gibt, der die Probleme der Menschheit ins richtige Verhältnis setzt (bei dieser Bildschirmaufteilung etwa ins Verhältnis 10 zu 1).
In einem Beitrag über das gar nicht so dolle Glamourleben von Models beklagt sich Miss Germany Kim Valerie hier gerade, dass gar nicht überall für sie ein roter Teppich ausgerollt wird.
Hier beklagt sich Miss Rubensengel Tanja, dass sie früher immer unter ihrer Figur gelitten hat.
Hier beklagt sich der Ehemann der Miss Rubensengel, dass viele Besucher der Kaufhausmodenschau die Autogrammkarten seiner Frau wohl später wegwerfen werden.
Hier beklagt sich eine Managerin, dass es tatsächlich Models gibt, die den richtigen Umgang mit Besteck und Zahnstochern nicht kennen.
Hier beklagt sich Miss Germany, dass sie manchmal falsch behandelt und bevormundet wird, obwohl sie doch schon erwachsen ist.
Hier gibt’s lecker Champagner.
Hier hat Miss Germany Angst vor der Schlange, die sie für Fotoaufnahmen um den Hals hat.
Hier beklagt sich Miss Rubensengel, dass sie bei einer Veranstaltung keine eigene Garderobe hat und sich in einem Abstellraum umziehen muss.
Und hier findet es die Ansagerin Jennifer Knäble schade, dass die Sendung schon zu Ende ist.
Wenigstens zum Schluss gibt’s noch eine gute Nachricht.
16. Januar 2010 um 15:34
Es ist wichtig, dass auf so etwas deutlich hingewiesen wird. Danke und Hut ab!
16. Januar 2010 um 15:41
Kann man für zynisch halten, bildet aber doch das Selbstverständnis unserer Spezies ganz gut ab.
Wen es nicht so traurig wär, könnte man drüber lachen.
16. Januar 2010 um 15:41
Nur der Vollständigkeit halber: Die (noch) aktuelle Miss Germany ist die Karlsruherin Doris Schmidts, die hier erwähnte Kim Valerie trug den Titel das Jahr davor. Möglicherweise war das eine ältere Sendung, die zufällig bei der x-ten Wiederholung in eine etwas unpassende Nachrichtenlage fiel. Aber wer guckt schon n-tv, wenn er Nachrichten sehen will?
16. Januar 2010 um 18:41
Immerhin zeigt das Senderlogo ganz genau an, wo der Nachrichtensender zu finden ist, nämlich auf unteren 5 cm des Bildschirms. Alles darüber ist (wie auch bei N24) eine Resteverwertungsstelle für belanglose Reportagen der größeren Privatsender.
16. Januar 2010 um 20:11
Ich kann der Kritik nur zustimmen, mich nervt es auch langsam, immer nur von Haiti hier und Haiti dort zu hören und zu lesen. Selbst bei den schönen belanglosen Sendungen, die eigentlich nur gemacht wurden, damit man sich über die ganzen versnobten Penner aufregen kann, wird man dauernd durch das Elend der Welt abgelenkt. Lasst mich endlich mit dieser Katastrophenpornografie in Ruhe! Haiti war schließlich vorher schon arm und scheiße und hatte viele Tote.
Wer Sarkasmus findet…
16. Januar 2010 um 20:28
2 WLAN- Anschlüsse? WTF ist das?
16. Januar 2010 um 23:15
Begrüßt die Moderatorin (will ihren Namen nicht nennen, die geht gewöhnlich gerne gegen Kritiker vor) ihre ZuschauerInnen denn immer noch mit „liebe Milliardäre“? Hat sie in der Anfangszeit der Sendung gemacht…
17. Januar 2010 um 02:18
2 wlan anschlüsse hat man damit man nicht so lange kabel im auto legen muss *g*
Aber sonst ists doch richtig das spenden und aufmerksamkeit für diese katastophe in einer sendung die an die oberschicht gerichtet ist gezeigt wird, sollte man im armen arbeitslosen tv sammeln? dort haben die leute selber kaum genug da kommen keine spenden zusammen.
17. Januar 2010 um 10:45
Bin ich eigentlich der einzige, der dieses Bild von der Text-Bild-„Schere“ völlig beknackt findet? Eine Schere ist für mich in erster Linie etwas zum Schneiden, hier wird aber weder Text noch Bild geschnitten. Echt ein blöder Ausdruck.
17. Januar 2010 um 15:25
Ich weiß nicht, ob die Sendung eher von Reichen gesehen wird, die Anregungen für ihre Geldverschwendung benötigen oder von denen, die wenig haben, um sich über die protzige Überheblichkeit der Reichen aufzuregen.
Sollte erstes der Fall sein, finde ich die Textinformation mit gleichzeitigem Spendenaufruf gar nicht so schlecht platziert(siehe auch Kommentar von XfrogX).
Viel schlimmer finde ich, dass es Sendungen mit solcher Dekadenz-Verherrlichung ÜBERHAUPT gibt.
17. Januar 2010 um 15:28
Ich befürchte fast, Du bist wirklich der Einzige mit diesem Eindruck. Eine Schere kann nicht nur schneiden, sondern auch mehr oder weniger auseinanderklaffen – etwa zwischen „Arm“ und „Reich“ – eine häufig benutzte Metapher.
17. Januar 2010 um 15:51
Diese Konsumverherrlichung geht mir unfassbar auf die Nerven und alles vom „Leben der Superreichen“ ist wirklich nicht wert, dass man darüber berichtet. Auf der Yacht ist man auch nicht glücklicher, es weint sich nur schöner in die Sesselbezüge aus Eidechsenpenisleder.
