Heilandsack
Wer immer das Gefühl hatte, deutsche Hauptstadtkrimis seien nicht betulich genug, darf aufatmen: Felix Huby schreibt wieder. Der Schöpfer von Tatort-Kommissar Bienzle hat sich einen neuen schwäbischen Polizisten ausgedacht, ihn aber nach Berlin verfrachtet. Er spricht gar nicht schwäbisch, aber viel, ist jung und wirkt schon in den ersten Minuten des ZDF-Fernsehfilms Der Heckenschütze, als habe er das Potenzial, seinen Kollegen und uns Zuschauern gehörig auf den Keks zu gehen. Das legt sich zum Glück im Lauf des Films.
Foto: ZDF/Britta Krehl
Peter Heiland (Fabian Busch) heißt der Mann („Ich bin der Heiland“), und vielleicht werden die TV-Krimis mit ihm eine Reihe. Die Bücher sind es schon. Seit 2005 veröffentlichte Felix Huby drei Romane mit Peter Heiland (eine Besprechung des Debüts finden Sie bei unseren Freunden vom Tatort-Fundus), die wichtige Unterschiede zur Fernsehfassung aufweisen. Im Buch gibt es eine direkte Verbindung zwischen Heiland und Bienzle: Bienzle war früher Heilands Chef, bevor der nach Berlin ging. Im Film ist davon keine Rede. Das heißt natürlich nicht, dass Bienzle-Darsteller Dietz-Werner Steck nicht mitspielt. Aber er spielt eine völlig andere Rolle, einen Wirt. Und noch natürlicher ist auch der schwäbische Volksschauspieler-Veteran Walter Schultheiß dabei, der Bienzles Vermieter und Robert Atzorns Vater in Hubys Oh Gott Herr Pfarrer spielte. Wenn Felix Huby eines Tages nicht mehr schreibt, muss Schultheiß wahrscheinlich schon in Alter von 216 Jahren in Rente gehen. Insofern gibt es zumindest indirekte Verbindungen zu Hubys früheren Werken.
Foto: ZDF/Britta Krehl
Kommissar Heiland muss eine Mordserie aufklären. Ein Serienkiller bringt eine Reihe von Schwaben um, und Heiland selbst ist in Gefahr. Die Geschichte ist okay, die Umsetzung hätte jedoch auch in der halben Zeit funktioniert. Ein wahrer Lichtblick ist der völlig bescheuerte Straßensänger, eine Mischung aus Cosmo Kramer und Troubadix, den Heiland zu Beginn des Films vor einer Schlägerei bewahrt, und der daraufhin beschließt, Heilands bester Freund zu sein. Das und ein sehr unerwartetes Ende machen Der Heckenschütze insgesamt zu einem sehr ansehnlichen, wenn auch nur mäßig spannenden Film.
Der Heckenschütze, Montag, 20.15 Uhr im ZDF.
8. September 2008 um 12:04
Ich hoffe, die bei jedem Tatort übliche saudumme mehrmalige Kamera-Rundfahrt um den/die Protagonisten ist diesmal nicht dabei? Sonst schrei‘ ich wieder laut und mache den Kasten aus!
8. September 2008 um 20:06
Finde ich nicht nett von dir den letzten schwäbischen Volksschauspieler Walter Schultheiß so abzuqualifizieren.
Für den Schwaben und seine Mundart findet sich im Gegensatz zu den allseits beliebten Bayern, wo Anti-Schauspieler wie Hermann Giefer oder Sepp Schauer sogar Hauptrollen in Serien oder Filmen erhalten nämlich gar kein Platz mehr, weder in der ARD noch sonstwo.
Das Ende von Bienzle schmerzt da doppelt.
8. September 2008 um 21:16
Boah, ist das langweilig… Und Fabian Busch schafft es, keine Sekunde wie ein Polizist zu wirken. Oder Berlin schüchtert ihn so ein…
8. September 2008 um 21:46
Montag um 21:45
Wunderbar: der immer-um-die-Hauptdarsteller-drum-herumfahrende-Kameramann war diesmal NICHT dabei: ein schöner Tatort!
9. September 2008 um 12:51
Film und Handlung waren OK, aber wie klischeehaft hinterwäldlerisch die oberschwäbische Heimat des Kommissars dargestellt wird ist faszinierend. Er kommt an mit einem Bus aus dem genausogut Heinz Erhard hätte steigen können, die Polizeidienststelle sieht aus als hätte es seit 1953 keine neuen Möbel gegeben, geschweige denn einen Computer. Das erste Polizeiauto ist ein älterer Audi in bayrischer Lackierung (Wappen auf der Tür) mit Biberacher (!) Autonummer (TÜ wäre richtig, wie alle Polizeifahrzeuge im Reg-Präs. Tübingen). Und zu allem Überfluss wohnt der Grossvater des Kommissars dann noch in einem Schwarzwaldhaus, das von Riedlingen vermutlich 3 Autostunden entfernt ist.
Also wie gesagt. Film und Handlung OK, Ausstattung und Requisite stark ausbaufähig.
9. September 2008 um 18:34
„Und Fabian Busch schafft es, keine Sekunde wie ein Polizist zu wirken.“
Die SZ (nicht die aus Süddeutschland) beschreibt seine Leistung heute mit einem Zitat von Oscar Wilde: Er hat ein Gesicht, dass man nur einmal gesehen haben muss, um es für immer zu vergessen.
13. September 2008 um 18:06
Ich habe mich für den schwäbischen Polizisten fremdgeschämt…und Fabian Busch fand ich schon dem Nibelungen-Film höchst unbegabt. Gibt es denn nicht wenigstens irgendwo einen schwäbischen Darsteller, der ein bissel was kann??
Wo „Bienzle“ alias Steck als Wirt in Erscheinung trat, war mir klar, daß W. Schultheiß nicht weit sein kann…und siehe da: da isser ja!
Weitere Folgen erspare ich mir. Ich fand’s langweilig.
21. Dezember 2008 um 11:20
[…] Peter Heiland (seit 2008, bisher eine […]