Die Mutter aller Fehlentscheidungen

Nach Ansicht des Serienfinales von How I Met Your Mother ziehe ich meine Einschaltempfehlung für die letzte Staffel zurück.

Zu spät, oder?

Nun gut.

Spoiler-Warnung: Die nachfolgende Empörung enthält etliche Angaben zum Inhalt der letzten Folge von How I Met Your Mother. Falls Sie sie noch nicht gesehen haben, bitte auch nicht gucken.

Puh, vielleicht doch noch früh genug.

Als langjähriger Fan der Serie fühle ich mich verhöhnt. Ins Gesicht geschlagen.

Neun Jahre lang geht es um die Frage, wer denn nun die Mutter von Ted Mosbys Kindern ist, seine Traumfrau, die Liebe seines Lebens. Und fast eine komplette Staffel geht es am Ende um die Hochzeit von Barney und Robin. Schließlich ist Teds große Liebe ganz zum Schluss aber doch schon wieder Robin, die Liebe auf den ersten Blick aus der Pilotfolge, weil sie inzwischen von Barney geschieden und die gerade erst eingeführte Mutter von Teds Kindern schon wieder tot ist.

Das Hauptproblem, das ich mit diesem Schluss habe, ist nicht, dass am Ende Ted und Robin das Traumpaar sind, sondern wie es dazu kam. Vor allem: Wie schnell. Es ist eine Frage der Verhältnismäßigkeit. Nach acht Staffeln hätte ich damit vielleicht noch leben können. Aber dann ging es, ich wiederhole mich, DIE GANZE NEUNTE STAFFEL um EIN EINZIGES WOCHENENDE, an dem BARNEY UND ROBIN heiraten. Und zehn Minuten später sind drei Jahre rum und die beiden geschieden. Immerhin bekamen die beiden einen eigenen Handlungsstrang. Die Titelfigur der Serie, die Mutter von Teds Kindern, ließ man ganz beiläufig in einem Nebensatz sterben. Zu Beginn des nächsten Satzes geht das Leben schon weiter, denn irgendwann muss die Trauer ja auch mal vorbei sein. 22 Folgen für ein Wochenende. 42 Minuten für die nächsten 17 Jahre.

Dieser hingerotzte Serientod ist nicht einmal auf handwerkliches Unvermögen der Macher Craig Thomas und Carter Bays zurückzuführen. Dass sie in der Lage sind, große emotionale Momente zu inszenieren, zeigten sie mehrfach im Lauf der Serie, zum Beispiel beim Tod von Marshalls Vater. Es lag eher am Unwillen. Daran, dass die Autoren nicht wahrhaben wollten, dass ihnen ihre eigene Serie entglitten ist.

Ja, es ging einst einmal darum, mit wem Ted eines Tages glücklich werden würde. Deshalb war auch bereits während der zweiten Staffel die Sequenz mit den Kindern gedreht worden, die nun in die Schlussszene hineingeschnitten wurde, in der sie ihren Vater ermutigen, wieder auf Robin zuzugehen. (Man musste das frühzeitig drehen, denn es war damals nicht klar, wie lange die Serie laufen würde, und die Kinder-Darsteller drohten erwachsen zu werden.)

Auf diese Weise banden sich die Macher an eine Entscheidung, die sie vor acht Jahren getroffen hatten, weil sie nicht bereit waren, zu erkennen oder anzuerkennen, dass ihre Serie eben nicht mehr die von vor acht Jahren war. Damals wäre das Ende sicher passend und angemessen gewesen. Heute nicht mehr. Weil sich die Serie längst von Ted als Mittelpunkt wegbewegt hatte. Weil längst Barney und Robin und Marshall und Lily die besseren Geschichten und lustigeren Gags hatten. Weil schon lange nicht mehr Ted, sondern Barney der Star und Sympathieträger der Serie war. Um das zu merken, hätten Thomas und Bays ihre eigene Serie vielleicht einfach mal ansehen müssen, statt stur, aber auf Riesenumwegen, mit Tunnelblick auf ihr langjähriges Ziel zuzusteuern. Man muss seine Pläne auch mal ändern können.

Einen ähnlichen Fall gab es schon einmal, aber mit dem gegenteiligen Ausgang. Damals war der Autor in der Lage, die Zeichen der Zeit zu erkennen und sich der Entwicklung seiner Serie zu unterwerfen. Das war Kevin Williamson, der Schöpfer von Dawson’s Creek. Von Anfang an war damals alles darauf ausgerichtet, dass am Ende Dawson (James van der Beek) und Joey (Katie Holmes) zusammenfinden würden. Doch auch in jenem Fall entwickelte die Serie eben im Lauf der Jahre weiter, und schließlich überraschte sie zwar damit, dass sich Joey nicht für die Titelfigur Dawson entschied, sondern für den gemeinsamen Freund Pacey (Joshua Jackson), ließ aber auf diese Weise die Mehrheit der Fans zufrieden zurück.

How I Met Your Mother ist das zumindest in meinem Fall nicht gelungen.

Ich bleibe dabei: In ihrer Gesamtheit war How I Met Your Mother eine der witzigsten, innovativsten, originellsten, charmantesten, schrägsten und überhaupt besten Serien, die ich je gesehen habe. Daran werde ich mich noch lange erinnern. Und diese Erinnerung ist alles, was mir bleibt. Denn mit diesem Finale ist nicht nur die Mutter, sondern auch die Serie für mich gestorben.

Michael, 27. August 2014, 21:47.

