Legendär: Emmys im Anzug!
ProSieben ist in diesem Jahr etwas konsequenter, was die Emmy-Verleihung angeht. Statt einfach nur aus Unlust oder Inkompetenz einzelne Preise oder Gags zu unterschlagen, indem zu früh aus der Live-Übertragung ausgestiegen oder zu spät wieder eingeblendet wird, zeigt ProSieben die ganze Veranstaltung dieses Jahr einfach gar nicht.
Hier im Fernsehlexikon gibt’s trotzdem heute Nacht Live-Zeugs.
Moderator ist diesmal Neil Patrick Harris, bekannt als Barney aus How I Met Your Mother und als Doogie Howser aus Doogie Howser, M.D.
Im deutschen Fernsehen wird die Verleihung ab 2 Uhr bei einem Sender namens TNT Serie übertragen.
2.o1 Uhr: Die Show eröffnet mit einer Musicalnummer, in der Neil Patrick Harris die Zuschauer singend auffordert, die Fernbedienung aus der Hand zu legen. Ich nehme die Fernbedienung in die Hand und stelle lauter.
2.05 Uhr: Die Show läuft seit fünf Minuten, und Harris stellt fest: „Wir hängen bereits 27 Minuten.“ Außerdem erklärt er seinen Job: „Ich bin hier, um dafür zu sorgen, dass alles glatt läuft. Ich hoffe, Kanye West mag 30 Rock.“
Das Orchester ist diesmal auf der Bühne zu sehen. Harris: „Normalerweise sitzen die im Graben. Heute können Sie sie sehen, und dann sehen Sie, warum sie somnst im Graben sitzen.“
Die Verleihung ist diesmal in fünf große Blöcke nach Genres geteilt. Es geht los mit allen Preisen aus dem Bereich Comedy.
2.13 Uhr: Beste Nebendarstellerin Comedy wird Kristin Chenoweth aus Pushing Daisies und weint sich durch die Dankesrede. Frau Chenoweth hat schon eine extrem quietschende Stimme, wenn sie nicht weint, aber diese Rede jetzt können wohl nur noch Hunde hören.
2.21 Uhr: John Hodgman spricht heute die informierenden Off-Texte über die Gewinner, während sie aus dem Pulikum auf die Bühne treten. Als er kurz vorgestellt wird, erklärt er, das meiste zu erfinden. Und das tut er tatsächlich. Nie waren diese kurzen, beiläufigen Texte lustiger.
2.23 Uhr: 30 Rock gewinnt seinen ersten Preis für heute, fürs Drehbuch. Keine Überraschung, vier der fünf Nominierten waren Autoren von 30 Rock.
Neil Patrick Harris kommt nicht so gut an, wie ich erwartet hätte, nachdem er für seine Moderation des Musical-Preises Tony viel gepriesen worden war. Ich finde ihn lustig, aber das Publikum ist recht still. Harris merkt das auch: „Der Abend hätte sich in zwei Richtungen entwickeln können. Momentan entwickelt er sich in die zweite.“
2.26 Uhr: Bester Nebendarsteller Comedy: Jon Cryer in Two And A Half Men.
2.34 Uhr: Justin Timberlake präsentiert den Preis für die beste Comedy-Hauptdarstellerin und überreicht ihn an Toni Collette für United States of Tara.
2.38 Uhr: Voll von gespieltem Sarkasmus gratuliert Neil Patrick Harris nachträglich seinem Kollegen Jon Cryer. In dessen Kategorie war auch Harris selbst nominiert. Nur um sicher zu gehen, lässt er sich von Cryer nochmal den Umschlag mit dem Namen des Gewinners zeigen.
2.42 Uhr: Bester Comedy-Regisseur: Jeff Blitz von The Office. Off-Sprecher Hodgman erfindet: „Als er von seiner Nominierung erfuhr, küsste er Angelina Jolie und ging wieder ins Bett.“
2.50 Uhr: Bester Comedy-Hauptdarsteller: Alec Baldwin in 30 Rock.
2.54 Uhr: Aha: Genre-Fünfteilung hin oder her, der wichtige Preis für die beste Comedy-Serie kommt doch erst am Ende der Übertragung. Jetzt läuft aber noch eine kurze Trickfilm-Zuspielung der nominierten Serie Family Guy. Es ist das erste Mal seit Familie Feuerstein, dass eine Trickserie als beste Comedy nominiert ist. Baby Stewie befragt den sprechenden Hund Brian, welche Serie den Emmy bekommen sollte. Brian findet How I Met Your Mother habe den Preis verdient, Neil Patrick Harris sei grandios. Nach einer ausführlichen Jack-Bauer-Folter durch den Kleinen sieht der Hund ein, dass natürlich Family Guy gewinnen müsse. Brutal lustig.
