Réthy und Plethi
Vielleicht werde ich allmählich altersmilde oder altersschwachsinnig. Vielleicht wird aber auch der Fußballkommentator Béla Réthy allmählich alterskompetent.
Jedenfalls hat diese Europameisterschaft, auch wenn sie sonst nicht viel gebracht hat, dazu geführt, dass ich meinen Frieden mit Béla Réthy geschlossen habe. Dass ich nie sein allergrößter Fan war, hatte ich ja hier und da mal beiläufig angedeutet. Aber bei dieser EM habe ich mich ein paarmal dabei ertappt, dass ich über Bemerkungen Réthys lachte, die tatsächlich lustig gemeint waren. Und ihn habe ich dabei ertappt, wie er manche spannende Torchance nicht wie gewohnt ausschwieg, sondern packend kommentierte, als habe mit sechs Jahren Verspätung endlich auch ihn die Fußballeuphorie von 2006 angesteckt. Auch nimmt die Schilderung des Spielgeschehens in seinen Reportagen mittlerweile einen größeren Platz ein als Anekdoten über die Geburtstagsfeiern der Spielerfrauen.
Das Vorrundenspiel zwischen der Ukraine und Frankreich war es jedoch, bei dem Réthy besonders auffiel – genauer war es in der knappen Stunde, die das Spiel wegen des Unwetters unerbrochen war und er ausführlich den Regen kommentierte. Das war zwar nicht so gut wie damals bei Marcel Reif und Günther Jauch, die es mit einem umgefallenen Tor zu tun hatten, aber auch bei weitem nicht so schlecht wie vor vier Jahren, als Rethy während eines längeren Bildausfalls den Zuschauern größere Teile des Spielgeschehens verschwieg. Unterhaltsamer als das ganze Halbfinale zwischen Spanien und Portugal war es allemal.
Vielleicht kann Béla Réthy während der Fußballspiele endlich freier aufkommentieren, weil der Druck weg ist, weil er jetzt seine wahre Berufung gefunden hat: Regen kommentieren.
Und vielleicht birgt das die Hoffnung, dass eines Tages sogar Tom Bartels seine wahre Berufung finden wird. Zum Beispiel gärtnern. Oder schlafen.
1. Juli 2012 um 23:04
Frieden mit Bla Rethy? Niemals. Der erwähnte Regenkommentar war der ganze Ausdruck seiner Hilflosigkeit, wenn mal etwas Außergewohnliches passiert. („Ich könnte Ihnen noch erzählen, was es gestern zum Essen gab“ – und das tat er dann auch noch.) Das einzige was ich an Rethy wirklich schätze, sind seine großzügigen Sprechpausen.
2. Juli 2012 um 00:38
Weil mich das Regenspiel und Béla auch so bewegt haben, hier mein Gedicht zum Thema:
Er ist unser Mann am Mikrofon
Ihn kennt jedes Kind, ihn kennt die Nation
Sein Kopf ist gefüllt mit allerlei Daten
Doch er hat keinen Garten
Béla Réthy hat keinen Garten
Man fragt sich oft, wer ist dieser Mann
Der alles weiß, der alles kann
Er lacht lauthals auf, wenn andere raten
Doch er hat keinen Garten
Béla Réthy hat keinen Garten
Oft wirkt er gequält, oft wirkt er verbissen
Mal weiß er selbst nicht, wohin mit dem Wissen
Dann haut er drauf, dann gibt er den Harten
Doch er hat keinen Garten
Béla Réthy hat keinen Garten
Martin Schneider heißt der Mann neben ihm
Im Regen von Donezk, da wurd’ es intim
Sie schau’n auf den Rasen, weg fliegen die Karten
Jetzt wissen es alle: Er hat keinen Garten
Béla Réthy hat keinen Garten
Wir nörgeln, wir kritteln, wir jammern herum
Manche wünschen sich laut, dieser Mann wäre stumm
Doch auf uns im Keller, da wartet ein Spaten
Nicht bei Béla. Denn er hat keinen Garten
Béla Réthy hat keinen Garten
2. Juli 2012 um 08:48
Seine besten Zitate von gestern waren für mich (sinngemäß)
„Die Italiener, die diese Taktik bereits mit dem ersten Teller Nudeln verinnerlichen.“
und nur drei Minuten später.
„Die Spanier beherrschen das Kurzpassspiel wie keine andere Nation. Sie lernen es, sobald sie laufen können!“
2. Juli 2012 um 08:56
…altersmilde klingt jetzt irgendwie so nach Tchibo-Erlebniswelt….ich mag den Bela Rèthy….weil der nämlich auch ne Brille hat..