12 Kommentare


  1. Dass die Mutter stirbt war doch schon seit einigen Folgen klar. Ted bricht in Tränen aus, als Tracy in Bezug auf Robins Mutter sagt, keine Mutter würde die Hochzeit der eigenen Tochter verpassen…

  2. Die wichtigste Frage ist ja wohl eine andere: Was soll nun aus ProSieben werden? Stellt man den Sendebetrieb schon ab morgen ein oder kann man sich mit Wiederholungswiederholungen noch ein paar Monate über Wasser halten? Was wird aus den ganzen Arbeitsplätzen in Unterföhring, wenn nach 10 Jahren 50% der Sendeplätze wegbrechen? Können die unfähigen Programmplaner künftig für Kinder- oder Altenpflege umgeschult werden?

  3. während ich mit dem Eintrag hier fast vollkommen D´accord gehe, muss ich trotzdem sagen: welcome to 5 months ago!

  4. ich habe da schon viel drüber geschrieben online, damals im april, aber nicht auf deutsch. ich fasse meine meinung mal kurz zusammen wie folgt:

    ich hätte damit leben können, dass die „mutter“ stirbt. aber!, die macher der show haben uns zuschauer VIER ODER FÜNF JAHRE LANG eingebleut, dass ted und robin nicht zueinander passen. alle fans hatten es sich am anfang dieser fünf jahre noch gewünscht, aber irgendwann hatte man es akzeptiert!

    dann wurde allen fans plötzlich klar, dass robin gut zu barney passt, dass barney sich für robin tatsächlich verändert hat, und – in der letzten staffel – dass die „mutter“ absolut perfekt zu ted passt.
    und das dann trotzdem kaputt zu machen, nur weil man krampfhaft bei einer entscheidung von vor 7 jahren bleiben möchte, das war der tödliche fehler von Bays und Thomas.

  5. Da ich grundsätzlich kein Privatfernsehen mehr einschalte, war ich bei der Serie immer auf die DVDs angewiesen. Und selbst da bin ich bei Staffel 4 hängen geblieben.

    Wenn ich mich recht an das Bonusmaterial der ersten beiden Staffeln erinnere sind die beiden Schöpfer doch recht jung gewesen. Kann es sein, dass das Serienende einfach auf Unerfahrenheit im Geschäft zurückzuführen ist?
    Das kann allerdings auch keine Entschuldigung sein, denn an solchen Produktionen sind schließlich noch genug andere Menschen beteiligt, die die beiden im Zweifelsfall auch stoppen können (sollten).

  6. Stimme mit deiner Kritik weitgehend überein. Man hätte da durchaus das gedrehte Material als alternatives Ende verwenden können, aber so auf Biegen und Brechen ein Ende vom Anfang zu benutzen, hat einfach nicht mehr gepasst.

    Aber, hm, vielleicht sind Serienfinale von lang laufenden Serien auch einfach nichts, was zufriedenstellen könnte. War auch – nachhaltig – vom Breaking-Bad-Finale enttäuscht, so wie auch schon damals bei Will & Grace, Friends oder Seinfeld. :/

  7. Es ist mit dieser Serie so ein bisschen wie im Leben….wenn man den richtigen Zeitpunkt verpasst, um den Schlusspunkt zu setzen…..dann wird es schwierig….mit dem hinterher aufhören.

    Da hat der Herr Reufsteck schon Recht, mit dem was er schreibt.

    Ich möchte dann noch ein Beispiel anführen, bei dem man den Schluss ebenfalls total vergeigt hat. Und zwar gab es ja, wenn ich mich richtig erinnere, um das Ende von Edel und Starck hierzulande auch ein riesen Tohuwabohu. Und zu guter Letzt mussten sich Frau Immanuel und Herr Ohrt sogar küssen!!!!!!!
    Dass die Sex in der Bowlingbahn hatten….wusste ich gar nicht mehr…..gut, dass es diese Seite hier gibt!

  8. Das eigentliche Problem gab es wahrscheinlich schon vor neun Jahren.

    CBS wollte einfach keine Serie mit dem Titel „How I Killed Your Mother“ kaufen.

  9. Vollkommen richtig. Man fühlt sich verletzt, benutzt und betrogen. So lange mitgefiebert und sich eine Staffel über ein Wochenende angeschaut und dann kommt so ein Blitz-Ende. Vielleicht hätte man es bei acht Staffeln belassen müssen. Darauf war der ganze Zeithorizont bis zu Barneys Antrag ja auch ausgelegt.

  10. Vielleicht war es ja einfach auch so, dass man in all den Jahren einfach keine Frau gefunden hat, die den Ted heiraten wollte…..wobei ich jetzt schon Frauen kenne, die den Ted heiraten würden….

  11. „Dawson’s Creek“ hatte aber ein ähnliches Problem, das damals neu und innovativ war, inzwischen aber auch bei „OC, California“, „Harry Potter“ und eben auch „HIMYM“ zu beobachten ist: Die Autoren trauen ihren eigenen Schlüssen nicht.

    Da endet eine Geschichte nach mehr oder weniger vielen Staffeln/Büchern — und dann kommt anschließend, quasi durch die Hintertür doch noch ein ganz anderer Schluss, zu einer ganz anderen Zeit. Bei „HIMYM“ passt das wegen der Rahmenhandlung noch halbwegs gut zum Konzept, aber diese Vorschauen in die Zukunft nerven mich trotzdem, weil sie meines Erachtens nur beweisen, dass sich die Autoren nicht wirklich für einen Schluss entscheiden konnten. Dazu muss man aber als Autor bereit sein.

  12. Habe die Staffel dann jetzt auch auf DVD durch. Es bleibt ein komisches Gefühl, aber ich bin froh, dass ich sie mir trotzdem angeschaut habe. Wie du sagst, in der Gesamtheit einfach großartig.



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