Hoher Preis
Einen Artikel darüber zu schreiben, was mit dem Deutschen Fernsehpreis alles nicht stimmt, würde der Sache nicht gerecht. Ein Buch müsste es schon sein, und selbst darin würde vermutlich der Platz knapp.
Zumindest kann man der Jury nicht vorwerfen, sie vergebe die Preise willkürlich. Im Gegenteil: Akribisch wird darauf geachtet, dass auch bloß jeder beteiligte Sender einen abbekommt. Der Nominierungsprozess wirft die meisten Fragen auf. In manchen Kategorien scheint es, als sei eine Sendung nur deshalb schlecht, weil es sie auch im vergangenen Jahr schon gab.
Kann eine Show nicht mehr zu den Besten gehören, wenn sie schon einmal gewann? Hat die Qualität dieser Show in dem einen Jahr so stark nachgelassen? Oft genug fragt man sich, ob die aktuell Nominierten wirklich besser sind als ein Vorjahressieger, oder nur neuer. Dieser Praxis widerspricht, dass in der Kategorie „Beste Serie“, wohl aus Verzweiflung, drei Jahre in Folge Abschnitt 40 gewann.
Ist eine Sitcom keine Serie? Wieso gibt es eine Rubrik „Beste Serie“ und eine gesonderte Rubrik „Beste Sitcom?“ Und wenn es wirklich einen Unterschied gibt, warum gewannen dann im vergangenen in beiden Kategorien Sitcoms?
Warum ist „Beste Unterhaltungssendung/Beste Moderation Unterhaltung“ nur eine Kategorie? Ist die Möglichkeit denn völlig ausgeschlossen, dass eine gute Sendung von einem schlechten Moderator präsentiert wird? Es mag ja sein, dass Germany’s Next Topmodel eine professionell gemachte Unterhaltungsshow ist, aber falls sie gewinnt, hieße das nach der Logik des Deutschen Fernsehpreises, dass Heidi Klum besser moderiert als Hape Kerkeling. Und sollte der dritte Nominierte, Schlag den Raab, gewinnen, ist mit „bester Moderator“ dann wirklich Matthias Opdenhövel gemeint?
Ist es fair, dass der Schuldnerberater Peter Zwegat, der Restauranttester Christian Rach, die Supernanny Katharina Saalfrank und die Köche Tim Mälzer, Johann Lafer und Horst Lichter größere Chancen auf einen Fernsehpreis haben als die Mitarbeiter anderer Unterhaltungsshows, weil spontan die Kategorien „Beste Kochshow“ und „Bester TV-Berater“ erfunden wurden?
Warum wurde die seltsame Rubrik „Beste tägliche Sendung“ abgeschafft? Hat das Fernsehen etwa aufgehört, tägliche Sendungen auszustrahlen?
Sehen Sie, und das wäre noch nicht einmal das Vorwort zu dem Buch.
Aber warum sich Gedanken machen. Wir sprechen hier von dem Preis, dessen Jury in vergangenen Jahren Richterin Barbara Salesch und Gute Zeiten, schlechte Zeiten für bessere tägliche Sendungen hielt als die Tagesschau, und die in der Kategorie „Beste Sportsendung“ Oliver Welke auszeichnete. Welke hatte den Preis durchaus verdient. Aber er allein ist keine Sendung.
Interessant ist, dass trotz allem immer wieder Sendungen ausgezeichnet werden, die es wirklich verdient haben, im vergangenen Jahr zum Beispiel Türkisch für Anfänger als beste Serie und Pastewka als beste Sitcom. Insofern sind Hopfen und Malz noch nicht komplett verloren, und notfalls können wir genau diese beiden ja dazu nutzen, uns den Abend schönzusaufen.
Der Deutsche Fernsehpreis, Samstag, 20.15 Uhr bei RTL.
28. September 2007 um 16:15
Eins hast du vergessen: Wenn am Samstag tatsächlich R.I.S. – Die Sprache der Toten als Beste Serie ausgezeichnet würde dann wäre das Cast gleichzeitig als Beste Serienschauspieler mit dabei und damit besser als Ulmen, Zapatka & Co.
Die Kategorien für die besten Darsteller wurden nämlich in den letzten Jahren ganz erheblich zurückgefahren zugunsten von „Freien Formatkategorien“ etc.
Der blutleere Österreicher Weigend, der Strahl-Schäfer, der Dirk Matthies ins Bein geschossen hat, die orientalische Kollegin die ihren österreichischen Akzent nicht verbergen kann und der Künzler aus Verliebt in Berlin besser als Ulmen, Sarnau, Wiesenekker, Schönemann, Zapatka, Vester & Co.?
Aber das wäre nur eine traurige Entscheidung mehr an diesem Tag.
28. September 2007 um 17:12
Link bei Pastewka falsch
28. September 2007 um 19:31
es ist mit preisen wie mit den hämorriden, früher oder später kriegt jeder arsch welche.
flachs beiseite gilt dieser preis ernsthaft als indikator für qualität wäre mir neu.
es ist was es ist, brancheninterne selbstbeweihräucherung und pr in eigener sache.
28. September 2007 um 19:35
@ Peter: Danke und Verzeihung! Jetzt stimmt’s.
28. September 2007 um 20:21
Das Bemühen, alle ()beteiligten) Sender gleichmäßig zu bepreisen, sagt eigentlich schon alles, was man über diesen Preis wissen muß.
Die Kategorie „Beste Kochshow“ ist trotzdem lustig. Fehlt eigentlich noch „Beste Castingshow“ und „Schönstes Senderlogo“ …
29. September 2007 um 19:55
Ständig wird das deutsche Fernsehen als verschnarcht bezeichnet. Da erfindet der Bambi für Arme (wenn das überhaupt geht?) tagesaktuelle Kategorien und dann wird auch wieder gemeckert. Also ich freu mich schon auf „Beste Heimverschönerungsshow mit dem profilneurotischten, handwerklich unbegabtesten Moderator“ und natürlich „Gescheiterteste Auswandererfamilie in der dritten Staffel“.