Hamburg Legal
Natürlich erinnert bei Blum-Franzen-Britten in der neuen RTL-Serie Die Anwälte manches an Crane, Poole & Schmidt aus Boston Legal, was in erster Linie daran liegt, dass es wirkt, als sei die Serie in deren Kanzlei gedreht worden. Auch die Art mancher Fälle, mit denen sich die Anwälte beschäftigen, lässt an die Kollegen aus Boston denken. Eine alte Frau besteht darauf, gemeinsam mit ihrem eingefrorenen Hund begraben zu werden, drückt dem Anwalt Sebastian Britten vorab das Honorar in die Hand und stirbt noch auf der Stelle, bevor er ihr erklären kann, warum das nicht geht.
Kai Wiesinger spielt in seiner ersten Serienhauptrolle Sebastian Britten, der jedoch keine deutsche Version von James Spader ist. Das ist eher Johannes von Bülow als Neuling Thomas Welka, der sich nur bedingt um das tatsächliche Recht schert, wenn man auf anderen Wegen viel leichter gewinnen kann.
Dieser Dialog zwischen Britten und einem anderen Teilhaber der Kanzlei beschreibt die Serie ganz gut.
Franzen: „Was hältst du von Welka?“
Britten: „Der passt nicht zu uns. Wir sollten ihn einstellen.“
Trotz der Parallelen ist Die Anwälte keine simple Kopie von Boston Legal. Ähnlichkeiten finden sich zwangsläufig, wenn man zwei unterhaltsame Anwaltsserien vor sich hat. Die Anwälte ist zwar nicht so lustig wie Boston Legal, aber auch nicht so albern, und trotzdem kurzweilig und originell. Es hilft, dass Edel & Starck-Autor Marc Terjung einige der Episoden geschrieben hat. Dazu kommen Charaktere, die sogar ein Privatleben haben, was ihnen eine gewisse Tiefe gibt. Und weil das alles durch die Bank toll gespielt ist, ist es auch glaubwürdig.
Über ein Jahr lag Die Anwälte ungesendet bei RTL herum. Gedreht wurde im Herbst 2006, für Frühjahr 2007 war bereits ein Starttermin angekündigt, der dann storniert wurde. Zu große Angst hatte RTL vor einem weiteren Flop, nachdem mehrere Eigenproduktionen gescheitert waren. Jetzt paart RTL die Serie mit der zweiten Staffel der Krimiserie Post Mortem mit Hannes Jaenicke, die mit ruhigerer Kameraführung zurückkehrt und hofft, die guten Quoten vom Serienstart vor einem Jahr zu wiederholen, und nicht die durchwachsenen vom Ende der Staffel.
Während ein solcher Terminaufschub oft passiert, weil ein Sender plötzlich selbst das Vertrauen in ein Produkt verloren hat, scheint das in diesem Fall unwahrscheinlich. Die Anwälte ist durchaus gelungen, und vielleicht ist nach der Wartephase das deutsche Publikum ja wieder offener für deutsche Serien. Ein Flop wäre unverdient.
Dennoch wird die Serie als ulkige Panne in die Fernsehgeschichte eingehen. Da hat RTL doch tatsächlich aus Versehen eine Serie gedreht, die gar nicht in Köln spielt.
Die Anwälte, donnerstags um 21.15 Uhr bei RTL.
Nachtrag 22. Januar 2008: RTL hat das Versehen bemerkt und die Serie nach nur einer Folge aus dem Programm genommen.
17. Januar 2008 um 10:03
und weil mein fernseher bei rtl immer streikt (siehe kommentare live aus maden-maden) und ich ansonsten erfolgreich rtl meide, wird auch diese serie ungesendet an mir vorübergehen. 🙂
17. Januar 2008 um 10:32
Und der Schröderatze? Und die Camper? Ok, ich bin still 🙂
17. Januar 2008 um 16:06
Denny Crane.
Ich bin nicht albern! Wir sehen uns vor Gericht.
Denny Crane.
17. Januar 2008 um 16:30
Tatsächlich spielt die Serie nicht nur nicht in Köln, sondern wurde abgesehen von allen anderen Eigenproduktionen auch nicht von Sony Pictures Deutschland produziert, schon zwei Kriterien mit denen RTL total aus dem Rahmen fällt!
17. Januar 2008 um 17:56
Übrigens: Gestern habe ich bei Boston Legal das bisher grossartigste Plädoyer gehört, dass Spader halten durfte. Mittlerweile liebe ich es, wie er vor seinem Auftritt vor der Jury sein Jackett zuknöpft und schaut, als müsse er eine Jahresportion Spinat auf einmal essen. Seit „Stargate“ ist er richtig gut geworden.
War so begeistert, dass ich das einfach mal sagen musste.
17. Januar 2008 um 20:23
@Thomas
Das mit SONY stimmst so aber nicht ganz. Neben großen Firmen wie Studio HH, Saxonia, Phoenix Film, Polyphon oder die UFA, produzieren momentan auch kleinere Firmen wie z.B. Hofmann&Voges („Der Assistent“ und „Assistenzärzte“), Hager Moss Film (Bella Vita) oder AV Independent („Dunkelziffer“) Serien für RTL.
17. Januar 2008 um 22:53
@viewer: Ich hatte diese Bemerkung, wie Michael den letzten Absatz seines Textes wohl auch ein wenig ironisch gemeint, natürlich beauftragt RTL auch andere Produktionsfirmen, aber besonders in den letzten Jahren war schon eine penetrante Häufung des Handlungsortes Köln und Sony Pictures zu beobachten, besonders bei den Sitcoms/Halbstundenserien, wo mir auf Anhieb gar keine einfällt die nicht in Köln gedreht wurde.
Das Sony Pictures oft den Zuschlag erhält hat wohl auch zurecht mit der US-Herkunft zu tun und dem Bedürfnis sich der Sachkenntnis von US-Autoren bei Projekten wie Mein Leben und ich zu bedienen. Von derzeit vier fiktionalen Eigenproduktionen im RTL-Programm stammen aber trotzdem drei aus oben erwähntem Hause und eine von SHP.
20. Januar 2008 um 00:21
@Thomas
„Alle lieben Jimmy“ ist.. äh.. WAR (*gg*) von Bavaria Film.
22. Januar 2008 um 14:38
[…] Grunde ist die Sache einfach: Wenn man an eine Serie glaubt, die man produziert hat, lässt man sie nicht ein Jahr ungesendet rumliegen. Und man setzt sie nicht nach einer einzigen Folge ab, ohne wenigstens abzuwarten, ob vielleicht […]