Gockelgehabe
Eigentlich wollte ich darüber schreiben, dass die neue Sat.1-Serie GSG 9 es sich, wie auch das gestern gestartete US-Pendant The Unit, etwas zu leicht mit ihren konstruierten Fällen macht. Worum genau es geht, spielt oft nur beiläufig eine Rolle, solange es vordergründig ordentlich rummst. Oder darüber, dass die Terroristen, die die GSG 9 bekämpft, Abziehbilder aus dem 24-Sammelalbum sind und damit von der deutschen Lebenswirklichkeit vielleicht ein Stück zu weit entfernt. Aber dass diese GSG 9 schon eine dolle Truppe sein muss, wenn sie in nur einer Dreiviertelstunde einen Schwerverbrecher ausschaltet, der die ganze Welt mit Pockenviren infizieren wollte, für den Jack Bauer einen ganzen Tag lang durch Los Angeles gefahren wäre. Über die gewisse Ähnlichkeit des Hauptdarstellers Marc Ben Puch mit Moritz Bleibtreu wollte ich schreiben, über hölzernes Schauspiel, ausgelutschte Klischees, den viel zu pathetischen gesprochenen Vorspann („Ihr Glaube an das Gute macht stark. Ihr Mut macht sie zu Helden…“). Ich hätte verwundert festgestellt, dass man im GSG-9-Lagezentrum noch rauchen darf und die Gruppe „Amerikanerinnen“ in der ersten Folge so auffallend schlechtes Englisch spricht. Und schließlich, dass die Serie trotz allem stellenweise sehr spannend ist.
Doch dann traten all diese Beobachtungen in den Schatten durch die scheinende Allgegenwart von Hans-Hermann Gockel! Jawohl, Hans-Hermann Gockel feiert heute ein furioses Comeback in Sat.1. Herr Gockel, ein ebenso sympathischer wie steifer Allesmoderator, war dort vor Jahren schon einmal omnipräsent und verkörperte zugleich Kompetenz und unfreiwillige Komik, indem er die Nachrichten moderierte – UND eine Gameshow! Na ja, und dann heißt er eben auch noch Gockel. Seit 2004 ist er nur noch für N24 tätig.
Jetzt sehen wir ihn wieder als Nachrichtensprecher in einer Sat.1-Sendung. Er vermeldet die aktuellen Entwicklungen der vordergründigen Ereignisse in den fiktiven Nachrichtensendungen auf den Fernsehgeräten im Hintergrund, die die Charaktere eingeschaltet haben. Alle. Immer. Überall. Auch im Ausland. GSG 9 und Terroristen. Passanten vor Schaufenstern. Alle sehen sich die gleichen Nachrichten mit dem gleichen Moderator an, der offenbar rund um die Uhr ununterbrochen auf Sendungen ist. Egal, was passiert, im Hintergrund läuft permanent ein Fernseher mit Hans-Hermann Gockel! Wie, bitteschön, soll ich mich da noch auf die Explosionen konzentrieren, wenn dauernd Hans-Hermann Gockel auftritt? Ich mag ihn. Schön, ihn mal wieder zu sehen.
Das betrifft allerdings nur die ersten zwei Folgen. Danach war er wahrscheinlich müde. Oder er musste wieder echte Nachrichten vermelden, sofern man bei N24 davon sprechen kann. Ab Folge 3 begegnet uns mit der gleichen Allgegenwart Thomas Kausch.
GSG 9, heute um 20.15 Uhr, dann immer mittwochs um 21.15 Uhr in Sat.1.
8. März 2007 um 15:48
Mensch, jetzt bin ich intellektuell total überfordert, soll ich mich jetzt auf die klischeebeladenen Terroristen nach 24-Machart, der dümmlichen Story, den Explosionen oder auf Hans-Hermann Gockel konzentrieren?
Eine Erläuterung über Ähnlichkeiten zwischen Marc Ben Puch und Moritz Bleibtreu wäre allerdings schon noch wünschenswert.
9. März 2007 um 01:10
Herr Gockel, ein ebenso sympathischer wie steifer Allesmoderator
In Jeder Gegen Jeden war Gockel aber knallhart. Da hätte die Zietlow Angst vor ihm gehabt.
9. März 2007 um 12:48
Du hast bei Deinen negativen Punkten noch ein paar vergessen: Anstatt sie uns eine wirklich professionelle Mannschaft zeigen, so dass ich als Laie auch gleich sehe, was sie von dem 0-8-15 Polizeibeamten unterscheidet, sehe ich in der ersten Szene ein paar Draufgänger, die völlig ungeschützt auf einem Hinterhof auf bewaffnete Araber losgehen und dabei rumschreien. Und dann wundern sie sich auch noch, dass einer von Ihnen angeschossen wird! Anstatt sich in diesem Moment etwas Intelligentes einfallen zu lassen, so dass ich als Zuschauer sag „Mensch cool, die Jungs habens drauf!“ stellen sie sich dümmer an als die Dorfpolizei. Und dann wird mir auch noch verklickert, dass dieser Einsatz vom Einsatzleiter verbockt wurde, man hätte warten sollen, bis man beide Bösewichte hat, so ist der eine nun gewarnt. Ach was! Wie amateurhaft ist dieser Haufen eigentlich? Und dazu kommt dann nebenbei noch die Info „Die Kollegen haben den anderen Bruder eine Stunde VOR unserem Zugriff aus den Augen verloren“. Auch bei der Szene auf dem Übungsgelände hatte ich nicht den Eindruck, dass die Jungs den Job schon lange machen. Und schließlich der Zugriff im Hotel. Was ist der besondere Clou, als sie vor der Tür angekommen sind? Was ist ihr Plan? Was hat man sich Originelles einfallen lassen? Das Übliche: Sie treten die Tür ein, schreien laut „Waffe fallen lassen“, überwältigen alle Bösewichte ohne Probleme und gut ist. So einen Zugriff habe ich in deutschen Krimiserien schon ca. 2000 Mal gesehen. Für mich wirkte das ganze Setting so wie bei jeder x-beliebigen Serie von vor 5 Jahren. Gabs auf dem ZDF nicht mal genau das selbe in grün? Auch da verletzt sich im 1. Einsatz ein Kollege (oder stirbt sogar!) und es kommt ein Neuling. Ja genau, das hieß TEAM Berlin aus dem Jahr 1998. Und was passierte da in der 2. Folge? Genau, ein Bösewicht bedroht die Stadt mit gefährlichen Killerviren. Selten so gegähnt bei Sat.1. Und dann verkaufen sie es wieder als „innovativ“ und beschweren sich wenn die Quoten wieder abstürzen, dass der deutsche Zuschauer, nicht bereit sei für Qualität und Innovation.
29. März 2007 um 14:16
@viewer
Du scheinst ja wahnsinnig viel Ahnung von der Arbeit der GSG 9 zu haben.
Meinst du die fangen vor jedem Einsatz erstmal an sich neue Zugriffstaktiken auszudenken. „Hm was machen wir denn heute mal, Tür eintreten hatten wir gestern erst das können wir nich schon wieder machen, abseilen war vorgestern dran, komm lass uns heut mal was ganz dolles probieren?“
8. April 2007 um 23:08
[…] neu zugeloster Reihenfolge. Mit GSG 9 fängt der Abend nun an, und weil der Übergang von dieser zur anderen rasanten, explosiven, lauten Actionserie The Unit offenbar nicht fließend genug […]