Die Text-Bild-Schere finde ich unfassbar zynisch. Aber sowas interessiert heute keinen Redakteur beim Sender mehr. Hass auf die eigene Arbeit und das Publikum, was sich diesen Dreck dann ansieht, sind Arbeitsalltag.
17. Januar 2010 um 17:21
Ahahaha, was für arme Würstchen haben denn nur zwei WLan-Anschlüsse im BMW? Dabei weiß doch jeder, dass man mindestens 10000 WLan-USB-Anschlüsse mit Minimum DSL 30000000 samt FullOverOptimum HD und 20 Mio Megapixel braucht um guten Empfang für alles inkl. n-tv zu haben um so lästige Nachrichten wie die über von einer Katastrophe heimgesuchte arme und hungernde (iiih) Menschen rauszufiltern. Da werd ich die von DeLuxe gleich mal drauf aufmerksam machen. 😀
17. Januar 2010 um 17:37
[…] Ein schönes entsetzliches Beispiel dafür, wie unsensibel unsere Medien mit dem sind, was sie publizieren, wird drüben im Fernsehblog am Beispiel einer n-tv-Sendung nachgezeichnet. Dort zeigt man, wie pervers merkwürdig es sein kann, wenn der transportierte Sendungsinhalt mit einem Newsticker über ein dramatisches Ereignis wie dem Erdbeben auf Haiti eklatant auseinandergeht: Die neuen Text-Bild-Scheren sind da!. […]
17. Januar 2010 um 19:29
[…] Das Fernsehlexikon trägt sich mit Gedanken zu einem anderen Aspekt des gleichen Themas: Die neuen Text-Bild-Scheren sind da. […]
17. Januar 2010 um 20:33
Schön sind ja auch diese passenden Werbeeinblendungen bei youTube, für ein Mittel gegen Mundgeruch oder für ein „Überlebenspaket“ (was immer das sei), beides gesehen bei Haiti-Berichten drübergeblendet.
18. Januar 2010 um 00:11
mit welchem belanglosen scheiß sich die „nachrichtenmacher“ um n-tv beschäftigen ist schon traurig. man weiß nicht ob man heulen oder lachen soll. danke für diesen, auf den punkt gebrachten, ausschnitt des medienalltags.
18. Januar 2010 um 06:32
Das mit den WLAN-Anschlüssen (Widerspruch in sich, oder?) verstehe ich auch nicht aber ist ja nur nebensächlich 😉
Dass diese Formate widerlich sind und unkritisch einen vollkommen dekadenten/egoistischen Materialismus abfeiern ist klar, aber so ist das im Privatfernsehen eben mit Angebot und Nachfrage. Und ich glaube, dass solche Formate keinesfalls von reichen Leuten gesehen werden sondern eher vom Gegenteil. Muss man wohl mit leben.
Die Pietätlosigkeit der Verantwortlichen dieser „Schere“ ist allerdings selbst für die Maßstäbe von n-TV & Co. inakzeptabel.
18. Januar 2010 um 19:12
Teilweise ist der Gegensatz zwischen Bild und Text so groß, dass man dahinter fast schon Absicht des (sehr zynischen) Redakteurs vermuten könnte, statt schlicht und einfach von Gedankenlosigkeit auszugehen.
18. Januar 2010 um 21:33
[…] Fernsehlexikon zeigt in seinem Eintrag sehr schön wie N-TV mit dem Erdbeben in Haiti […]
18. Januar 2010 um 21:46
Eine Bildstrecke, die nicht lang genug sein kann.
19. Januar 2010 um 14:16
was genau ist denn jetzt das problem? das es eine sendung gibt, die sich mit diesen belanglosigkeiten auseinandersetzt? oder das in dieser sendung zu spenden aufgerufen wird? wen die sendung stört – einfach nicht einschalten, ist ganz einfach! und wenn ein paar euro dabei rumkommen, hat sich das banner auch schon gelohnt. wer von den fleissigen schreibern hier hat schon was gespendet..?? ich hoffe doch alle, ansonsten ist´s doppelt albern! einfach mal entspannen..
20. Januar 2010 um 12:37
Das Problem ist der geschmacklose Widerspruch zwischen den Themen von Sendung & Laufband. Ist doch eigentlich nicht so schwer, oder? Der Schwerpunkt der Sendung selbst ist zwar auch abstoßend, aber das ist wohl Geschmackssache.
Und doch, man darf auch kritisieren wenn man Nix (oder woanders) gespendet hat.
6. Februar 2010 um 12:27
Ich frage mich ja ohnehin, warum sich Sender, deren Nachrichtengehalt aus einer Banderole am unteren Bildschirmrand und fünfminütigen Alibi-News bestehen, sich Nachrichtensender nennen dürfen, wenn der Löwenanteil des Programms aus Recycling von Boulevard-Schrott anderer Privatsender und Millionen mal wiederholten Reportagen über Nazis oder Riesenmaschinen besteht.
Genauso zynisch und menschenverachtend finde ich auch diese immer wieder zu sehenden Einblendungen, die und die Naturkatastrophe wird die Wirtschaft so und so viele Milliarden Dollar kosten. Ich kann gar nicht so viel essen…
22. Juni 2017 um 10:23
[…] sind manchmal witzig, manchmal doof, zynisch – und oft auch unfreiwillig […]