Balsambaumgewächse
Fotos: RTL2
Das deutsche Fernsehen misst mit seltsamen Maßstäben. Die hervorragende US-Politserie The West Wing zeigte es nicht, weil man eine Serie, die im Weißen Haus spielte, deutschen Zuschauern nicht vermitteln könne. Die mittelmäßige US-Politserie Welcome Mrs. President, die im Weißen Haus spielte, zeigte es.
David E. Kelleys Anwaltsserie Practice — Die Anwälte brach das deutsche Fernsehen zwar an, aber auch ab, und nie wieder ward im Free-TV von ihr gehört. Stattdessen wurde gleich David E. Kelleys Fortsetzung Boston Legal gezeigt, die Practice mit einigen (den US-Zuschauern) bekannten Charakteren weiterführte.
Die großartige Thrillerserie 24 war beim kleinen Sender RTL2 mit jeder Staffel weniger erfolgreich, da kaufte der größere Konkurrent ProSieben die Rechte und zeigte voller Stolz die sechste und gleichzeitig erste schlechte Staffel der Serie. Überraschend ohne großen Erfolg.
Ebenfalls bei ProSieben floppte die britische Kultserie Doctor Who sogar im Nachmittagsprogramm. Nach deutscher Logik sollte sich der Spin-off Torchwood über einen anderen Zeitreisenden, der ebenfalls Außerirdische bekämpft, also fürs Abendprogramm eines anderen Senders geradezu aufdrängen. Na dann. Heute geht’s los.
In der ersten Folge beißt ein sabbernder Außerirdischer mit einer hässlichen Fratze einen armen Krankenhausmitarbeiter tot, und das Blut spritzt meterweit. In der zweiten Folge wird eine junge Frau von einem sexbesessenen Alien befallen, das sich von Orgasmen ernährt, und die Männer, mit denen es Sex hatte, zerfallen zu Staub. Würde die gebührenfinanzierte ARD eine solche Trashserie produzieren, gäbe es einen großen Aufschrei anlässlich des erneuten Untergangs des Abendlandes und des weiteren Niveauabfalls, für den unser Geld verschwendet würde. Produziert sie stattdessen die gebührenfinanzierte BBC, gilt sie als Kult. In Deutschland griff RTL2 zu, und das passt ganz gut.
Immerhin wirkt Torchwood nicht halb so billig wie Doctor Who, ist seitens der BBC aber auch nicht für das Nachmittagsprogramm entwickelt worden, sondern für den späteren Abend. Sonst würde das Blut vielleicht weniger weit spritzen. Und immerhin nimmt sie sich und seine Gimmicks nicht so furchtbar ernst. Zum Beispiel den unsichtbaren Aufzug.
Gwen Cooper: Wie funktioniert das?
Captain Jack Harkness: Keine Ahnung. Wir wissen, dass es funktioniert, aber nicht wie. Aber wenn ich raten sollte, dann würde ich sagen dass hier mal ein dimensional-transzendenter Chamäleonschaltkreis bestanden hat, dessen Wahrnehmungsschild punktuell mit einem Raum-Zeit-Riss verschmolzen ist.
Oder die militärischen Kommandos.
Jack Harkness: Standardformation!
Gwen Cooper: Was ist die Standardformation?
Owen Harper: Ändert sich ständig.
Aber schlimmer Trash ist die Serie trotzdem.
Torchwood, mittwochs um 22.05 Uhr bei RTL2.
11. März 2009 um 14:25
Die Schere zwischen grottigem Trash und genialen Kleinodien des Unterhaltungsfernsehens ist hier sogar noch größer als bei Doctor Who, so dass die Reaktionen „Oh wie geil ist das denn bitte?“ „Oh wie schlecht ist das denn bitte?“ sich je nach Folge lustig ablösen.
11. März 2009 um 15:12
Die Serie wird erst nach „Random Shoes“ (7. oder 8. Episode?) besser, aber in der Tat ist das Vorbild Doctor Who da viel besser (besonders die 3. Staffel).
