Die Werbelügen von Comedy Central

Könnte sich vielleicht ein Zeitungskollege erbarmen und einen schrecklichen Verriss über Comedy Central schreiben? Möglichst mit üblen Beschimpfungen, Verbotsforderungen und Vergleichen à la „schlimmer als Hitler“? Er würde einen kleinen, mutmaßlich erfolglosen Sender sehr glücklich machen.

Comedy Central würde nämlich so gerne damit werben, wie schlimm seine Sendungen von den Feuilletonisten dieses Landes gefunden werden. Aber weil die sich weigern, sich über den Sender zu empören, muss er dauernd Zeitungs-Zitate fälschen.

Die Show „Kargar trifft den Nagel“ preist Comedy Central so an:

"Sven Nagel verletzt Persönlichkeitsrechte" - Die Tageszeitung

Tatsächlich hat die „taz“ aber, wie Torsten Kleinz in seinem Notizblog berichtet, nur nüchtern gemeldet, dass Tine Wittler gegen ihre Verulkung als „Tine Hitler“ vorgegangen ist:

Durch einen Sketch des in Kiel geborenen und in Braunschweig zur Szene-Größe gereiften Kabarettisten Sven Nagel hat sie ihre Persönlichkeitsrechte verletzt gesehen — einstweilige Verfügung vom Landgericht Hamburg — und Aus.

Comedy Central hat sich nicht einmal getraut, es auf einen Prozess ankommen zu lassen. Die „taz“ kühl: „Man ist eingeknickt.“

Für seine Behindertenshow „Para-Comedy“ wirbt Comedy Central so:

"Konfrontation mit Behinderten" - jetzt.de

Das klingt an sich schon nicht so furchtbar aufregend, stimmt aber auch nicht: jetzt.de hat nur einen der Komiker gefragt:

„Das heißt, Sie setzen auf Konfrontation mit Behinderten?“

Aber vielleicht stimmt ja wenigstens dieses Zitat unserer österreichischen Nachbarn, mit dem Comedy Central wirbt:

"Berührungsängste zwischen Behinderten und Nichtbehinderten"  - Oberösterreichische Nachrichten

Ja und nein. Im ganzen Satz lautet es nämlich so:

Mit der Sendung wollen Martin Fromme und seine Kollegen dazu beitragen, dass Berührungsängste verschwinden und ein lockerer Umgang zwischen Behinderten und Nichtbehinderten stattfindet.

Na, vielleicht hat Comedy Central ja Glück, und eine der betroffenen Zeitungen geht juristisch gegen die Fälschungen vor.

Stefan, 7. April 2007, 18:15.

4 Kommentare


  1. Hmm – ich hab grad so viel zu tun – re:publica und so. Aber vielleicht kann ich es reinquetschen 🙂

  2. Apropo Comedy Central. Wollten die nicht demnächst „Out of Practice“ zeigen? Bisher gabs keine Ankündigung. Kommt das noch?

  3. @ Andreas: Ja, wollten sie, und die offizielle Sprachregelung ist noch immer „demnächst“.
    Vor dem Sendestart des ganzen Kanals hatte Comedy Central sogar schon einen Sendeplatz angegeben (dienstags um 20.15 Uhr), aber damals hatten sie auch noch angekündigt, die Daily Show with Jon Stewart im Fernsehen und nicht nur im Internet zeigen zu wollen.
    Ein Starttermin für Out of Practice ist weiterhin nicht bekannt, aber ein deutscher Untertitel: „Doktor, single sucht…“ Grandios. Man muss aber einräumen, dass das Wortspiel mit „practice“, das sowohl „Übung“ als auch „Arztpraxis“ heißen kann, ohnehin nicht ins Deutsche übersetzbar ist.

    Und an alle: Out of Practice ist eine intelligente Sitcom zweier langjähriger Frasier-Autoren über eine Familie von Ärzten und ein schwarzes Schaf (ein Psychologe ohne Doktortitel), die leider nach nur einer Staffel in den USA abgesetzt wurde. Ein deutsches Lebenszeichen gibt es aber immerhin schon hier (noch unsynchronisiert, aber untertitelt).

  4. […] Oben erwähnte ich “weil Hitler als Comedyfigur noch nicht omnipräsent war“. Das war damals, im letzten Jahrtausend. Inzwischen ist Hitler aber die einfachste Methode für faule Komiker einen Lacher aus dem Publikum zu quetschen. Und anders als vor einigen Jahren muss man nicht befürchten, dass einem die kollektive Presse auf die Fresse gibt. Was Comedy Central wahrscheinlich bedauert, versucht man doch mit aller Gewalt kontrovers zu wirken. […]



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