3.00 Uhr: Wir sind im Reality-Teil angekommen. Jeff Probst gewinnt als bester Moderator für Survivor und beglückwünscht Neil Patrick Harris zu dessen Leistung: „So moderiert man die Emmys!“ Er ist also einsichtig. Probst und vier Reality-Kollegen waren vergangenes Jahr als Emmy-Moderationsquintett gescheitert.
3.08 Uhr: The Amazing Race gewinnt zum siebten Mal den Emmy als beste Reality-Spielshow. Seit es diese Kategorie gibt, hat noch nie eine andere Sendung gewonnen. Das dritte Jahr in Folge schreibe ich im Wortlaut diesen Satz und erhöhe lediglich die Zahl.
Ein schöner Running Gag des Abends ist, dass Harris die Laudatoren ankündigt mit „Sie kennen ihn als…“ und dann frühe Nebenrollen nennt, an die sich kein Mensch erinnert.
3.13 Uhr: Wir sind in der Filmkategorie angekommen. Die großen US-Sender zeigen aber keine eigenproduzierten Filme mehr, also so ähnlich wie es die deutschen Sender mit eigenproduzierten Serien halten. Es gewinne deshalb in der Regel Pay-TV-Produktionen. Deshalb muss man sich als Deutscher keine Gedanken machen, wenn man keinen der Filme gesehen hat: Die Amerikaner haben es auch nicht.
3.30 Uhr: Zum ersten Mal dürfen die (echten) Emmy-Buchhalter auf der Bühne erklären, wie die Stimmen der Juroren ausgewertet werden. Zu blöd, dass ausgerechnet währenddessen sich der böse Dr. Horrible mit seinem Videoblog ins Programm hackt.
Harris spielte die Rolle des Superschurken Dr. Horrible bereits in dem mehrfach ausgezeichneten Web-Musical „Dr. Horrible’s Sing-Along Blog“. Er erklärt das Fernsehen für tot, denn „warum solle man Filme so groß sehen, wenn man sie auch so groß sehen kann?“ (Das Fernsehbild schrumpft auf ein kleines Kästchen in der Bildmite zusammen.) Außerdem sehe man Filme im Internet ohne die lästigen Unter… (buffering… buffering… buffering…) brechungen. Als dem bösen Videoblogger der Akku ausgeht, sind die Buchhalter zufällig gerade fertig.
3.52 Uhr: Die Variety-Kategorie beginnt mit einem Preis für den Regisseur von American Idol.
3.53 Uhr: Dann kommen die kleinen Filmchen, in denen traditionell die nominierten Autoren der Late-Night-Shows auf skurrile Weise vorgestellt werden. Die Autoren des Colbert Report stellen sich zum eitlen Gruppenfoto vor dem Ed Sullivan Theater in New York auf. Das Theater ist sehr prägnant, denn auf seiner Markise prangt in großen Leuchtbuchstaben der Schriftzug der Show, die dort produziert wird: Late Show with David Letterman. Lettermans Autoren sind ebenfalls nominiert. Ihre Namen werden von Billy Crystal gesungen. Es gewinnen aber die Schreiber der Daily Show with Jon Stewart.
4.02 Uhr: Jimmy Fallon fällt.
4.04 Uhr: Als beste Originalmusik wird Hugh Jackmans Eröffnungssong der Oscar-Verleihung geehrt.
4.08 Uhr: Ricky Gervais übergibt den Preis für die Beste Comedy-/Varietyshow an die Daily Show with Jon Stewart, wie immer. Off-Sprecher John Hodgman, selbst Mitarbeiter der Daily Show, erläutert: „Die Daily Show ist jetzt in ihrem 76. Jahr, sie begann einst auf Comedy Central Radio…“ Es ist der siebte Gewinn in Folge.
Jon Stewart: „Wenn die Oscar-Typen mir ein Lied schrieben, ich würde es singen! Ehrlich!“
4.20 Uhr: Willkommen in der abschließenden Kategorie Drama: Als bester Nebendarsteller gewinnt Michael Emerson für Lost, als beste Nebendarstellerin Cherry Jones als US-Präsidentin in 24. John Hodgman aus dem Off: „Sie ist jetzt die Favoritin für die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2012“.