2. Juli 2012 um 10:34
Mich würde es sehr interessieren, nach welchen Kriterien ein ZDF-Fussballkommentator vom Sender ausgewählt wird.
Ist dort echte Nicht-Begeisterung oder absolutes Unverständnis der Fussball-Fan-Seele erforderlich, um sogar ein EM-Finale kaputt reden zu können? Wir haben nun alles erfahren, was mit dem Spiel auf dem Rasen überhaupt nichts zu tun hatte und uns und wahrscheinlich millionen Andere vor dem Bildschirm gefragt, ob jeder Sender „seinen eigenen Heiko Wasser bräuchte“ um irgendeine uns unbekannte Minderheiten-Quote an Dummschwätzern zu erfüllen!?
Man, war ich zu diesem Zeitpunkt froh, dass Deutschland da nicht spielte, solch ein Spiel ohne Ton wäre wirklich schlimm gewesen.
2. Juli 2012 um 18:13
Dass der Artikel ausgerechnet gestern in der Halbzeitpause veröffentlicht wurde, hat mich doch sehr verwundert – ich fand Béla Réthy nämlich mal wieder ausgesprochen unerträglich.
2. Juli 2012 um 21:47
Thomas Wark vom ZDF!! Seit der WM 2006 singe ich sein Lied. Er verplappert sich zwar auch schonmal, aber er gibt sich wenigstens Mühe mit den Spielernamen und wenn es mal spannend wird, kommentiert er auch so. Und: Oh Schreck: wenn er mal (aus Versehen) das Rethy-Abo durchbricht und ein Deutschland-Spiel kommentieren darf, dann lässt er manchmal sogar den Deutschland-Fan raushängen.
3. Juli 2012 um 08:30
@Hannah
Vielleicht wurden die Zeilen ja so früh veröffentlicht, weil der Herr Reufsteck diese Woche Frühdienst hat und darum früh ins Bett musste, weil er am nächsten Morgen ja schon früh aus den Federn musste???
3. Juli 2012 um 11:08
@Tempo: Das war dreimal „früh“ in einem Satz. Davon müssen wir eins leider abziehen, bleiben noch zwei Punkte.
3. Juli 2012 um 11:42
Blue, das ist mir auch schon aufgefallen….liegt vielleicht daran, dass ich schon so früh dran war…heute…..so viele Punkte…
3. Juli 2012 um 22:07
Mady rechnet das am Ende der Sendung dann in Schilling um.
25. Juli 2012 um 14:18
Jede Minute in der ein deutscher Fernsehkommentator bei Spielen schweigt ist eine gute Minute, basta!
Das nervendste ist, dass viele Kommentatoren das audiovisuelle des Mediums Fernsehen vergessen.
Oder einfach gesprochen: es wird nur kommentiert, was eh jeder sehen kann.
Das fängt beim sinnlosen Aufzählen der Abspielstationen an
(„Schweinsteiger, Lahm, Schweinsteiger, Klose…) und endet beim kommentieren wirklich jeder Spielsituation die im Fern“sehen“ für den Fan auch ohne Erinnerung des Kommentators klar erkennbar ist
– Das war eine Ecke (während der Spieler die Ecke gerade ausführt)
– Da bekommt er die Gelbe Karte (während gerade in Großaufnahme der Schiedsrichter mit der Karte in der Hand gezeigt wird
– und TooooooR.
etc.
Alternativ werden sinnlose Banalitäten, Trivialitäten und Anekdoten erzählt, damit – Gott bewahre!“ – nur keine Sekunde geschwiegen werden muss.
Auf dieser Waßer (Erklärbär des Offensichtlichen und Trivialen) Rethy (Meister der sinnlosen Anekdoten und Non-Sequiturs) Skala ordnen sich alle deutschen Kommentatoren irgendwo ein.
Bezeichnend, dass der allgemein als beste Moment geltende, genau der ist, wo ein Kommentator mal 5 Minuten die Klappe gehalten hat. Nämlich die Fangesänge der Iren.
Anstatt die Zeit mit sinnloser Information zu füllen könnte man wirklich mal über weite Strecken – wo es nichts zu sagen gibt – auch die Klappe halten.
Alternativ könnte man aber auch Hintergründe, Taktik, Spielzüge beschreiben. Dazu bräuchte man aber dann auch Kommentatoren, die etwas von Fußball verstehen (was jetzt noch ein anderes Thema ist)