11. März 2009 um 18:06
Doctor Who sieht nur da Billig aus wo es auch Billig aussehen soll. Ansonsten ist es eine der besten Serien auf dem Markt (Inkl. US-Ware)
Ist „schlimmer Trash“ eine Abwertung?
Ich warte jedenfalls auf den Tag an dem ein deutscher Sender eine Serie Produziert, die auch nur halb so intelligent, witzig, abgedreht und originell ist, eine solche „production value“ hat und so großartig besetzt ist wie „Doctor Who“ und das, zugegebenermassen,schwächere Spin-Off. Aber dazu fehlt den ÖR das innovative, den privaten das Geld und beiden die kreativen Köpfe. Sollten die ÖR das jedoch, wahrscheinlich an dem Tag an dem die Hölle zufriert, tun würde ich aufschreien und zwar vor Freude, vielleicht so sehr das ich sogar anfinge GEZ-Agaben zu Zahlen.
Ansonsten nen schöne Artikel der aber nur das belegt was wir schon wissen, Programmverantwortliche im Deutschen Fernsehen haben nicht die geringste Ahnung von dem was Sie tun.
@pa
schon Satffel 4 gesehen, toppt Nr. 3, meiner Meinung nach tun das aber auch 1 und 2. Um Torchwood voll zu verstehen sollte man aber Staffel 2 schon gesehen haben.
13. März 2009 um 00:19
Naja. Immerhin wird Torchwood hier besprochen während Battlestar Galactica, eine der besten und interessantesten Serien der Fernsehgeschichte, die gerade wieder mit schlechter Synchro kurz nach Torchwood auf RTL 2 läuft, auf dem gesamten Fernsehlexikon ausschließlich in einem Nebensatz erwähnt wird.
Anscheinend misst nicht nur das deutsche Fernsehen mit seltsamen Maßstäben.
Mit allem Respekt. Ich bin dankbar für jeden neuen Eintrag. Aber es ist irgendwie schade, dass hier Fernsehlexikon drüber steht und über das Dschungelcamp gebloggt wird, während über solche (im Genrebereich- ist das vll das Problem?) angesiedelten großen Phänomene des Erzählfernsehens der letzten Jahre wie Lost oder Battlestar Galactica kein Satz verloren wird.
13. März 2009 um 11:11
Johanna:Vielleicht hat es Generationsbedingte Gründe: Bei mir ist es so, dass ich mit Kampfstern Galactica aufgewachsen bin. Dagegen ist Battlestar Galactica nur eine Serie, die mich darüber informiert, was Lt. Castillo jetzt beruflich so macht.
13. März 2009 um 11:14
Im übrigen war Kampfstern Galactica für meinen Vater nur eine Serie, die ihn darüber informierte, was Ben Cartwright damals beruflich so machte.
13. März 2009 um 15:53
Also dass man Boston Legal ohne die zugehörige Staffel von The Practice zeigt finde ich nicht weiter verwunderlich.
1. kommen die Charaktere die auch in Boston Legal vorkommen allein in Staffel 8 von the Practice vor. Vor einem völlig unterschiedlichen Setting.
2. wirken die Serien vom Stil her grundverschieden, trotz des Charmes den James Spader bereits in the Practice versprüht und der plumpen Art Shattners…
Zu Torchwood: Unorgineller Trash. Mag Doctor Who.
Ob Firefly es je ins Free-Tv schafft?
14. März 2009 um 14:53
fragwürdig ist ja auch die bewerbung dieser serien. was sollte das bei prosieben mit fringe? jetzt führen die ihre news komplett ad absurdum…
14. März 2009 um 19:50
Stimme Dent größtenteils zu,
Torchwood (und Dr. Who sowieso) ist einige Kilometer oberhalb von allem angesiedelt, was deutsche Sender je produziert haben.
In der deutschen Synchro kann man sich leider beide Serien kaum antun, aber im Original ist das ganz großes Tennis.
Was die Leute sagen würde, wenn solche Serien von der ARD produziert würden läßte sich freilich nur mutmaßen, da die nur Seifenopern und Hausfrauenfilme machen.
20. März 2009 um 09:43
Also ich finde Torchwood großartig.
(Und z.B. The Mentalist furchtbar)