4.25 Uhr: Während in einer Collage aus kurzen Ausschnitten an die Verstorbenen des Jahres erinnert wird und Patrick Swayze mehr Applaus bekommt als Michael Jackson, gibt es Livemusik: Sarah McLachlan singt ihren Hit „I Remember You“.
4.35 Uhr: In der Kategorie „Bestes Drehbuch“ sind fünf Bücher nominiert, vier davon sind von Mad Men-Autor Matthew Weiner. Er verliert also dreimal.
4.40 Uhr: Beste Drama-Hauptdarstellerin: Glenn Close in Damages.
4.49 Uhr: Bester Drama-Hauptdarsteller: Bryan Cranston für Breaking Bad. Er setzt sich u.a. gegen Hugh Laurie durch, hätte aber auch Konkurrenz haben können, die er offenbar mehr gefürchtet hätte: „Ich bin so froh, dass Glenn Close eine Frau ist.“
4.53 Uhr: Fernsehlegende Bob Newhart erzählt von seiner ersten Show vor fast 50 Jahren: „Unsere Einschaltquote lag bei minus sieben. Nicht nur sah niemand zu; auch Menschen, die gar keinen Fernseher besaßen, sagten, wenn sie einen hätten, sie würden nicht zusehen.“
Er übergibt den Preis für die beste Comedyserie wie gewohnt an 30 Rock. Hauptdarstellerin, Autorin und Produzentin Tina Fey bedankt sich beim Chef des Senders NBC, dass ihre Serie noch auf Sendung sei, obwohl sie viel teurer sei als eine Talkshow. Eine bissige Anspielung auf das neue Herbstprogramm von NBC, in dem fünf einstündige Sendeplätze für Serien fehlen und stattdessen eine tägliche Talkshow mit Jay Leno läuft.
5.0o Uhr: Beste Dramaserie: Wie vergangenes Jahr Mad Men.
Das war’s. Es war unspektakulär, aber ganz lustig. Viele Gags lassen sich in der Theorie natürlich schlecht nacherzählen. Vielleicht tauchen ja noch ein paar Videos auf…
Das Fazit hatte Ricky Gervais eigentlich schon eine Stunde vor Schluss auf der Bühne ausgesprochen:
„Besser als letztes Jahr, gell?“
20. September 2009 um 23:21
Applaus, Applaus! Dann muss ich es nicht alleine gucken 🙂
21. September 2009 um 02:06
Live-Stream hier:
http://www.ustream.tv/channel/east-coast-primetime-tv
21. September 2009 um 02:34
Oh Danke Irreversibel.
made my day
21. September 2009 um 10:15
Ja wie, Tina Fey hat für ihre grandiose Palin-Darstellung in SNL („I can see Russia from my house“) nicht den Preis für den besten Comedy-Gaststar bekommen? Was war denn das für eine Jury?
21. September 2009 um 11:04
@ Wolfgang: Doch, hat sie. Die Gastdarsteller-Preise wurden aber schon vor einer Woche in einer Vorveranstaltung vergeben.
Da gewann auch Michael J. Fox für seinen Gastauftritt in „Rescue Me“.
21. September 2009 um 11:14
[…] “Pushing Daisies”) schnell auch noch. Den besten Kommentar dazu gabs beim Livebloggings auf dem Fernsehlexikon: Frau Chenoweth hat schon eine extrem quietschende Stimme, wenn sie nicht weint, aber diese […]
21. September 2009 um 13:08
„Frau Chenoweth hat schon eine extrem quietschende Stimme, wenn sie nicht weint, aber diese Rede jetzt können wohl nur noch Hunde hören.“
Ist das nicht obligatorisch bei US-Preisverleihungen? Und schön zu sehen, dass Troy McClure nicht in Vergessenheit geraten ist 🙂
21. September 2009 um 13:16
@Michael, danke für die Info, das ist bis jetzt offensichtlich noch nicht mal zur de-Wikipedia durchgedrungen, deshalb hatte ich gefragt, siehe
http://de.wikipedia.org/wiki/Emmy-Verleihung_2009#Gastdarsteller
21. September 2009 um 21:02
Merkwürdige Einschätzung bei DWDL – das US-Fernsehen wird für bankrott erklärt, weil keine neue Serie etwas abräumen konnte. Auf dem Niveau möchte ich das deutsche Fernsehen auch mal pleite gehen sehen.
27. September 2009 um 21:54
[…] <via Fernsehlexikon> […]